So manche Leser meiner Berichte werden sich denken: "Was der Howdii da immer sieht?" Oder: "en Haudi seine Augn und en Rothschüd sei Göd", oder ähnlich. Ich muss einmal mit divsersen Mythen aufräumen und Klartext reden, wie sich so Extrembeobachtungen gestalten, wie sich das anfühlt, und natürlich das ansprechen, was mich umtreibt: die Frage nach dem Limit. Generell sind stellare Grenzgrößen eine andere Sache als die Grenze für flächige Objekte. Bei ersteren kann man sich gewiss härter an ein Limit herantasten, bei letzteren ist die Sache weniger klar. Da kommt es stark auf die Ausdehnung des Objekts an, die Flächenhelligkeit, und die Art der Strahlungsquelle, ob ein kontunierliches Spektrum vorliegt oder ein Emissionslinienspektrum. Auf den Punkt gebracht: bei Galaxien ist man ein armer Hund, da gibt es keine Tricks, bei Emissionsnebel hingegen helfen div. Nebelfilter, die Grenze mehr oder weniger weit hinaus zu schieben.
Bleiben wir also bei der stellaren Grenzgröße im Teleskop. Mit den üblichen Formeln, wie sie in div. Einsteigerbücher zu finden sind, kommt man der Sache nicht näher. Zumindest nicht so, wie es dort erklärt wird. Schauen wir uns das einmal näher an. Man berechne erst die Lichtstärke L des Teleskops, daraus den Zugewinn im Teleskop Δm und addieren ihn zur freisichtigen Grenzgröße mF. Hier die Formeln:
Lichtstärke
L = (D2 * k) / d2
...... k
ist ein Faktor für Transmissionsverluste, beim Refraktor 1, D
ist die Öffnung des Teleskops in mm, d ist
der Durchmesser der Augenpupille in mm
Zugewinn im Teleskop
Δm = 2,5 * log L
Grenzgröße im Teleskop mG
= mF
+
Δm
Beispiel
1 - Rechnen wir für einen 102 mm Refraktor und einen Beobachter
mit 7 mm
Augenpupille (das wird als "Standard" angenommen):
L = 1022
/ 72
= 212. Soweit so gut. Nun den Zugewinn: Δm
= 2,5 * log
212 = 5,82.
Gehen wir von einer freisichtigen
Grenzgröße von 6 mag aus, dann erhalten wir als
teleskopische Grenzgröße 11,82 mag.
Beispiel 2:- Rechnen
wir noch einmal, für den 102 mm Refaktor und eine Beobachter
mit 5 mm Augenpupille:
L = 1022 /
52
= 416 und weiter: Δm = 2,5
* log 416 = 6,55.
Bei 6 mag freisichtig hätten wir im
Teleskop dann
12,55 mag.
Häh? Da passt was nicht. Mit kleinerer Augenpupille würden man schwächere Sterne sehen können? Wenn man höher vergrößert, kann man schwächere Sterne sehen, was mit einer kleineren Austrittspupille einhergeht. Hier liegt offenbar ein Fehler in der Angabe der Parameter vor: nicht der Durchmesser der Augenpupille des Beobachters ist bei der Berechnung von L einzusetze, sondern die Austrittspupille, die aus einer bestimmten Vergrößerung resultiert - so ergibt die Formel auf einmal doch Sinn. Nehmen wir nun die "förderliche Vergrößerung" bei 0.8 mm Austrittspupille an. Rechnen wir den 102 mm Refraktor nochmals durch:
L = 1022 / 0,82 = 16256 und weiter: 2,5 * log 16256 = 10,5
Das schaut gleich ganz anders aus. Bei 6 mag freisichtig hätten wir dann im Teleskop 16,5 mag. Huh? Das ist abenteuerlich hoch. Die Bäume wachsen nicht in den Himmel.
Nun ja, diese Formeln greifen einfach zu kurz. Setzt man die "Standardwerte" ein, mit 7 mm Pupille, gilt das, was raus kommt., höchstens für komplett unerfahrenen Beobachter. Mir ist halt aufgefallen, dass ich viel schwächere Sterne beobachten kann, als nach diesen Formeln "erlaubt" wäre. Da beginnt man zu zweifeln. Speziell im Zuge der Vorbereitungen zu meinem Vortrag "Astronomische Beobachtungspraxis: Grundlagen der visuellen Beobachtung" habe ich mich tiefer in die Materie eingearbeitet. Und natürlich viel im Web recherchiert. Neben dem Buch "Visual Astronomy of the Deep Sky" von Roger N. Clark habe ich div. Artikel von Herrschaften wie Bradley E. Schaefer, Nils Olof Carlin, Mel Bartels, Brian Skiff, etc. (ohne Ranking, wie sie mir grad einfallen) gefilzt. Speziell bei Schaefer (wissenschaftlicher Artikel: "Telescopic Limiting Magnitudes") geht es um eine anspruchsvollere Erfassung der Umstände in einer Formel, andere haben diese Resultate diskutiert und um ihre Erkenntnisse erweitert.
Also zur Sache. Wenn es um die erreichbare Sterngrenzgröße im Teleskop geht, spielen viele Faktoren mit. Angefangen bei der Himmelsqualität, also Transparenz und Seeing, und wie dunkel der Himmel ist. Dann weiter mit Zenitdistanz, da spielt also die Extinktion rein, der Stern Eigenfarbe, der Transmissionsverlusten im Teleskop und Okular (inkl. Coating und Verschmutzung), der Vergrößerung, der Qualität der Optik, bis zu Umgebungshelligkeit, Dunkeladaption des Auges, das Auge und die Erfahrung des Beobachters, Tagesverfassung und aktuelle Befindlichkeit des Beobachters (persönliche Faktoren). Es gibt noch weitere Nebenfaktoren, von der Stabilität der Montierung und des Fokussierer, wie gut der perfekte Fokus zu treffen ist, bis hin zu: wo ist dieser schwächste erreichbare Stern in Relation zu anderen Sternen im Okularfeld. Gibt es sehr helle daneben, die "blenden", befindet sich dieser Stern im "Nirgendwo", oder hat das Auge etwas zum "Anhalten" - man muß ja auch die Position des Sterns erst mal fest machen können, bevor man daran geht, den Stern sehen zu wollen. Es sind Faktoren, die man nicht mehr wirklich mathematisch fassen kann. Demnach, wenn man die Schaefer'sche Formel mit Beobachtungsergebnissen von vielen Beobachtern vergleicht (siehe Artikel), kommt es zu einer Häufung mit doch relativ weiter Streuung der Ergebnisse. Fragt sich natürlich auch, ob die Beobachter alle ihren Erfahrungslevel richtig eingeschätzt haben, und vor allem wie erschöpfend die Suche nach dem schwächsten im Teleskop sichtbaren Stern war. So ganz kommt man dem Ding mit reinen Berechnungen sowieso nicht bei.
Bei meinen damaligen Rechechen bin ich (man erschlage mich nicht, ich weiß nicht mehr genau wo, auch nicht wer der Autor ist, die Web Links von damals sind leider alle "tot") auf eine Tabelle mit Wahrscheinlichkeitsangaben für die teleskopische Grenzgröße gekommen, wo dieses Thema von dieser Seite her angegangen wird. Was ich wesentlich zutreffender finde. Es geht genau darum: Je mehr ich mich der Grenze annhähere, desto schwieriger wird es, dieses Beobachtungsergebnis einzufahren. Nachfolgend ein Auszug aus dieser Tabelle, der speziell für mich einmal interessant ist.
In der oberen Spalte der Tabelle die Wahrscheinlichkeit der Wahrnehmung in Prozent, darunter die Angabe in Magnituden. Es geht um die Wahrnehmung von Sternen in einem 4" Teleskop, idealerweise wird es ein Refraktor sein..
98% | 90% | 50% | 20% | 10% | 5% | 2% |
12.7 | 13.2 | 13.7 | 14.2 | 14.7 | 15.4 | 16.2 |
100% sind in dieser Tabelle nicht angeführt, die liegen wohl knapp unter 12 mag. Ah ja, das passt ganz gut mit obiger Formel in Standardberechnung mit 7 mm Pupille... Die 5% mit 15,4 mag sind für mich eher leichte Beute, ausreichend guten Himmel vorausgesetzt. Die 2% mit 16,2 mag habe ich noch nicht, aber ich bin nahe dran, und das war sicher noch nicht das Ende der Fahnenstange, so meine Einschätzung. Das Limit ist in der obigen Tabelle leider auch nicht abzusehen. Egal wie, die Werte für diese Tabelle sind auch irgendwie kompiliert. Mich treibt sehr wohl die Frage: Wo is' aus? Dem gehe ich nach, was meine Möglickheiten erlauben. Dazu verwende ich einen 102/1100 Refraktor, Zweilinser, und meine Sterne, an denen ich mich reiben will, sollten halt eher weiß sein (es geht jedoch immer um die V-Helligkeit), und möglichst im Zenitraum. Den Beobachtungort kann ich wählen, auf die Bedingungen die ich dort antreffe bin ich angewiesen, muß nehmen was sich bietet. Daher geht nix mit Ansage. Es spielt ja auch die persönliche Form mit. Nicht jeden Tag ist man gleich drauf, auch die Augen sind manchmal schon genug belastet, dann gehr schon weniger weiter. Die Befindlichkeit und die Umstände bei der Beobachtung kommen ja dazu. Alles rund? Das wäre die Grundvoraussetzung für die Jagd nach dem Limit. Was hinderlich wäre: Müdigkeit, Hunger, Durst, Kälte, Wind, Feuchtigkeit, wo das Okular leicht beschlägt, Schwüle, Gelsen... Was absolut tabu ist: Alkohol und Nikotin.
Gehen wir die Sache mal nach Clark an. Ich greife da einen Aspekt heraus, den Unterschied zwischen "photopic" und "scopotic vision". Ersteres betrifft das Sehen bei Tageslicht, wenn die Zäpfchen arbeiten. Letzteres das Nachtsehen, wenn die Stäbchen arbeiten. Zäpfchen, Stäbchen - gemeint sind die Rezeptoren der Netzhaut. Photopic liegt die maximale Empfindlichkeit bei etwa 550 nm, scotopic bei 500 nm, also zum Blauen hin verschoben. Ein Hinweis, dass wir bei indirektem Sehen mit weißen bis blauweißen Sternen besser dran sind als mit gelblichen oder rötlichen. Der Unterschied in der Empfindlichkeit zwischen Zäpfchen und Stäbchen ist krass. Ganze 4 mag sind die Stäbchen empfindlicher. Also das heißt im Klartext: Mit indirektem Sehen haben wir einen "Boost" von 4 mag, den es auszuschöpfen gilt! Und ist es natürlich wieder so, dass es, wenn es an die Grenze geht, schwieriger wird.
Nach der obigen Tabelle und Clark kann man sicher davon ausgehen, dass die Sterngrenzgröße in einem Vierzöller jenseits von 16 mag liegt. Mit den einfachen Formeln (siehe oben) kommt man ja mit Standard Werten auf knapp 12 mag. Gibt man 4 mag dazu, kommt man schon auch in die Gegend von 16 mag. Damit erhärten sich die Verdachtsmomente, dass das Limit wirklich so weit draußen liegt. Ja, weit abseits von allgemeinen Vorstellungen von der Leistungsfähigkeit eines Vierzöllers allemal.
Warum nehme ich für die Jagd, nach der stellaren Grenze - ist natürlich, wenn schon, meine individuelle Grenze - nur einen Vierzöller? Leicht erklärt: der Vierzoll Refraktor hat mehrfach vergütete Linsen, nur zwei davon, also sehr geringe Transmissionsverluste. Die lange Taukappe dieses Refraktors ist ein kleines Steinchen im Mosaik, der Fokussierer mit Feintrieb auch, genauso wie die scharfe Optik. Als Okulare stehen mir dazu drei- bis fünflinsige (monozentrische, Ortho, Superplössl) zur Verfügung. Also ich kann auch auf diesem Gebiet die Transmissionsverluste auf ein Minimum reduzieren. Am Ende gibt es eine ganz handfeste Erklärung, warum es ein Fernrohr mit bescheidener Öffnung ist: Die Grenze liegt irgendwo, wie gesagt, jenseits von 16 mag - mir gehen schlicht die gut vermessenen Sternhelligkeiten aus. Da muß ich vielleicht auch selbst ran... Schon knapp jenseits von 16 mag wird die Luft auch in dieser Weise dünn. Die Grenze muss zwingendermaßen unscharf bleiben. Einen Stern, den ich mal bei einer Beobachtung nicht depackt habe, kann ich u.U. an einem anderen Beobachtungsort in einer besseren Nacht noch erwischen. Das sind dann die letzten Prozent der Wahrscheinlichkeit. Insgesamt wird diese Jagd nach der Grenze ein langwieriges Unterfangen sein, das ahne ich schon. Ich werde aber mal versuchen, gezielter rein zu stechen, wo ich die Grenze vermute. Das ist halt eine noch frechere Ansage, wenn man gleich mit Sternen von sagen wir 16,4 mag anfängt. Geht halt, oder nicht, und wenn, vielleicht in einer anderen Nacht oder auch nicht. Die Leiter einen Sprissl runter, neuer Versuch, und so weiter. Sieht man den Stern doch, na dann die Leiter eine Sprissl rauf und neuer Versuch Eine Liste von Sternen mit Helligkeiten jenseits der 16 mag ist gefragt. Am ehesten für den Sommer, Milchstraße, da sollte es schwache Sterne genug geben. Genau dort wo man die Grenze vermutet, wird man halt mehr und mehr herumbohren, und ich hoffe das Limit so einigermaßen fest machen zu können. Und dann? Fertig? Beobachterpension? Nein, sicher nicht, dann kann ich halt wieder etwas anderes Verrücktes angehen ;-)
So nun noch was für diejenigen, die mir meine Augen "neidig" sind: Wer will schon ein gebrauchtes Auge, Baujahr 62, bereits mit grauem Star behaftet? Der Wunsch nach dem Geld vom Rothschild ist eher nachzuvollziehen, oder ;-) Mit dem Auge allein ist es nicht getan. Es geht darum, das Teleskop so zu verwenden, um dem Auge das Beobachtungsobjekt möglichst gut zu "servieren". Also die Wahl der richtigen Vergrößerung ist entscheidend, genauso wie ein fein gestuftes Okularset. Und nicht zu vergessen: Das Training, die Erfahrung, die Routine - da ist nicht das Auge allein beteiligt, vielmehr der ganze visuelle Wahrnehmungsapparat inklusive "Prozessor".
Bleiben wir kurz noch bei der Vergrößerung. Die förderliche Vergrößerung liegt bei 0.8 mm bis 0.7 mm Austrittspupille. Das ist jener Bereich, wo die Beugungsscheibchen von Sternen gerade noch nicht sichtbar werden. Geht man darüber hinaus, sieht man keine "Punktquelle" mehr, sondern das Beugungscheibchen, das vom Seeing noch etwas "verrührt" werden kann, und schon ist es ein flächiges Objekt für das Auge. Damit geht dann ein Verlust an Wahrnehmung einher, wenn man auf der Jagd nach der stellaren Grenzgröße ist. Man muß dem entgegenhalten, dass das Auge beim indirekten Sehen ein geringeres Auflösungsvermögen hat, und die Suppe nicht ganz so heiß gegessen wird wie sie angerichtet zu sein scheint. Jedenfalls man muß aufpassen. Sobald man Sterne indirekt nicht mehr als Punkte wahrnimmt, ist die Vergrößerung zu hoch.
Die Vergrößerung bringt natürlich einen dunkleren Himmel im Okular, viel dunkler als der Himmel mit freiem Auge erscheint. Man muß am Okular dran bleiben, über mehrere Minuten. Man kann noch an Dunkeladaption zulegen. Auch das ist ein Faktor wo noch etwas zu holen ist.
Und freilich stellt sich auch die Frage: was ist "gesehen"? Da reden einige davon, etwas direkt sehen zu können. Na bitte, so wird man nie an die Grenzen der visuellen Wahrnehmung kommen. Andere wollen es indirekt "halten" können. Das ist noch im "Komfortbereich" nach meinen Gesichtspunkten. Wenigstens für Sekunden indirekt "halten" können? Hier wird die Luft schon dünner, aber vom Extrembereich sind wir noch weit weg. Bei mir geht's oft um Bruchteile von Sekunden, wo ich grad, während ich mit indirektem Blick das Feld um die betreffende Position des Objekts "scanne", mal mit der optimalen Stelle der Netzhaut drauf treffe. Das sind Momente wo man oft am Ende verblüfft ist, wie hart das "Objekt der Begierde" raussticht. Einmal, zweimal dreimal? Wenn geht, will ich diesen Bruchteil von Sekunde mehrfach erleben, um sicher zu gehen, nicht einem "Beobachtungsartefakt" aufzusitzen. Je mehr es ans Eingemachte geht, desto schwieriger wird es auch, das "gesehen haben wollen" und "gesehen haben" auseinander zu halten. Man muss mit sich selbst im Reinen sein, und braucht viel Erfahrung, um die Dinge, die einen "linken" könnten, auszusortieren. Es braucht Abgeklärtheit. Man muß mit einem "nicht gesehen" genauso leben können. Wo man einfach sagt, das war zu vage, zu unsicher. Speziell bei flächigen Objekten gibt es Fälle wo ich vor mich hin murmle: "ist da was, ist da nix, oja, da ist was, ne, oder doch", usw. Dann ist die Suppe sozusagen sehr dünn. Das ist just eine Sache am Limit der jeweiligen Umstände. Es geht wirklich um viel Erfahrung und Routine. Ich brauche auch oft bei Objekten nur einen Bruchteil von einer Sekunde, um etwas zu sehen, wo andere dran rumkiefeln, um es letztlich doch zu erwischen. Auch bei durchaus ausreichendem Licht, sagen wir Planetenbeobachtung. Da kommt das "geschulte" Auge zum Tragen. Manchmal ist etwas vage, aber man kann es hintennach durch Recherche bestätigen. Dann war es wohl kein Hirngespinst, speziell wenn der Geist zur Zeit der Beobachtung "Bias frei" war. Oder bestätigt eine Nachbeobachtung mit einem größeren Teleskop die Vermutung. So war es oft. Also im Grenzbereich ist es wohl, nur muss man versuchen, wenigstens im Nachhinein die Beobachtung zu bestätigen oder sie eben verwerfen. Die "ist-da-was, ist-da-nix" Geschichten hatten sich bei mir letztlich fast durchwegs als "doch" erwiesen. Es ist dies wohl auch ein Zeichen der Reife als Beobachter, dass man sich nichts vom eigenen Wahrnehmungsapparat vorgaukeln lässt. Man kennt die Spielchen schon... Übrigens, auch mangelnde Vorbereitung wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Mißerfolg führen. Nicht gefunden ist genauso nicht gesehen - kann in besten Häusern vorkommen.
An dieser Stelle möchte ich noch zu dem Thema Sterngrenzgröße "gesehen" etwas ergänzen. Es ist eine vollkommen andere Sache, wenn man weiß, hier an dieser Stelle ist ein schwacher Stern, den man sich "holt", oder man beobachtet irgend ein Sternfeld am Himmel, ohne zu wissen, was an Sternen dem schnellen Blick "verborgen" bleibt. Wie weit geht es da? Deutlich weniger weit. Bis 13 mag wird man in einem Vierzoll Refraktor bald mal kommen. Da und dort wird der indirekte Blick ein schwächeres Sterndl oder auch mehrere "aufspießen": Nach meiner Einschätzung würde ich so schon bis etwa 15 mag vorstoßen können. Wenn es tiefer gehen sollte, ist es mehr oder minder Glückssache, dass man just einen so und so schwachen Stern beiläufig gefunden hat. So wie die Fotografie alles, was in dem Feld liegt, abbildet, kann das Auge ja nicht arbeiten. Man kann das Feld mehr oder weniger genau mit dem Auge "scannen", irgendwas wird einem dabei durch die Lappen gehen. Ist auch eine Frage der Zeit, die man dafür aufwendet. Speziell die ganz schwachen Sterne, wo es wirklich ans Eingemachte geht, wird man so kaum je erwischen. Dort wo man letztlich mit der Sterngrenzgröße landen wird, ist für einen Extrembeobachter, der sich an bekannten Zielen "reibt", noch eher im "Komfortbereich". Man könnte auch sagen: 2.5 oder etwas mehr von den 4 auszuschöpfenden Größenklassen des indirekten Sehens wird man etwa erreichen können. Das ist auch der Bereich, wo durchaus engagierte Beobachter normalerweise hin kommen. Das letzte aus dem Teleskop und der visuellen Wahrnehmung rausquetschen, ist Sache für ein paar wenige Spezialisten.
Was es so auf sich hat mit der Extrembeobachtung im "grenznahen" Bereich - diese Ergebnisse fallen mir ja nicht in den Schoß. Auf Ansage geht sowieso nix. Es muss einfach passieren. Also ohne Druck. Es ist eine langwierige Sache. Da geht viel Zeit drauf, an einem Objekt herumzubohren. Oft ist fast die ganze Beobachtungssession damit ausgefüllt. Und es braucht Konzentration, eine irre auch noch. Wenn ich so hoch fokussiert auf meine Arbeit am Okular bin, kann es schon vorkommen, dass die Welt rundherum versinkt. Es ist nicht wirklich Trance, es sind tranceähnliche Zustände. Irgendwie "abwesend" bin ich da schon. Wenn am Ende die "harte Nuß" geknackt ist, endet dieser Zustand, schlagartig. Da klatschten die geringen Geräusch der Nacht an meine Ohren wie ein irrer Lärm, wenn ich mit dem Auge vom Okular weg gehe und den Blick zum Himmel richte, schaut dieser auf einmal grauslich hell aus - kein Wunder, wenn ich vorher vielleicht eine Stunde lang quasi ins "Schlüsselloch zur Hölle" geschaut habe. So einen "Landung" ist hart. Nicht wirklich schön. In dem Moment bleib ich auch besser sitzen oder an Ort und Stelle stehen, bis ich wirklich wieder "angekommen" bin. Sonst ist die Sturzgefahr hoch, es bestehen nämlich in dem Augenblick der "Landung" Gleichgewichts- und Orientierungsprobleme. Also ja, es ist eine intensive Sache. Bin aber "Profi" genug, dass ich dann alles abscchüttel, und mich meiner Liste zuwende, um das nächste Objekt anzugehen. Alle sind ja nicht so am Limit, ich schau auch mal etwas weniger Forderndes an, zur Erholung, quasi. Und nochwas: mit dem Frust eines Mißerfolges sollte man eine Beobachtung nie beenden. Ein paar schöne Anblicke im Okular sind Balsam für die solchermaßen "geschundene" Seele.
Diese intensive Erfahrung einer Beobachtung im Extrembereich bleibt nicht ohne Wirkung. So cool bin ich auch wieder nicht, dass mich das nicht ankratzen würde. Es werden Endorphine ausgeschüttet, der Schlafmangel tut seines am nächsten Tag dazu. Ich renn dann irgendwie "ferngesteuert" herum, noch "Sterne in den Augen", und sowas wie "high". Dass die Extrembeobachtung auf diese Weise zur "Droge" wird, ist klar. Es ist gewissermaßen ein "Extremsport", und genauso wie sich Extremsportler immer wieder quälen, um dieses Gefühl auszukosten, so treibt es mich als Beobachter, immer wieder an die Grenzen der Wahrnehmung zu gehen. Diese "Spezialobjekte" sind auch keine Sachen zum "Herzeigen". Nur wenige Beobachter können so einem Tun folgen. Es ist eine elitäre Sache, ganz klar. Aber stolz drauf? Nein, wozu. Ich mach das für mich. Nicht um irgendwem etwas zu beweisen. Warum schreibe ich dann Berichte? Ist ein bissl lockerer als einfach ein Logbuch zu schreiben. Und ich finde meine Berichte mit Google schneller als ich sie so auf mystarrynights.at finden könnte, oder auf meinem PC. Und vielleicht sind meine Berichte für sonst wen ja auch noch interessant.
Wie wird man zum Extrembeobachter? Als solcher wird man ja nicht geboren, und man startet auch nicht in die Astronomie mit diesem Ansinnen. Im Gegenteil, zu diesem Zeitpunkt hat man keine Ahnung davon. Es kommt mit der Tatsache, dass man sich als Beobachter langsam entwickelt, und an immer schwierigeren Objekten versucht. Speziell abseits der ausgetretenen Pfade werden die Quellen, die man konsultieren könnte, auch schütterer. Man ist zusehends mehr und mehr auf sich allein gestellt. Und hat bemerkt, dass man sich längst jenseits von den in der allgemeinen Literatur beschriebenen Grenzen aufhält. Diese von Menschen gezogene Grenzen muss man im Kopf einmal überwinden. Wenn man auf diese Art und Weise "Blut geleckt" hat, ist schon der Weg vorgezeichnet. Oder ist es doch viel einfacher, in meinem Fall? Dadurch, dass ich Teleskope in unterschiedlicher Größe habe, und Zeit für Vorbereitung manchmal knapp war, habe ich mir immer Listen für eine ganze Jahreszeit vorab kompiliert, wo eben für alle meine Teleskope Objekte drauf waren. Man steht dann mit dem kleinsten Röhrl draußen und arbeitet diese dafür gedachten Objekte ab. Schön. Nach einem Monat ist man wieder draußen, mit dieser Liste, hat aber vergessen, dass die schönsten Destinationen schon alle abgegrast sind. Dann bleibt keine Wahl, als sich an die etwas herberen Objekte für das nächst größere Teleskop heranzumachen. Sind diese auch erledigt, gibt es ein Aha-Erlebnis. Und wieder einen Monat später, wo die Objekte für den größten Topf auf der Liste verblieben sind, man aber wieder mit dem kleinsten draußen ist, das kann man schon irgendwie Blödheit nennen. Aber nicht faul, bin ich immer wieder mit meinem 5.7" f/6 MN auf die Objekte für den 18" Dob los gegangen, und habe etliche davon auch noch erledigt. Ist es also einfach meine eigene Blödheit, die mich zum Extrembeobachter gemacht hat? Die Wahrheit liegt wahrscheilich irgendwo in der Mitte. Irgend einen "Klemsch" muss man wohl haben, wie sonnst könnt man sich so in etwas verrennen. Auf der anderen Seite: Wenn alle "normal" wären, die Welt wäre fad und farblos.
Howdii
Anmerkung 2018: Einen 16 mag Stern habe ich im 102/1100 Reraktor definitiv geknackt. Siehe hier. Und mein Gefühl sagt mir: "do is' no ned aus". Ich werde dieses Thema weiter verfolgen.