Vom 16. auf den 17. August war nicht nur eine klare Nacht versprochen, sondern bahnte sich tatsächlich an. Wir, Andi und ich, hatten diese Nacht im Visier. Jeder von uns in eigener Mission. Weit fahren wollten wir nicht, also ging es wieder einmal auf den Höhenrücken östlich von Niederleis. Ich beziehe mich nun auf meine Tätigkeiten. Ich hatte etwas vor, Ausgang ungewiss - den Angriff auf einen 16 mag Stern im Vierzöller. Es ist der 102/1100 Achromat, den ich für diese Aufgabe auserkoren habe. Es ist nicht irgendein Vierzoll Refraktor. Es hat einen Grund, warum ich dieses lange, dünne Röhrl in den Kreis meiner Lieblingsteleskope erhoben habe.
Wir trafen etwa um 21:30 Uhr am Beobachtungsort ein. Bei unserer Ankunft stellten wir leichten Wind aus NNW fest, sicherheitshalber drehte ich das Auto mit der Nase in den Wind. Da der Wind jedoch nicht stärker wurde, trachteten wir nicht sonderlich im Windschatten des Autos zu stehen, sondern bauten nach Belieben auf. Es war noch dämmrig, und der zunehmende Mond stand noch halbhoch am Westhimmel. So gesehen, bis zum Monduntergang war noch viel Zeit. Ich hatte es daher nicht wahnsinnig eilig mit dem Aufbau und der Inbetriebnahme des Teleskops, und bevor ich noch wirklich viel gesehen hätte, hatte ich schon einen Liter Wasser getrunken. Es war mild, jedoch der leichte Windhauch veranlasste uns bald, in eine dünne Weste zu schlüpfen.
Im Vordergrund der 102/1100 Achromat auf der iOptron ieq45, im Hintergrund der 102/700 Triplet APO mit CCD Kamera auf Andis Vixen Superpolaris Montierung
Irgendwie muss man die Zeit totschlagen, so visierte ich erst mal Mars an. Starkes Flimmern, ein bissl "Dreck" auf der orangeroten Scheibe, kleine, weiße Polkappe und am anderen Pol eine breitere bläuliche Polhaube. Saturn stand etwas höher und gab ein schöneres Bild ab, wiewohl auch etwas vom Seeing onduliert. Zumindest die Cassini Teilung war gut zu erkennen. Ehrlich, Saturn zwar sicher schon schöner gesehen, aber auch mal schlechter. Jupiter stand schon sehr tief, stark gerötet, auch hier starkes Flimmern, jedoch kamen fallweise die Wolkenbänder besser durch und sogar manchmal etwas an Details.
Der Mond stand nun schon tiefer, das Licht deutlich rötlich. Ja, dunstiger Himmel, das sah nicht sehr verlockend aus. Matte Milchstraße, sogar direkt im Zenit, die Schildwolke soff regelrecht in der Himmelshelligkeit ab. Narr, bei solch einem Himmel einen 16 mag Stern angehen wollen? Man fängt halt mal belanglos, an, M13. Ja nett, aber ich musste schon ein Weilchen am Okular hängen und das seitliche Licht gut abschirmen, um zu einer guten Sichtung zu kommen. Dann halt M92, detto.
Der Mond stand nur mehr knapp über dem Horizont, und so stark gerötet trug er kaum noch zur Himmelsaufhellung bei. Ich ging auf NGC 6229, den dritten Kugelhaufen im Sternbild Herkules. Da konnte ich im Halo Sterne ausnehmen. Fein, prinzipiell ist man da mal mit etwa 15.8 mag bei der Musik dabei. Es ist jedoch so, im Ameisenhaufen wird man eher ein paar Ameisen sehen als irgendwo mitten im Wald eine einzelne. Einen Einzelstern exakt indirekt zu treffen ist eine ganz andere Geschichte.
Noch bevor der Mond gänzlich untergegangen war, hatte ich bereits M57 und seine Umgebung im Okular. Also bei 110x war da sicher nichts zu wollen mit 16 mag. Der Himmel im Okular viel zu hell. Ich steigerte die Vergrößerung auf 147x, auch das war nicht genug. Ich griff zum 6 mm Abbe Okular, bei 183x war ich dann soweit zufrieden, man würde hier stochern können.
Toll war der Himmel nicht, ich schätzte maximal auf 5.5 mag im Zenitraum. Was mit der Zeit auffiel, über Wien war ein dunkler Streifen in der Lichtglocke zu sehen, der sich mit der Zeit mehr und mehr manifestierte, und so die Lichtverschmutzung bremste. Die Stunde war fortgeschritten, das Sternbild Leier auch aus dem Bereich der Lichtglocke etwas mehr nach Westen gerückt. Für mich hatte es zweierlei Vorteil, ich hatte dunkleren Himmel im Okular, und ich konnte nun etwas aufrechter sitzen, damit besser atmen.
Im Okular war Orientierung angesagt. Erst mal schauen, wo, wie, was. Meine letzte Beobachtung dieses Himmelsgebietes war durch meinen 5.7" Maksutov-Newton, und jetzt, mit Refraktor und Zenitspiegel, ist eine Achse gespiegelt. Auf das muss ich mich jedesmal wieder einstellen.
So toll war es nicht, was ich da erspähen konnte, selbst der 13 mag Stern kam nicht gar so einfach. Also all meine "Bekannten", 13.7 mag, 14.1 mag, 14.7 mag, 15 mag, 15.3 mag, 15.6 mag, 15.7 mag musste ich mir mühsam zusammenklauben. Und da spitzte ich doch auch auf einmal ein Ding an, was dieser 16 mag Stern sein könnte. Die Lage war für mich soweit schlüssig. Aber ja. Weiter geht es. Das will ich genau wissen.
Als ich wieder mal eine Pause machte, kam mir vor, der Himmel sei besser geworden. Siehe da, im UMi konnte ich nun einen 5.8 mag Stern ausmachen, Vega leuchtete ganz anders vom Himmel, und die Milchstraße war im Zenitraum deutlich schöner zu sehen! Es war mild, die Temperatur praktisch stabil, trocken, das Seeing hatte sich stabilisiert, deutlich besser als bei letzten Einsätzen gesehen. So, Energy Drink her, und dann nochmals ran ans Gerät.
Ich kam zu einer besserer Sichtung dieses 16 mag Stern, zusammen mit einem 15 mag "Doppler", den man aber erst in größeren Teleskopen bei recht hoher Vergrößerung auflösen kann. Das war schon mehr Sicherheit. Ich versuchte, ob ich nun die Vergrößerung wieder reduzieren könnte, und siehe da, bei 110x war der Himmel ausreichend dunkel. So mag ich es. Speziell die Dreierkette längs des Ringnebel konnte ich leichter mit einem Blick erfassen. Und nach einigem Herumschielen mit dem Auge fuhr ich diese Sternenkette mit dem Auge entlang und da kam der 16 mag Stern einfach so mit, ganz elegant! Hoi! So schön von der Position bestätigt, das hat mich überzeugt! Und ja, hm, sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange. Jedoch, bevor ich etwas schwächeres angehe, will ich mich unter besserem Himmel noch an diesem Stern weiter abarbeiten, um meine Chancen auf einen noch schwächeren Stern abzuschätzen. Es gäbe da welche mit 16.2 und 16.3 mag. Die Schwierigkeit liegt vor allem darin, dass man eine örtliche Bezugsstelle braucht, also ein hellerer Stern unmittelbarer Nähe, den man relativ sicher erkennen kann. So im Nichts, im Nirgendwo einen so schwachen Stern anspießen zu wollen, ist hoch unsicher. Das kann irgendwas sein.
Ich will es nun ein bisschen darlegen, was es mit den Objekt meiner Begierde auf sich hat. Es ist ein Stern aus einer Photometrie von Arne Henden. Dieser Stern hat einen Farbindex B-V von 0.8, also ein etwas tieferes Gelb, kann man sagen, die V-Helligkeit liegt bei 16.05 mag. Auf dem Foto unten zeigt der Pfeil auf diesen Stern.
Der 16 mag Stern, hier in
unmittelbarer Nähe zu der Sternenkette rechts
oberhalb des Ringnebels.
Anmerkung: Dieses Foto
haben wir einst durch den Vixen VMC 260L gewonnen.
Ganz so eine Schnapsidee, wie es scheint, einen 16 mag Stern im Vierzöller sehen zu wollen, ist es nicht. Es gibt mehrere Indizien, dass die Grenzgröße im Vierzöller jenseits von 16 mag liegt. Und die Beobachtung dieses Sterns mit meinem Ceravolo HD145: da habe ich nicht wirklich lang damit gefackelt, der Stern war zack-zack da, und durchaus hart. Also wenn das mit 5.7" Öffnung noch so geht, rechne ich mir schon reelle Chancen im Vierzöller aus. Dass es letztlich geklappt hat, war schon dem Umstand zu verdanken, dass der Himmel mit der Zeit besser wurde. Es ist selten so, deswegen war es eine bemerkenswerte Nacht.
Eines ist klar, noch schwächere Sterne sehen zu wollen, das braucht dann schon wirklich gute Bedingungen - was wohl im Weinviertel kaum mehr sein wird. Der Himmel muss es hergeben, das Teleskop ebenso - das tut dieser Refraktor, ist sogar der konstanteste Faktor in diesem Spiel. Für mich wird es ein hartes Stück Arbeit, das ist abzusehen. Wie immer werde ich mir erst mit größeren Instrumenten dran zu schaffen machen, um meine Chancen auf eine Sichtung im Vierzöller einschätzen zu können.
Howdii