Am Vormittag war der Himmel hübsch blau, es sah besser aus als am 14. Juni. Ein paar harmlose, kleine Quellwolken gab es. Die Wetterdienste prognostizierten eine klare Nacht. Was weiß man schon, man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Tatsächlich, am späten Nachmittag zogen größere Wolkenfelder von NNW in raschem Tempo herein. Es war etwa 19:30 MESZ, als ich Andi kontaktierte, was er zur Lage meine. Andi verwies auf eben diese Wolken, und wollte nicht so recht. Ich ging ins Freie, fand nur ein kleines Feld flacher Wolken vor, das sah nicht dramatisch aus. Andi meinte, vielleicht würde er daheim aufbauen. Ich sagte, ich kann die Lage ja noch beobachten, es reicht auch, wenn ich um 22 Uhr MESZ entscheide. Bis dahin ist eh noch etwas Zeit.
Das aktualisierte IR Satbild zeigte, die anrückenden Wolkenfelder zerfielen. Ich sauste gleich nochmals hinaus, klarer Himmel. Das passt. Lieber nehme ich die erstbeste Nacht, die sich bietet, als auf eine vermeintlich bessere zu warten.
So ging ich es ohne Eile an. Welches Teleskop nehme ich? Ein Beobachtungsprogramm hatte ich nicht, wollte einfach ein bisserl schauen. Meine Wahl fiel auf den 5.7" f/6 Maksutov-Newton. Da gibt es nichts Schweres zu heben, es ist nur ein bisschen Laufen, bis alles beieinander ist. Alsdann setzte ich mich ins Auto und steuerte den Beobachtungsplatz östlich von Niederleis an.
Um etwa 22 Uhr MESZ war ich dort. Es wehte ein festeres Lüfterl aus West, daher positionierte ich mein "Raumschiff" als Klotz quer zum Wind, und stellte das Stativ daneben auf. So war es auszuhalten. Ich schritt mit dem Aufbau fort. Das Stahlrohrstativ meiner alten iOptron ieq45 zu nivellieren ist eine Spielerei, das geht bei den Holzstativen viel besser. Sonst kam ich rasch voran, konnte auch gleich die Poljustierung erledigen.
Nun war ich bereit für das Stern Alignment. Halt, was sollen die Wolken da auf einmal? So war das nicht ausgemacht. Arktur war gerade soweit frei, Spica nicht. So etwas hatte ich unlängst. Doch bis ich fertig war mit dem Stern Alignment, und mich nochmals umgesehen hatte, waren die Wolken genauso schnell wieder weg wie sie sich gebildet hatten.
Über Wien lag gerade eine Wolkendecke, der Lichtdom war damit eingedämmt. Im Norden hing noch ein Dämmerungsrest. Was könnte man derweilen machen? Ein Depp wie ich mal bin, knöpfelte ich NGC 4995 in die Handbox und schickte das Teleskop auf dieses Objekt. Die Vergrößerung betrug 40x. Ich bekam ein mir bekanntes Feld zu sehen, mit den zwei helleren Feldsternen. Erst orientierte ich mich im Feld, um die Himmelsrichtungen fest zu stellen - ich hatte nun ja ein Newton-Focus Teleskop vor mir, da heißt es umdenken. Nun wusste ich, wo ich die Galaxie suchen müsste. Und auf einmal, zack, war sie da und just an der richtigen Stelle ein feines Lichtpünktchen! Was? Die Supernova 2023gfo? Spinn' ich? Hab ich mit einer Kanone auf einen Spatz geschossen am 14. Juni? Das wollte ich jetzt genau wissen. Ich steigerte die Vergrößerung auf 50x. Das klingt nicht nach viel, kann bei kleinen Öffnungen aber viel ausmachen. Nun sah ich mich weiter im Feld um. Ich konnte die Lage der Galaxie besser ausmachen, und fand auch den schwachen Stern östlich davon. Ahja, das heißt, ich bin hier richtig. Mein Blick streifte ein wenig nach Westen, und zack war da wieder die Galaxie mit der Supernova, und nochmal.
Also, so was. Da braucht dieser Howdii ein C11 und plagt sich damit, und ich steh nun mit nicht mal 6" Öffnung da und erschlag' das Ding einfach so? Ich musste lachen. Das war eine Mitteilung wert. Ich sagte Andi: Der "Riesentöter" hat wieder zugeschlagen. Mit dem 5.7" MN hatte ich ja größeren Teleskopen schon viel "weggeschaut".
Andi hatte sein Teleskop nicht aufgebaut, er versorgte mich dafür mit Informationen vom Stand des EM Quali Spiels Belgien-Österreich, und vom Stand des F1 Quali in Montreal.
Andi meinte, "kannst die andere Supernova auch probieren". Klar doch. Flugs war NGC 4568 eingetippt, und alsbald sah ich das Feld im Teleskop. Wieder war erst die Orientierung gefragt, damit ich wusste, wo ich anpacken sollte. Ganz zufrieden war ich noch nicht. Die nächst höhere Vergrößerung her, 62x, da geht noch was, 70x. Das sah soweit gut aus. Ich konnte die beiden Galaxien nun besser sehen, und schielte da entlang, wie die NGC 4568 liegen sollte. Vage bekam ich einen Lichtschimmer mit und fand den nächst gelgenenen schwachen Stern, der weit ab der Galaxie liegt. Ah, die Richtung passt. Also wieder zurück Richtung Galaxie, und zack, war da das schwache Pünktchen, die Supernova 2034ijd! Nochmals das Spiel, raus zu dem schwachen Stern, und wieder zurück zur Galaxie, da war wieder das schwache Sterndl, genau an der richtigen Position. Na sowas. Diese Supernova war etwas schwieriger zu sehen als die andere davor, das kenne ich schon von der Beobachtung mit dem C11, ein deutlich schwächeres Sternderl.
Was noch? Die Kugelhaufen im Schlangenträger hatte ich nun binnen kurzer Zeit mit dem C8 und C11 gesehen. Wie schlägt sich der kleine 5.7" MN dagegen? Erst habe ich alle drei mit 62x abgeklappert. M10, eine ganze Ladung an Sternen. M12, einige hellere Sterne, einige schwächere. M14, im Halo ein paar Sterne, und über dem Haufen stechen ein paar hellere heraus. Dann nochmals mit 97x auf M14. Das schien optimal zu sein. Ich hätte noch 134x probiert, da gab es aber keinen Gewinn mehr. Ich ging zurück auf 97x. An M14 konnte ich insgesamt etwas mehr Sterne auflösen, es blieb aber größtenteils unaufgelöster Nebel. M12, da konnte ich von dem Nebel der unaufgelösten Sterne ein bisserl feinen Grieß ankratzen, also die hellsten Sterne davon. M10, nun war kein Eindruck mehr von einer geballten Ladung von Sternen, das zerflatterte ziemlich, und es blieb ein unaufgelöster Nebelfleck drin.
Einen Blick auf M101 wollte ich schon riskieren. Ich ging mit 62x drauf. Jessas, das sah ja besser aus als zuletzt hier im C11! Die Supernova 2023ixf wurde freilich leichte Beute, auch wenn sie schon über ihr Helligkeitsmaximum hinaus ist und schwächer geworden ist. Ich schaffte aber locker den Knoten neben der Supernova, den Knoten weiter draußen im selben Spiralarm, und den abknickenden Arm erwischte ich vage ein paarmal aus dem Augenwinkel heraus. Zumindest einen "Haxen" konnte ich ausnehmen, und einen "freifliegenden" Knoten fand ich auch, den zugehörigen Spiralarm hatte ich teilweise einmal flüchtig mit dabei. Das war für den kleinen 5.7" MN nicht wirklich schlecht.
Mit gleicher Vergrößerung hielt ich nun auf M97. Ich spielte mit der Vergrößerung, ging bis 134x. Die "Augen2? Nein, die kamen nicht. Hatte ich auch noch nie vorher damit gesehen. Erst, wo der Nebel noch hell genug ist, sind die beiden dunklen Flecken zu klein um sie sehen zu können. Geht man mit der Vergrößerung rauf, geht einem das Licht doch relativ schnell aus, es reicht dann der Kontrast nicht mehr aus. Ein Verdacht auf einen "Schatten" quer drüber, das war es maximal.
Der Wind war mittlerweile eingeschlafen, doch nun kam er wieder, aber nicht mehr so heftig, nur ein etwas stärkerer Lufthauch war zu spüren.
Etwas Schönes, zum Genießen: M11, dieser offene Haufen gefiel mir bei 70x am besten. Mir fielen unterschiedliche Sternfarben auf, auch gelblich bis rötlich. Von Süden her ragt eine dunkle Bucht in den Haufen hinein, die ihn fast teilt, in ungleiche Teile, östlich sind mehr Sterne als westlich davon zu sehen.
Zu etwas fortgeschrittener Stunde steigt Cassiopeia langsam wieder im Osten höher. Ein Blick auf M52 bei 62x. Ein hellerer Stern ist dabei, ist das überhaupt ein Haufenstern? Man findet einige Linien von Sternen kreuz und quer in diesem Haufen.
NGC 7789 nahm ich bei 50x. Die noch tiefe Stellung am Himmel hat wohl etliche der schwächeren Sterne gekostet. Ich habe diesen Haufen viel sternreicher in Erinnerung.
M13 war bei 97x zuckersüß, ein sehr "erfrischender" Anblick. Wenn schon, DAS ist eine geballte Ladung von Sternen! Für den vorher beobachteten M10 ist dieser Begriff ein bisserl überstrapaziert.
Frisch war auch die Temperatur, es hatte nur mehr 13° C. Mit dem leichten Wind fühlte es sich durchaus kühler an.
Für M92 war 97x zu wenig. Mit 134x kam dieser Kugelhaufen wesentlich besser.
NGC 6992 brachte bei eben dieser Vergrößerung einen vertrauten Anblick. Ein relativ helles "Knöderl" von Kugelhaufen, unaufgelöst, ein Stern stach heraus. Das kenne ich so.
Ich griff nun zum SQML und hielt damit Richtung Zenit hinauf. 21.10 mag/arcsec2 war der Wert.
Da ich schon etwas müde war, packte ich meine Sachen zusammen. Als ich die Heckklappe des Autos schloss, war sie außen patschnass vom Tau. Eigenartig, auf dem Teleskop sitzt zwar so etwas wie eine Taukappe, es ist aber mehr ein Streulichtschutz als wirksamer Tauschutz. Die Meniskuslinse blieb trocken, selbst die völlig ungeschützte Linse es 7x50 Suchers.
Ich nahm nun Canis Maior an die Leine und wir gingen ein Stück den Weg entlang. Dabei konnte ich den Himmel nochmals inspizieren. Also, mein Eindruck war besser als in der letzten Nacht hier. Die Milchstraße war schöner zu sehen, die Schildwolke markanter und auch unterhalb der Schildwolke war noch etwas von der Milchstraße vorhanden, bis alles in der aufgehellten Suppe absoff. Über Wien hatte sich neuerlich eine Wolke geleg. Zurück beim Auto hielt ich nochmals mit dem SQML in den Zenit: nun konnte ich 21.15 mag/arcsec2 vom Display ablesen.
Drei Supernovae geknackt. Mit der in M101 hätte ich gerechnet. Mit den anderen zwei nicht wirklich. Jetzt noch die Aufklärung, warum es doch geklappt hat. Erstmal, ein etwas besserer Himmel. Dann: Mit der kleinen Öffnung muss ich nicht so hoch in die Vergrößerung gehen. Es ist alles kompakter beieinander im Feld, das kommt mir stark entgegen. Die richtige Orientierung muss ich auch erst finden, und einen Anhalt irgendwo, damit ich weiß wo ich hin muss mit dem indirekten Blick. Und: Die Hauptarbeit habe ich doch mit dem C11 erledigt. Auf dieses Wissen, wie geh ich ran, konnte ich aufbauen. Deswegen hat es geklappt, und ich bin sogar flotter voran gekommen als mit dem C11.
Tja, es ist ein Vorteil, wenn man den Himmel mit unterschiedlichsten Teleskopen unterschiedlicher Öffnung kennt, und weiß wie es ist, damit zu arbeiten, was man wirklich sieht damit. Wäre ich nicht in dieser Lage, ich hätte starke Zweifel nach meiner Beobachtung mit dem C11 wenn mir wer erzählen würde: Der Howdii hat's mit seinem 5.7" MN geknackt...
Und all die Verluste für die empfundenen Helligkeit gegen die angegebe, die ich im letzten Bericht vorgerechnet habe, die gelten freilich auch für den 5.7" MN. Ein Stern von 16 mag, sogar etwas schwächer in der realen Beobachtung, mit diesem Teleskop? Warum nicht? 16.1 mag hatte ich schon im Vierzoll Achromat geknackt, und es sah nicht nach absolutem Limit aus. Es geht mehr als man gemeinhin meint.
Und falls wer meint, diese Supernova Sichtungen im 5.7" MN wären "easy" gewesen - das war absolut nicht zum "Herzeigen". Wie gesagt, ohne Vorbereitung, ohne die Pionierarbeit mit dem C11 weiß ich nicht wirklich, ob es möglich gewesen wäre.
Howdii