Eine kleine Vorgeschichte: Meine alte iOptron ieq45 Montierung aus der ersten Generation hat der GPS-Weeknumber-Rollover-Bug ereilt, wie viele andere ältere GPS Geräte. Ich hatte bald darauf die Montierung kurz mal eingeschaltet, um zu sehen, was los ist. Die Steuerung meinte im Jahr 2099 zu leben, aber Datum und Uhrzeit waren korrekt. So dachte ich, dass bissl Delta an Verschiebung kann man locker mit einem Sync ausgleichen, Planeten werden halt sicher nicht korrekt berechnet. Ob das so wenigstens mit Deepsky Objekten passt, wollte ich in einem Test noch herausfinden.
Es ist viel Zeit vergangen seither, fast ein Jahr. Der Jänner hätte mindestens eine brauchbare klare Nacht gebracht, und ich hätte auch Lust verspürt, ein Teleskop zu schnappen und auf die Ebenwaldhöhe zu fahren, jedoch war ich gesundheitlich ziemlich angeschlagen, und es war ratsam, diese Nachtstunden im Bett zu verbringen als unterm Sternenhimmel in der kalten Nachtluft. Der Februar brachte manch klare Nachtstunde, aber kaum eine stabile Nacht, und wenn, mit böigem bis stürmischen Wind. So etwas lockt mich sicher nicht hinaus, und so richtig fit war ich auch noch nicht.
Es musste schon März werden. Corona Virus hin oder her, am 18. März bot sich eine milde und klare Nacht an, ich war auch bereit, somit ging es mit der ieq45 hinaus aufs freie Feld, auf den Höhenrücken östlich von Niederleis. Als Teleskop hatte ich mein altes "Spechteleisen" dabei, den 5.7" f/6 Maksutov-Newton. Ich war allein. Es war fast windstill, nur ab und zu ein sanfter Lufthauch. Und mit 11° C um 20 Uhr war es wirklich mild. Ich war fix zu warm adjustiert, musste einige Sachen "abwerfen". Der Himmel präsentierte sich nicht schlecht für hiesige Verhältnisse. Im Zenitraum hatte ich etwa 5.7 mag.
Der Aufbau, nach langer Zeit seit der letzten Verwendung der ieq45, ging doch recht gut von der Hand. Als ich die Montierung einschaltete, und den Satfix hatte, staunte ich nicht schlecht. Die Steuerung meinte im August des Jahres 2008 zu sein, und bot mir Albireo als erstbesten Alignment Stern. Na, das werden wir nicht mit einem Sync hinkriegen, war mir klar. Nix mit Goto. GPS war somit gar nicht hilfreich, sondern hinderlich. In der Handbox kann man es nicht deaktivieren, und nach Satfix sind Datum, Zeit und Koordinaten gesperrt. Man kann sie nicht mehr ändern. Also mit den Motoren konnte ich das Teleskop sehr wohl verfahren, und so ging es halt wie einst, mit Sucher und Karkoschka, die Objekte aufsuchen. Sofern ich nicht eh wusste, wie wo was. Ein bisserl kenn ich mich ja doch aus am Sternenhimmel, immer noch. Eine großartige Beobachtung wurde es nicht. Ich hatte einfach das 22 mm Panoptic Okular im Auszug, das ergibt 40-fache Vergrößerung. Ich war dennoch froh, ein paar alte "Bekannte" am Himmel wieder einmal zu sehen, und genoss die nadelpunktfeinen Sterne, die ich zu sehen bekam.
An Objekten gab es so: M42, M43, M78, M35 und NGC 2158, M45, M37, M36, M38 und NGC 1907, und M48. Ich wollte dann eigentlich das Teleskop auf die Ostseite umschlagen, um NGC 3115, die Spindelgalaxie einzufangen. Doch irgendwann war ich patschert beim Hantieren, die Steuerung ging in Reboot und das war eben schlecht. So ist die Verwirrung der Elektronik eingetreten, dass ich, obwohl etwa auf 40° Höhe zielte, eine Warnung erhielt, das Teleskop zeige unter den Horizont. Naja. Ich hatte genug, so wird das kein Spaß mehr. So war ich halt um 21:45 Uhr schon wieder fertig. Früher als erwartet. Dass ich einfach nochmal in die Zero Position fahren hätte können und neu starten, auf diese Idee bin ich erst gekommen, als ich schon auf der Heimfahrt war. Eines ist auch klar: Hätte ich, wie in alten Zeiten, einfach meine Vixen SP-DX Montierung mit gehabt, handbetrieben, hätte ich für all diese Objekte nur die halbe Zeit gebraucht und mir auch noch die Spindelgalaxie und ein paar weitere Objekte geholt. Den Karkoschka hätte ich auch wesentlich weniger oft konsultieren müssen. Per Hand rührt es sich einfach leichter am Himmel herum als motorisch.
Mir war klar, so ist die Montierung ziemlich unbrauchbar. Ich habe mich schon redlich bemüht, einen neuen GPS Modul zu ergattern. Gibt es auch. Doch die beim iOptron Support sind unwillig oder unfähig oder ist ihnen das Europa Geschäft völlig wurst, ich weiß es nicht. Man ist in e-mail Kontakt, und irgendwann reißt die Kommunikation ab. Auch auf anderem Weg versucht, ran zu kommen, bislang nichts. Es ist ein Fall anhängig, eine Montierung bei iOptron zur Reparatur, keine Ahnung wann und ob ich die wieder sehen werde, und wenn, ob dann ein GPS Modul dabei sein wird. Ich ging mal den harten Weg, und habe bei meiner ieq45 den GPS Modul rausgerissen. Leichter gesagt als getan. Sicher ist dieses Ding neu einzulöten leichter zu bewerkstelligen als das alte raus zu kriegen - man löse mal fünf Lötstellen gleichzeitig... Mit viel Geduld und etwas Würgen ist es aber gegangen. Operation erfolgreich, Patient - lebt! Hurra! Ich rief sofort Andi an, um zu berichten, vor allem, dass ich zu einem neuerlichen Test ausrücken wollte. Andi fand auch, dass es an der Zeit wäre, wieder mal Sterne durchs Teleskop zu sehen. Wir sprachen uns ab, wo und wie wir aufbauen würden, damit ausreichend Distanz gewahrt sein sollte - Corona, eh schon wissen.
Ich kam wie am vorigen Abend um etwa 20 Uhr am Beobachtungsort an. Andi war schon da. Und wo er aufgebaut hatte, zu meinem Stellplatz waren es gut und gern 15 Meter. Es war leicht windig, etwas mehr als am Abend davor. Der Wind kam aus östlicher Richtung. Irgendwann schlief der leichte Wind auch fast ein. Es war etwas kühler, nur 9° C, dafür war der Himmel nicht ganz so toll. Wie üblich, es wird von Nacht zu Nacht dunstiger.
Den Aufbau der Gerätschaft bewältigte jeder von uns allein für sich. Wir haben schon miteinander geredet, aber halt mal aus großer Distanz, sofern wir uns nicht auf die Arbeit konzentrieren mussten. Also ja, was ich zur ieq45 sagen kann: Die Steuerung meint "GPS on", man kann Datum und Uhrzeit eingeben. Und ehrlich, selbst wenn man noch die Ortskoordinaten eingeben müsste, bis der Satfix da wäre, das dauert auch mindestens eine Minute, manchmal länger, hat man die Daten auch selbst schon rein geknöpfelt. GPS ist ein Komfortgewinn, allemal, lebensnotwendig nicht.
Als Alignment Stern wählte ich Procyon. Die Montierung setzte das Teleskop, neuerlich den 5.7" f/6 MN, in Bewegung - - - piep, wir sind da. Ich blickte ins Okular und fand den Stern schon im Bildfeld. Wie üblich, der Sucher war irgendwie Ballast, oder Zierrat, gestern im "Notbetrieb" noch essentiell. Mein erstes Deepsky Objekt war M42, perfekt getroffen. Dann schickte ich das Teleskop auf M78, ebenfalls perfekt zentriert im Bildfeld. So, und nun wird es ganz ernst: Ziel war die Venus, aber wie erwartet, auch dahin hat die Montierung den Weg gefunden. Somit sollte normales Arbeiten mit der Montierung wieder gegeben sein. Es geht ja auch ohne GPS.
Nun hatte ich noch etwas zu testen: Wie machen sich die Baader Morpheus Okulare an meinem 5.7" Maksutov-Newton? Ich hatte das 17.5 mm und das 12.5 mm dabei. Ein erster Versuch fand an NGC 1931 statt. Erst mit dem 17.5 mm, das ergibt 50x. Geht noch, her mit dem 12.5 mm, 70x. Ja, nebelige Sternchen, ein Kleinod. Ich hätte noch weiter rein zoomen können und sollen, befasste mich aber mehr mit der Abbildungsleistung der Morpheus Okulare. Man kann sagen, nicht ganz randscharf, aber tolerierbar, und man kann es ausgleichen, in dem man etwas weiter außen fokussiert, falls man wirklich das ganze Feld scharf sehen will oder muss. Ansonsten kann man ruhig auf die Mitte fokussieren, so man eh nur dort das Objekt hat, und dabei gibt es pipifeine Sterne zu sehen, so wie ich es mag. Es ist auf jeden Fall angenehm, ein größeres Feld überblicken zu können, im Vergleich zu den Eudiasopic Okularen, die normal verwende.
Andi meinte, den Komet C/2019 Y4 (ATLAS), den sollten wir anschauen. Gut, ich steckte wieder das 22 mm Panoptic in den Auszug, und bat Andi um die Koordinaten. Aus drei Meter Entfernung bekam ich RA und Dec diktiert, schickte die Montierung auf diese Position. Ein Kontrollblick ins Okular, ja, da ist wirklich ein nebeliges Bemmerl. Klein. Ich zentrierte den Kometen. Nun kam Andi auch, um bei mir ins Teleskop zu gucken. Ich ging derweilen ein paar Schritte weit weg. Schon ein bissler mehr vergrößern, 50x mit dem 17.5-er Morpheus, brachte die Koma mit einem Schweifansatz zum Vorschein. Bei 70x mit dem 12.5-er Morpheus konnte ich einen dickeren Knödel als "Kern" ausnehmen, und ein schwaches Sterndl leuchtet durch die Koma, knapp daneben. Ein insgesamt netter Anblick.
In Andis C8 gab es M81 zu bewundern, Andi ging ebenso auf Respektdistanz, als ich bei ihm reinguckte. Ich nahm anschließend noch in meinem Teleskop M82 bei 70x ins Visier. Freilich musste ich neuerlich nachschauen, ob ich das schwache Sterndl erwischen kann, das zwischen dem hellen Stern und der einstigen Supernova Position steht. Ist ein bissl hart, weil schon vor aufgehelltem Galaxiengrund, aber war zu schaffen.
Mittlerweile hatte der Wind auf Nord gedreht und legte nach und nach etwas zu. Ich dachte schon, langsam wird der Kerl lästig, rüttelt etwas am Teleskop, da war es fast mit einem Schlag auch wieder aus. Irgendwas hat sich getan mit diesem Nordwind. Ich hatte auf einmal ein Kitzeln in der Nase und musste laut Haaaatschiiiii sagen. Auch am Himmel war etwas anders, z.B. der kleine Wagen stand etwas präsenter da, auch der Fuhrmann. Flache Dunstfelder ausgeblasen?
Es war etwas kühler geworden, ich griff zu weiteren Utensilien, die im Auto bereit lagen. Aber da die Bedingungen ok waren, ging es weiter, mit diesen Objekten, die ich letzte Nacht gern gesehen hätte. Alsdann, her mit NGC 3115, der Spindelgalaxie. Es ist ein kleines Dreckerl, erst 70x konnte dieses Objekt besser darstellen. Nicht allzuweit in diesem Himmelsgebiet entfernt liegt NGC 3242, Jupiters Geist, ein planetarischer Nebel. Ich bin gleich mit 70x drauf gegangen, und dabei war ein grünes Knödelchen nicht zu übersehen. Beste Ansicht bot dann 116x. Ich hatte zwar 220x auch drin, aber das Seeing war so tief unten am Himmel nicht kooperativ. Nichts daraus zu ziehen.
Nun zum Leo Triplet - M65, M66 und NGC 3628. Bei 70x alle drei Galaxien sichtbar, das Bildfeld gerade noch nicht gesprengt. NGC 3628 ist schwieriger, weil lichtschwach, war aber recht gut in seiner Form ausnehmbar. In Andis C8 gab es mittlerweile einen schönen M3 zu bewundern.
Ein paar Sachen gehen noch. NGC 4565, gerne auch als "Needle Galaxy" bezeichnet. Bei 70x kam das Staubband vor dem Bulge deutlich raus. Wirklich nicht zu übersehen. Mein nächstes Objekt war NGC 4631, Walfisch Galaxie genannt. Ich blieb gleich bei 70x. Die Galaxie war groß und relativ hell, der kleine Nebeltupf daneben, NGC 4627 war schwieriger zu sehen, ginge sicher leichter von der Hand unter besserem Himmel. Mit NGC 4656, der Hockeystick Galaxie hatte ich meine liebe Not, die Ziffern nicht durcheinander zu bringen. Erst landete ich wieder bei der "Needle", erst im zweiten Anlauf dort, wo ich hin wollte. Groß im Okular bei 70x, aber lichtschwach. Sicher auch schon besser gesehen. Das "Nummerngulasch" hat eigentlich angezeigt, dass ich schon etwas müde war. So gab es zum Abschluss noch etwas Feines: den Kugelhaufen M3 bei "nur" 70x, aber da war indirekt der Haufen schön aufgelöst, in so feine Nadelspitzen, dass es wie feinster Diamantstaub wirkte. Ein wunderbarer Anblick. Ich hätte freilich noch rein zoomen können, aber wozu, es war so auch reizend schön.
Damit genug. Andi hatte schon zusammengeräumt und fuhr. Mich hat es sowieso eine Stunde länger als in der vorigen Nacht hier gehalten. Man muss ja nicht alles niederreißen wollen, Galaxien schauen kann man im April und Mai noch genug. Vielleicht an einem anderen Ort, mit einem anderen Teleskop. Man wird sehen. Den durchaus schönen Sternabend ließ ich ausklingen, in dem ich meinen "Raumgleiter" sanft nach Hause schaukelte, mit musikalischer Untermalung aus dem "Summertime" Album von Bill Evans.
Den Frühling habe ich im wahrsten Sinn des Wortes angeschnuppert. Am nächsten Morgen wachte ich mit einer dicken Nase auf - den Start in die aktuelle Birkenpollen Saison habe ich wohl in der Nacht schon mit dem kräftigen Nieser "gefeiert".
Howdii