In einer Phase mit wechselhaftem Wetter hat sich ein Wolkenloch aufgetan, gerade recht, um die frühen Nachtstunden nützen zu können. Ein kleiner Ausflug im Weinviertel ist kein Beinbruch, sollte es nicht wie erhofft sein. So lud ich fast überstürzt das C11, die iOptron CEM60, das Berlebach Stativ, Gegengewichte für die Montierung, Okulare und sonstiges Zubehör ins Auto. Eigentlich ein Wunder, dass ich nichts vergessen hatte, sogar die Taukappe und mein Astrostuhl haben es ins Auto geschafft. Auch eine Flasche Wasser, um mich selbst fit zu halten. Visuelle Beobachtung kann durchaus anstrengend sein, in der Form wie ich es vielfach betreibe.
Auf der Fahrt sah ich im Westen noch Reste eines Gewitterturms, auch tief am Nordwest- und Nordhorizonts gab es noch ein paar flache Wolken. Nichts, das mich abschrecken konnte. Mein Weg führte mich auf den Höhenrücken östlich von Niederleis. Dort, am Ende des Weges, habe ich ausreichend Platz, mich auszubreiten. Und falls noch irgend ein Fahrzeug des Wege käme, könnte es vorbeifahren.
Ich kam in der späten Dämmerung an, und begann sofort mit dem Aufbau des Teleskops. Dabei brauchte ich schon die Taschenlampe. Es war ab und zu ein leichter Lufthauch aus nördlicher Richtung spürbar, nicht unangenehm, weil es noch recht warm war. Insgesamt war es gut auszuhalten, auch keine Belästigung durch Insekten. Bis ich fertig aufgebaut hatte, war es auch schon dunkel, so dass ich direkt in die Beobachtung starten konnte.
Daheim bin ich ja schon etwas spät weg gekommen, weil ich erst noch in Eile eine kleine Liste an Objekten erstellen musste. Damit ich diese nicht etwa liegen lasse, hatte ich sie gleich in die Brusttasche des Hemdes gesteckt. Ein Dutzend Objekte wir schon reichen, ich bin nicht mehr der Jüngste, und mit zwei Stunden Beobachtung habe ich schon genug. Also los ging es, im Sternbild Adler.
NGC 6807 war mein erstes Objekt. Ein planetarischer Nebel. 12 mag hört sich ja nicht so schlecht, an, vor allem wenn man ein C11 zur Verfügung hat. Aber ein kleines Ding ist es. mit vielleicht 2" Durchmesser. Zur Sicherheit holte ich mir erst Altair für einen Sync, und fuhr dann das Objekt an. Da wo ich Altair gehabt hatte, diese Position relativ zu zwei helleren Feldsternen, da sollte das Objekt sein. Ich sah mal gar nichts, was irgendwie nach 12 mag und PN aussah. So steigerte ich nach und nach die Vergrößerung, bis ich bei 330x landete. Nun schirmte ich mit beiden Händen das Okular ab, um nur Licht von dort zu empfangen. Halt! Da streifte mein indirekter Blick ein kleines Scheibchen, sehr schwach, und es gelang noch ein zweites Mal, gleicher Eindruck. Die Position war schon ziemlich genau da, wo ich vorhin Altair im Feld hatte. Der Deep Sky Field Guide zur Uranometria 2000.0 weist "smooth disk" aus, was ich so unterschreiben würde, nach meinen Eindrücken. Irgendwie stutzig war ich schon geworden. 12 mag, und dann hab ich so dran zu nagen?
NGC 6852 ist ein weiterer PN im Sternbild Adler. Ich krachte gleich mit dieser hohen Vergrößerung drauf. Da war gleich was "nebelig" im Feld, aber bei genauerem Hinsehen nur eine kleine Gruppe schwächerer Sterne, die ziemlich dicht stehen. Oh, so etwas hat mich schon einmal getäuscht, da war ich schon mal. Ok, alles klar, der PN ist ein Stück abseits. Aber wo? Ich wollte nun nicht mehr so sportlich sein, und schraubte den UHC Filter vorn an den Zenitspiegel dran. Immer noch keine Spur von dem PN. So stieg ich mal eine Stufe zurück in der Vergrößerung, auf etwa 240x. Oh, nun streifte ich goldrichtig drüber, ein nicht so kleines Scheibchen mit hellerem Rand. Was sagen die Daten? 12.7 mag, 28" Durchmesser, und der DSFG spricht von "ring structure". Soll sein, deckt sich mit meinen Beobachtungen. Zumindest mit UHC Filter erschien dieser PN deutlich heller, ein besserer Eindruck als beim vorigen Objekt.
NGC 6960, gemeinhin "Veil Nebula", der westliche Teil des "Cygnus Loop" im Sternbild Schwan. Da ging ich mit 110x drauf, der UHC Filter war nach wie vor im Einsatz, vorn am Zenitspiegel eingeschraubt. Ich haderte ein bisserl mit der Definition, was ich auch am Fokussierer drehte, der Stern 52 Cygni erschien doppelt, einmal rot, einmal grün, knapp dran die beiden Bilder. Besser wollte es nicht werden. Immerhin, der hellere Teil, der "Stiel" des "Hexenbesens" war recht gut definiert, mit außen helleren Linien und etwas Struktur. Auch der Knick war erkennbar. Die zwei Streifen, die den Besen darstellen, musste ich ein wenig suchen. Das Feld ist bei dieser Vergößerung doch recht klein. Aber dann waren die beiden Nebelstreifen sichtbar, wenn auch nicht so deutlich wie der andere Teil jenseits des hellen Sterns.
NGC 6992 ebenfalls "Veil Nebula", der östliche Teil des "Cygnus Loop". Gleiche Okular/Filter Bestückung. Ich kam bei dem schwächer werdenden Ende des Bogens an, und fuhr ihn langsam ab bis zur "Knochenhand", die besser definiert da stand. Insgesamt ein recht feiner Anblick, mit faserigen Strukturen, die sich offenbarten.
NGC 6881, wieder ein planetarischer Nebel. Erst war bei 240x (UHC nach wie vor im Einsatz) in der Feldmitte nichts zu sehen. Ein etwas hellerer Stern mehr gegen den Rand zu fiel mir auf. Ich holte nun mal Deneb ins Okular zu einem Sync. Dann nochmals zum Objekt. Jetzt war genau dieser hellere Stern in der Bildmitte. Ah? Das vielleicht? Für einen Stern diese Helligkeit etwas zu dick? Indirekt kam dann eine etwas schwächere Nebelhülle zum Vorschein, eine Art Blinkeffekt. Lesen wir nach: 14 mag soll das Ding haben, dafür erschien es aber verdammt hell. Der Durchmesser mit 4 Bogensekunden mag sein. Und was steht noch im DSFG? Smooth disk with a brighter central region. Ich hätte vielleicht die Vergrößerung noch mal anziehen können, aber ich meinte, das Ding ist enttarnt, ich hab es gesehen, war eh nicht wirklich schwierig, und damit genug.
NGC 6888, ein alter Bekannter, der "Crescent Nebula". Ich war da natürlich wieder mit deutlich niedrigerer Vergrößerung drauf, 110x, und der UHC Filter war immer noch vorn am Zenitspiegel dran. Den helleren Teil des Bogens hatte ich bald, nach und nach kam die ganze Sichel.
NGC 7027, ein planetarischer Nebel, auch ein alter Bekannter. Ich war bei 240x drauf, mit dem UHC im Einsatz wie gehabt. Eine recht helle "Acht", also zwei kleine Knöderl, die aneinander anschließen, eines etwas heller als das andere, deutlich grünlich, und rundherum eine schwache Nebelhülle.
NGC 7048, planetarischer Nebel, zeigte sich bei 240x, UHC im Einsatz, als größeres, etwas schwächeres Scheibchen.
NGC 7008 ist mir durchaus bekannt. Ein planetarischer Nebel, den ich mal scherzhaft als "Dreiviertel Asprin" bezeichnet habe. In der Tat, bei 240x mit UHC ein interessantes Objekt. Oval, relativ groß. wobei drei Viertel, wenn man so will, heller sind, das letzte Viertel war schwach zu erkennen. Interessante Helligkeitsverteilung, die Hälfte des Nebels heller mit Knoten, und mittendrin ein Stern, es könnte der Zentralstern sein, mit 13.2 mag nicht unwahrscheinlich.
NGC 6826, "Blinking Planetary Nebula", ein Gassenhauer, sozusagen. Noch immer war der UHC Filter vorn am Zenitspiegel dran. Blinkeffekt? Nein. Ach was, dieses Ding ist hell genug, raus mal mit dem Nebelfilter. Als Vergrößerung hatte ich 240x drin. Ah, eine Wohltat! Das sah so viel besser aus. Direkt den Stern anvisieren, dann verschwand der Nebel fast, indirekt war der Nebel prominent da. Sehr schön anzusehen, und hell.
NGC 6229 ist der dritte Kugelhaufen im Sternbild Herkules. Ein herberes Objekt, weil es hier erst so ab 15.5 mag losgeht, und die meisten Sterne dann erst so ab 18 mag. Indirekt, bei 240x war der Haufen aber durchaus grießlig zu sehen, recht schön.
M13 brauche ich wohl nicht extra vorzustellen. Irgendwas Erbauliches zum Abschluss, die Vergrößerung war gleich wie vorhin, 240x. Was für ein Anblick! Morpheus hat da wieder mal zugeschlagen. Der Haufen wunderschön aufgelöst und gut definiert, und indirekt ein nebeliger Hintergrund, das sind die vielen schwachen Sterne, die man nicht auflösen kann. Ich konnte mich eine ganze Weile nicht vom Okular lösen.
Saturn stand im Süden schon recht hoch, also mal drauf, bei 240x. Das Seeing war nicht gar so schlecht, es gab zwischen etwas "Schwimmen" auch bessere Augenblicke. Die Cassiniteilung war klar ersichtlich, der Ringschatten auf dem Planeten, ein Wolkenband mit etwas Strukturandeutung, und Saturn war umschwirrt von Monden. Zwei feine Punkterl sehr dicht dran, ingesamt waren es 5 Monde, die mir so relativ leicht auffielen.
Jupiter stand doch schon halbwegs hoch im Osten, aber da musste ich über das Autodach schauen, und zwar relativ dicht drüber. Demnach war das Bild von der Wämestrahlung des Autos beeinträchtigt. Ein Windhauch änderte aber alles. Sauber definierte Monde, und auch Strukturen in den Wolkenbändern des Jupiter. Bei gutem Seeing ist Jupiter in diesem C11 sicher ein Fest.
Genug ist genug, vor allem auch beim Blick auf die Uhr. In meinem Alter muss ich nichts mehr übertreiben - es bekommt mir besser. Abschließend ging ich noch mit Canis Maior ein Stück des Wegs entlang. Beim Abbau der Gerätschaft hatte ich natürlich wieder die LED Taschenlampe im Einsatz. Jetzt war nochmals Zeit, das Auge an die Dunkelheit zu gewöhnen, um einen Blick auf den Sternenhimmel zu werfen. Nicht so schlecht für diesen Standort. 5.5 mag im Zenitraum ist respektabel, eine der besseren Nächte sogar.
Im Osten der Lichtschein von Mistelbach erschien verdammt hell und scharf, dagegen ein milderes Licht von der Wiener Lichtglocke, die aber viel breiter und höher ausstrahlt, genau genommen sogar noch den Zenitraum etwas beeinträchtigt.
Es ist an der Zeit, über das Beobachten zu reflektieren:
War es früher besser? Ein 12 mag PN mit dem C11 und dann so schwierig für mich? Das muss ich noch einordnen. Sicher strahlt die Lichtglocke von Wien ordentlich aus, auch im Adler, etwa auf Höhe von Altair, ist der Himmel noch etwas aufgehellt und das mindert den Kontrast. Dazu kam meine "Sportlichkeit", es ohne UHC Filter zu machen. Oder halt - mit dem Kopf durch die Wand. Am Ende habe ich das Objekt ja doch erwischt, aber man kann davon ausgehen, mit dem UHC Filter hätt ich das Ding eher gesehen, es wäre auch heller erschienen. Selbst schuld, kann man da nur sagen. Aber nochmals, 12 mag und dann so ein schwacher Eindruck? Kann sein, dass ich dieses Ding eben gar nicht so optimal erwischt hatte, dann schaut die Welt eben anders aus.
Wenn ich meine alten Berichte lese, was ich mit dem 8" f/6 Maksutov-Newton beobachtet hatte, habe ich durchaus Respekt vor meiner eigenen Leistung. Das war schon arg, was ich mit diesem Teleskop rauskletzeln konnte. Wie es so ist, wenn man eine Liste schnell zusammenschustert, waren ein paar bekannte Objekte dabei. Was festzuhalten ist: Die Lichtverschmutzung hat zugenommen seither, und meine Augen sind nicht besser geworden. Das indirekte Sehen ging mir früher leichter von der Hand, heute muss ich schon den Grauen Star etwas austricksen versuchen, eine optimale Stelle noch finden, wo es funktioniert. Wenn aber, wenn es passt, seh ich mit dem C11 heute doch mehr, soll auch so sein. Mir fällt auch auf, dass ich länger für die Dunkeladaption brauche, speziell beim Wechsel von hellem Licht ins Dunkel. Das Alter lässt sich nicht verleugnen. So ist es halt.
Einen großen Unterschied zwischen einst und jetzt gibt es doch: Damals war ich mit Sternkarte und Sucher unterwegs, habe mich an die Position des Objekts richtig herangearbeitet. Jetzt führt mich das Goto wo hin, irgendwo da um die Bildmitte wird das Objekt vielleicht sein, wir haben beim C11 ja auch noch ein bisserl Spiegelshifting zu berücksichtigen. Genau weiß man es nicht wo das Objekt sein soll. Das macht es auch wieder etwas schwieriger, weil man auch auf den Zufall angewiesen ist. Mit Sternkarte könnte man zwar arbeiten, dann hat man wieder das gespiegelte Bild im SC, und die Sterne im Feld mit denen auf der Sternkarte abgleichen wollen, kann manchmal auch aufwändig werden, zumal Sternkarten üblicherweise auch nicht tief genug gehen. Man sieht viel schwächere Sterne, als auf der Karte verzeichnet sind. Umgekehrt, hat man eine detaillierte Aufsuchkarte mit viel mehr Sternen, muss man erst wieder reduzieren, was davon sieht man überhaupt. Es kostet Zeit. Da ist die "auf gut Glück" Methode wohl noch schneller. Deswegen mach ich es ja so. Und meist finde und seh ich ja was ich suche. Fehlschläge gab es auch früher. Mangelnde Sternkarten, oder mangelnde Vorbereitung, es gleicht sich irgendwie wieder aus.
Eines ist gleich geblieben an diesem Standort: Der Zenitraum ist noch das Brauchbarste, und eher von dort nach Westen zu ist die dunkle Seite. Dort haben sich ja doch die besten Eindrücke dieser Nacht ergeben. Was ich mir hinter die Ohren schreiben sollte: Den Nebelfilter vorn an den Zenitspiegel anschrauben, das kam schon einmal nicht gut. Die "Zwitter Okulare", mit 1.25" und 2" Steckmaß, kann man durchaus mit dem Reduzieradapter auf 1.25" verwenden, dann kann man den Filter dort unten einschrauben. Das gibt ganz sicher die bessere Definition. Zweimal trickst mich vielleicht etwas, ein drittes Mal nicht.
Howdii
Wenn mir etwas sonderbar vorkommt, lässt es mir keine Ruhe, da muss ich nachschauen. Am 30. 8. 2022 sollte zumindest der Beginn der Nachtstunden noch klar sein. Von Westen würden Wolken kommen, das wusste ich. Deshalb zahlte es sich nicht aus, irgendwohin raus zu fahren. So führte mich der Weg kurzerhand in meine Sternwarte. Dort gibt es meinen 8" f/5 Fotonewton auf der iOptron CEM120. Dieser Newton ist halt nicht wirklich für visuelle Beobachtung ausgelegt. Zwei Okularkoffer in die Sternwarte tragen ist ja kein großer Aufwand, es sind nur ein paar Schritte.
Erst mal Dach auf, Montierung in Betrieb nehmen. Um fokussieren zu können, brauchte ich zwei Verlängerungshülsen. Und dann war der Fokusweg zum Anschlag sehr knapp, aber es hat gereicht. Nach einem Stern Alignment auf Altair gab ich die Objektnummer in die Handbox der CEM120 ein. Oh, die Handbox zeigte mir 14 mag. Da habe ich wohl etwas übersehen bei meiner letzten Beobachtung mit dem C11 auf der iOptron CEM60. Ich sah dann mal ein mir bekannt vorkommendes Sternfeld, nur halt in anderer Orientierung - Newton gegen SC Teleskop mit Zenitspiegel. In der Bildmitte waren zwei schwächere Sterne zu finden, einer davon merklich schwächer - im C11 erinnere ich mich nicht an zwei Sterne, war's nur einer. Die Vergrößerung war 45x. Ich nahm nun den UHC Filter zu Hilfe. Ah, der schwächere der beiden Sterne war nun heller! So, das ist er also. Nun steigerte ich die Vergrößerung nach und nach, und ja, dieses Ding wurde nun etwas "dicker" als der Stern nebenan. Easy, so einfach geht es, dieses Objekt zu enttarnen.
Mit dem C11 bin ich halt gleich mit hoher Vergrößerung drauf, man erwartet ja ein kleines Ding, hatte keinen Nebelfilter genommen, wohl etwas mehr Licht als im Achtzöller. Da war ich dann halt gleich auf einem Scheibchen, nichts stellar, und 14 mag auf ein bisserl Fläche verrührt, nicht ganz optimal erwischen, so ist das Ergebnis mit dem C11 plausibel. Ich hatte von Anfang den Verdacht, 12 mag kann nicht ganz stimmen. Wenn es in einer Quelle auftaucht, viele andere schreiben dann einfach ab.
Eine andere Herangehensweise mit dem 8" Newton liegt auf der Hand, man weniger Brennweite, hat mehr Feld, aber bekommt die Vergrößerung gar nicht so hoch, da gehen einem die Okulare vorher aus. Durchaus aber zielführend, wie man sieht, und letztlich doch so einfach zu sehen, mit Nebelfilter. Vorher, bei niedriger Vergrößerung, einfach "stellar". Ein Scheibchen, wie ich es mit dem C11 gesehen hatte, war aber mit diesem Newton nicht drin. Aber ich krieg jetzt doch alles um Kopf zusammen, und habe somit auch meinen Frieden damit.
Howdii