Am 7. Juli telefonierte ich gegen Abend mit Andi. Er teilte mir mit, es gäbe eine Komet in der Polgegend, C/2023 E1 (ATLAS), und den wolle er fotografieren. Da schau ich gerne zu. Andi hat gemeint, auch M101 wolle er fotografieren. Meine Replik: Die M101 Galaxie hast doch eh schon etliche mal abgelichtet, schmeiss' die Belichtungszeit auf den Kometen. Andi freute sich auf mein Kommen, da könnten wir ein bissl plaudern und uns austauschen.
Als ich zu Andi stieß, stand Venus schon relativ tief. Andi war gerade beim Fokussieren seines C6, und hatte Venus als dicke Sichel auf dem Notebook Bildschirm. Zur Sicherheit noch auf Arktur, zwecks Sync der Montierung und Kontrolle des Fokus. So verging Zeit, es wurde nach und nach dunkler. Ich meinte, den Komet könnten wir schon angehen. Also los, Andi suchte ihn im Planetariumsprogramm Cartes du Ciel, und initialisierte das Goto. Das Teleskop setzte sich in Bewegung. Eine erste Testbelichtung, da war schon etwas drauf, urschwach halt.
Nun wechselte Andi zwecks Belichtung von APT auf SharpCap. Live Stacking wird nichts bringen, das geht auf Sterne. Also schlicht eine Sequenz von Aufnahmen anstoßen. Das Histogramm entsprechend eingestellt, war der Komet dann durchaus gut auf dem Notebook Bildschirm zu sehen. Ein relativ großes Ding, diffus, mit einem auch nicht wirklich sehr hellen Kern. Man sah über ein paar Aufnahmen eine geringe Bewegung relativ zu dem Sternenhintergrund.
Mein Fehler: ich hatte nicht gerechnet, dass es kühl werden könnte. Die fallende Temperatur wurde mit der Zeit ungemütlich, nur so mit dem kurzärmeligen Hemd. Andi hatte längst zu einer dünnen Jacke gegriffen. Bevor mir noch richtig kalt werden hätte können, fuhr ich heim.
Komet C/2023 E1 (ATLAS) vom 7. Juli 2023
C6 @ f/6.8 auf EQ5 Goto, 39x 60 Sekunden, Canon 600 Da, ISO 800, unguided
Foto: Andreas Berthold
Der 8. Juli brachte mit der Abendthermik Wolken, die sich ziemlich hartnäckig hielten. Andi zufolge gab es später aber einen richtig tollen Himmel bei ihm in Ladendorf. Leider zu spät.
Am 9. Juli war ich in der Dämmerung auf dem Buschberg. Nach einem speziellen Erlebnis dort vor etlichen Tagen, als ich in der mittleren Dämmerung über 100 Leuchtkäfer entlang der Straße zur Radar Kuppel gezählt hatte, wollte ich wieder mal nachschauen, ob und wie viele davon zu sehen wären. Nun, auf 15 bin ich gekommen, nicht wahnsinnig imposant. Auf der Heimfahrt wurde ich in Ladendorf langsam, um in die Einfahrt blicken zu können, ob Andi draußen steht mit Teleskop, was der Fall war. Ich rief, während ich weiter fuhr, sofort an. Andi hat's nicht rechtzeitig erwischt, aber umgehend zurück gerufen. Warum ich nicht rein gefahren wäre? Klar hat er bemerkt, dass ich es war und "spioniert" hatte. Ich sagte, ich komme mit Teleskop, ich will den Komet beobachten. Es war sowieso noch genug Zeit bis zur Dunkelheit.
Bei mir daheim hatte ich nicht mal den Polarstern gesehen. Von Westen war ein Wolkenpaket näher gerückt, das mit einem ausgreifenden Arm den Nordosten Österreichs noch streifte, es gab ein paar Schleierwolken. Bis ich dann wieder bei Andi war, ist Zeit vergangen. Dort war der Himmel besser, aber nicht gar so toll. Erst mussten wir noch sehen, wo ich aufstellen könnte, es geht ja auch darum, den Polarstern durch den Polsucher der iOptron ieq45 Montierung noch sehen zu können. Meine Entscheidung, welches Teleskop ich nehmen würde, war klar. Da ich erst unlängst so viel Spaß bei der Beobachtung mit meinem alten 5.7" f/6 Maksutov-Newton hatte, war der erneut an der Reihe.
Andi hatte gerade M3 auf dem Bildschirm, dem er eine längere Aufnahmeserie widmete. Ich holte mir von Andi die Koordinaten des Kometen, und knöpfelte die Daten in die Handbox meiner Montierungssteuerung rein. Ich blickte ins Okular (40x) und sah erst gar nichts. Dann entdeckte ich beim Blick aus dem Augenwinkel doch ein nebeliges Etwas am Feldrand. Das holte ich in die Mitte. Ok, das ist also der Komet C/2023 E1 (ATLAS). Ein sehr diffuses Ding mit einer nur indirekt erkennbaren zentralen Verdichtung. Mir deuchte, als wenn da ein Schweifansatz aus der Koma heraus vorhanden wäre, nach rechts oben im Bild. Sicher vage, aus dem Augenwinkel heraus hatte ich ein paar mal diesen Eindruck. Andi meinte, nein, auf dem Foto hätte er nichts gefunden Auch er sah sich den Komet im Teleskop an, war aber nicht gut dunkeladaptiert, da er gerade vor dem Notebook Bildschirm gesessen war, und meinte, da ist nichts. Vielleicht wär's nur ein Streulichteffekt, es gibt da etliche Straßenlaternen, die dafür sorgen könnten. Ich steigerte die Vergrößerung etwas, 50x, Der Komet war nun etwas besser zu sehen, mein "Schweifansatz" war nicht sichtbar. Ich zog die Vergrößerung nochmal an, 62x, nun war der Komet leicht erkennbar, aber mein "Schweifansatz" ebenfalls nicht. Vorerst dachte ich nicht näher drüber nach.
Mit dieser Vergrößerung ging ich auf M101 los. Das war zu viel, ich stieg zurück auf 50x, besser so. Die Supernova 2023ixf ist merklich schwächer geworden, sieht man vor allem im Vergleich mit Umgebungssternen, in Ruhe zu inspizieren auf Andis Bildschirm, er hielt grad auf M101 mit seinem C6 drauf. Indirekt war die Supernova immer noch leicht sichtbar, freilich. Von der Galaxie selbst sah ich in erster Linie das Zentralgebiet und etwas Spiralstruktur. Letztlich schaffte ich auch noch den HII Knoten direkt neben der Supernova. Damit war ich zufrieden.
M101 mit der Supernova 2023ixf. C6 @ f/6.8 auf EQ5 Goto, 20x 120 Sekunden Canon 600 Da, ISO 800
Foto: Andreas Berthold
M3. C6 @ f/6.8 auf EQ5 Goto, 82x 30 Sekunden, Canon 600 Da, ISO 800
Foto: Andreas Berthold
Mein letztes Objekt war M13, gerade hoch im Zenitraum. Da reichte mir 62x schon für einen netten Eindruck. Weitere Erkundungen wollte ich nicht anstellen. So packte ich meine Sachen wieder ein, auch Andi machte Schluss.
Daheim suchte ich nach Angaben für die aktuelle Helligkeit des Kometen. Was ich so herausfand, da hätten wir 10 +/- 1 mag. Dabei stieß ich auch auf Fotos des Kometen. Ich fand darauf einen dünnen Ionenschweif, der in den letzten Tagen mehr und mehr verkürzt zu sehen war. Da wurde ich stutzig. Hab' ich doch den Ionenschweif erspäht? Ich untersuchte ein Bild vom 7. Juli auf Orientierung, und befand, es ist astronomisch richtig orientiert, mit Norden oben. Der Ionenschweif im Bild nach links unten. Das passt dann aber exakt mit meiner Beobachtung im Maksutov-Newton, mit dem Gasschweif nach rechts oben. So etwas ist mir schon einmal untergekommen, da hatte ich auch visuell den Ionenschweif eines Kometen gesehen, der auf einem eigenen Foto mit irgendeiner Digitalknipse nicht drauf war. Dass der Ionenschweif bei höherer Vergrößerung nicht mehr zu sehen war, wundert mich auch nicht wirklich.
Schaut man Andis Bild vom 7. Juli an, bewegt das Bild langsam auf und ab, findet das Auge einen dünnen "Strahl" nach links unten aus dem Kern des Kometen heraus. Also urschwach ist der Ionenschweif drauf. Ich habe probiert, ob ich den Schweif von diesem Bild mit Larson-Sekanina Filter besser sichtbar machen kann. Nun ja, auch noch schwierig, man muss das Bild quasi indirekt anschauen, dann kommt er schon.
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Der Ionenschweif des Komet C/2023 E1 (ATLAS) mit Larson-Sekanina Filter
Auf der Heimfahrt, etwa einen halben Kilometer vor Ortsende Ladendorf, erst ein junger Hoppelhase: der ist gut 50 bis 60 Meter zickzack vor meinem Auto her gelaufen, bis er einen Weg gefunden hat, wo er abbiegen konnte. Und kurz darauf, ich bin gerade erst etwas auf Tempo gekommen, zischt ein Reh über die Straße. Sachen gibt's in Ladendorf...
Howdii