Klar wird der Himmel immer erst danach

Totale Mondfinsternis

 15. 6. 2011, Niederleis

"Fixtermine" sind, egal ob vom Menschen oder von der Natur vorgegeben, immer ein Spielchen mit dem Wetter. Prognosen sind das eine, wie es zur Stunde X dann ist, so ist es. Damit muss man sich abfinden. Die Prognosen waren ja nicht gar so schlecht. Ich packte daher auch mehr ins Auto ein, als ich für die Mondfinsternis direkt gebraucht hätte. Ich wollte die "mondlose" Zeit für anderweitige Testfotos nützen. Es kam halt anders...

Am späteren Nachmittag sind die Quellwolken, die sich um die Mittagszeit wichtig machten, allesamt zusammengefallen. Ein paar flache Wölkchen, und ein paar Schleier, das sah nach einer "g'mahten Wiesn" aus. Man soll aber die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Bei meiner abendlichen Runde mit "Canis Maior" sah ich im Nordwesten eine Gewitterzelle, die sich recht mächtig ausnahm. Wieder daheim, konsultierte ich sogleich die Sat-Bilder im Internet. Zu einem großartigen Gewitter hat es offensichtlich nicht gereicht, geregnet hat es aber fest. Die Zelle war an der Grenze zu Tschechien, südlich von Znojmo (Znaim), also nicht gar so weit weg. Da war mir schon klar, die Restwolken würden uns nicht erspart bleiben.

Etwa um 20:40 war ich am Beobachtungsplatz, auf den Feldern östlich von Niederleis. Walter kam ein paar Minuten später an. Etwas später gesellte sich auch noch Martin Springinklee mit seinem Sohn Daniel zu uns. Der Mond war bei Aufgang noch im Horizontdunst verborgen. Es dauerte ein Weilchen, bis etwas sichtbar wurde, und das war nur mehr eine schmale, partiell verfinsterte Sichel. Ein erster Blick durchs Teleskop (ich hatte den Skywatcher 120 mm ED Refraktor auf der ieq45 Montierung dabei) zeigte die Sichel, man könnte auch "Scherzel" dazu sagen, aufgrund des Horizontdunstes deutlich gerötet.

21:05 MESZ - bis zur Totalität fehlten noch knapp 20 Minuten (Foto afokal, Kamera handgehalten)

Die Dämmerung zieht sich Mitte Juni ja wie der sprichwörtliche Strudelteig. Der langsam im Kernschatten verschwindende Mond, je schmäler das im Halbschatten verbleibende Scherzel wurde, war immer schwieriger gegen den noch hellen Himmel auszunehmen. Auffällig war das nicht mehr, man hat schon wissen müssen, wo man am Himmel suchen soll.

Die Totalität war dann recht heftig, sozusagen. Schon deshalb, weil der Mond ziemlich zentral durch den Erdschatten zog, und die jüngsten Vulkanausbrüche haben sicher auch ihre Spuren in der Atmosphäre hinterlassen. Viel Licht ist da nimmer rein gekommen. Die Partien gegen den Rand der Kernschattens zu waren noch halbwegs gut zu sehen, in einem dunklen Orangerot, was allerdings tief im Kernschatten drin steckte, war sehr dunkel, ein tiefes Rostbraun bis Graubraun, wenn man überhaupt noch von einem Farbeindruck reden konnte. Details konnte man selbst im Teleskop nicht mehr wahrnehmen. Am langsam dunkler werdenden Himmel war der total verfinsterte Mond nur mehr ein Hauch. Wer nichts gewusst hat von der Mondfinsternis, hätte den Mond so tief am Himmel und total verfinstert wohl glatt übersehen. Nach der Danjon Skala würde ich L=0 vergeben. Meine Digiknipse hatte schon Mühe mit dem Autofokus, der letztlich w.o. gegeben hat. Eigentlich ein Wunder, dass das Foto überhaupt scharf geworden ist, zumal ich bei 2 Sekunden Belichtungszeit auch jede Chance gehabt hätte, das Bild zu verwackeln.

22:03 MESZ, einige Minuten vor der Mitte der Finsternis. Man sieht hier die sehr dunklen, strukturlosen Partien tief im irdischen Kernschatten.
(Foto afokal, 2 Sek. belichtet, Kamera handgehalten)

Weitere Experimente mit der Kamera waren nicht mehr möglich - der Akku machte schlapp. Damit war ich ab sofort rein visuell unterwegs - was eigentlich eh meine Spezialität ist. Mir gibt der unmittelbare visuelle Eindruck einfach mehr, das menschliche Auge leistet im Fall der partiellen Phase einer Mondfinsternis auch weit mehr als jede Kamera...

Die Totalität war letztlich, in Gesellschaft, doch schneller um als wenn man das Ereignis als stiller, einsamer, Beobachter verfolgt hätte. Jedenfalls, mein Ansinnen, während der Totalität die CCD Kamera an den Refraktor anzuschließen, musste ich verwerfen. Zu viele Gewölk am Himmel. Da gab es die sich nur langsam auflösenden Restwolken, die Schleier, die sich als recht hartnäckig erwiesen, und wie der Himmel weitgehend frei gewesen wäre, bildeten sich im Zenitraum Nebelfetzen (Strahlungsnebel). Die Wolken verunstalteten öfter mal den total verfinsterten Mond, und verschluckten ihn sogar zeitweise komplett. Am dunkler werdenden Himmel trat langsam die Milchstraße hervor.

Der Austritt des Mondes aus dem Kernschatten wurde erst so richtig zum Genuss. Der Mond stand nun schon ausreichend hoch über dem Horizont, der Himmel war dunkel geworden. Somit gestaltete sich der erste Zipfel des Mondes, der wieder aus dem Kernschatten trat, als tolles Erlebnis, ein Vergleich mit dem ersten Strahl bei einer totalen Sonnenfinsternis kam auf. Der Anblick im Teleskop war bezaubernd.

Wie der Mond weiter aus dem Kernschatten trat, waren interessante Färbungen zu sehen, vom sehr dunklem Rostbraun über helleres Braun mit orangefarbenen Einschlag, und gegen den Rand des Kernschattens kam dann ein Anflug von Grün dazu. Das war richtig toll anzusehen und äußerst interessant. Konkret gesagt, einen derartigen Grünstich haben wir noch niemals vorher bei einer Mondfinsternis beobachtet. Langsam wurde allerdings das aus dem Kernschatten getretene Gebiet hell genug, um lästig zu werden und im Teleskop bereits zu blenden.

Die Totalität war knapp nach Mitternacht (Sommerzeit) vorbei, jedoch war auch das innerste Gebiet des Halbschattens noch deutlich dunkler als der Rest des im Halbschatten befindlichen Mondes. Bis zum Ende des Austritts aus dem Halbschatten hätte es noch bis 1 Uhr MESZ gedauert, allerdings ist dieses Ereignis kaum mehr von einem normalen Vollmond zu unterscheiden. Daher ließen wir die Sache gut sein, und packten unsre Ausrüstung zusammen. Und wie üblich, kaum ist man fertig zur Abfahrt, sind auf einmal alle Wolken weg - ein bekanntes "Phänomen", hat ursächlich nichts mit der Mondfinsternis zu tun ;-).

Howdii