Mich erreichte ein Anruf aus der Steiermark. Tiefblauer Himmel, es sei eine super tolle Nacht zu erwarten. Ich fragte: Soll ich kommen? Am anderen Ende: Gern, würd' mich freuen. Wir vereinbarten noch mal einen Abgleich, etwas später am Nachmittag, ob der Himmel halten würde.
Hier war es ein heißer Tag, es war zum Glück windig, nicht nur ein Lüfterl, ich würde das schon als lebhaften Wind bezeichnen. Dennoch, am späteren Nachmittag habe ich die Sonne dann voll in der Einfahrt, und ich wollte vermeiden, in der prallen Sonne die Sachen in mein Auto zu laden. Erst als die Sonne hinter nachbarlichem Baumbewuchs verschwand, im Schatten war es so weit auszuhalten, leicht ins Schwitzen kam ich trotzdem. In Windeseile kompilierte ich noch eine Spechtlliste, damit ich am Ende nicht planlos dastehen sollte.
Bis ich weg kam, vorher musste ich noch den Tank meines Autos auffüllen, war es schon relativ spät. Ich kam etwa 22:40 MESZ am Zielort an. Im Süden ein paar Wolken, Abendthermik. Das würde sich schon auflösen, ich hatte diesbezüglich keine Bedenken. Prinzipiell kenne ich den Standort schon, trotzdem muss ich jedes mal Ausguck halten, wo stelle ich mich hin, um den Polarstern für die Poljustierung zu erwischen. Und es trickst mit jedes mal die von Süden weg relativ stark ansteigende Horizontlinie. Was tiefer im Süden steht, wie das Sternbild Schütze, kaum ist es über den Meridian hinaus, ist es auch schon weg.
Als ich mein C8 in die Hand nahm, erschrak ich ein wenig, das spürte sich ziemlich warm an. Bis ich das Teleskop aufgebaut hatte, war es schon dunkel genug, um sofort mit der Beobachtung beginnen zu können. Als Montierung diente die alte iOptron ieq45 auf dem Baader Hartholzstativ. Der Himmel präsentierte sich nicht wirklich schlecht. Mein Gastgeber war etwas zurückhaltend, so toll wie er gedacht hätte, wäre es nicht. Dubhe als Alignment Stern war nicht mehr möglich, schon hinter Bäumen verschwunden. Alkaid bzw. Benetnasch kennt meine Steuerung nicht als Alignment Stern, Mizar schon. Also nehmen wir den halt. Beim ersten Blick durchs Okular bei knapp 80x sah ich sofort, da ist Farbdispersion vorhanden, also Luftschichtung im Tubus. Ich zeigte dennoch Mizar, den Doppelstern, und Alkor, das Reiterlein, her.
Nach einem Blick auf den Nordhimmel entschied ich meine Reihenfolge. M101 mit der Supernova 2023ixf musste ich gleich angehen, bei knapp 80x. Für mich war es kein Problem, ich hatte die Situation auf einen Blick erfasst. Erst erklärte ich meinem Gastgeber, wie die Himmelsrichtungen im Okularfeld liegen, und wie die Supernova zu finden sei. Es dauere ein Weilchen, dann meinte meinte er, er glaube, er hätte das gesehen was ich meinte. Gut, nehmen wir's an.
Nächstes Objekt, da hatten wir keine Eile, war der Komet C/2023 E1 (ATLAS), erst bei knapp 80x. Der Komet war zu sehen, für meinen Mitbeobachter aber nur schwach. Ich steigerte die Vergrößerung letztlich bis auf 150x. Nun war der Kontrast besser, der Komet gut zu erkennen, auch an den "Kern" kam ich nun leichter heran, den schaffte mein Gastgeber aber nicht. Übrigens, einen Gasschweif sah ich nicht, auch bei knapp 80x nicht.
Nun waren Objekte tiefer am Südhimmel angesagt. Da hieß es wieder priorisieren, vor allem, weil mir die Zeit ein bisserl durch die Finger geglitten ist. Wenn ich allein draußen steh, bin ich flotter unterwegs, bringe mehr Objekte in gewisser Zeit unter. Wenn man wen hat, der mit rein schaut, dauert es halt länger.
M25 zeigte sich bei knapp 80x recht nett, hier findet man hellere und schwächere Sterne.
M18 dagegen wirkt unspektakulär, ein paar recht helle Sterne, das war's.
M22 steht doch wesentlich tiefer, nun merkte man auch die Himmelsaufhellung vom Süden rauf. Der Kontrast war nicht toll im Okular, obwohl ich bis zu 150x drauf ging. Es waren nur die helleren Sterne sichtbar. Eines kann ich sagen, auf der Ebenwaldhöhe ist der Süden wesentlich dunkler.
Mittlerweile hatte sich der Himmel gemausert. Wie die Milchstraße von der Cassiopeia bis zum ansteigenden Horizont im Südsüdwesten da stand, das war schon beeindruckend. Ich konnte im Sternbild UMi einen 5.8 mag Stern so deutlich wie selten sehen. Das veranlasste mich, mal das SQML zur Hand zu nehmen. 21.27 mag/arcsec2 ist wahrlich nicht schlecht, transformiert sich auf 6.5 mag im Zenitraum. Das sah auch so aus.
Das Seeing war beeindruckend gut, auch beim flächigen Blick in den Himmel - kein Flackern der Sterne.
Nächstes Objekt war M17. Bei knapp 80x schon ein schöner Anblick. Ich ging dann noch mit UHC bzw. [O III] Filter dran. Mit letzterem war merkbar besserer Kontrast gegeben, und am "Schwanzende" des "schwimmenden Schwans" war der "Omega" Umknick zu sehen. Ich steigerte die Vergrößerung noch auf 150x, mit UHC Filter. Das war ein Leckerbissen, die Strukturen im Nebel kamen beeindruckend heraus.
Es muss gegen 0 Uhr (MESZ) gewesen sein, mein Mitbeobachter war gerade am Okular, ich hatte den Blick gegen Süden gerichtet. Plötzlich eine Feuerkugel, deutlich heller als Venus, etwa aus dem Füllen kommend, unter dem Adler durch bis etwa zum Schild. Eine fast waagrechte, nach West leicht abfallende Bahn. Grüne Leuchtspur, die minutenlang noch (unterbrochen) sichtbar war, und der "Kopf" am Ende vor dem Verglühen, rot. Die Leuchtspur wurde später von den Höhenwinden "zusammengeknödelt", bis sie unserer Sicht entschwand.Der "Adlernebel", M16, war für mich etwas enttäuschend. Ohne Nebelfilter, bei knapp 80x, war der Sternhaufen zu sehen, und dort wo die hellsten Nebelpartien sind, ein bisschen Nebel erahnbar. Mit UHC Filter kam der Nebel besser. Ich hätte mir Hoffnung auf die "Starqueen" gemacht, da war aber nur ein Hauch von irgendwas Dunklerem in der Mitte des Nebels. Höhere Vergrößerung half nicht, [O III] Filter auch nicht wirklich.
M11 nahm ich bei 120x. Diesen Haufen schaut man eher mit niedriegerer Vergrößerung, da ist er schön kompakt, reizvoll. Doch auch die höher aufgelöste Ansicht war durchaus beeindruckend, fand auch mein Mitbeobachter.
M27, der Hantelnebel, erst bei knapp 80x, ohne Nebelfilter. Beide "Ohren" waren da, das eine auffälliger, das andere schwieriger, so wie ich es kenne. Mir fielen schon etliche Sterne im Nebel auf. Ich steigerte die Vergrößerung letztlich bis auf 170x. Die "Hantel" stand immer noch beeindruckend hell da, die Sterne im Nebel deutlicher, und nun war auch der Zentralstern zu schaffen, auch für meinen Mitbeobachter.
Den Kugelhaufen M71 nahm ich bei 120x. Den schaut man eher auch bei niedrigerer Vergrößerung. So, muss ich sagen, habe ich ihn in einem Achtzöller noch nicht gesehen. Die helleren Sterne etwas verstreut, unterlegt von einer mild leuchtenden "Nebelmasse", die ich indirekt etwas angrießeln konnte.
Mein Gastgeber war auf die Terrasse verschwunden. Er hatte dort einen TS 110mm f/7 ED Refraktor aufgebaut, ein älteres Modell, mit schwarzem Tubus. Als ich nachschaute, was da im Okular zu sehen wäre: Saturn. Bei 170x sehr scharf und farbrein, selbst bei 240x konnte ich keinen Farbfehler sehen. Also der kann, und das Seeing war wirklich toll. Saturn, obwohl nur 20° hoch, im Sternbild Wassermann, stand total ruhig im Okular, da zupfte gar nichts dran.
Mein Teleskop stand so einige Zeit da, auf M71 gerichtet. Als wir wieder durchschauten, gelang es mir nicht mehr, den "Nebel" etwas aufzulösen.
NGC 6934, ein Kugelhaufen, der zumindest im C11 bzw. auch im Vixen VMC 260L des Gastgebers, bei länger zurückliegenden Beobachtungen, durchaus was hergegeben hat, das sollte auch in einem Achtzöller unter diesem Himmel nicht so schlecht sein. Hm, mir war das etwas zu mager, was wir zu sehen bekamen. Wohl konnte ich bei 170x Sterne auflösen, aber das war weit weg von dem was ich erwartet hätte.
NGC 6905, der "Blue Flash Nebula", zeigte bei 170x ohne Nebelfilter für mich eine Sanduhrform. Ich erinnere mich an eine Beobachtung mit meinem 8" F/6 Maksutov-Newton, als ich ebenfalls eine Sanduhrform darin sah. Mit UHC Filter wurde der Nebel einfach rund. Reizvoll sah er mit den paar Umgebungsternen, wo er sich drin fast "versteckt", bei knapp 80x aus - wieder ohne Nebelfilter. Insgesamt war mir der Nebel aber ein bisserl zu schwach im Okular, ich hätte ihn etwas heller erwartet.
Zum Abschluss etwas Schönes: M13? Leider nicht mehr, die Leier stand noch da, der Herkules war schon hinter den Bäumen am Berghang verschwunden. Ich bin da etwas verwöhnt vom weiten Horizont im Weinviertel.
Eine Alternative könnte der Cirrus Nebel sein. Erst auf den "Hexenbesen", NGC 6969. Der hellere Teil, der "Stiel", war mit UHC Filter bei knapp 80x halbwegs gut zu sehen. Der "Besen", also der auffächernde Teil, war so gut wie gar nicht da, nur ein Hauch. So wenig in einem Achtzöller? Dann zum Ostteil, NGC 6992. Auch hier pure Enttäuschung, das ist für einen Achtzöller zu wenig, zu matschig.
Rundumschau: Vom Horizont rauf ist der Himmel matter geworden, der Zenitraum war noch intakt, und es war richtig feucht geworden. Meine Okularkoffer, erst nur ein bisserl feucht, waren jetzt richtig nass vom Tau. Die Stunde war auch schon weit fortgeschritten, Zeit zum Abbau.
Ich hatte schon einen Verdacht, der sich bestätigte, als ich die Taukappe vom C8 abzog. Die Schmidtplatte war bereits beschlagen. Und die Taukappe bis weit hinen innen nass. Da haben wir also die Ursache für die letzten enttäuschenden Blicke. Ein Hauch von Beschlag dürfte schon da gewesen sein, dann hoch in den Zenitbereich gerichtet, das war dann direktes "Einfalltor" für den Tau. Die feuchteste Nacht seit Langem.
Auf der Heimfahrt, ich war noch gar nicht so lange unterwegs, bemerkte ich, dass die Dämmerung bereits eingesetzt hatte. Am heller werdenden Himmel sah ich Jupiter, die schmale Sichel des abnehmenden Mondes, und letztlich den Sonnenaufgang. Bis ich heim kam, stand die Sonne schon ein paar Grad über dem Horizont.
Howdii