Der Komet C/2020 F3 (NEOWISE) ist mittlerweile in fast aller Munde, und sein Licht bereits auf vielen Sensoren gelandet. Die Astroszene ist entzückt, endlich wieder ein schöner, heller Komet. So ist er auch weniger bewanderten Naturbeobachtern zugänglich.
Wir waren freilich auch nicht untätig, auch wir haben dem Kometen nachgespürt, sobald es uns möglich war. In erster Linie ist mein Bericht und die Bilder Erinnerung für uns. Es ist dies der erste Teil. Wir hoffen, den Kometen noch weiter beobachten zu können, noch steht er durchaus schön sichtbar am Abendhimmel.
Was manche vielleicht nicht wissen, woher kommt der Name des Kometen? Es ist da mal ein Weltraumteleskop WISE (Wide-Field Infrared Survey Explorer). Nach Aufbrauch des Wasserstoff Vorrats zur Kühlung wurde draus die NEOWISE (Near-Earth Object Wide-field Infrared Survey Explorer) Mission. Und dieser ist am 27. März 2020 eben der besagte Komet ins Netz gegangen.
Beginnen wir chronologisch. Am 9. Juli kündigte sich nach einem Tag mit bewölktem Himmel doch eine klare Nacht an. Ich hatte ein Kundenteleskop zu testen. Andi war zugegen. Es ist halt so, wenn der Komet am Morgenhimmel kommt, können wir die Nacht eigentlich gleich durch machen. So kam es auch. Den Test konnte ich noch vor Mitternacht abschließen. Nun hieß es, das Zeug weg zu räumen, im Gegenzug anderes "Gerümpel" ins Auto zu verladen - für den Außeneinsatz. Wir steuerten den Schneiderberg im Osten Mistelbachs an. Nicht wo wir sonst normal stehen, etwas weiter im Südosten an einem anderen Feldweg. Dort hatten wir den flachen Horizont, den wir benötigten.
Bis wir aufgebaut hatten, schrieben wir schon den 10. Juli. Ich hatte die iOptron CEM60 als Montierung, das feine C8 als Teleskop. Andi hatte seine alte Vixen SP Montierung, drauf einen 102/500 Achromat mit seiner Canon 1000 D, und auf Stativ als stehende Kamera eine Canon 450 D. Es hat schon deswegen etwas länger gedauert, da die Taukappe für das C8 nicht gleich mit wollte. So musste ich nochmals nach Hause zischen. Nahe Beobachtungsplätze haben schon einen Vorteil, man fährt nicht weit, falls notwendig. Es war aber sowieso kein Zeitdruck gegeben, im Gegenteil. Uns wurde schon ein bisserl fad, als wir auf den Aufgang des Kometen warteten. Freilich war der Mond schon längst aufgegangen. Was kann man schon tun? Das Teleskop auf die Planeten richten. Anfangs war noch etwas Thermik im Tubus des C8, dennoch gab es einige klarere Momente, dabei konnten wir im SEB den GRF entdecken. Ich nahm dann auch Saturn ins Visier (jeweils bei 160x), später auch Mars. Der rote Planet stand noch tief, daher zu einem lateralen Spektrum verzogen. Dennoch: Beleuchtungsdefizit, Polkappe, und irgend ein "Dreck" auf dem Planeten - so nenne ich halt salopp die Albedo Strukturen. Ich gabelte auch noch Uranus auf, noch tiefer, das war ein wabernder türkiser Knödel. Aber klar als Uranus erkennbar. Zurück zu Jupiter - das Bild war nun ruhiger, der GRF verabschiedete sich gerade zum Rand hin. Generell war zu sehen, dieses C8 kann durchaus, in den besten Momenten waren schon etliche Details zu erkennen. Wie es auch ist, wir hatten eine Rückseiten Nacht, das heißt gute Transparenz, das Seeing ist üblicherweise weniger gut. Der untertags noch lebhafte Wind war abgeflaut, es war windstill oder wir hatten nur ein sanftes Lüfterl. Etliche Wolkenstreifen gab es, doch unser Nordosthorizont war klar, wir konnten immer Sterne bis tief hinunter sehen.
Ich hatte den 20x80 Feldstecher mit, und suchte öfter den Horizont ab. Es war etwa 1:50 Uhr, als ich wieder einmal das 20x80 Glas hob und den Horizont entlang blickte. Ha! Was ist das? Ein Lichtstrahl? Nein! Das ist der Kometenschweif! Flugs war alle Müdigkeit verflogen. Andi richtete seine Kamera gleich an diese Stelle und drückte ab! Yesss! Da kommt er, der Komet!
10. 7. 2020, 1:54
Uhr: Der Kometenschweif über dem Horizont! 200mm Objektiv,
Canon
450 D, 6 Sekunden, ISO 1600
Ein paar Minuten mussten wir noch warten, dann stand der Komet da! Andi drückte noch ein paarmal ab. Ich ging nun freilich auch mit dem C8 drauf. Und Andi mit seinem 102/500 Achromat. Im Fernglas entwickelte sich das Bild, besser und besser, je mehr der Komet Höhe gewann. Mit freiem Auge war der Schweif etwa 5° lang, im 20x80 ging der Schweif zur besten Zeit fast durch das ganze Feld. Wohl, wir hatten mondhellen Himmel., sicher nicht die allerbesten Voraussetzungen.
10. 7. 2020, 2:18 Uhr: Der Komet gewinnt langsam an Höhe. 200 mm Objektiv, Canon 450 D, 5 Sekunden, ISO 1600
Im C8 hatte ich das 17.5 mm Morpheus, bei 114x. Das war ein durchaus beeindruckender Anblick! Der erste Eindruck: Verdammte Ähnlichkeit mit Hale-Bopp - wer sich an dieses Schauspiel noch erinnern kann. Also die Farbe gelblich, und vom Kopf zwei Streamer abgehend, einer stärker, der andere etwas schwächer ausgeprägt. Direkt hinter dem Kopf ein dunkler Kanal. Ich ging nun auch auf die Koma drauf, und versuchte da etwas zu erspähen. Es war mal ein dickerer Knödel, worin ich in besten Momenten eine fast sternförmige Verdichtung fand. Und in manchen Augenblicken - das immer noch tief stehende Ding wurde ja vom Seeing ordentlich durchgeknetet - sah es nach einem nach vorn, zur Sonne, gerichteten Jet aus, der dreieckige Form hatte, die Spitze zum Kopf hin, die breite Seite nach vorne, wie eine Fontäne. Vom Gasschweif bekamen wir genau gar nichts mit am mondhellen Himmel.
Es war nun ein generelles Spiel, die besten Momente zu erwischen, zwischen einsetzender Dämmerung und Höhe des Kometen. Plötzlich ein grell heller Streifen am Horizont? Was ist das? So narrisch kommt die Dämmerung doch nicht! Oh, NLC, schon wieder!
20. 7. 2020, 2:56 Uhr. Der Komet verblasst langsam in der einsetzenden Dämmerung, am Horizont NLC. Canon 450 D, 76 mm Objektiv, 4 Sekunden, ISO 1600
Unser Setup: Links das C8 auf der iOptron CEM60, in der Mitte Andis Computer Arbeitsplatz, davor Andis Fotostativ (ohne Kamera, die knipst gerade), rechts Andis Vixen SP mit dem 102/500 Achromat drauf
In der immer heller werdenden Dämmerung erreichten die NLC fast noch den Kometen. Venus war auch schon längst aufgegangen. Da der Komet zusehends verblasste, blieb uns sowieso nichts anderes übrig als unsere Sachen zu packen und nach Hause zu fahren. Schlafen war jetzt angesagt, nach dieser durchwachten Nacht.
Die Nacht vom 12. auf den 13. Juli hätten wir den Kometen am Abend- und am Morgenhimmel gehabt. Der Komet war mittlerweile zirkumpolar geworden, stünde am Morgenhimmel höher, aber halt mit Mondlicht. Deswegen zogen wir die Abendbeobachtung am 12. Juli vor. Andi überraschte mich schon mit einem Foto, das er am frühen Morgen des 12. Juli von Ladendorf aus gewonnen hatte.
12. 7. 2020, 3:31 Uhr, Ladendorf. Der Komet in der Morgendämmerung. Canon 450 D, 76 mm Objektiv, 6 Sekunden, ISO 1600
Für den Abend wussten wir, der Komet steht noch nicht sehr hoch, also waren wir erpicht, so bald wie möglich drauf gehen zu können. Wir wählten den selben Beobachtungsplatz wie am Morgen des 10. Juli. Ich hatte nun meinen neuen 102/1100 ED Refraktor auf der iOptron CEM60, und meine Canon 1000 D. Wir wollten den Kometen durch den ED Refraktor fotografieren, mit einem 0.67x Reducer. Also ja, der Aufbau gelang problemlos, noch am sehr hellen Dämmerungshimmel konnte ich die Poljustierung der Montierung erledigen. Andi gab mir die Koordinaten des Kometen, und ruckzuck waren wir drauf. Viel zu hell noch, um ernsthaft etwas anfangen zu können. So gab es noch ein paar Blicke durch den Refraktor. Doch wir rüsteten bald für die Fotografie um, und es galt, die Kamera erst noch an einem Stern zu fokussieren. Dann wieder auf den Kometen, den Kometen im Kamerafeld positionieren, damit wir viel Schweif drauf bekämen Wir starteten mal ein paar Testfotos. Wir einigten uns auf ISO 800 und 45 Sekunden Belichtungszeit, ohne Autoguider. Andi warf etliche Serien zu je 10 Aufnahmen an. Nach und nach. Von diesen Einzelaufnahmen habe ich eine herausgezupft und etwas bearbeitet. Nachfolgend das Ergebnis:
12. 7. 2020, 22:51 Uhr. 102/1100 ED Refraktor @ f/7.22 auf iOptron CEM60, Canon 1000 D (mod), 45 Sekunden, unguided, ISO 800
Ich hatte nebenbei auch meinen Fujinon 7x50 Feldstecher mit. Freilich, erst am etwas dunkleren Himmel gab der Komet mehr her. Der Schweif ging im besten Moment etwa 2/3 durch das 7° Feld des Fujinon. Freisichtig war der Komet wohl zu sehen, aber es war etwas dunstig, und die Dämmerung zieht sich lange hin, so war der Komet keine sehr auffällige Erscheinung. Man musste schon wissen, wo man ihn findet. Wir haben bis etwa 23:30 Uhr beobachtet. Die Nacht durch zu drehen war keine Option, wollten wir nicht, und Andi hatte einen Frühtermin. Ich hätte wärmere Kleidung vertragen können. Mir war schon ein bisserl kalt. Nur 11° bei der Abfahrt vom Beobachtungsort.
Daheim angekommen konnte ich den Kometen nicht mit freiem Auge sehen. Ich packte das 7x50 Glas. Oh, genau zwischen Rauchfang und Dachschräge des Nachbar Hauses im Norden hat er sich versteckt. Da kommt man visuell freilich nicht ran, wenn der Rauchfang und das Dach von Straßenlampen beleuchtet ist.
Wir hofften auf eine erneute Abendbeobachtung. Diese bekamen wir gleich am 13. Juli. Es war eine wirklich sehr klare Nacht, besser als am Vortag. Selbiger Beobachtungsort. Wir hatten gelernt, dass am noch sehr hellen Dämmerungshimmel eh nichts zu holen ist, also hatten wir es nicht so arg eilig. Etwas nach 22 Uhr waren wir oben auf unserem Standplatz und begannen mit dem Aufbau. Diesesmal hatte ich den 102/700 Triplet APO mit, wieder die CEM60 als Montierung. Und Fotozeug dazu, also Flattener, Canon 1000 D. Andi knipste mit stehender Kamera eine Serie. Da der Komet nun wieder ein Stückerl höher stand, konnten wir etwas zuwarten mit der Fotoserie. Neuerlich 45 Sekunden unguided, ISO 800, nach und nach etliche Serien zu je 10 Aufnahmen. Zwei Autos fuhren vorbei, einmal ein Satellit durchs Bild, ein andernal ein Flugzeug. Und zu Beginn waren einige Aufnahmen noch zu hell. 75 Einzelbilder zu je 45 Sekunden blieben, daraus schnitzte ich ein Bild.
13. 7. 2020. 102/700 Triplet APO
auf CEM60, Canon 1000 D (mod), 75 x 45 Sekunden, unguided, ISO 800
Sternenhintergrund von
23:26 Uhr
Natürlich verwischt die Überlagerung so vieler Aufnahmen die Strukturen im Schweif etwas. Geht man die Serie schnell durch, sieht man durchaus Aktivität, ändert sich das Strahlenmuster im Schweif über die Zeit merkbar. Andi wollte den Gasschweif. Hm, erstens, so tief am Himmel wird blaues Licht "gefiltert", es erreicht uns wenig bis nichts. Zweitens, der Gasschweif geht dort erst richtig los, wo der Kometenschweif das Kamera Bildfeld schon wieder verlässt. Also ja, ein Hauch von Blau ist drauf.
Während der Aufnahmeserie nahm ich den 7x50 Fujinon öfter zur Hand. Freilich, großartig im Fernglas. Die beste Show war aber freisichtig geboten. Der Staubschweif leicht gebogen, etwa 15° weit verfolgbar, der Gasschweif gut 20° verfolgbar, als gerader Strahl, und dort wo die beiden Schweife "auseinander klaffen", ein dunkler Keil. Ansatzweise war ein Hauch vom Gasschweif auch im 7x50 erkennbar. Der Schweif hat das 7° Feld gesprengt, ich musste schon noch ein Stück nachfahren, bis sich der Schweif im Hintergrund verlor. In dieser Nacht stand auch die Milchstraße prächtig da, ein wirklich feiner Himmel. Es war sogar noch etwas kühler als am Vortag (9° bei der Abreise), ich war aber gut vorbereitet.
Da der Komet immer tiefer sank, und die Sicht nicht mehr besser wurde, packten wir zusammen. Daheim, beim Ausladen der Gerätschaft aus dem Auto sah ich den Kometen tief im Norden über einem Baum, genau unter dem Polarstern. Selbst aus der Siedlung heraus mit freiem Auge gut zu sehen.
Der nächste Abend (14. Juli) war schon unsicher, zu viele Wolken. Ich fuhr doch noch auf den Berg, aber diesesmal suchte ich meinen gewohnten Standort auf, und gut war's. Aus der anderen Richtung hörte ich Traktorlärm. Ich hatte meinen alten 100/800 Fluorite Triplet APO auf der iOptron ieq45 mit, wollte den Kometen noch etwas näher im Teleskop beobachten. Der Aufbau gestaltete sich zäh. Es dauerte, bis die Wolken den Polarstern freigaben. Erst dann konnte ich das Stativ korrekt ausrichten und nivellieren, die Poljustierung der Montierung erledigen. Dann ging es auf Dubhe als Alignmentstern, und wo ist der Zettel mit den Koordinaten? Ups, daheim auf dem Schreibtisch, statt in der Hemd Brusttasche. Aber ja, die RA und Dec hatte ich noch grob im Kopf, ich blickte nur auf das Display und verfuhr das Teleskop händisch. Dann blickte ich durch den Sucher, und siehe da, der Komet war schon am Rande des Blickfeldes. Nur noch im Teleskop zentrieren. Geht ja so auch, was man mit freiem Auge sieht, wird man schon ins Teleskop kriegen...
14. 7. 2020. Der 100/800 Fluorite Triplet APO auf der iOptron ieq45, auf den Kometen gerichtet (Mobiltelefon Kamera)
Unabhängig von mir fotografierte Andi den Kometen in Ladendorf, in der leider etwas bewölkten Abenddämmerung, was sich auch auf dem Bild manifestiert.
14. 7. 2020, 22:24 Uhr, Ladendorf. Der Komet in der Abenddämmerung, leider mit dünnen Wolken. Canon 450 D, 200 mm Objektiv, 4 Sekunden, ISO 800
Ich kann nur sagen, je später die Stunde, desto weniger Wolken, zumindest an meinem Standort. So konnte ich meine Beobachtungen nach Belieben durchführen. Das Seeing halt, bei tief stehenden Objekten. Ich nahm die Koma des Kometen bei 89x und 107x genauer ins Visier. Ein nahezu sternförmiger Kern in einem diffusen Nebel. In den besseren Momenten schien es mir, dass ich zwei Verdichtungen beiderseits des Kerns ausnehmen konnte, Aussehen wie ein Mascherl. Das hieße, der Komet hätte nun zwei seitliche Jets, gegen einen zur Sonne gerichteten, wie ich es am Morgen des 10. Juli im C8 gesehen hatte.
Mit freiem Auge war der Komet ähnlich zu sehen wie gestern, aber nicht ganz so gut. Es war etwas dunstiger. Daher die Schweife nicht so weit verfolgbar. Dennoch gab der Komet eine eindrucksvolle Erscheinung ab, und war auch freisichtig gut zu sehen. Ich hatte auch den 20x80 mit, und das, was ich darin sah, erinnert sehr an das Foto durch den 102/1100 ED Refraktor vom 12. Juli, siehe oben. Also ein Hauch vom Gasschweif erahnbar.
Daheim angekommen habe ich den Komet vorerst nicht gefunden. Mit dem 7x50 Fernglas bemerkt, er versteckt sich hinter einer Birke. Nach einigen Minuten ist der Komet hinter dem Baum hervorgekommen, und war dann auch freisichtig zu erkennen, aber schwierig. Auf freiem Feld, ohne störende Lichter, sieht man den Komet halt besser.
Wir werden sehen, was das Wetter noch an Beobachtungen zulassen wird. Immerhin, wir haben seit längerer Zeit wieder einen schönen, hellen Kometen, den wir über einige Wochen verfolgen können. Einen Titel hat der Komet C/2020 F3 (NEWOWISE) schon erhalten: Mini-Hale-Bopp.
Howdii