Windige Sommernacht

10. 7. 2015, Mistelbach

Manche Sommernacht ist draußen angenehmer als im Wohnraum. Den ganzen Tag hatte die Sonne vom blitzblauen Himmel geknallt. Ob die Nacht klar bleiben würde, war noch nicht ganz sicher. Von Norden her näherte sich ein breites Wolkenband und weiter im Westen war mehr an Nachschub auf den Satbildern zu sehen. Bei einem Spaziergang mit meiner Fellnase (Canis Maior) stellte ich fest, dass die im Norden sichtbaren Wolken nach Sonnenuntergang Auflösungstendenz zeigten. Also dann, der Mond wird zwar schon etwas lästig sein, dennoch, Ausrüstung ins Auto verfrachten und raus aus der Stadt. Weit weg wollte ich nicht, da bot sich der Berg östlich von Mistelbach an. Dort ist der Himmel schon deutlich besser als bei mir in der Einfahrt. Und man steht doch schon im Feld draußen, wo es auch kühler ist.

Als Teleskop hatte ich diesesmal den 102 mm f/7 Triplet APO gewählt. Als Montierung diente wie fast üblich die iOptron ieq45. Ich baute das Teleskop gegen Ende der Dämmerung auf, und musste somit nicht mehr so lange warten, bis ich mit der Beobachtung beginnen konnte. Es war etwas windig, daher hatte ich mein Auto schon strategisch positioniert, um hinter der geöffneten Heckklappe Deckung vor dem Wind zu finden. So war es jedenfalls auszuhalten. Warm war es, aber der leichte Wind ließ mich dennoch bald zu einem dünnen Pullover greifen.

Eine Dreiviertelstunde etwa musste ich die Nacht mit dem Mond teilen, dann war es so dunkel wie es dort oben auf dem Berg halt werden kann. Zumindest fällt das Licht der Stadt mit dem von Wien zusammen, ist quasi schon egal. Im Laufe meiner Beobachtung bildeten sich über der Stadt fallweise Wolken, von Nordwest bis Nordost gab es Wolken am Horizont, die fallweise auch etwas höher stiegen. Der Zenitraum und der Südosthimmel, wo ich meine Ziele hatte, blieb wolkenfrei. Die Milchstraße war im Zenitraum durchaus fein zu sehen, klar ist dort oben der Himmel am besten. 5.5 mag werden es gewesen sein.

Wenn ich nichts besonderes vor habe, ist es für mich ein nettes Spielchen, die Liste, die vorher mit einer größeren Tüte abgespechtelt wurde, nochmals mit einem kleinen Instrument anzugehen. Was geht da und was nicht? Solche Experimente schärfen die Sinne...

Der 102 mm f/7 APO. Nicht das beste Bild. Vom Retourfahrscheinwerfer meines Autos beleuchtet, mit meinem alten Mobiltelefon geknipst...


Start war also am Nordhimmel mit Lalande 21185. Mhm, ein kleiner Vierzöller liefert halt nicht so üppig Licht. Ich musste schon ein bissl genauer aufpassen, ob ich eine rötliche Farbe entdecken kann. Aber immer wieder erschien dieser Stern etwas rötlich, letztlich kein Zweifel (71x).

Nochmals schwieriger war es mit der Farbwahrnehmung an Campbell's Hydrogen Star (PK64+5.1). Wiederum bei 71x, fiel nach eingehendem Mustern des Feldes der Verdacht auf das "Sterndl" eh in der Mitte des Okularfeldes. Fein getroffen vom Goto System. Mit H-Beta Filter geblinkt erhärtete sich meine Vermutung. Ich griff nun zur 2x Barlow und meinem 6mm Abbe Okular, damit ergibt sich 238-fache Vergrößerung. Und siehe da, nicht schlecht was ich rausholen konnte: Ein feines Sternchen mit Nebelhülle!

Kugelsternhaufen NGC 6760: Bei 71x konnte ich dieses Objekt als runden Nebelfleck erkennen, eine Helligkeitskonzentration zur Mitte angedeutet. Bei höherer Vergrößerung sah ich wohl nur mehr das hellere Zentrum. Einzelsterne konnte ich nicht erkennen. Sicher, es gibt Standorte mit einem besseren Himmel. Unter Umständen könnte man die hellsten Sterne dieses Haufens auch mit einem Vierzöller erreichen, bevorzugt mit einem nahezu farbreinen Zweilinser.

NGC 6749 ist ja eine ganz harte Nuss. Ich observierte das Feld bei 71x und konnte nach einiger Zeit die Stelle finden. Auch die paar schwachen Sterne in der unmittelbaren Umgebung konnte ich ausnehmen. Und einmal, goldrichtig erwischt, war da ganz vage ein Hauch von einem Nebelfleck. Wenn ich es nicht wüsste, dass dieses Objekt dort ist, die Suppe wär' mir zu dünn gewesen. Das war schon so richtig am Limit für diesen Vierzöller und den gegebenen Himmel. Unter besseren Bedingungen sollte dieser Kugelhaufen zumindest sicherer als Nebelfleck erkennbar sein.

NGC 6790 hat sich ja mit dem VMC schon als recht leichte Beute erwiesen. So war es auch für den Vierzöller. Bei 238x dann dieses kleine Knöderl, und gutes Ansprechen auf [O III] Filter.

NGC 6804 war bei 71x ohne Filter schon zu erahnen, mit UHC besser, mit [O III] gut zu erkennen.

NGC 6772 war ohne Filter eigentlich nicht zu sehen (71x), blieb selbst mit UHC etwas vage, aber mit [O III] dann kein Zweifel.

NGC 6781 bin ich letztlich gleich bei 71x mit dem [O III] Filter angegangen. Es zeigte sich ein Scheibchen, auf einer Seite heller, auf der anderen schwächer, und auf der helleren Seite andeutungsweise ein hellerer Rand.

M27 war auch im Vierzoll APO ein nettes Objekt, ich spielte auch hier bei 71x und sogar 119x mit UHC und [O III] Filter. Ohne Filter waren etliche Sternchen im Nebel zu entdecken, der Zentralstern sowieso. Aber so feine Sternchen, eine Freude dies zu sehen!

M57, den Ringnebel in der Leier, ging ich mit UHC Filter bis zu 238x an. Nicht übel, muss ich sagen. Bei dieser Vergrößerung war der Himmel im Okular aber schon so dunkel, dass man die Okular Feldgrenze gar nicht mehr sehen konnte. Da war natürlich mit dranbleiben am Okular noch etliches an Dunkeladaption zu holen. Erstaunlich hell war der Ringebel auf diese Weise dann zu sehen, mit gutem Kontrast, sogar der 13 mag Stern ist durch den UHC Filter durch gekommen.

Wenn man allerdings den Kugelhaufen M15 mit UHC Filter beobachtet, dann sollte man aufhören... Ich habe mich schon gewundert, dass das nicht mehr hergibt, bis ich bemerkte, da ist noch der Filter unten am Okular eingeschraubt... Kaum behoben, war es wieder so wie es sein soll, ein genussvoller Anblick.

Der 102 mm f/7 Triplet APO hat ja eine superfeine Abbildung, und Vierzöller leisten weit mehr als man ihnen zutrauen würde - die kurze Brennweite ist ein kleines Manko für den visuellen Beobachter. Sehr schnell ist man bei dem Okular mit der kürzesten Brennweite, und das reicht vielfach nicht. Gerade Teleskope mit kleiner Öffnung muss man häufig in hohe Vergrößerungen bringen, ja, bei der Deepsky Beobachtung. Wenigstens ist bei diesem Exemplar die Optik so scharf, dass es diese Vergrößerungsbereiche locker packt. Ganz ehrlich, der angenehmste Brennweitenbereich bei Teleskopen für die visuelle Beobachtung liegt etwa zwischen 900 und 1200 mm. Was man mit kurzen Brennweiten natürlich gut kann: weite Himmelsfelder einsehen. Für die großflächigen Gasnebel wär's das, nur leider ist der Himmel kaum noch wo so gut, dass man diese auch sinnvoll beobachten könnte.

Howdii