Der 18. März war im Weinviertel ein sonniger Tag mit wolkenlosem Himmel. Aber dunstig. Es war abzusehen, im Weinviertel würde es keinen tollen Sternenhimmel geben, das war auch in den teilweise klaren Nächten zuvor schon erkennbar. Bei mir daheim vor der Haustür konnte ich meist nur Sterne bis 3. oder gar nur 2. Größe erkennen. Draußen auf den Feldern gewinnt man schon eine Größenklasse, das ist aber dennoch dürftig. Also zog es mich in die Ferne. Wohin? Steyersberger Schwaig? Nein, die Wiener Südosttangente mit den aktuellen Baustellen wollte ich mir ersparen. Da steh' ich mehr als eine halbe Stunde im Stau und komme schon müde am Beobachtungsplatz an, und beim Heimfahren müsste ich nochmals durch. Ebenwaldhöhe? Kann man anders auch anfahren, aber heh, da komm' ich mehr oder weniger sowieso beim Hegerberg vorbei, warum nicht gleich dort. Spart einiges an Fahrtzeit und auch Wegstrecke. Gut, der Hegerberg ist mit ca. 600 Meter Seehöhe schon gegen die 1000 m hohe Ebenwaldhöhe etwas im Nachteil, aber dem Dunst entflieht man auf 1000 m auch nicht. Also, gesagt getan, auf geht's, zum Hegerberg. Noch vor Sonnenuntergang zog ich los. Gegen die tief stehende Sonne fahren mag ich gar nicht, wenn ich eine Deepsky Beobachtung vor habe. So gut es geht, habe ich mich hinter der Sonnenblende oder hinter vor mir fahrenden LKW versteckt. Die Fahrt verlief ansonsten ohne Probleme, die Diretissima geht halt im Wienerwald teilweise auf schmalen Nebenstraßen dahin, sowas mag ich ohnehin.
In der späteren Dämmerung kam ich am Beobachtungsplatz an. Ich fuhr ein paar Meter weiter, nahm nicht meinen altbekannten Platz, sondern den weiter unten beim Bankerl. Wegen dem A-Mast dort warad's, der mir den Blick in den tieferen Süden verstellen könnte... Sieben Höhenmeter habe ich dadurch "eingebüßt", das wird das Kraut aber nicht fett machen. Gleich wie ich aus dem Auto ausstieg, empfing mich ein lebhafter Wind, mehr als mir lieb war. Laut Wetterbericht sollte sich der Wind in der Nacht legen. Es schien nicht gerade so werden zu wollen. Was macht man in so einem Fall: Das Auto mit der Nase in den Wind drehen, und hinter der offenen Heckklappe Schutz vor dem Wind suchen.
Der Polarstern war schon sichtbar, somit konnte ich unverzüglich mit dem Aufbau beginnen. Ich hatte einen 110/770 ED Refraktor dabei, den ich schon einmal kurz angetestet hatte. Montierung war meine iOptron ieq45 auf Holzstativ. Es wurde langsam dunkel. Allein, der Himmel gefiel mir nicht wirklich. Sowas bekomme ich in den besseren Nächten im Weinviertel auch, in Einzelfällen sogar Besseres. Wohl ein Resultat der weit verbreiteten Dunstfelder. 5.5 mag im Zenit ist zwar nicht gar so schlecht, aber der Hegerberg kann's auch besser. Die Aufhellung im Osten war fürchterlich (Wien), der ganze Nordhimmel aufgehellt (Böheimkirchen), und der Nordwesten auch sehr hell (St. Pölten). Wahrlich die schlechtesten Bedingungen, die ich hier je hatte. Aber was soll's, auf der Ebenwaldhöhe hätte ich vielleicht gar Wolken gehabt, im Süden habe ich in der Dämmerung eine Wolkenbank gesehen... Dazu kam auch noch Autoverkehr, den ich hier niemals hatte. Insgesamt sieben Autos sind während meines Aufbaus und meiner Beobachtung vorbei gekommen. Ich war davon wenig begeistert, weil ich ja meine Dunkeladaption für heikle Beobachtungen nicht verlieren wollte. Da heißt es, sich irgendwie vor dem Licht zu schützen, so gut es geht. Wenigstens der Wind ließ bald nach, bis auf einen Lufthauch ab und zu war es letztlich ruhig, und auch trocken, kein Tau.
Sagen wir so: Einen 5.5 mag Himmel (Zenit) finde ich im Weinviertel durchaus ok. Aber da geh ich auch nicht an Pferdekopfnebel und solche Sachen ran. Es gibt sehr wohl einen großen Unterschied zwischen Weinviertler Plätzen und dem Hegerberg: Im Weinviertel ist der Süden definitiv unbrauchbar, man hat die Wiener Lichtglocke direkt vor der Nase. Auf dem Hegerberg ist der Süden neben dem Zenitraum die dunkelste Himmelsgegend.
Der TS 110/770 ED Refraktor, Foto vom "First Light" bei mir daheim, Montierung ist die iOptron ieq45
Mein erstes Beobachtungsobjekt war der Komet C/2014 Q2 Lovejoy. Ich hatte das 27 mm Panoptic Okular drinnen. Feine Sterne über das ganze Feld, in der Mitte ein Nebelfleckerl. Beim leichten Bewegen des Teleskops war der Gasschweif erkennbar, und war da noch im V-Winkel ein kurzer Staubschweif? Das hätten wir ja gehabt, aber es waren grad in diese Richtung auch ein paar schwache Sterne, die können leicht täuschen. Also da würde ich meine Hand nicht ins Feuer legen. Der Komet ist schon deutlich schwächer geworden, und bewegt sich nicht mehr schnell über den Himmel, das deutet darauf hin, dass wir ihm auf seiner Bahn nachschauen während er sich immer weiter entfernt.
Und gleich weiter mit einer harten Nuss, dem Pferdekopfnebel. Ich fuhr einmal mit der Montierung NGC 2024, den Flammennebel, an. Erste Ernüchterung: Der Flammennebel war kaum zu erkennen, eine äußerst schwache Sache. Also das war weniger als bei meiner letzten Beobachtung mit dem 102/1100 Refraktor auf der Steyersberger Schwaig. Aber ja, schauen wir was geht, ob was geht. Ich suchte mir erst mal meine Sterne zusammen, um die Stelle des Dunkelnebels B33 genau abzustecken. Das war bald erledigt. H-Beta Filter rein. Nada, nix. Wechsel auf den UHC Filter: Das war brauchbarer. Schwach, ganz schwach konnte ich so aus dem Augenwinkel die Nebelflanke des IC 434 erkennen, aber nicht nach Belieben. Das war hart am Limit. Und während ich so rumspechtl, suchend, wo ich was von der Nebelflanke erhaschen könnte, deuchte es mir, dass ich da eine dunkle Stelle mit erwischt hätte. Ein paar Mal. Aber es war mir zu geisterhaft, kann sein, kann auch nicht sein. Ich versuchte mein Glück also mit genauerer Inspektion der betreffenden Stelle, natürlich bei indirektem Anspechteln. Irgendwann fiel mir auf, dass ich nur flach atmete. Ich setzte mich auf, schnaufte ein paar mal tief durch, und ging mit dem Auge wieder ans Okular. Ohja, das hat was gebracht! Die Nebelflanke war etwas deutlicher wahrzunehmen, und nach einem kurzen Abtasten der Stelle mit indirektem Blick, zack, war da der Dunkelnebel. Aber nicht wirklich besser als das, was ich leztesmal auf der Schwaig mit dem 102/1100 Refraktor gesehen hatte. Das bissl Mehr an Öffnung hat mir wenig geholfen, die schlechteren Himmelsbedingungen haben das Plus wieder weg geknabbert. Andersrum, mit dem Vierzöller wäre ich hier regelrecht "verhungert".
Als nächstes Objekt nahm ich mir den Konusnebel (NGC 2264) vor. Jessasna, kaum Nebel um den "Strunk" des Weihnachtsbaums, seitlich davon gar nix, geht da überhaupt etwas? Ich nahm dennoch die Spitze des Weihnachtsbaumhaufens unter Inspektion. Nun ja, nach einigem Herumschielen mit indirektem Blick war da eine Nebelflanke deutlicher, die andere nur angedeutet, vom Konusnebel also grad das Spitzl erkennbar. Magere Ausbeute.
Nicht viel besser ging es mir mit dem Rosettennebel (NGC 2237 - 46). Auch da waren die Eindrücke schlechter als bei meinem letzten Beobachtungsabend auf der Schwaig. Ich war schon etwas frustriert ob des matten Himmels. Da bleibt nichts mehr übrig als ein bissl "Schönspechtln".
Die offenen Haufen M35, M36, M37, M38 waren doch ein Genuss, mit diesem Refraktor auf jeden Fall. Der knapp südwestlich von M35 stehende NGC 2158 Haufen hatte es mir angetan. Ich war ja mit dem 27 mm Panoptic mit niedriger Vergrößerung (43x) unterwegs. Indirekt war der Haufen beim schnellen Blick schon leicht grießlig. Ich wollte sehen, ob ich da ein paar Einzelsterne definitiv raus picken könnte. Dabei bin ich etwas "versunken". Den RA Motor der Montierung und die Geräusche der Nacht habe ich schon noch wahrgenommen, aber für einem Moment saß ich orientierungslos da, und musste erst wieder "ankommen". Wenn mich wenigstens ein bissl Sterngesprenkel erfreuen kann - ist ja auch was Schönes.
Was noch tun? Jupiter? Gibt das Seeing was her? Ich bin gleich mit dem 6 mm Abbe Okular drauf gefahren, 128-fache Vergrößerung. Das war durchaus ansprechend, was ich zu sehen bekam. Dann das 4 mm Abbe her: 192x. Damit ergibt sich eine Austrittspupille von kleiner als 0.6mm, aber der Refraktor hat das locker weggesteckt. So soll es auch sein. Für einige Momente war das Seeing recht gut, ich bekam feine Details zu Gesicht, auch den GRF. Wirklich nett! Bis von Osten ein kalter Luftstrom daherkam, schlagartig war es vorbei mit dem Spaß. Auch bei 128x war das Bild deutlich schlechter. Na ja. Ein bissl was war, mehr geht eh nicht, einpacken und heimfahren.
Vor meiner Abreise noch ein Check der Himmelsqualität: Das SQML zeigte im Zenit nun 0.,2 mag mehr! Häh? Wie das? Messfehler? Die erste Messung habe ich bei einer höheren Temperatur gemacht. Also das Kastl in der Jackentasche etwas anwärmen, neue Messung, gleiches Ergebnis. Ich sah mich visuell nochmals um, wirklich, man kann sagen es ist ein 5.6 mag Himmel geworden. Nach Osten hin eine tiefe Wolke, die Lichtglocke von Wien etwas "zahmer". Bin ich einfach zu früh dran gewesen? Aber egal, ich setzte mich ins Auto und fuhr gemütlich nach Hause. Auch nicht schlecht, wenn man vor Mitternacht wieder daheim ist. Astronomie ist halt ein Freiluftsport, man muss nehmen, was man an Himmel bekommt. Wunschkonzert gibt es im Radio, und nicht einmal da gefällt allen alles ;->
Wenn diese Beobachtungsnacht nicht "berauschend" war, so blieb ich zumindest von einem gewissen Herrn Dr. Murphy verschont. Der war, so ich erfahren habe, auf einer Astrofarm in Marokko schwer beschäftigt...
Howdii