Ein paar klare Nächte die sich in den letzten Tagen geboten hätten, habe ich aus irgendwelchen Gründen sausen lassen. Wir wohl doch am ehesten der Mond gewesen sein, der mich davon abhielt, raus zu gehen. Jetzt, bevor sich eine trübe und feuchte Wetterphase zur Neumondzeit ankündigte, befiel mich so etwas wie Torschluss Panik. Obwohl ein dunstiger Himmel absehbar war, und von Westen Wolken hereinrücken würden, beschloss ich raus zu fahren. Nicht weit, nur auf die Felder östlich von Niederleis, auch nicht um besondere Nüsschen zu knacken, sondern einfach so ein bisserl zu beobachten - die Seele dürstete nach Sternenlicht...
Auf dem Weg gabelte ich Andi Berthold auf. Zu zweit ist es irgendwie lustiger, auch der Aufbau und Abbau des Teleskops geht flotter, wenn Hand in Hand gearbeitet wird. Und man kann die schönen Momente teilen. Muss nicht immer gleich auf Social Media sein, es reicht, den Platz am Okular einem Mitbeobachter zu überlassen.
Wir kamen in der späten Dämmerung am Beobachtungsplatz an. Während wir das Teleskop aufbauten, wurden nach und nach immer mehr Sterne sichtbar. Ein gewisser Horizontdunst war freilich vorhanden, die Milchstraße im Zenitraum war jedoch durchaus gut stukturiert zu sehen. 5.5 mag kann man diesem Himmel speziell im Zenitraum schon zugestehen. Den leichten Windhauch aus West spürten wir nicht, wir standen in Deckung des Autos. Der Lufstrom brachte uns jedoch auch einige Duftproben, womit in Niederleis geheizt wird. Es war mild, und nicht sehr feucht. Fernrohr und Optiken blieben trocken, keine Probleme mit anlaufenden Okularen. Fallweise ein Wolkenstreifen im Südwesten, wirklich gestört hat uns das nicht. Gegen Ende der Beobachtung wurde es merklich kühler und etwas feuchter. Der Dunst stieg höher, und irgendwann kamen von Westen die Wolken, auch nur Schleier, aber massiver. Dunst hin oder her, das Seeing war dafür gut.
Als Teleskop hätte ich irgendwas nehmen können, meine Wahl fiel aber auf den Astro Professional 152/900 Refraktor. Der ist wieder bei mir gelandet, und bevor ich ihn weitergebe, möchte ich gern noch was sehen damit. Ich wusste ja dass die Optik fein ist, hatte sie ja schon im Test. Doch eine richtige Beobachtung damit war damals nicht drinnen. Also ging dieser Ausflug schon in die Richtung Genießen. Als Montierung diente meine iOptron ieq45.
Der 152/900 Astro Professional Refraktor auf meiner iOptron ieq45, anlässlich eines Tests bei mir daheim
Nach dem Alignment war das Teleskop auf Altair gerichtet. Unser erstes Objekt war M71. Bei 40x im 22 mm Panoptic ein Nebelwölkchen, dass sich bei näherer Betrachtung, natürlich nur mit indirektem Blick, grießlig zeigte. Es war zu dieser Zeit noch nicht vollkommen dunkel. Bei 90x konnte man den Kugelhaufen natürlich locker in Einzelsterne auflösen, ein netter Anblick zum Einstieg.
M27 war unser nächstes Objekt. Bei 40x hübsch, mit vielen Umgebungssternen im Okular. Selbst bei dieser niedrigen Vergrößerung gelang es mir, den Zentralstern herauszupicken. Indirekt kamen die Ohren auch schon raus, ohne Nebelfilter. Aber wieüblich in kleineren Optiken bei nicht ganz optimalen Bedingungen, auf einer Seite deutlicher, auf der anderen Seite nur angedeutet.
Weiter ging es mit M11 und M56, beide bei 90x. M11 war damit wunderschön zu sehen. M56 war durchaus als Kugelhaufen erkennbar, indirekt aufgelöst, Sterne quer drüber.
Der Helix Nebel (NGC 7293) war ein weniger leichtes Objekt. Der Himmel dort war zwar für die hiesigen Verhältnisse weitgehend dunkel, aber das Objekt doch so tief, dass sich der Dunst deutlich bemerkbar machte. Erster Blick bei 40x ohne Nebelfilter. Gar nichts, einfach nichts auszumachen. Dann mit dem 27 mm Panoptic mit UHC Filter drauf, 33-fache Vergrößerung. Ah ja, eh im Feld, fast mittig. So geht es. Dann nochmals ohne Nebelfilter bei 40x. Ist da wirklich nichts zu erkennen? Nun, die Stelle im Okularfeld war ja jetzt klar, aber so gut wie nichts. Wenn man es nicht weiß, wo genau man suchen soll, würde man da nie was finden. Der etwas hellere Teil war als Bogen äußerst schwach zu erkennen, besser: zu erahnen..
Weiter mit NGC 6781, einem Planetarischen Nebel im Adler. Auch dieses Objekt stand in einer dunkleren Himmelsregion, nicht gerade in der unmittelbaren Wiener Lichtglocke. Bei 40x war da bereits etwas zu entdecken. Einen besseren Anblick gab es bei 90x, nun war klar ein Scheibchen auszunehmen.
Auf Andis Wunsch nahmen wir uns NGC 7027 vor. Ja, den kenne ich eigentlich. Klein, hell, bei niedriger Vergrößerung etwas länglich. Geht man mit ordentlich Power drauf, bei uns war es erst 150x, erkennt man schon eine Acht als Figur. Bei 240x war es noch deutlicher, ein etwas größerer Teil und ein etwas kleinerer schwächerer Teil mit einer Einschnürung in der Mitte. So habe ich dieses Objekt aus früheren Beobachtungen mit kleineren Teleskopen auch in Erinnerung.
Nun schnell noch in den Herkules, bevor die Kugelhaufen zu sehr in den Dunst absinken. M13 war wunderhübsch, wirklich beeindruckend. Mir ist da schon ein Ausruf des Entzückens entschlüpft! Beobachtet haben wir bei 120x. Auch M92 war bei dieser Vergrößerung ein faszinierender Anblick. Die Sicht war bei diesen Objekten doch noch nicht so stark vom Dunst beeinträchtigt.
Wieder zurück in den Zenitraum. M57, alter Bekannter, da schaut man doch gerne mal wieder vorbei. Bei 120x lugte ich ein wenig herum, und hatte bald einen 15.6 mag Stern erspäht, mehr so per Zufall über den gestreift, und auf diese Weise auch einen 15.8 mag Stern "aufgespießt". Na dann, da wär ich dabei mit einer Chance auf den M57 Zentralstern. Wirklichen Ehrgeiz den zu packen hatte ich nicht. Ich schielte halt so ein bissl die Gegend ab, und wollte grad zu Andi sagen, dass es jetzt eine längere Prozedur werden würde, auf den berühmten Moment zu passen, und ich eigentlich nicht vorhätte, dies zu tun, doch mitten im Satz unterbrach der "Detektor" mein Reden: Ups! Da war auf einmal der Zentralstern! Einfach so, überraschend, goldrichtig erwischt! Man schaut immer wieder und der Ring ist "leer", kein Stern drin. Auf einmal dann Zack, und es sieht "komplett" aus, mit Zentralstern. Immer wieder ein erhebender Moment!
Ein Blick zum Himmel mahnte, dass es langsam Zeit wäre ans Aufhören zu denken. Ein schönes "Betthupferl" musste noch sein: h + Χ Persei. Wunderschön, diese beiden Haufen im Feld bei 40x, und toll diesen nadelfeinen Sterne! Ein Hochgenuss!
Dieser Refraktor ist ein Achromat, aber kein ganz gewöhnlicher "Fraunhofer". Es ist ein neues Optikkonzept, das, wie sich bei meinem Vergleichstest herausstellte, keinen ärgeren Farbfehler als ein klassischer 152/1200 Achromat aufweist. Im Gegenteil, das kurzwellige Ende des Spektrums hat der 152/900 sogar etwas besser im Griff. Uns ist der Farbfehler jedoch so gut wie nicht über die Füße gelaufen. Alignmentstern Altair, exakt fokussiert, kein Farbfehler sichtbar bei 40x. Nur bei hoher Vergrößerung, wenn man ausreichend helle, dennoch schwache Sterne im Feld hat. offenbart sich ein schwacher Halo. Man muss aber schon kritisch sein, dass man diesen überhaupt sieht. Freilich, nimmt man einen sehr hellen Stern bei hoher Vergrößerung ins Visier, dann wird der Blauhalo deutlich sichtbar sein. Es ist und bleibt ein Achromat. Jedoch ist die Stärke der Achromaten ja die Deepsky Beobachtung, und dabei stört der Farbfehler kaum jemals.
Immerhin, Dunst hin oder her, einige nette Sachen gab es zu sehen. Es ist so in den Weinviertler Herbstnächten, man muss rechtzeitig anfangen, weil es zu späterer Stunde gern dunstiger wird oder gar zu Nebelbildung kommt. Das war auch in dieser Nacht so, nur noch zusätzlich garniert von hereinziehenden Schleierwolken. Der nächste Morgen brachte Bodennebel und später bedeckten Himmel.
Howdii