Die "Schönwetterkatastrophe" neigte sich dem Ende zu. Zwei bis vielleicht vier klare Nächte könnten wir vielleicht noch bekommen. Letztlich waren es derer drei. Die Frage war, wo halten wir noch drauf. M105, da hätten wir drei relativ helle Galaxien auf einmal, wenn wir die Kamera richtig drehen würden, ginge noch M96 mit drauf. Oder, M96 und M95, die beiden passen auch ins Feld des Sensors der ZWO ASI 2600 MC-Pro. Keine Frage, diese beiden Galaxien geben für's Auge mehr her.
Wir hatten nach dem letzten Einsatz gleich die Kamera am Newton belassen. So konnten wir die Flats der letzten Session weiter verwenden. Jeweils 5 Serien zu 10 Subaufnahmen, jede 3 Minuten, waren drin bis Meridiandurchgang. Dazu mussten wir aber ehebaldigst nach Ende der Dämmerung anfangen. Gänzlich brauchten wir nicht auf die Nacht warten, da wir sowieso schon im aufgehellten Himmelsbereich begannen. Da wird der Himmel nicht wirklich dunkler. Natürlich hatten wir wieder einige Sat Spuren drauf, vor allem vom Anfang weg. Später war doch der Erdschatten schon da und unsere Aufnahmen blieben ohne diese Verunzierungen. In der zweiten Nacht war die letzte Serie der Bilder leider unbrauchbar - leichter Guiding Fehler in Deklination. Der Grund dafür war nicht ersichtich. Sonst ist alles glatt gelaufen. Vor allem hatte ich den Lüfter am Newton schon mit einer Vorlaufzeit von über einer Stunde in Betrieb gesetzt, dass wir nicht nochmals in die Fokus Drift fallen würden.
Sicherheitshalber haben wir ja die Rohbilder mit gespeichert. Die Bilder mit Sat Spuren müssten wir wahrscheinlich aussortieren. Rohbilder, da ist wirklilch das Preprocessing nicht gelaufen, sie sind auch noch nicht debayerd. Irgendwie fad. Ich wollte mal sehen, was haben wir überhaupt drauf, und ließ alles durch den Sigma Stacker in Fitswork. Sieh da, keine einzige Sat Spur war am Ende erkennbar. Gut, aber: Da waren wieder diese etwas zu hellen Pixel drüber gestreut, über die Galaxien, über die hellen Sterne. Grausam. Jedenfalls, ich hatte schon meinen Trick, dies zu beheben. Dann konnte es wirklich los gehen mit der Bildbearbeitung. Man mag's nicht glauben: Sieben Stunden Belichtungszeit, und immer noch kämpft man etwas mit dem Rauschen. Es ist wie es ist, der aufgehellte Stadthimmel fordert seinen Tribut.
Erst bearbeitete ich das gesamte Bild, das war schon durchaus ansprechend. Letztlich, das war eigentlich Plan, nahm ich beide Galaxien extra in einem Ausschnitt, da kann man noch gezielter dran tüfteln, letzte Details rausholen. Nachfolgend die beiden Bilder.
M95: 8" f/5 Fotonewton auf der iOptron CEM120, ZWO ASI 2600 MC-Pro, 140x 3 Minuten
M96: 8" f/5 Fotonewton auf der iOptron CEM120, ZWO ASI 2600 MC-Pro, 140x 3 Minuten
Wir reden hier über Galaxien der Leo-I-Gruppe. Sie wird in zwei Untergruppen unterteilt: Die M66 Untergruppe, sehr bekannt, im Prinzip das Leo Triplet. Etwas im Schatten steht die M96 Untergruppe, wohl auch deshalb, weil diese Galaxien für die visuellen Beobachter nicht arg viel hergeben. Zu dieser Untrergruppe zählt auch M105 und weitere schwächere Galaxien, in etwa 36 Mio. Lichtjahren Distanz. Man kann alles im Web nachlesen, ich muss hier nicht alle Objektnummern der M96 Untergruppe runterbeten.
Die digitale Beobachtung gibt mehr her, vor allem bei M96. Man schaue genau, da scheinen etliche Galaxien, die viel (etwa 20x) weiter entfernt sind durch die äußeren Spiralarme hindurch. Tatsächlich liegt M96 vor einem ferneren Galaxienhaufen. Auch rund um M96 findet man etliche dieser Galaxien. M96 ist als Balkenspirale klassifiziert, was beim ersten Hinsehen nicht sehr ersichtlich ist. Das Zentrum wirkt länglich, wohl. Manche Quellen erwähnen einen aktiven Kern. Die bessere Bezeichnung wäre wohl LINER (low-ionization nuclear emission-line region) Galaxie, gleichbedeutend mit geringer Aktivität des Kerns. Der helle Teil der Galaxie ist alles, was man mit einem Teleskop davon sehen kann. Hier haben wir etliche Staubstrukturen, die eng gewundene Spiralarme andeuten. Außen am hellen Bereich findet sich ein nicht geschlossender Ring an Sternentstehungsgebieten, durch die blaue Farbe erkennbar, etliche Knoten sind angedeutet. Die äußeren Spiralarme sind sehr schwach ausgeprägt. Eine sehr asymmetrische Helligkeitsverteilung für eine Spiralgalaxie.
M95 ist klar als Balkenspirale erkennbar. Sie wird als Starburst Galaxie gewertet, wohl aufgrund des den Balken umschließenden Rings mit Sternentstehungsgebieten. Hier setzen die wesentlich schwächer ausgeprägten äußeren Spiralarme an. Das Kerngebiet selbst sieht unregelmäßig aus. Es versteckt sich hier, könnte man vielleicht mit sehr kurz belichteten Aufnahmen rausarbeiten, ein weiterer kleiner Ring an Sternentstehungsgebieten - im Bild des Hubble Space Telescopes ist diese Struktur deutlich erkennbar. Visuelle Beobachter sehen hier auch nur das helle Zentrum, mit größerer Öffnung geht wohl der Balken mit einem schwachen Ring drum herum noch aus. Von den äußeren Spiralarmen wird man visuell höchstens in Riesentüten noch etwas erhaschen können.
Andi hat das Bild, mit beiden Galaxien drauf, Aladin zum Fraß vorgeworfen, und raus gekommen ist ein Wimmelbild - teilweise die Bezeichner so dicht gedrängt, dass man nichts mehr entziffern kann. Haufenweise Kleinplaneten (wundert nicht in der Gegend der Ekliptik), Galaxienfuzerl, Quasare (im Prinzip auch Galaxienfuzerl) - es geht ganz schön tief für einen moderaten Achtzöller unter Stadthimmel. "Beifang" war in diesem Bild enorm viel.
Howdii