Von Serpens Caput bis Aquila - ein Streifzug am Südhimmel

3. 7. 2022, Niederleis

Nach den vielen "digitalen" Beobachtungen war es nur eine Frage der Zeit, bis ich wieder mal meine Nase neben ein Okular stecken würde. Die Sehnsucht war schon groß. Da bot sich die Nacht vom 3. auf den 4. Juli an. Nicht ganz "ungestört", die 4 Tage alte Mondsichel stand um 22 Uhr MESZ, als ich am Beobachtungsplatz ankam, noch relativ hoch im Westen. Es war aber auch noch recht helle Dämmerung. Zum Glück heilige Ruhe auf den Felder östlich von Niederleis. So sicher war das nicht, weil die Getreideernte unmittelbar bevorsteht oder sogar schon begonnen hat.

Kein Wind, höchstens ein Lufthauch, 22° C. Ich stellte mein Teleskop auf, das alte C8 auf der iOptron ieq45, und nur zum Nivellieren des Stativs war die Taschenlampe notwendig. Alles andere konnte ich noch so gut genug erkennen und bewerkstelligen. Um 22:30 war ich fertig und hatte bereits das Stern Alignment an Arktur durchgeführt. Es war noch zu hell, was soll man tun, außer in Verzweiflung den Mond anschauen. Bei knapp 80x mit dem 27 mm Panoptic passt der Mond noch mit ein bissl "Luft" rundum ins Feld. Die Mondsichel zeigte sich scharf, aber das Bild flimmerte leicht. Durch das sekundäre Mondlicht war die ganze "Mondscheibe" erkennbar, aber kaum Struktur im aschfahlen Teil.

Ein knappes Viertelstündchen später war der Himmel schon besser, im Norden zwar noch ein heller Dämmerungsstreifen, aber am Südhimmel sollt's schon passen. Ich hatte eine Objektliste vorbereitet, mit etlichen unbekannten Objekten, die ich auch mal abklappern wollte. Schlau wie ich bin, enthielt die Liste nur Objektnummern. Keine weitere Hinweise. Es waren ja allesamt offene Haufen oder Kugelhaufen, das wird man schon auseinanderhalten können, oder? Aber soweit hatte ich schon mitgedacht, im Westen zu beginnen, und die Wiener Lichtglocke so gut es geht auszusparen.

Mein erstes Objekt war der Kugelhaufen M5. Bei knapp 80x war der Himmel etwas zu hell im Okular. Ich wechselte auf das 17.5 mm Morpheus, bei 120x, Das gefiel mir schon besser. Wunderschön, ein kompakter Kugelhaufen mit weit rundum verstreuten Sternen im Halo. Ich steigerte die Vergrößerung noch auf 150x, dabei konnte ich Sterne quer über das Zentrum besser auflösen, der Gesamteindruck gefiel mir bei 120x aber besser.

Ein alter Bekannter ist auch der Kugelhaufen M4. Bei knapp 80x die markante Linie an helleren Sternen senkrecht durch. Bei 120x war schon noch rundum ums Zentrum etwas da. 150x war schon etwas viel, der Kugelhaufen ist recht groß. Bester Eindruck bei 120x. Jedenfalls, visuell schaut M4 ganz anders aus als auf Fotos.

Die Montierung rückte das Teleskop nur ein kleines bissl weiter, und M80 war im Feld. Gleich bei 120x. Im Halo konnte ich schon einzelne Sterne rauspicken. Zum Zentrum hin erschien der Haufen stark konzentriert. Die beste Auflösung hatte ich bei etwa 230x, da konnte ich quer drüber Einzelsterne erspähen. 

Nochmal etwas nach Westen, in die Libra - NGC 5897. Ich war bei knapp 80x erst nicht wirklich sicher, was ich da sehen sollte. Ich fand am Bildrand eine Kette von helleren Sternen, etwa in der Bildmitte deuchte mir, da könnt eine schwache Aufhellung sein, und indirekt konnte ich ein paar sehr schwache Sterne grob verstreut aufpicken. Ist es das? Ich steigerte die Vergrößerung, bei 120x waren die Sterne etwas leichter zu haben, die Aufhellung etwas größer aber auch schwächer. Etwas ratlos war ich schon. Das müsst eigentlich ein Kugelhaufen sein. Aber so eine harte Nuss hätte ich von den Rohdaten her nicht erwartet. 8.4 mag Gesamthelligkeit klingt ja nicht nach schwierig. Dieses Objekt trägt den Beinamen "Geist-Kugelhaufen", wohl deshalb, weil die Sterne sehr wenig konzentriert sind. Der hellsten Steren wird man relativ leicht habhaft, sie liegen knapp jenseits von 13 mag, die meisten jenseits von 16 mag. So tief am Himmel auch noch, es ist angerichtet... Wahrlich ein Geist von einem Kugelhaufen.

Was ich noch festhalten möchte - speziell bei den ersten Objekten ist öfter mal ein Lichtpunkt durchs Feld gesaust. Wir wissen schon, man braucht nur ein Foto starten, und schon hat man eine Sat-Spur eingefangen. Eines kann ich schon sagen.: ich kann mich nicht erinnern, dass ich so viel Satelliten oder Weltraumschrott durchs Feld fliegen sah, und ich habe wohl viel durchs Okular geschaut....

M10 und M12 nahm ich bei 150x ins Visier. M10 zeigt mehr helle Sterne, gibt durchaus schon was her im Achtzöller, es bleibt ein unaufgelöster Nebel im Hintergrund. M12 weist deutlich weniger der helleren Sterne auf, auch hier ein unaufgelöster Nebel im Hintergrund.

M14 zeigte sich am besten bei knapp 170x. Sehr dicht, sehr viele Sterne, sehr gleichmäßige Helligkeitsverteilung, ein etwas helleres Zentrum ist merkbar. Ich konnte doch quer drüber Einzelsterne aufllösen, nicht nur ein paar, viele davon, ein ganzer Grießhaufen sozusagen.

Wenn schon in dieser Himmelsgegend, könnte ich einen Blick auf den Komet C/2017 K2 (PANSTARRS) werfen. Dazu fuhr die Montierung das Objekt von der anderen Seite an, und ich sah erstmal bei knapp 80x gar nichts vom Kometen im Okular. Na ja, SC und Spiegel Shifting. Hab dann noch schnell die Vega genommen zwecks Sync, nochmals die Koordinaten des Komet in die Handbox geknöpfelt, und siehe da, er war im Feld, nahe der Mitte. Ich bin noch auf 120x gegangen, um mehr zu sehen, aber da lief die Montierung ins Meridianlimit und schaltete das Tracking ab. Viel konnte ich nicht mitnehmen. Der "Kern" als diffuser "Stern", während ein Sterndl duch die Koma leuchtete, aber scharf erschien.

Ein Blick in die Runde - mittlerweile war es Nacht geworden, der Mond hatte die Bühne verlassen. Es präsentierte sich ein durchaus respektabler Himmel, vor allem im Zenitraum. Die Aufhellungen durch Ortschaften, selbst die Wiener Lichtglocke, blieben relativ "zahm". Ein leichtes Lüfterl war fallweise zu spüren, nicht unangenehm, nicht störend, ich hielt es immer noch gut im kurzärmeligen Hemd aus.

Weiter ging es mit IC 4665, einem offenen Haufen, den wir unlängst abgelichtet haben. Nimmt man einen 7x50 Feldstecher, visiert β Oph an, hat man unweigerlich dieses Objekt mit im Feld, und gar nicht unauffällig. Mit einem 20x80 Bino war dieser Haufen schon imposant zu sehen. Im C8 bei knapp 80x füllen die hellen Sterne das Feld, geht sich grad noch so aus. Haut irgendwie mächtig auf den Putz, das C8 reicht aber nicht, das Farbsehen zu triggern. Dennoch, eine ferne Erinnerung an die Pleiaden, irgendwie...

NGC 6633 sprengte das Feld bei knapp 80x, ich musste das Teleksop ein bissl auf und ab schwenken, um alles erfassen zu können. Auch hier finden wir helle Sterne, in einer etwa T-förmigen Anordnung. Durchaus sehenswert, und sieht irgendwie kurios aus.

IC 4756  füllte das Feld bei gleicher Vergrößerung wie vorhin. Auch hier relativ helle Sterne, ein paar noch hellere stechen heraus. Die IC Nummer mutet seltsam an, wie auch bei IC 4665.

NGC 6709  passte gut ins Feld, gleich Vergrößerung. Hier findet man hellere und schwächere Sterne, eine etwa dreiecksförmige Anordnung. Insgesamt ein netter Anblick im C8.

NGC 6738, bei knapp 80x, nur wenige Sterne, aber auffällig genug. Man könnt sich fragen, das will ein Sternhaufen sein? In der Tat, heute wird dieses Objekt als Asterismus klassifiziert.

NGC 6755, da ist durchaus was los im Okular, bei knapp 80x. Es wirkt irgendwie, als wären da zwei Zentren, um die sich Sterne scharen, aber doch überlappend. Durchaus interessant.

NGC 6704 - einige schwächere Sterne, in grob gesagt dreieckiger Anordnung.

M11, da brauche ich nicht viel dazu sagen, einfach fesch, immer wieder - bei knapp 80x. Sternreich, kompakt, interessante Form.

NGC 6664 entpuppte sich als ein recht subtiles Ding, nur ein paar Sterne, aber auffällig.

NGC 6649 bot dafür wieder etwas mehr Spektakel im Okular. Dieser Haufen ist reicher an Sternen, und gibt durchaus was her fürs Auge.

M26 fällt dagegen ab, nur ein paar Sterne, aber dieses Objekt kenne ich schon, daher war ich nicht überrascht.

NGC 6712, nochmal ein Kugelhaufen. Da war ich auch schon öfter dran. Dieses Ding entgeht einem nicht, es ist auffällig genug. Bei knapp 80x konnte ich nur wenige Sterne erwischen, bei etwa 170x doch quer übers Zentrum. Von den Eckdaten nicht so viel unterschiedlich zum "Geist-Kugelhaufen", was den Unterschied ausmacht ist die Sternkonzentration. Und der Unterschied in der Erscheinungsweise ist gewaltig.

Damit war ich mit meiner Liste mal durch. Ich hielt noch, gleich mit 170x, auf M27 drauf. Natürlich sieht man dann die Ohren nicht, aber schöne Strukturen im Nebel selbst.

Und, einen genaueren Blick auf den Komet C/2017 K2 (PANSTARRS) wollte ich noch werfen. Also diesesmal in Ruhe, bei 130x und 150x. Wie schon gesehen, der "Kern" als etwas dick und diffus erscheinender "Stern", die Koma wirkte deutlich länglich, ich deute die Asymmetrie als Schweifansatz.

Mittlerweile war es Mitternacht geworden. Man soll's nicht übertreiben, die vorige Nacht war auch kürzer, wegen Tätigkeit in der Sternwarte. Erst baute ich ab und verstaute mein Zeug im Auto. Dann nahm ich Canis Maior an die Leine, und spazierte noch ein Stück des Weges. Da hatte ich noch genug Zeit, den Himmel zu inspizieren. Die Milchstraße zog sich vom Schwan aus nach Süden bis zur Schildwolke, die markant da stand, und auf der anderen Seite durch den Cepheus bis in die Cassiopeia. Tief im Norden kratzte Capella am Horizont lang. Saturn war schon längst aufgegangen, ganz tief am Osthimmel erschien gerade Jupiter, stark gerötet. 

Der Wind hatte nun aufgefrischt, von Osten her. Beim Gehen war es kein Problem. Wäre ich jedoch noch beobachtend verblieben, hätte ich bald was überziehen müssen. Bis ich wieder zum Auto zurück kam, hatte sich Jupiter schon aus dem ärgsten Dunst befreit und an Helligkeit merklich zugelegt.

Nach dieser doch recht netten Beobachtung rollte ich langsam nach Hause, mit feiner Jazz Musik aus den Lautsprecher des Autos.

Howdii