Beobachten wie vor 20 Jahren

1. 10. 2013, Schrick

Eigentlich habe ich beschlossen, meinen alten 150/1500 ARO Mak zu verkaufen, und es hat sich sogar schon ein Interessent gefunden. Dieses Teleskop liegt bei mir schon seit Jahren nur mehr herum, ich verwende es nicht mehr. Klar auch, wenn weit bessere Optiken vorhanden sind. Dennoch: es war mein erstes "richtiges" Astro Teleskop, um selbst verdientes Geld gekauft, und viele Deepsky Objekte und so manchen Kometen habe ich damit ein erstes Mal gesehen. Aber mir war relativ bald klar, dass ich mit dieser Optik nicht das "Endgültige" in der Hand hatte, und war schon irgendwie auf der Suche nach einem, hm ja, größeren Teleskop.

Als ich zufällig mal mit Andi Berthold darüber redete, hat er gemeint, er hätte noch nie durch dieses Teleskop geguckt. Na bitte, eine Reminiszenz Beobachtung sollte schon sein, bevor das Ding zum Verkauf steht. Die Wetterprognose war für den 1. Oktober ja ok, aber es kam alles ein bissl anders als geplant. Der Wolken gab es nach Sonnenuntergang noch viele, zu viele. Entgegen der Erwartungshaltung hat sich das Gewölk nicht aufgelöst. Wie, wenn es doch eine sehr kühle Nacht wird? Vielleicht war es weiter oben wärmer? Es wurde schon ein Geduldsspiel, langsam sah man anhand der Sat Bilder, dass die Wolken gegen Süden abziehen und wir klaren Himmel bekommen sollten. Es wurde also ziemlich spät bis wir raus fuhren. Ursprünglich wollten wir nach Altenmarkt, da aber im Westen noch mehr Wolken waren als im Osten, zogen wir den Beobachtungsplatz oberhalb von Schrick vor. Es waren auch nicht nur die Wolken, die uns dort hin führten, der Schricker Platz bietet Schutz bei Nordostwind, den wir bei Altenmarkt voll abbekommen hätten. Die Kehrseite sind die nahen Windräder. Bei Nordostwind steht man voll in der Wirbelschleppe der Rotoren drin, das Seeing ist dementsprechend lausig. Leider hat dieser Beobachtungsplatz durch die nahen Windkraftanlagen viel von seiner Attraktivität verloren.

Andi hatte seine Vixen SP Montierung mit, wir wollten damit Goto Komfort via SkySensor 2000 genießen, ich hatte mein Baader Hartholzstativ mit. Den 150er ARO Mak und Okulare sowieso. Wir waren schon am Beobachtungsplatz, wollten gerade die SP auf das Stativ setzen - hä? Das Zeug passt nicht. Die SP passt nicht auf den Flansch für die SP-DX? So what. Also musste ich nochmal nach Hause zischen und meine SP-DX holen. Damit war's dann auch nix mit Goto, selber suchen war angesagt - ganz so wie vor 20 Jahren. Der einzige Unterschied: Statt des damals verwendeten Zeiss Prismas hatte ich nun einen Zenitspiegel in Verwendung, und freilich hatte ich vor 20 Jahren auch noch keine Panoptic Okulare in meinem Okularkoffer... Der Beobachter hat wohl auch seither einiges gelernt, also was geht nun damit?

Der ARO Mak 150/1500 auf meiner alten SP-DX und Baader Hartholz Stativ. Der 8x50 Sucher ist nachgerüstet, original war ein 6x30 dabei.

M71 war unser erstes Ziel. Mit dem 22 mm Panoptic Okular sieht das aber doch ganz anders aus als mit dem 1.25" 20 mm Okular, das ich früher verwendet habe. Immerhin reicht mein "Standard Okular", das 22 mm Panoptic, bereits für einen netten Eindruck bei 68x. Der Himmelshintergrund ist eigentlich sehr dunkel im Mak. Und ein gutes Okular zaubert gleich mehr aus einem alten Teleskop heraus.

M27 war auch gar nicht schlecht. Da kamen bei 68x schon ansatzweise die "Ohren", freilich nur mit indirektem Blick. Andis UHC-E Filter hat bei gleicher Vergrößerung fast nichts gebracht, der Nebel erschien etwas heller, aber die Ohren waren nicht wirklich deutlicher und insgesamt war nicht mehr zu sehen als ohne Filter. Nun gut, der Hantelnebel ist vielleicht nicht das Paradeobjekt für Nebelfilterei, ich schaue den allgemein ohne Nebelfilter an, und das wird schon seinen Grund haben. Ohne Nebelfilter konnte ich bei 68x bereits den Zentralstern aufblitzen sehen, und erhaschte einen weiteren Stern im Nebel. Na das war sicher mehr als was ich seinerzeit mit diesem Teleskop an M27 gesehen habe.

NGC 6905, der "Blue Flash" Nebel, ist mit Goto auf Knopfdruck da. Um ihn selbst aufzusuchen, das habe ich vor langer Zeit mit irgendeinem Teleskop sicher getan, hab ich aber schon die Uranometria Karte zu Hilfe nehmen müssen. Früher hätte ich wohl im Sucher Sternmuster mit der Karte verglichen und so versucht die Position zu finden. Mittlerweile mache ich mir die parallaktische Montierung auch so zu Nutze, dass man sie definiert in den Achsen bewegen kann. Der Blue Flash Nebel ist relativ einfach zu finden, man braucht nur von der Spitze des Pfeils (η Sge) ca. 9 Grad nach Osten kurbeln, ein Ruckerl nach Nord, im Weitwinkel kommt der Nebel dann schon vorbei, man muss nur drauf "passen". Bei 68x war NGC 6905 ein netter Anblick, bei 150x war sogar etwas Struktur im Nebel erkennbar. Und dieses Objekt habe ich im ARO Mak sicher zum ersten Mal gesehen.

M13 ist ein alter Bekannter, aber stand schon sehr tief, da unten war der Himmel alles andere als toll, aufgehellt, und demnach war M13 eine eher müde Angelegenheit. Diesen Kugelhaufen habe ich früher sicher schon schöner im ARO Mak gesehen.

M92 detto, auch den habe ich sicher schon früher besser gesehen. Immerhin bis 150x sind wir gegangen, wie auch bei M13.

M57 stand doch deutlich höher, da war die Sicht besser. Der "Rauchring" ist ja bei 150x schön zu sehen, doch der 13 mag Stern ist schon nicht so leicht auszunehmen. Die Dreierkette musste ich mir zusammensuchen, und konnte zumindest den 14.7 mag und 15.3 mag Stern entdecken. Etwas mühsam war das schon. Also gemessen an den nicht gerade idealen Bedingungen sieht man in erster Linie meine deutlich gestiegene Beobachtungserfahrung. Früher waren da einfach keine Sterne in der Gegend um den Ringnebel.

M15 war noch im klaren Himmelsfeld, während die M57 Gegend langsam von Wolken beeinträchtigt wurde. Wir zoomten bis 250x hinein, wenigstens nach der Stelle von Pease 1 zu suchen. Die Trapezsterne konnte ich bald finden, auch den "Lichtzapfen" orten. Doch mit den schwachen Sternen hier den Pease 1 rauskletzeln, das wäre ein bissl verlangt gewesen. Irgendwo ist Schluss mit lustig. Erstens muss ich muss mir nicht alles "antun", zweitens sind Wolken immer höher gestiegen, dem Versuch wäre sowieso ein vorzeitiges Ende beschieden gewesen.

Albireo war unser Schlusspunkt, ja, nett, gelb und blau, wie sich das in Niederösterreich gehört ;-)

Die Nacht war nicht sehr toll und auch nicht stabil. Ok, im Zenitraum hatten wir so ca. 5.5 mag, zum Horizont aber stark abfallend. Es bildeten sich auch immer wieder Nebelwolken, zogen weiter, oder lösten sich so schnell auf wie sie sich gebildet hatten. Irgendwann war der Himmel ziemlich voll davon. Die Ausbeute an Beobachtungsobjekten ist demnach nicht grad supertoll. Jedenfalls sahen wir uns gezwungen, abzubauen. Ja freilich, wie ich daheim angekommen bin, war der Himmel klar. Man kennt das...

Der ARO Mak, hier zum Optiktest aufgebaut, bei mir daheim.

Bei der Optik handelt es sich um ein Rutten Design (nach Harrie Rutten) mit vier Radien (allgemein als Rumak bezeichnet). Daher ist die Optik im möglichen Gesichtsfeld nicht so limitiert im Feld wie die Gregory Typen, und kann durchaus fotografisch verwendet werden. Wenn man heute ein Panoptic Okular rein steckt, hat man eine randscharfe Sternabbildung. Damals war mir so etwas nicht vergönnt, ich hatte ein 2" 40 mm Pentax Weitwinkel, das deutlichen Offaxis Astigmatismus aufwies. Das Feld des Rumak ist zwar relativ eben, aber nicht ganz, und so hat das Okular in den Außenpartien genau eine der beiden Astigmatismusschalen getroffen, mit dementsprechender Sternabbildung. Es hat eher an Strichspuraufnahmen erinnert, was man am Feldrand gesehen hat. Den Rest der Vergrößerungen habe ich damals mit 1.25" Okularen bestritten, die ich heute noch in Verwendung habe, es sind die Baader Eudiascopic. Allerdings, das 40 mm 2" Okular wird voll ausgeleuchtet, keine Spur von Vignettierung. Somit ist dieses Teleskop sehr wohl für Deepsky Fotografie brauchbar.

Klar, dass ich mir die Optik auch noch genauer angeschaut habe. Es herrscht eine sphärische Unterkorrektur im Ausmaß von λ/4 vor, und es gibt einen kräftigen Term sphärischer Aberration höherer Ordnung. Dazu kommt die thermische Trägheit, und die systembedingte Obstruktion von 33%. Es ist angerichtet für eine nicht wirklich berauschende Performance. Dem Teleskop liegt ein Foto eines Ronchi Tests bei, und man sieht schon darauf leicht gebogene Linien, also sphärische Aberration... Angeblich soll es ausnehmend gute Exemplare gegeben haben, vielleicht habe ich damals eine "Gurke" gezogen. Es scheint jedenfalls so, dass es zumindest anfangs eine ziemliche Streuung in der Qualität der Intes Maksutov Optiken gab. Mittlerweile gibt es Intes ja nicht mehr, aber das hat damit überhaupt nichts zu tun, das ist eine ganz andere Geschichte.

Multicoating wie wir es heute verbreitet schon an sehr preisgünstigen Teleskopen finden, war damals noch eine Seltenheit und dem Hochpreissegment vorbehalten. Die Verspiegelungen sind auch nur Standard. Die Transmissionsverluste sind nicht ohne. Kein Wunder, dass ich heute mit einem guten 102mm Achromat prickelndere Bilder sehe.

Soweit ich weiß, steckt in diesem Teleskop eine russische Intes Optik, ARO Instruments hat allerdings eigene Tuben mit Hauptspiegelfokussierung gebaut. Die Tubusmechanik ist ok, das Finish sieht professionell aus, die Taukappe ist aufgesteckt, aus Metall, und hat einen Blendring am oberen Ende. Vor allem ist die Taukappe lang genug, um wirksam zu sein. Ich kann mich nicht erinnern, dass die Meniskuslinse beim Beobachten jemals beschlagen war. Die Hauptspiegelfokussierung geht nicht besonders weich, aber man kann den Fokus sehr feinfühlig einstellen, ohne Spiegelshifting. Wenn was zittert, ist es das Teleskop auf der Montierung. Es ist doch ein recht schweres Ding, 6 kg bringt es auf die Waage. Zum Transport gibt es einen robusten Koffer, in dem auch der Sucher und wenn's sein soll auch der Zenitspiegel Platz findet, man könnte sogar noch mehr Zubehör, ein ganzes Okularset unterbringen, wenn man wollte.

Dieser Abend hat auf jeden Fall die Erinnerungen wach gerufen, wie das vor 20 Jahren war. Bis 100x, 150x, schaut die Abbildung gut aus. Darüber hinaus wird es schwierig, perfekt zu fokussieren. Tubusthermik und sphärische Aberration sorgen für dicke, weiche Sterne. An schwachen Sternen findet man den Fokus nicht, man muss sich in der Umgebung des Objekts einen helleren Stern suchen, um den besten Fokus zu finden. Dabei ist die Feldgrenze des Okulars vielfach nicht mehr sichtbar, es ist zappenduster wenn man rein schaut, und nicht nur einmal habe ich mein Objekt dabei verloren, musste auf niedrigere Vergrößerung zurück steigen, um das Objekt wieder zu finden. Etwas mühsam, mit wenig Informationsgewinn im Endeffekt. Ich würde sagen, voll austemperiert habe ich diese Optik nie gesehen, da war mir vorher schon kalt oder ich hatte bereits genug vom Beobachten, ich war damals auch gar nicht darauf sensibilisiert. Es war auch dieses mal so, dass immer noch eine merkbare Restthermik am Ende der Beobachtung festzustellen war. Eines ist klar, beobachtungstechnische Höhenflüge sind mit diesem Teleskop nicht möglich. Man sieht was, es ist nicht soo schlecht, aber die Bäume wachsen nicht in den Himmel.

Es war dann der Ceravolo HD145, dieser 5.7" f/6 Maksutov-Newton, der meinen Beobachtungen mit dem ARO Mak ein Ende gesetzt hat. Ich war anfangs etwas skeptisch - ob ein Teleskop mit kleinerer Öffnung besser gehen sollte? Was heißt besser... Mit dem Ceravolo habe ich erstmals gesehen was optische Qualität ist, was Kontrastübertragung in der Praxis bedeutet. Und ich sag's auch ganz klar dazu, hätte der Zufall nicht so gespielt, dass ich eine dermaßen exzellente Optik in die Hand bekommen habe, die die Initialzündung für mein beobachtungstechnisches Grenzgängertum war, was weiß man, wo ich als Beobachter versauert wäre. Vielleicht vom Regen in die Traufe - einem 8" SC damaligen Zuschnitts...

Howdii