Beobachtung mit dem 203 mm f/12 Cassegrain

4. 4. 2021, Niederleis

Wie das Leben spielt, hatte ich kurz nach dem 6" f/12 Cassegrain den 8" f/12 Cassegrain in die Hand bekommen. Neugierig war ich auf diesen ohnehin schon. Freilich war das Teleskop für die Beobachtung zu konfigurieren, und auch zu justieren. Das First Light hat demnach schon stattgefunden. Ich wollte auch den 8" Cassegrain in einer guten Nacht auf sein Potential hin abklopfen. Und mir wäre es recht, wenn ich eine Referenz zu Hand hätte.

Mit Andi war ich ja in Kontakt, und wir waren auf Ausschau nach einer klaren Nacht. Die war für den 4. April, den Ostersonntag, angekündigt. Und sie kam auch, Rückseitenwetter. Die tagsüber noch dichten Quellwolken wurden mit der tiefer sinkenden Sonne immer weniger, es klarte auf. Alsdann. Als Beobachtungsplatz wählten wir wiederum den Höhenrücken östlich von Niederleis. Wir würden neuerlich mit tiefen Temperaturen knapp über Null konfrontiert sein, und es sei mit leichtem Wind zu rechnen, so die Prognose. Tatsächlich, ständig eine leichte Brise aus West, aber nicht wirklich störend, fühlte sich auch nicht eisig an. Geringe Luftfeuchtigkeit, und recht gute Transparenz, vergleichbar mit den beiden Nächte vor einem Monat. Diese Nacht entwickelte sich sogar zum Besseren hin. Das Ende war gewaltig.

Ich hatte den 8" Cassegrain neuerlich auf der iOptron ieq45 mit Baader Hartholz Stativ, Andi hatte seinen Celestar C8 Tubus auf seiner Vixen SP Montierung. Wir stellten wie gewohnt in gehörigem Abstand auf, und wenn wir die Position wechselten, um jeweils beim anderen Teleskop durch zu schauen, dann gingen wir im weiten Bogen aneinander vorbei. Vorsicht ist geboten, in Covid-19 Zeiten.

Wir starteten bei etwa 3° C, um 20:30 Uhr MESZ, bei meiner Ankunft. Am Ende, vor der Heimfahrt, zeigte das Thermometer nur noch 1° C, um etwa 0:50 Uhr MESZ. Auf der Fahrt sah ich zwischendurch -3° C, daheim hatte es dann -1° C. Also da hatten wir es ja gut erwischt, nicht gar so kalt. Es war zum Aushalten, deswegen blieben wir auch relativ lange.

Der 203 mm f/12 Cassegrain, startbereit für die Beobachtung. Montierung ist die iOptron ieq45  auf Baader Hartholzstativ.
Auf dem Sucher sitzt gewohnheitsmäßig die Taukappe, notwendig war sie nicht.

Man sieht auf obigem Foto, der 8" Cassegrain nimmt sich auf der Montierung schon etwas mächtiger aus als der 6" es tat, und die zwei 5 kg Gegengewichte sitzen schon fast ganz unten an der Gegengewichtsstange. Die im Lieferumfang befindliche 3" Prismenschiene hatte ich abmontiert, man spart so 550 Gramm, die nicht von der Montierung getragen werden müssen. Je nach Montierung kann man so die 2" oder 3" Prismenschiene verwenden. Die nicht benötigte kann abgeschraubt werden, falls man Gewicht sparen will.

Nun zu den Beobachtungen. Im Prinzip habe ich meine Liste verwendet, die ich vor einem Monat verwendet habe. Einige Objekte am Anfang gestrichen, dafür einige neu dazu genommen, da wir nun zu späterer Stunde schon einen frühlingshaften Himmel haben.

M42. Das Sternbild Orion stand schon schief im Südwesten, der Orionnebel irgendwie noch halbhoch am Himmel. Zuerst bin ich mit dem 27 mm Panoptic drauf gegangen, bei 90x. M42 und M43 füllten das Feld. Ich war neugierig, und holte rasch das Explore Scientific 34 mm Okular aus dem Auto. Von der Konzeption her auch ein Panoptic, hier mit einer Vergrößerung von 72x. Die Abbildung zeigte etwas dickliche Sterne, schon tiefer am Himmel, Seeing, und das Instrument auch noch nicht wirklich austemperiert. Das Bild unterschied sich so kaum von dem was ich im 6" Cassi vor einem Monat gesehen hatte: Trapez, Dunkelwolke, Strukturen im Zentrum. In Andis C8 war M42 bei einer etwas höheren Vergrößerung zu bewundern. Ähnlich, nur freilich hatte ich im 8" Cassegrain, schon aufgrund der niedrigeren Vergrößerung, ein deutlich helleres Bild.

M1, auch nicht mehr gar so hoch am Himmel, und die Optik wird binnen ein paar Minuten nicht wesentlich mehr austemperiert gewesen sein. Erst bei 90x, der Eindruck, ein paar Filamente zu sehen, und ein paar Sterne drüber gesprenkelt. Ich griff nun zum 17.5 mm Morpheus, das ergibt 139x. Die Sterne wurden deutlicher sichtbar, die Filamente eher nicht.

IC 349, Barnard's Merope Nebula habe ich gleich bei 139x genommen. Mir ist beim flächigen Blick schon ein helleres Bemmerl aufgefallen. Da waren aber die Spider Spikes nicht wirklich sichtbar. Wie ich dann genauer drauf gegangen bin, fand ich den Knoten genau als Verdickung auf einem schwach sichtbaren Spike. Die Orientierung passt aber. Und bei dieser Vergrößerung ist auch der Abstand zum Stern größer, klar.

M37, 72x. Na, das sieht gleich anders aus. Feine Sterne, interessante Stern Verteilung, und mittendrin ein rötlicher Stern. Bei genauerer Nachschau fand ich noch weitere rötliche Sterne, etwas dezenter, weniger auffällig.

M36, ebenfalls bei 72x. Da kamen auch noch schwächere Sterne zum Vorschein, ein geblicher Stern, subtil, aber doch, interessanter, als ich diesen Haufen so allgemein in Erinnerung habe.

NGC 1931, Ein nebeliges kleines Fleckerl, drei Sterne dicht gedrängt, bei 139x. Bei 174x dann, mit dem 14 mm Morpheus, waren diese drei Sterne gut aufgelöst, bildeten die Eckpunkte eines nahezu  gleichseitigen Dreiecks, und mir deuchte, noch ein weiteres sehr schwaches Sternderl in der Nebelmasse zu sehen.

M38 und NGC 1907, bei 72x passen beide Haufen ins Feld des 34 mm Explore Scientifc. Wiederum faszinierte die deutlich sichtbare Anordnung der Sterne in Armen, man könnte eine Krone sehen. An der flachen Basis Seite in etwas Distanz der Haufen NGC 1907, der schön aufgelöst erschien.

M35 und NGC 2158, beide Haufen passen gerade noch bei 72x ins Feld. Der Haufen NGC 2158 waren gut aufgelöst, er weist doch deutlich schwächere Sterne auf.

NGC 2392, Eskimonebel, bei 174x. Zentralstern, innen eine hellere Schale, außen eine schwächere, die nach außen diffus auszulaufen scheint, pelzig ausschaut. Zwischen den beiden Schalen Dunkelstellen, deutlich sichtbar. Ich hätte vielleicht noch weiter vergrößern können, um zu sehen, ob das "Gesicht" zu packen wäre.

NGC 2419, Kugelhaufen. Erster Eindruck bei 174x, ein diffuser Fleck. Helle Sterne im Feld stören. Indirekt dann, nicht nur zwei, drei Sterne, sondern mehrere! Durchaus angegrießelt! Wir ackern da jenseits von 17 mag!

Castor, Doppelstern. Bei 174x, da hätte man eine Autobahn durch bauen können. Aber wie dieser Doppelstern da gestanden ist! Die beiden Komponenten richtige Knaller, so hell, und die Beugungsscheibchen klar erkennbar, mit konzentrischen, kaum flirrenden Beugungsringen! Einen besseren Beweis, dass die Justierung der Optik gelungen ist, gibt es nicht. Das war schon ein Hammer Anblick!

NGC 3115 bei 90x, die Spindel Galaxie. Eine Spirale in Kantenlage, der Bulge spindelförmig, und die Scheibe als "Strich" auf beiden Seiten. Ich kenne dieses Objekt zwar schon lange, kann mich aber nicht erinnern, es mit moderater Öffnung so gute gesehen zu haben. 

M105 und NGC 3384, bei 90x. Erstere Galaxie rund, mit hellerem Zentrum, zweitere länglich, mit hellerem Zentrum. Ich habe noch 139x versucht, das hätte aber einen besseren Himmel erfordert. Die Himmelsaufhellung durch die Wiener Lichtglocke reicht leider bis zum Löwen hinauf.

M95 und M96, bei 90x. Von diesen beiden Spiralen sieht man eigenlich nur das hellere Kerngebiet, unspektakulär.

M65, M66 und NGC 3628, das Leo Triplet. Hier bin ich doch auf 139x gegangen. M65 und M66 sind an ihrer jeweiligen charakteristischen Gestalt erkennbar. NGC 3628 ist sehr lichtschwach, aber das Staubband war da, und jenseits davon noch etwas "Nebelmasse".

M3, Andi hat mich verleitet, mal da drauf zu halten. Gleich bei 139x, zuckersüßer Anblick.

Weiter rauf, in den Zenitraum, hier ist der Himmel am besten.

NGC 4565, die Needle Galaxy, auch gleich bei 139x. Der Bulge, die weit ausladenden Spiralarme und auch das Staubband da.

NGC 4559, Koifish Galaxy. 139x, eine Spirale in Schrägansicht, schaut irgendwie "fishig" aus. An einem Ende dicker, an dem anderen dünner und länger auslaufend. Ein Sterndreieck, das Maul des Karpfens, die beiden Augen. Das Zentrum der Spirale etwas weiter hinten, als schwaches "Reiskörndl", und die Scheibe diffus auslaufend am Ende.

NGC 4656/57, Hockey Stick Galaxy. Wieder bei 139x. Da war nun auch der Knick drin, deutlich, und am anderen Ende ein schwacher, sehr schwacher Fortsatz, der Stiel quasi. Überraschend gut zu sehen!

NGC 4631 und NGC 4627, Whale Galaxy und Baby. 139x, NGC 4631 strukturiert, NGC 4627 als schwacher Nebeltupf zu erkennen.

Und nun direkt in den Zenit.

M51: Bei 139x, die Spiralstruktur da, mit zahlreichen Knoten, Sterndl, die "Brücke" rüber zur Galaxie NGC 5195. Hoch bemerkenswert! Andi hatte die Whirlpool Galaxy im C8 bei 135x. Auch hier beachtlich gut zu sehen. Eines war auffallend: Im 8" Cassegrain die Galaxie etwas größer dargestellt, und dennoch etwas heller. Man braucht hier nicht mehr rechnen. Der 8" Cassegrain hat, und das war zu erwarten, bei der Bildhelligkeit die Nase vorn.

M101, erst bei 90x. Das Zentrum und rundherum irgendwas. Bei 139x kam dann ein "Haxen" heraus, und etliche Knoten. Diese Galaxie ist notorisch schwierig, die Ausbeute besser als erwartet.

M97, bei 139x die Augen nicht schwierig, und der Zentralstern. Ich bin noch auf 174x gegangen, die Augen waren da sogar leicht zu sehen, der Zentralstern als ganz feine Spitze aber schwieriger, ich konnte ihn dennoch erhaschen. Generell, M97 kenne ich schon noch von meinem 8" f/5 Maksutov-Newton, sogar unter Ebenwald Himmel. Der 8" Cassegrain hat einfach auch dagegen ein helleres Bild, was die Erkennung der Augen leichter macht.

M108, Hätte ich nicht gleich bei 174x nehmen sollen, das war etwas zu viel. Aber ja, dennoch nicht übel.

M13 dann, bei 174x. Oh, welch ein Anblick! Ein Wahnsinn! Dieses nadelfeine Sternengesprenkel, Differenzierung in den Stern Helligkeiten, dadurch ein räumlicher Eindruck. Morpheus, Gott der Träume, hat wieder zugeschlagen, aber richtig hart!

Tja, dass ein 30 Jahre altes C8 nicht mit der Bildhelligkeit des 8" Cassgrain konkurrieren kann, war klar. Der technologische Fortschritt ist nicht zu leugnen. Starbright Coating hat das C8 sicher, aber da ist nochmal ein Sprung zum XLT Starbright Coating. Ein neues C8 wäre sicher näher dann, der Vorteil des 8" Cassegrain in der Bildhelligkeit wohl gerade noch merkbar. Dennoch, das alte C8 hat sich tapfer geschlagen, obwohl etwas dejustiert. Am Ende haben wir das auch noch behoben, es war nur eine Kleinigkeit, und ruckzuck wieder perfekt.

Zu unvergesslichen Eindrücken, wie wir sie gehabt haben, gehört eine gute Optik, aber auch der Himmel. Die letzten Objekte, im Zenitraum, waren hoch beachtlich, und das Seeing hat mitgespielt. So wie die Nacht begonnen hat, war das nicht zu erwarten. Schlicht gesagt, diese Nacht war ein Geschenk.

Howdii