Was uns der September vorenthalten hat, haben wir im Oktober bekommen. Eine stabile Hochdruckphase mit milden, sogar recht warmen Tagen. Goldener Herbst, wenn man so will. Mit dem Heranrücken der Neumondphase war es an der Zeit, der Wetter und Wolkenprognose mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Die Nacht vom 16. auf den 17. Oktober schien ideal. Alle Wolkenprognosen versprachen eine klare Nacht. Somit war eine Beobachtungsnacht fix eingeplant - das C11 nochmals "äußerln" führen. Jedes Teleskop geht besser unter dunklem Himmel, zudem war im Flachland bei uns mit Dunst oder gar Nebelbildung zu rechnen - herbstliche Hochdrucklagen und Nebel in den Niederungen ist ja keine Seltenheit. Daher hatten wir (Andi Berthold war mit) die Ebenwaldhöhe als Ziel.
Wir wollten noch in der Dämmerung ankommen, um in Ruhe aufbauen zu können. Es kommt halt immer anders, und ich kam später weg als ich erhofft hatte. Zumindest blieb mir erspart, gegen die tief stehende Sonne fahren zu müssen. Bis wir am Beobachtungsplatz eintrafen, um etwa 20 Uhr, war es natürlich schon dunkel. Wir stiegen aus, und uns empfing eine sehr milde Nacht mit wunderbarem Himmel. Die Milchstraße war bis runter zum Südwest Horizont schön strukturiert zu sehen. Es war windstill, die Sterne flackerten kaum. Quasi eine September Nacht im Oktober. Zu zweit war recht rasch aufgebaut. Als Montierung für das C11 diente meine alte iOptron ieq45, die auf einem Berlebach Stativ thronen durfte. Teleskop balancieren, Poljustierung, One-Star Alignment an Altair, und los ging es mit dem Beobachten. Teleskop austemperieren lassen? Nichts davon, wir hatten wohl Glück, dass die Lagertemperatur bei mir daheim und die Einsatztemperatur wohl ziemlich gleich waren. Wir hatten von Beginn an pipifein-scharfe Sterne.
Ich hatte zwar die Daunenjacke an, aber sie blieb noch offen, die Temperatur blieb vorerst auch recht stabil. Erst nach einer Weile merkten wir, dass es kühler wurde, und damit geht es einher, dass das Seeing schlechter wird. Das war im Okular bei höheren Vergrößerungen zu merken. Es war immer noch trocken, auch das Autodach, das ja gern als erstes beschlägt. Je kühler es wurde, fuhr also das Seeing mehr und mehr rein, war aber nicht gar so störend. Fokussieren bei hoher Vergrößerung wurde halt schwieriger, weil man erst mal die beste Fokusposition suchen muss. Wir konnten dennoch dem C11 eine sehr zufriedenstellende Performance entlocken. Lange blieben wir auf der Westseite des Meridians, selbst nach dem Umschlagen auf die Ostseite, was irgendwann bei unseren letzten paar Objekten unvermeidlich war, traf das Goto (nach nur einem Einstern Alignment bei immerhin 2800 mm Brennweite!) das Objekt, und wir hatten sofort wieder scharfe Sterne. Keine thermischen Effekte, davon hatten wir den ganzen Abend nichts bemerkt. Die Maskerade, in der das C11 beim Einsatz auftritt, wirkt.
Das C11 im Beobachtungseinsatz. Die Tubusisolierung und die lange Taukappe bewiesen wiederum ihre Wirksamkeit
Nach dreistündiger Beobachtung begann es leicht feucht zu werden, was sich zuerst auf dem Autodach zeigte. Das Teleskop blieb trocken. Langsam machte sich Müdigkeit breit, wir bauten ab. Um Mitternacht traten wir die Heimreise an. Die schönen Eindrücke der Beobachtung wurden leider von einer Fahrt durch dichten Nebel entlang der Donau bis rauf ins Weinviertel getrübt.
Zur Sache: freisichtig schätzten wir den Himmel auf etwa 6.2 mag, dies wurde durch eine SQM-L Messung mit 21.30 mag/sec² bestätigt. Immerhin, M33, bereits hoch am Himmel, war freisichtig ausnehmbar. Nicht schlecht. Sicher merkt man, dass die Himmelsqualität in gewissen Teilen deutlich schlechter geworden ist, seit ich die Ebenwaldhöhe kenne. Der Nordosten ist stark aufgehellt, auch der Osthorizont ist relativ hell. Der Zenitraum mag schon leicht beeinträchtigt sein. Die besseren Nächte sind aber immer noch gut, und in Anbetracht von Streckenlänge und Fahrzeit, ist die Ebenwaldhöhe immer noch kaum zu schlagen. Eine Alternative ist die Steyersberger Schwaig, meist mit verlässlich 6.2 bis 6.3 mag im Zenitraum, aber das Seeing ist dort generell schlechter, und der Osten ins Tal raus grauslich hell, der Horizont noch mehr eingeschränkt. Die Schwaig ist dann eine Option, wenn der Hochnebel bis 1000 Meter rauf reicht, dann stehen wir dort doch deutlich drüber, auf der Ebenwaldhöhe hingegen im Nebel.
Nun zu den Beobachtungsergebnissen.
Zum lockeren Einstieg gab es M71 bei ca. 100x im 27mm Panoptic. Der Haufen erschien so sternreich, dass Andi ihn gar nicht gleich erkannt hat, er wusste ja nicht, was ich in die Steuerung eingetippt hatte. Die nadelfeinen Sterne erinnerten eher an Refraktor Performance. Wirklich ein beeindruckender Anblick!
M27, der Hantelnebel, darf nicht fehlen. So wie er sich - ohne Nebelfilter - präsentiert, das sagt was über die Himmelsqualität aus. Mein erster Blick, aus dem Augenwinkel heraus, wieder bei 100x im 27mm Panoptic: Du liebe Güte, was ist das für eine Blase! Voll oval mitsamt den Ohren! Man hat da fast direkt drauf schauen können und hat die Ohren immer noch gesehen! Langsam kamen Strukturen im Nebel heraus, etliche Sterne, auch der Zentralstern als feine Spitze. Sehenswert, absolut! Und ein Indiz, das wird noch ein Spaß bei diesem Himmel!
NGC 6804, ein planetarischer Nebel im Sternbild Delphin, zeigte sich bei höherer Vergrößerung ringförmig. Wir beobachteten bei knapp 190x und 280x. Ich kann mich leider nicht mehr erinnern, ob der Zentralstern sichtbar war. Mit einer Helligkeit von 14.4 mag sollte er relativ leicht sichtbar sein. Mit UHC Filter war dann eher wieder ein Scheibchen zu sehen.
NGC 7006 ist der "hantigere" Kugelhaufen im Delphin. Wir sind bis zu 370x drauf gegangen. Da waren letztlich quer drüber Sterne zu sehen, und auch im Halo. Man kann sagen, gut aufgelöst.
NGC 6934, der für den Beobachter "freundlichere" Kugelhaufen im Delphin, bot bei ca. 280x den besten Eindruck. Ein wirklich netter Anblick, sehr schönes Objekt.
Wir sind immer noch im Sternbild Delphin. NGC 6905, der "Blue Flash" Nebel, zeigte bei bis zu 280x zwei hellere Ringsegmente, wirkte fast sanduhrförmig. Mit UHC Filter wurde das Innere des Nebels "fülliger". Der Zentralstern wird mit 15.5 mag angegeben, also sicher nicht ganz einfach. Da müsste ich mal genauer drangehen.
NGC 6981, ebenfalls ein planetarischer Nebel im Delpin, ein kleines Ding im Okular, bei 100x ein "dicklicher" Stern, aber auffällig blau. Bei zunehmend höherer Vergrößerung zeigte sich ein helles Zentrum und ein nach außen diffuser größerer Halo. An diesem Objekt sind wir bis 470x drauf gegangen. Ohne Nebelfilter mag der Zentralstern sichtbar sein, mit 12.4 mag nicht wirklich schwach, und es ist im Zentrum etwas sternförmiges sichtbar. Mit [OIII] Filter sieht es anders aus. Im helleren Zentrum eine fast sternförmige hellere Stelle, allerdings asymmetrisch. Recherche von Bildern im Internet: Es handelt sich um einen helleren Knoten in einem ovalen Ring. Für mich war kein Ring wahrnehmbar, der wäre viel zu klein und viel zu kontrastschwach, nur eben diese nahezu stellare Helligkeitsverdichtung in dem insgesamt helleren Zentrum. Wir haben halt nur ein C11, kein HST...
Weiter mit dem Kugelhaufen M15 im Pegasus. Welch ein Anblick bei 100x! Eine geballte Ladung von nadelfeinen Sternen, bezaubernd! Ich würde sagen, nach dem M15 in meinem ehemaligen 18" Dob war das wohl der spektakulärste Anblick! So, wenn schon, dann wollen wir auch den planetarischen Nebel Pease 1 herausarbeiten. Um an dieses Ding heranzukommen, muss man sich rantasten. Also nach und nach die Vergrößerung steigern. Bei 190x konnte ich die Trapezsterne erstmals orten, bei 280x war die Lage deutlich. Ich konnte mich gut orientieren und fand die Stelle. Bei 370x konnte ich diesen "Lichtzapfen" in zwei Sterngruppen aufklösen, und an der Spitze sah ich eindeutig ein stellares Objekt. Das ist also der Nebel. Jetzt noch mit Nebelfilter bestätigen. Dazu taugt der UHC Filter wenig, es muss der [OIII] sein. Wir gingen mit der Vergrößerung wieder zurück, weil das Bild zu dunkel war, da kann man nicht mehr fokussieren. Richtig hat man es dann, wenn außer ein paar versprenkelten Sternen nur der helle Kern des Kugehaufens und eben dieser "Lichtzapfen" sichtbar ist. Fokussieren ist unter diesen Umständen schon recht schwierig. Ich ließ meinen Blick so über das Feld schweifen, um auch andere Sterne indirekt "anzuspitzen". Ja freilich erscheinen die dann etwas heller, aber der Nebel, Pease 1, stach deutlich heller heraus. Das konnte letztlich auch Andi bestätigen.
Unweit von NGC 7331 am Himmelszelt findet sich die Galaxiengruppe "Stephans Quintett", bestehend aus NGC 7317, NGC 7318A und B, NGC 7319 und NGC 7320. Bei 100x waren ein paar Nebeltupfen auffällig. Bei 190x war die Sache klarer zu sehen. Die hellste Galaxie ist NGC 7320, ein transluzentes Oval mit sternförmigen Zentrum. Das Pärchen NGC 7318A und B zeigte sich als zwei unübersehbare Nebeltupfen. Auch NGC 7319 war nicht sehr schwierig, ein deutlich wahrnehmbarer Nebeltupf. Schwieriger ist NGC 7317, diese Galaxie muss man erst suchen. Letztlich ein sehr kleines Nebelfleckchen nahe einem Stern. Es braucht eine gewisse Vergrößerung, um diesen kleinen Nebelfleck überhaupt zu sehen. Zurück bei 100x waren vier Galaxien wohl zu erkennen, NGC 7317 entging dem Blick.
Kurzer Ausflug in den Wassermann, NGC 7293. Schon ohne Nebelfilter war der Helix Nebel bei 100x zu erkennen. So richtig knallig wurde der Eindruck mit dem [OIII] Filter. Sehr hell, man musste sich erst ein bissl einfinden. Dann: Doppelhelix, ein dunkleres aber dennoch helles Zentrum, das gesamte Objekt irgendwie brutal hell. Insgesamt möchte ich sagen, meine beste Sichtung bislang.
Nochmals Pegasus: Jones 1 (PK 104-29.1). Aufgrund der geringen Flächenhelligkeit ist dieser planetarische Nebel ein bissl lausig. Ich ging bei 100x gleich mit dem [OIII] Filter drauf. Da waren zwei geisterhaft wirkende Bogensegmente zu erkennen. Das, was man typischerweise eben sieht. Mit etwas mehr Zeit am Okular kamen diese Strukturen besser heraus. Noch ein Blick ohne Nebelfilter, siehe da, auch erkennbar, aber nur ein Segment halbwegs gut, der andere Teil sehr vage.
Zum Abspann noch was auf easy going... NGC 404, auch "Mirach's Ghost" genannt. Bei 100x bot sich ein überwältigender Anblick. Der strahlend hell erscheinende, goldorange Stern Mirach (β Andromedae), und als Kontrast der ovale Nebeltupf der Galaxie, garniert mit ein paar nadelfeinen Feldsternen. Ich konnte mich eine ganze Weile nicht vom Okular lösen.
Ein kleiner Schwenk des Teleskops, M31, die Andromeda Galaxie ist im Bild. Hier ist großes Feld gefragt. Nun ja, ich hätte noch das 35 mm oder 40 mm Okular rauskramen können, aber eben so nur noch als Abspann reicht es, bei 100x die Galaxie ein bissl entlang zu fahren. So kommt mal auch M32 ins Feld, immerhin beachtlich dargestellt, oder NGC 205, ebenfalls ungewohnt groß und hell. Ein ganz schöner "Brummer", genau genommen. Auch die Sterngruppe NGC 206 entging uns nicht, detto ein Staubband. Sicher, mit den längeren Okularbrennweiten gäbe es mehr Feld, und eine größere Austrittspupille, was schon helfen kann, schwächere Partien noch zu sehen.
Zum Abschluss, quasi als "Betthupferl", wenn da nicht noch die lange Heimfahrt wäre, M33. Bei 100x formatfüllend im 27 mm Panoptic, erstmal ist man halb erschlagen von dem Ding. Dann kristallisieren sich langsam Strukturen heraus, die helleren Spiralarme, das Zentrum, da und dort Knoten. Durchaus beeindruckend. M33 ist ja genau das Objekt, das mehr als einen Beobachtungsabend füllen kann, aber auch sehr enttäuschen kann. Passen die Bedingungen nicht, ist nur mehr ein Lichtbrei zu sehen. Mit einer detaillierten Aufsuchkarte könnte man Stunden zubringen, einzelne HII Regionen und Sterngruppen rauszukletzeln.
Falls es der p. t. Leserschaft so vorkommt: hat dieser Kerl nicht einige dieser Objekte schon das zigstemal seit einigen Jahren in der Reißn? Das ist völlig richtig. Ich habe mich dran mit diversen Teleskopen abgearbeitet, um eben Unterschiede in der Leistungsfähigkeit zu sehen, auch, um Unterschiede der Beobachtungsbedingungen zu sehen. Der interessanteste Vergleich ist ja der mit dem Vixen VMC 260L unter dunklem Himmel, vielleicht nicht ganz so gut wie die heutige Nacht. Dennoch, das C11 hat erneut seine Performance unter Beweis gestellt, und ich habe mit meiner Einschätzung, dass damit doch im entscheidenden Fall ein gutes Eck mehr geht als mit dem VMC, auch bestätigt bekommen. Das C11 hat ja auch 20 mm mehr Öffnung, der Field-Maksutov dafür noch höhere Transmissionsverluste. Irgendwann gibt es vielleicht einen direkten Vergleich.
Eine Hardcore Session war es nicht. Es war vielmehr hübsche Objekte schauen, und an Details mitnehmen was so eher flott geht. Wenn ich drei Stunden alleine beobachte, "würge" ich an den einzelnen Objekten auch länger herum. Ich wollte jedoch, wenn Andi dabei ist, ihm auch seine Zeit am Okular einräumen, und er hat sich sehr über die Objektauswahl gefreut. Es war eine nette Beobachtung.
Das Schreiben dieses Berichts war für mich gut. Nicht nur, dass es dokumentiert ist. Die Nebelfahrt nach der Beobachtung hat die Eindrücke verwischt, weil sie sehr viel Aufmerksamkeit und Konzentration verlangte. Alles nochmals aufarbeiten für den Bericht, damit durchlebt man quasi nochmals die Beobachtung, und so manches Bild, das man im Okular gesehen hat, taucht im Geist wieder auf. Es war ein tolle Nacht, die Lust auf mehr macht, vor allem mit diesem C11.
Howdii