Eigentlich ging es um meine Sternwarte, sie wieder aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken. Sicher, es ist einige Zeit lang her, dass ich dort intensiver gearbeitet habe. Zweimal hat die Festplatte des Sternwarten PCs w. o. gegeben, worauf ich schon geplant hatte, von einem Notebook aus zu steuern. Ein paar mal war noch Betrieb, ohne PC geht es ja auch, doch irgendwann ist ein Bit in der Firmware umgefallen (hat sich als bekannter Fehler der Steuerungsbox herausgestellt), worauf sich die Montierung nicht mehr von Drift (Parken) auf Tracking umschalten ließ. Also ohne PC geht da nichts mehr. Es kam vor etwa einem Jahr einer mit SSD, dann war wieder keine Zeit für eine Inbetriebnahme. Diesen Herbst, Andi hat drauf gedrängt, sollten wir etwas tun.
Erster Versuch, oh Schreck, das Netzteil hat sich verabschiedet. Ich habe daheim ein 12 Volt Universal Netzteil wo gefunden, und angesteckt. Die Montierung macht keinen Mucks, tot. Was ist los? Ich war nahe am Verzweifeln. Hat das defekte Netzteil die Elektronik gerissen? Wir haben das Gehäuse aufgeschraubt, um zu sehen, ob am Schalter überhaupt Spannung ankommt. Kam nicht. Oh, der Stecker, den wir verwendet haben, hat den Mittenkontakt gar nicht erwischt. Nun, kaum nimmt man den richtigen Stecker, auf einmal leuchten die LEDs. Hoi, na dann schauen wir mal. Neue Steuersoftware auf dem PC installiert (es ist nur eine ASCOM fähige GUI, die eigentliche Steuerung läuft in einer Hardware-Box, und die Handbox ist das Gegenteil von Smart, hat nur ein paar Spezialtasten für programmierbare Funktionen, reicht aber nicht zum Goto Betrieb), und die will gleich ein Firmware Update machen. Etwas holprig, aber es ist durch gegangen. Dann aber immer wieder RA Motor Stall, Überstrom Warnung. Ok, ich kann mich aus dem mobilen Betrieb noch erinnern, 12 Volt ist ein bissl dürftig für diese Montierung. Dann passiert so etwas bald mal. Es muss ein Netzteil mit höherer Spannung.her.
Neues Netzteil ist da, sollte alles wieder laufen wie einst. Ich bin erst per Handbox mit der Montierung ohne PC Steuerung herumgefahren, da waren aber schon RA Motor Stall Events dabei. Die Steuerung geht dann von Tracking auf Drift und lässt sich per Handbox nicht mehr umschalten. Mittels der PC Software sehen wir immer wieder diese Stör-Events, und müssen den Fehler immer wieder löschen. Na, so kann man nicht arbeiten. Das wird wohl nichts mehr. Auf einmal kommen Fehler auf der RS232 Schnittstelle. Hah? Da hat es bei mir geklingelt. Ich habe die ganzen Westernstecker gezupft, und bin ein paar mal mit den Steckern in die Buchsen rein und wieder raus gefahren, um etwaige Oxidschicht abzukratzen. Die RS232 Schnittstelle war dann ok, vereinzelt gab es noch RA Motor Stalls, diese wurden aber immer seltener, und nach geraumer Zeit des Betriebs trat der Fehler nicht mehr auf. Vielleicht haben wir ranzig gewordene Elektronen durchgeputzt ;-) Die Montierung lief, wir konnten ein Stern Alignment herstellen und ein paar Objekte per Goto anfahren. Ah, ja, noch etwas. Als Teleskop hatten wir das C11 drauf, der MN86 ist momentan in Ruhestand getreten, der kommt vielleicht noch anderweits wieder zu Ehren. Das C11 ist aber auch nur testhalber im Einsatz. Derzeit also keine fixe Instrumentierung in der Sternware, sondern nach Bedarf.
Während wir so ein paar Objekte im C11 sehen, es war nicht der beste Himmel, dunstig-matt, gerade noch 5 mag, kommt Andi auf die Idee, ob wir mal auf den "Parachute" in der Andromeda drauf halten könnten. Schnell die Koordinaten gesucht, eingetippt, und das Teleskop schwenkt hin. Wir haben das Feld ein bisschen nachzentriert und da, der gelbliche 12 mag Stern, knapp drüber sollte das Objekt sein. 15mm Okular her, 187x - geht was? Ich taste mich heran und sehe da ein Pünktchen aufblitzen. Das Objekt gerade außerhalb des Streubereiches des Sterns. Andi schaut auch, kann es ebenfalls sehen. Ich gehe nochmals ran, und befinde, es wirkt länglich, das sind sicher die beiden hellsten Komponenten. Andi probiert, und kann meiner Beobachtung folgen. Das war letztlich mehr, als wir uns erhofft hatten, und insgesamt waren wir happy, dass wir wenigstens die Sternwartenmontierung wieder soweit auf Schuss gebracht haben. Man kann wieder damit arbeiten.
Das letzte Wort ist punkto visueller Beobachtung des Vierfach-Quasars mit dem C11 sicher noch nicht gesprochen. Unter guten Himmelsbedingungen, dazu werden wir schon ausrücken müssen, rechne ich mir durchaus noch Chancen auf die dritte Komponenten (C) aus. Die Komponente D ist sicher eine andere Geschichte, ob die noch mit dem C11 zu knacken wäre, das ist die Frage. Wir werden sehen, was geht, was nicht.
Ein paar Worte nun zu diesem speziellen Objekt. Es ist noch gar nicht so lange bekannt, als das, was es ist, obwohl schon auf alten Aufnahmen drauf. 2017 wurde es von N. Berghea et. al. auf einer Aufnahme des Pan-STARRS PS1 Teleskops identifiziert. Eine spektroskopische Auswertung durch K. Rubin et. al. bestätigte, dass es sich um die vierfache Abbildung eines Quasars handelt, hervorgerufen durch eine Vordergrund Galaxie, die als Gravitationslinse in unserer Sichtlinie liegt. Die Rotverschiebung zl der Galaxie wird mit rund 0,57 angegeben, die des Quasars, zs mit etwa 2,6. Der Originalartikel ist unter diesem Link zu finden: https://arxiv.org/pdf/1707.05873.pdf. Drei Komponenten stehen eng beisammen, A, B und C, die vierte Komponente D ist deutlicher getrennt. B, A und C bilden den Fallschirm, nur rund 1,3" Distanz zwischen den Komponenten, die Distanz von A zu D beträgt etwa 3,4". Also ein urkleines Fuzerl am Himmel. Die angegebenen Helligkeiten sind Rot Helligkeiten, visuelle Spechtler dürfen 1 mag draufschlagen. Wir halten also bei Angaben von 15,4 mag (A) bis 17,7 mag (D). Die Graviationslinsengalaxie selbst ist noch viel schwächer. Sie ist nicht einmal auf dem Pan-STARRS Bild leicht zu erkennen.
Wir sind nun wieder in meiner Sternwarte, einen Guidingversuch mit dem C11 zu machen, bei 1900mm Brennweite mit einem 0,67x Reducer. Die Inbetriebnahme der Montierung war problemlos, das Seeing nicht gar so schlecht, aber auch nicht wirklich gut. 5 mag visuell, Mond tief im Südwesten. Nun, g'naschtig wie wir sind, halten wir doch gleich auf dieses Ding drauf. Als vielleicht brauchbare Belichtungszeit mit der Canon 1000D hat sich eine Minute bei ISO 1600 erwiesen. Wir haben letztlich eine Serie von 30 Bildern angeworfen. Zehn davon musste ich aussortieren. Nein, nicht die RA Achse war das große Problem, es war die Dec Achse. Der Spielausgleich, seinerzeit für den MN86 parametriert, erwies sich als zu scharf. So auf die Schnelle lässt sich das nicht beheben, es ist eine Mordsspielerei, war es auch damals. Auch eine Inbalance in Dec wäre nicht hilfreich gewesen, der Tubus schaut fast senkrecht nach oben. Die Dec Achse wird eine Sonderbehandlung benötigen, das ist absehbar. Aber genug damit, nachfolgend was sich aus den Aufnahmen rauskratzen ließ.
Das Sternfeld mit der unmittelbaren Umgebung. C11 @ f/6.67, Canon 1000D @ ISO 1600, 20 x 1 Minute. Dieser Ausschnitt ist in 100% Auflösung dargestellt
Das Objekt ist drauf, knapp rechts über dem helleren Stern ziemlich in der Bildmitte. Genau gesagt, es schaut nicht ganz stellar aus. Wir müssen da viel näher ran, um mehr zu erkennen.
Dieser Ausschnitt aus dem Bildzentrum ist 4-fach vergrößert
Siehe da, der Fallschirm ist erkennbar. Er war auch auf den Rohaufnahmen bereits zu sehen. Die schwächere Komponente D habe ich aus den Rohdaten raus kletzeln können. In dieser Orientierung lesen sich die Komponenten wie folgt: B-A-C und darunter D. Die Einzelbilder wurden durch den Deepsky Stacker gewurstet, weiter ging es in Fitswork, wo ich gleich beim Spielen mit der Histogrammkurve auf 400x Ansicht schaltete. Eine zarte Überarbeitung mit Deconvolution, mit einem ganz bestimmten Radius, hat die Gestalt deutlicher werden lassen. Als JPG Bild gespeichert, habe ich es in Irfanview auf 400% vergrößert. Und gestaunt, das Ergebnis ist besser geworden als ich es aus dem Fitswork Bild erwartet hätte. Rauschen habe ich durch die Deconvolution nachtürlich geweckt, aber es glattbügeln zu wollen, hätte dem Fallschirm nicht gut getan. Somit, es ist ein Arbeitsergebnis. Die ganzen Amateurbilder bislang sind auch nicht "schön". Ein kurzer Check hat ergeben, wir sind etwa auf 19 mag Sterntiefe vorgedrungen. Mit viel Phantasie, oder scharfem Blick und Analyse, kann man schon ein bisschen was entnehmen. Die mittlere Komponente A ist mit der linken B verschmolzen, aber B scheint auch hier etwas weniger hell. Die Komponente C (rechts) ist natürlich auch mit A verschmolzen, aber ist deutlich schwächer, man sieht ein "schlankeres" Ende.
Auch fotografisch ist noch nicht das letzte Wort für uns gesprochen. Wir haben noch andere Verfahren, mit denen wir es probieren wollen. Aber ja, wir sind mal dran. Als "Abfall" eines Guidingtests nicht gar so übel. Sollten wir Zeit und Himmel haben, werden wir nochmals drauf gehen. Falls uns ein besseres Ergebnis gelingt, wird es hier zu finden sein.
Howdii