Morpheus III und M61 Supernova 2020fjo

23. und 27. 6. 2020, Schrick

Der 22. Juni hatte eine klare Nacht gebracht. Ich war draußen, ein Kundenteleskop zu testen. Gegen Abend des 23. Juni begannen sich die Wolken mehr und mehr aufzulösen. Es könnte neuerlich eine klare Nacht geben. Ich telefonierte mal mit Andi, und wir sprachen auch über jüngste Supernovae, ob es da etwas gäbe. Oh ja, in M61. Andi wollte aber nicht mit raus kommen, er hatte am nächsten Morgen einen Termin, das verträgt sich nicht gut mit Juni Nächten, wo man erst sehr spät mit der Beobachtung beginnen kann. So plante ich meinen Beobachtungseinsatz alleine. Es könnte noch Wind geben, wohin? Bei Nordwind ist Schrick eine Option. Erstens kann ich mich da etwas hinter Stauden geschützt aufstellen, zweitens könnte ich auch noch das Auto als Windschutz positionieren, drittens gibt es dort generell weniger Wind. Von Norden zogen noch ein paar Wolken heran, die würden sich aber bald auflösen, rechnete ich.

Als es an der Zeit war, aufzubrechen, kamen mir Zweifel, ob ich wirklich die richtige Wahl bezüglich des Beobachtungsort getroffen hätte. Nach Westen zu sah es klar aus, aber hier und im Osten hingen Wolken. Ich kenne aber die Tücke, hier in Mistelbach ist vielleicht kein Wind zu spüren, und steht man auf den Feldern bei Niederleis, kann er durchaus lebhaft wehen. Somit steuerte ich den Beobachtungsplatz oberhalb von Schrick an. Als ich ankam und ausstieg, windstill. Rein gar nichts, nicht einmal ein Lüftchen. Dafür sah diese Wolkenbank massiver aus, als mir lieb war. Sie zog auch relativ langsam weiter gegen Süden. Dennoch, gewisse Auflösungstendenzen waren erkennbar.

Als sich im Norden einen Wolkenlücke bildete, konnte ich den Polarstern sehen, und das Stativ erst einmal ausrichten. Dann die Montierung drauf, die iOptron ieq45, und das Teleskop, den "Super Polaris" C8 Tubus. Ein paarmal noch war der Polarstern wieder weg, es reichte jedoch, die Poljustierung erledigen zu können. Und als ich meinte, es wird langsam, schlug die Abendthermik zu, und es bildeten sich lokal neue Wolken. Also ja, Arktur konnte ich als Alignment Stern mal anfahren. Dann weiter zur Spica. Bis ich diese jedoch überhaupt sehen und definitiv einfangen konnte, verging viel Zeit. Schließlich war auch das geschafft, ich schickte das Teleskop auf M61. Es war da gerade mal 23 Uhr. 

Ich hatte das 27 mm Panoptic dran, bei 74x. Im Feld sah ich zwei hellere Sterne, etwa 10 mag und 8 mag, und sonst nicht viel. Es zogen immer wieder Wolken durch, und zeitweise verschwanden auch diese zwei Sterne. Gegen 23:30 Uhr war der Himmel größtenteils schon frei von Wolken. Nur dort, wo ich zu tun hätte, zog ein letzter Wolkenstreifen durch. Es dauerte noch ein Weilchen, dann hatte ich endlich klare Sicht. Ich fand relativ dicht an dem 10 mag Stern einen helleren Knoten. Es ist NGC 4292. Und weiter oben im Feld ein größeres nebeliges Ding, das ist M61. Ich schaltete kurz das Tracking ab, um die Westrichtung zu finden. Nun die Galaxie im Feld zentrieren und ran, die Westseite näher inspizieren. Da hatte ich aus einem Foto ersehen, dass zwei Sterne die Linie zur Supernova vorgeben, diese als Referenzsterne dienen sollten.

Ich wechselte auf das 17.5 mm Morpheus Okular (114x) und nahm die Gegend indirekt ins Visier. Da fand ich ein schwaches Sternderl außerhalb der Galaxie. Den Kern der Galaxie konnte ich ebenfalls sternförmig ausnehmen. Und weiter zur Galaxie, zum Kern hin, fand ich noch ein schwaches Sternderl. So, dachte ich, das sind meine beiden "Referenzsterne", und da noch ein Stückerl weiter, da müsste die Supernova sein. Nach einigem Herumschielen stach dort hart ein helles Punkterl heraus. Hallo? War es das? Ich bohrte noch ein Weilchen dran herum, allerdings, die Sicht wurde immer schlechter, das Himmelsgebiet rutschte immer tiefer in den aufgehellten Sumpf am Horizont. Es war nun 23:45 Uhr. Ich sah ein, da ist nichts mehr zu holen. Lassen wir es mal. Es schien mir unsicher.

Der Himmel hatte sich aber inzwischen gemausert. Für eine Juni Nacht, sehr respektabel! Die Milchstraße stand schön da. Das lass ich jetzt nicht so einfach gehen. Somit schickte ich das Teleskop gleich bei 114x auf M3. Ein zuckersüßer Anblick! Was noch? Ah, M10! Gleiche Vergrößerung, sehr fein! Wirklich beeindruckend. M10 schaut ja auch noch so richtig nach Kugelhaufen aus. Weiter zu M12, nebenan. Der ist von einer anderen Sorte. Ein paar hellere Sterne gibt es, die geballte Ladung von Sternen ist aber recht schwach. Dennoch, indirekt ein Haufen feiner Grieß! Herrlich!

Und M14? Das ist noch einmal eine andere Hausnummer. Die Montierung musste nun das Teleskop umschlagen, ich dachte, na, den M14 werden wir erst suchen müssen. Aber - er war am Feldrand zu sehen - bei 114x, wohlgemerkt. Ich zentrierte M14 im Okular und setzte einen Sync Befehl ab. Perferfekt fokussiert, indirekt, konnte ich schon den feinen Grieß ankratzen! Allerhand! Dieses C8 bringt mit dem Morpheus Okular eine Leistung, die ich von meinem MN86 so erwarten hätte können. Ich war schwer beeindruckt.

M71 kenne ich ja schon, wieder bei 114x, erneut wunderschön dargestellt. Und klarerweise kam jetzt M27. Oh! Sogar das hellere von den beiden Ohren war ansatzweise da! Bei 114x, ohne Nebelfilter! Strukturen im Nebel, etliche Sterne, Zentralstern sowieso, alles feinste Spitzen! Wahnsinn! Das Ding geht...

Hm, jetzt noch was: NGC 6905, der "Blue Flash" Nebel. Bei 114x ein wirklich netter Anblick. Ich ging nun aber mit dem 12.5 mm Morpheus auch noch drauf (160x). Da waren durchaus Strukturen zu erkennen, und ein hellerer Knoten stach für mich sternförmig heraus. Auch den 14 mag Zentralstern streifte ich an. Tolle Ausbeute für einen Achtzöller!

Eines geht noch. NGC 6543, "Cat's Eye" Nebel. Natürlich gleich bei 160x drauf, und sogar getroffen. Oh, ein schwächeres Oval, ein helleres im rechten Winkel dazu eingeschrieben, drin der Zentralstern! Deutlich zu sehen, ohne Augenverrenkungen! Ein richtiges Katzenauge! Miau! 

Mit diesem schönen Eindruck ließ ich es dann sein, ich spürte schon die Müdigkeit. Somit packte ich zusammen. Aber, alles nass vom Tau. Daheim hatte ich noch Arbeit, die Sachen ausladen und ausbreiten zum Trocknen...

Nun noch einmal zur Supernova. Auf http://www.rochesterastrononmy.org/supernova.html gibt es eine Unrterseite für die Supernova AT2020fjo. Da filzte ich einige Bilder. Auf einem fand ich auch die beiden Sterne, die ich gleich als ersten Eindruck des M61 Feldes gesehen hatte. Ah, drehen wir doch mal das Bild so und spiegeln es so, wie alles im Okular zu sehen war. Dammit! Hab ich mich wieder einmal von dem gespiegelten Bild linken lassen. Am falschen Ende angepackt. Also schon auf der Westseite der Galaxie, aber in Deklination bin ich falsch gelegen. Ich habe den schwachen Stern nördlich indirekt aufgespießt und als zweiten vermeintlichen "Referenzstern" eigentlich die Supernova. Und mir noch gedacht, puh, diese beiden Referenzsterne hätt ich ein bisserl heller erwartet, die waren ja ur schwach. Und dann, dort wo ich die Supernova gesucht hätte, das war eigentlich der näher zur Supernova gelegene "Referenzstern", aus dieser Richtung (Süden) hätte ich "kommen" sollen. Dass der dann hart rausgestochen ist, nun keine Frage, er ist heller als die Supernova. Somit, hintennach hat sich alles aufgeklärt, ergibt es Sinn. So habe ich die Supernova definitiv gesehen, es nur zur Beobachtungszeit nicht kapiert.

Ein Foto, wenn wir eines haben könnten, also selbst eines machen. Ich war am 26. Juni auf Dienstreise, kam am frühen Abend heim. Im Osten zogen gerade Gewitterwolken ab. Es schien so, es sollte eine klare Nacht geben, zumindest bis von Westen die nächsten Wolken rein kämen sollte etwas möglich sein. Weil wir wiederum Wind fürchteten, zogen wir den Platz oberhalb von Schrick vor. Gut, etwas nach 22 Uhr war ich draußen. Andi war schon dort. Noch sah alles ok aus, dann aufeinmal in Richtung Zielgebiet eine riesige Wolke. Das sah nicht gut aus. Jedenfalls bauten wir auf. Ich hatte die iOptron CEM60 mit und den C8 Super Plus Tubus, den wir einem Fototest unterziehen wollten. Mit der Supernova wird es nichts, das war abzusehen. Nicht nur das. Es hatte am Nachmittag auch hier geschüttet, feuchte Flecken auf dem Feldweg gaben Zeugnis davon. Genug Feuchtigkeit, immer wieder bildeten sich lokal Wolken, blitzartig, genauso blitzartig können diese aber auch wieder verschwinden. Wir hielten ersatzweise auf M57 drauf, für ein paar Fotos reichte es. Das Seeing war aber grausam, einen so zerfahrenen, zerfransten Stern habe ich im Guider Window des MGEN 2 noch nie gesehen. Die Luft war halt fest in Bewegung durch die Gewitter. Die Folge hatten wir eben.

Natürlich, als wir eingepackt hatten, war der Himmel auf einmal völlig klar. Andi fuhr schon, ich ging noch ein paar Meter mit Canis Maior. Doch bis ich zum Auto zurück kam, war der Himmel auch schon fast wieder zu. Das geht so schnell. Eigentlich hat ja niemand eine klare Nacht versprochen, was wir gemacht haben, war "pokern".

Am 27. Juni gab es neuerlich Aussicht auf eine klare Nacht, dieses mal aber mit Ansage. Gut, packen wir die Chance am Schopf, wer weiß, ob wir demnächst noch eine Gelegenheit finden würden. Die Supernova wird halt auch langsam schwächer. Wir verabredeten uns neuerlich für den Platz oberhalb von Schrick. Mit dem Wetter hatten wir mehr Glück, der sehr warme Tag hatte die Feuchtigkeit verringert. Wiederum hatte ich die CEM60 mit, nun aber den Super Polaris C8 Tubus. Der Aufbau ging glatt, ich fuhr Arktur als Alignment Stern an, dann ging es zu Spica. Ich rüstete gleich auf die Kamera um, damit wir fokussieren könnten. Und nun zu M61. Ui, das Teleskop fuhr aber knapp zum Mond hin. Andi hat nachgeschaut, nur 4° Distanz. Das wird kein Weltmeister Bild. Mit dem Autoguiden war es auch nichts. Mondlicht flutete den Sensor der Guider Kamera. Kein Stern. Ja schon, wenn ich mit der Hand eine gewisse Abschattung schaffte. Das bringe ich aber nicht konsistent beim Fotografieren hin. Es musste unguided gehen - mit 30 Sekunden Shots bei ISO 1600, Kamera war die Canon 1000 D, astromodifiziert. Das erste Bild der Serie startete um 22:58 Uhr, das letzte um 23:14 Uhr. Man ist in der Zwickmühle, bis der Himmel dunkel genug wird, steht M61 schon recht tief. Ganz sauber war der Himmel auch nicht, der Mond zeigte einen leichten Hof (Fachsprech: Korona). Damit konnten wir auch nicht wirklich lange an M61 mit weiteren Belichtungenherumnagen. Schwierige Sache.

Beim Durchsehen der Rohdaten musste ich ein paar Bilder eliminieren, weil da der Trackingfehler doch zugeschlagen hatte. Die Aufnahmen zeigen, was wir geahnt hatten. Gegen den Schluss der Serie zu waren immer weniger schwache Sterne drauf, auch die Supernova nicht mehr zu sehen. Wie auch immer, ich konnte 17 Aufnahmen verwenden. Irgend etwas habe ich rausquetschen können. Nachfolgend das dürftige Elaborat.

M61 mit der Supernova AT2020fjo. 17 x 30 Sekunden, ISO 1600, Canon 1000 D (mod), unguided, C8 @ f/6.7
M61 ist irgendwie drauf, alle "relevanten" Sterne, auch NGC 4292 und NGC 4301 sind zu erkennen. Norden ist oben

Nun zur Erklärung. Man findet an der Westseite (rechts) der Galaxie eine Kette schwacher Sterne. Kommen wir von Süden (unten), dann steht der erste Stern außerhalb der Galaxie, der zweite schon an einem Spiralarm dran. Darüber, das schwächere Sternderl, das ist die Supernova. Bei meiner Beobachtung habe ich eben am falschen Zipfel angepackt. den schwachen Stern etwas oberhalb der Galaxie aufgegabelt, und dann die Supernova. Die Supernova und der hellere Stern südlich davon liegen zum Zentrum der Galaxie praktisch in gleichem Abstand. Also dort, wo ich dann die Supernova vermutet hätte, das war eben der hellere Stern südlich (unterhalb) der Supernova. Egal wie, Thema erledigt. Visuell wie fotografisch.

Noch ein Wort zu diesem C8 mit den Morpheus Okularen: Es sind schon auch die Okulare. Die Morpheus bieten ein helles Bild, eine phänomenale Schärfe in der Bildmitte - eine richtig gute Optik davor, für die halt die Morpheus auch passen, ein guter Himmel dazu - ein Träumchen, diese Abbildungsleistung. Der Name Morpheus ist für diese Okularserie sicher nicht falsch gewählt.

Howdii