NGC 4559 - "Koi Fisch" Galaxie

28. 5. 2022, Mistelbach

Wenn die Neumondperiode naht, schaut man schon nach potentiell klaren Nächten. Eine durchwachsene Wetterlage ließ vorerst nichts zu. Wohl sah ich bei meinen Spätabend Ausgängen mit Canis Maior manchmal Sterne, doch mehr oder weniger wolkendurchsetzten Himmel. Oder, wenn es zu spät aufklart, ist das auch nicht wahnsinnig hilfreich.

Eine erste Chance ergab sich am 26. Mai. Es sah so aus, die noch bestehenden Wolken würden sich auflösen, eine wolkenfreie Zone sich bilden, die zumindest dem Norden Österreichs eine klare Nacht bringen könnte. Die ZAMG Wolkenprognose deutete dies an, und das Sat-Bild sah auch sehr ähnlich aus. So nahm ich mit Andi Kontakt auf. Wir wollten schon etwas früher in meiner Sternwarte beginnen, weil auch mal neue Darks fällig wären, und es dauert ein Weilchen, bis diese erstellt sind. 

Während der Himmel langsam dunkler wurde, hatten wir das Teleskop bereits fokussiert, Flats gezogen, und das Teleskop auch schon auf unser Ziel, NGC 4559, gerichtet. Da entstanden lokal neue Wolken. Eine straffe Westströmung trieb die Wolken bald nach Osten davon, doch immer wieder bildeten sich in der Abendthermik neue Wolken. Mal sah es besser aus, dann wieder schlechter. Wir meinten schon, ah, wenn das weg ist, sollts passen, bis zum Westhorizont war nichts mehr zu sehen. Eine Testaufnahme zu drei Minuten konnten wir ziehen, und hatten auch gleich eine fette Sat-Spur quer durchs Bild drauf. Ich ging nochmals ins Haus und sah mir das aktuelle Sat-Bild an. Ganz im Westen, an der Grenze zu Bayern, hatte sich ein größerer Wolkenfleck gebildet. Wenn sonst nichts wäre, hätten wir vielleicht ein Fenster, um eine Belichtungsreihe zu starten. Doch als ich wieder raus kam, ging es lokal wieder los, bildeten sich einige massiver aussehende Wolken. Das wird sich nicht schnell auflösen, es wurden mehr Wolken statt weniger. Wir sahen ein, das wird nichts mehr. Alles für die Fisch'? Naja. Lassen wir mal die Kamera am Teleskop, vielleicht ergibt sich ja noch etwas. Später sah ich auf dem Sat-Bild, dass sich auch bei uns ein größeres Wolkenfeld gebildet hatte, und sich spontan eine Brücke zwischen den beiden Wolkenfelder bildete. Der ganze Norden Österreichs dicht. Was soll man sagen, der viele Regen vom Vortag, offensichtlich war die Luftfeuchtigkeit zu hoch.

Warum hatten wir eigentlich NGC 4559 im Visier? Das ist doch eine recht interessante Galaxie, und wird weniger oft abgelichtet, als die Needle-, Hockeystick- oder Heringsgalaxie. Die Koi Fisch Galaxie war selbst für mich keine "alte Bekannte". Grad einmal visuell beobachtet, in jüngerer Zeit, und habe damals schon befunden, da könnten wir auch mal fotografisch drauf halten.

Am 27. Mai gab es stärkere Regenschauer, es hat relativ viel geregnet, manchmal auch anhaltend. Am späteren Nachmittag war der Himmel noch bedeckt, ich rechnete nicht mit irgendwas. Doch als ich zum Spätabend Ausgang mit Canis Maior vor die Tür trat, sah ich Sterne! Unglaublich. Außerhalb der Siedlung, am Feldrand, sah ich im Norden tief unten ein Nebelfeld liegen, und nur ein Stück weiter unten eine Straßenlaterne, die auch schon deutlich den abstrahlenden Lichtkegel zeigte. Also Nebel auch relativ nahe. Beim Marsch durch die Siedlung etwas später, die Autos waren alle pitschnass vom Tau, eine sehr feuchte Nacht. Bis ich wieder heim kam, stand von Nordwest bis Nord eine Nebelwand halbhoch am Himmel. Sonst war es immer noch klar. Aber ja, jetzt noch was anfangen, eh schon bettschwer, und, würde es überhaupt halten, oder der Nebel drüber schwappen? Egal.

Der 28. Mai verlief sonnig, deutlich kühler, mit nur flachen Quellwolken, ein paar Schleier verzierten den Himmel auch noch. Auch ein mäßiger Wind wehte, so trocknete die Feuchte relativ gut ab. Das Satbild zeige, bei uns im Osten würde es schon aufklaren, und was da von Westen noch nackommt, sollte südlich vorbeiziehen. Der Wind hatte sich gelegt. 

Somit nahmen wir in meiner Sternwarte einen neuen Anlauf. Andi war schon um 21 Uhr MESZ da. Die Kamera war ja noch dran, und die Fokuspostion unverändert, damit konnten wir auch die Flats vom 26. Mai verwenden. Wir mussten nichteinmal nachfokussieren. Ich wollte fast noch ein Viertelstündchen zuwarten, Andi startete aber bald nach 22 Uhr MESZ die Serie, obwohl der Himmel noch nicht ganz dunkel war. So wie es aussah, hielt der Himmel auch.

Zwischendurch prüften wir wohl das Sat-Bild, im Süden könnte langsam ein Wolkenfeld näher rücken, doch so tief wir sahen, im Süden waren keine Wolken zu erspähen. Ich nahm zwischendurch das 20x80 Glas zur Hand, am Sternwartendach aufgestützt klapperte ich folgende Objekte damit ab: M57, M27, M10, M12, M51, M81. Der Himmel war gar nicht so übel, 5.6 mag locker, im Zenitraum. Begonnen hatten wir schon westlich des Meridians, und während der Aufnahme sank das Objekt immer tiefer. Gegen Ende lag das Teleskop schon im 45° Winkel. Das Seeing wurde ruppiger, und der Guider hatte mehr und mehr zu tun. Bald nach Mitternacht waren 40 Aufnahmen im Kasten, mehr war nicht mehr zu wollen. Wir wären nicht mehr viel tiefer runter gekommen. So bauten wir ab und ich schloss das Sternwartendach. Als wir fertig waren und die Sternwarte verließen, zeigte sich westlich im Zenitraum schon ein Wolkenschleier.

Ich trug die Akkus ins Haus, schloss gleich einen davon ans Ladegerät an. Dann nahm ich Canis Maior an die Leine und brach auf zur Spätabend Runde. Kaum war ich aus der Siedlung draußen, hatte ich besseren Überblick, und war ganz erstaunt: Aus mit den Sternen, das ist gar schnell gegangen. Grad tief im Nordwesten sah ich noch die Cassiopeia, sonst nichts mehr.

Die Kamera verblieb erst mal weiter am Teleskop. Man weiß ja nicht, man hofft, vielleicht geht doch noch was. Leider, es wollte nicht sein. Diese zwei Stunden waren alles, was wir der Neumondperiode Ende Mai / Anfang Juni abtrotzen konnten. Dennoch, man schaut mal, was sich aus den Daten rauskratzen lässt... Mir war schon klar, ein meisterliches Werk wird's nicht.

NGC 4559: 8" f/5 Fotonewton auf der iOptron CEM120, ZWO ASI 2600 MC-Pro, 40x 3 Minuten

Was aus diesem Bild zu lernen ist: Einzelaufnahmen zu drei Minuten - das ist zu wenig. Und nur 40 davon, ebenfalls. In der rechten unteren Hälfe haben wir noch eine schwache Sat-Spur drin. Eh wenig, irgendwo im gesamten Bild war noch eine auffälligere zu sehen. Hätt auch schlimmer sein können.

Bei der Bearbeitung war der Hintergrund erst ja noch recht glatt, doch als ich versuchte, die schwachen Ausläufer der Spiralarme noch zu finden, sie kommen auch erst wenn man ausreichend Blau im Mix hat, war das Rauschen doch heftiger da als erwünscht. Mit viel Glättungsfilter ist es halbwegs geworden. Zumindest die neuen Darks und Flats haben perfekt funktioniert, keine Probleme dahingehend.

NGC 4559 ist eine Balkenspirale mit Sternentstehungsgebieten. Trotz des nur moderaten Auflösungsvermögen des 8" Newtons sind doch etliche Knoten erkennbar, die teilweise sogar eigene Bezeichnungen haben. Es sind einige kleinere Galaxien noch drauf, auf diesem Ausschnitt des Gesamtbildes. Ich habe mir nicht extra die Mühe gemacht, alles zu finden, es sind ja eh nur Bezeichner, wo man am Ende "Aha" sagt.

Ich sehe die Fotografie als eine Art der Beobachtung. Die "fischige" Form, ein dickeres, helleres Ende, mit Sternen, die die Augen des "Karpfens" bilden, und auf der anderen Seite ein schlanker auslaufender "Schwanz", das ist visuell in einem guten Achzöller erkennbar. Fotografisch haben wir halt mehr Struktur, auch Knoten. Sonst, von dem was man an Ausdehnung sieht, sind wir etwa gleichauf mit der visuellen Beobachtung. Ich habe es ja schon angedeutet, man wird nur mit längerer Einzelbelichtung ran kommen, diese Galaxie braucht schon etwas extra. Nächste Chance, nächstes Jahr, so das Wetter für eine ausreichende Belichtungsserie mitspielt...

Howdii