Der Himmel zeigte sich gegen Sonnenuntergang hin wolkenlos. Zumindest, soweit ich es vor dem Haus einsehen konnte, und dazu bin ich extra auch über die Straße gegangen, um weiter über das Hausdach gegen Süden blicken zu können. Das verlockte mich, ausrücken zu wollen. Mein Ziel: Supernovae beobachten. Zumindest zwei, die einen in der Spiralgalaxie M101 habe ich ja schon "erledigt", die könnte ich gerade noch als "Zeitvertreib" mitnehmen. Wirklich interessant wären für mich die Supernovae 2023ijd in NGC 4568 und 2023gfo in NGC 4995.
Ich kontaktierte Andi, er war aber zu müde von den Tagesereignissen. Na dann rück' ich halt allein aus, wäre nicht das erste mal. Da es Wind aus Nordost gab, zog ich den Platz oberhalb von Schrick in Erwägung, dort steht man in einer Senke und ist nah am Gebüsch und dem nächsten Hang dran, hat somit recht guten Windschutz. Gegen 21 Uhr MESZ lud ich meine Sachen ins Auto, und zog alsbald los. Mir war wichtig, zumindest mal den Standplatz "reservieren", solltesich sonst wer noch da raus "verirren", und während die Dämmerung fortschreitet, kann ich dort ja noch ein Stück des Weges mit Canis Maior gehen, wie schon öfter getan.
Bei der Anfahrt zum Beobachtungsplatz fiel mir schon etwas auf. Nach dem Windschutzgürtel, den man erst entlang fährt, ein großer geschotterter Platz, so sah es halt aus, in Nähe zur vorbeiführenden Straße. Was soll das werden? Etwas weiter, eine breite, geschotterte Schleife rechts um den Güterweg, um nach etwa 100 Meter an einer Wegkreuzung wieder in den Güterweg zu münden. Der restliche Weg in die Senke hinunter war mir vertraut, auch mein Stellplatz so wie ich ihn kenne. Doch kaum aus dem Auto ausgestiegen, als mein Blick nach Westen fiel, meinte ich mich tritt ein Pferd. Steht da nun auf freiem Feld eine neue Windkraftanlage, und gleich ein Warnschild direkt an der Wegkreuzung: Lebensgefahr bei Eisabwurf. Na fein. Mein erster Gedanke, bei der gegebenen Windrichtung stehe ich nicht direkt in der Wirbelschleppe dieses Windrades, aber sehr wohl derer, die etwas weiter oben am Hügel stehen. Die Rotoren der Windkraftanlagen drehten sich hurtig, unten beim Auto spürte ich jedoch gar nichts vom Wind.
Ich nahm Canis Maior an die Leine, und wir stapften mal davon. Es war ja noch viel zu hell, um irgend etwas zu machen. Die neuen Gegebenheiten gab ich Andi per Mobiltelefon bekannt. Wieder zurück beim Auto, war die Dämmerung weiter fortgeschritten, dass ich an den Aufbau des Teleskops denken konnte. Doch erst zückte ich noch das Mobiltelefon und knipste gegen den Westhimmel.
Im Vordergrund das Heck meines "Raumschiffs", dahinter die neue Windkraftanlage und die Venus am Westhimmel.
Das neue Windrad ist etwa 250 Meter vom Beobachtungsplatz entfernt, die Geräuschentwicklung deutlich vernehmbar
Es ist schon ein Weilchen her, als ich zuletzt hier war. So wusste ich die Nordrichtung nicht mehr so genau, musste ein Weilchen warten, bis der Polarstern gut sichtbar war. Während ich das Stativ ausrichtete, zogen auf einmal ein paar Wolken von NNO über den erhöhten Horizont herein. Ich baute dennoch auf, weil, ein paar Wolken, das kann mich nicht abhalten. Weit gefehlt, die Abendthermik schlug zu, Feuchtigkeit war vom Regen der letzten Tage gegeben, und bis ich dreimal "Ups" sagen hätte können, war der ganze Himmel bewölkt. Das sah nicht gut aus.
Ein erstes Wolkenloch in Polnähe konnte ich für die Poljustierung der Montierung, meiner alten iOptron ieq45, nutzen, und auch das Teleskop, das alte C8 fokussieren. Dann war erst mal Warten angesagt. Ich hätte gerne ein Stern Alignment gleich auf Spica gemacht, allerdings bekam ich diesen Stern gar nicht oder nur blickweise schwach zu Gesicht. Arktur war öfter mal frei, so konnte ich damit das Alignment durchbringen. Der topasfarbene Stern im Okular, stark flirrend. Ob das heute noch brauchbar wird? Ich hatte so meine Zweifel. Es sah nach Aufbau- und Abbauübung aus.
Die Wolken zogen langsam nach Süden ab, und zeigten auch Auflösungstendenz. So klarte es von Norden her wieder auf. Der Große Wagen stand schon fesch da, so beschloss ich, M101 mit der Supernova zu beobachten. Die Vergrößerung von knapp 80x schien perfekt zu sein. Es dauerte ein bisserl, bis ich mich auf das Feld eingeschaut hatte. Aber nicht schlecht, was ich so nach und nach erspähen konnte. Das Zentrum der Galaxie war deutlicher zu sehen als bei meinen letzten Beobachtungen, die Spiralstruktur um das Zentrum andeutungsweise da. Einzelne Spiralarme, ich nenne sie gerne "Haxen", konnte ich nach und nach "zusammen klauben". Auch den Spiralarm, in dem die Supernova 2023ixf sitzt. Ich schaffte auch locker die HII Region daneben, NGC 5461. Diesen Spiralarm konnte ich weiter verfolgen, darin auch die HII Region NGC 5462 finden, und einmal erhaschte ich den abknickenden Spiralarm aus dem Augenwinkel. Über die Galaxie verstreut fand ich auch ein paar schwächere Sterne.
Die Supernova war natürlich leichte Beute, auch wenn sie vielleicht etwas schwächer geworden war. Diese Beobachtung war schon einmal etwas zum Anschreiben, ich war durchaus angetan von der "Ausbeute".
Sonst war noch nicht viel zu wollen mit dem Himmel, deswegen blieb ich vorerst in der Himmelsgegend. M97
war mein Ziel. Eh nur knapp 80x, "sportlich", dennoch, die beiden Augen
kamen blickweise immer wieder, und auch den Zentralstern streifte ich
einmal an. Durchaus nett.
Derweilen war es bis zum Bärenhüter klar. Zum Zeitvertreib dirigierte ich das Teleskop auf M3. Bei gleicher Vergrößerung, sauber fokussiert, stand der Kugelhaufen wunderbar da. Normalerweise hätte ich nun weiter vergrößert, mir den Kugelhaufen noch genussvoll rein gezogen.
Nun sah es nach einem größeren Wolkenloch in der Jungfrau aus, dort wo NGC 4568 sein sollte. Ich steuerte gleich mein Teleskop hin und blickte ins Okular. Da waren ein paar schwächere Sterne, dann wieder nicht, also wirklich "sauber" war es dort noch nicht. Ich blieb am Okular, und nach und nach besserte sich die Sicht, bekam ich auch die zwei Galaxienkerne, von NGC 4567 und NGC 4568 zu sehen. Ich suchte erst nach der Orientierung im Feld, um die Himmelsrichtungen zu eruieren. Nur, was ich auch da an Zeit verbrachte, die Sicht wurde nicht besser. Wenn ich nun auch wusste, welche dieser "Lichtknöderl" die NGC 4568 ist, die Gestalt konnte ich nicht feststellen. Hätte ich mich besser vorbereiten sollen? Dann hätte ich es mir jetzt vorstellen können, wie die Galaxie im Feld liegen muss. Das hilft aber im konkreten Fall nichts. Einen Anhaltspunkt braucht man schon, um zu sehen, wo genau man anpacken soll für die Supernova, die 2023ijd. So lange ich es versuchte, es wollte nicht, kein Wunder auch, mein Himmelsfeld stand am Ende keine 30° mehr hoch über dem Horizont, man verliert Licht durch die Extinktion und schaut mehr und mehr in den aufgehellten Horizontbereich. Die Suppe war zu dünn, da gab es nichts zu holen.
Nun stand auch Spica schön da, unweit davon liegt die Galaxie NGC 4995. Flugs dirigierte ich das Teleskop dort hin. Ich sah mal zwei hellere Sterne, stark flirrend, und fand dazwischen etwas Nebeliges. Nach einiger Zeit sah dieses Nebelige wieder anders aus, und dann wieder anders, auch wo anders, das machte mich stutzig. Ich visierte mal über den Tubus hinweg, und musste feststellen: dort liegt noch ein dünner Wolkenstreifen, das Feld ist noch nicht wirklich klar.
Um die Zeit sinnvoller zu vergeuden als einfach nur warten, nahm ich M10 ins Visier. Bei eben dieser Vergrößerung, knapp 80x. Der Kugelhaufen wunderschön dargestellt, viele hellere Sterne. M12 dagegen, nur ein paar hellere Sterne, viel "feiner Sand". Es geht noch schwächer: M14. Da hätte ich schon höhere Vergrößerung gut brauchen können, aber ich nahm es "sportlich" mit der gleichen Vergrößerung. Ein feiner Grieß, im Randbereich konnte ich diesen sehr dichten Haufen dennoch in Einzelsterne auflösen.
Zurück zu NGC 4995. Besser gesagt, erst auf Spica für einen Sync Befehl. So, die "Nebulosity" zwischen den hellen Sternen war weg, gut so. Dort wo gerade Spica im Feld war, also mitten drin, sollte jetzt NGC 4995 sein. Nur, beim besten Willen, ich konnte hier gar nichts finden. Es war zu spät geworden, das Objekt keine 15° mehr über dem, Horizont. Ja dann, wenn man die Galaxie gar nicht sieht, braucht man sich wegen der Supernova auch keine Sorgen mehr machen.
Mittlerweile war der Himmel klar. Und was für ein Himmel! Für diesen Standort sehr respektabel. Ich schätzte auf 6 mag im Zenitraum, die Messung mit dem SQML ergab 21.25 mag/arcsec2, das kommt schon hin. Durch die konzentrierte Arbeit am Teleskop war ich müde geworden, es war auch schon weit nach Mitternacht. Ich beschloss, abzubauen und heim zu fahren. Als ich die Heckklappe des Autos schloss, sah ich mich nochmals am Himmel um. Was, hat sich da wieder eine Wolke gebildet - oh nein, das ist die Schildwolke, so groß und so hell! Auch im Schwan war die Milchstraße prächtig, und von der Schildwolke runter Richtung Schütze war eine wolkige Struktur der Milchstraße sichtbar. Ich kann mich nicht erinnern, die Milchstraße hier jemals so toll gesehen zu haben!
Man kann festhalten, es ist extra spät geworden, bis ich die beiden Supernova Beobachtungsversuche starten konnte, die Wolken waren nicht geplant. Es wird ohnehin jahreszeitlich bedingt schon spät, bis man mit der Beobachtung beginnen kann. Das Zielgebiet hat den Meridan schon längst überschritten. Man kommt unweigerlich in den aufgehellten Horizontbereich. Mit einem Achtzöller wird da wenig zu wollen sein, auch ohne Verzögerung durch Wolken. Sollte sich eine weitere Möglichkeit auftun, muss die nächst größere Tüte her.
Dieser Beobachtungsplatz oberhalb von Schrick, war einst eine Sache bei Wind von Nord bis Ost. Hier unten in der Senke hat man Windschutz. Jetzt stehen aber oberhalb von Norden bis Nordosten genug Windkraftanlagen, und gegen Westen zu auch schon welche, das neue Windrad (siehe Foto oben) inkludiert. Die ganze Anlage wird als EVN Windpark Kettlasbrunn bezeichnet. Auf dem aktuellen Google Maps Satellitenbild sind schon die Fundamente der neuen Windkraftanlagen und auch neue Windkraftanlagen dort erkennbar. Nun ist auch klar, was mit dem "Schotterplatz" und der geschotterten breiten Schleife auf sich hat. Es ist ein Zufahrtsweg von der Obersulzer Straße, und die Schleife ein größere Bogen in den Querweg, dort weiter ist der kürzeste Weg zu dem neuen Windrad. Also just wenn man diesen Beobachtungsplatz des Windes wegen aufsuchen wollte, steht man jetzt unweigerlich in der Wirbelschleppe der Rotoren. Flimmerseeing ist so garantiert. Leider, wieder ist ein alter Spechtlplatz nahezu unbrauchbar geworden. Bei Windstille gibt es eh andere Möglichkeiten. Es wäre gerade noch die Nähe zu Mistelbach ein Argument dafür.
Howdii