Dieses Mal hatte ich die Idee, die letzte Nacht unter Hochdruckeinfluss noch für eine Beobachtung zu nützen. Dazu kontaktierte ich einmal Martin Springinklee, und den traf es ziemlich unerwartet. Auch Walter zeigte sich skeptisch, Nebel, Nebel, wenn man sich das Satbild anschaut, alles im Nebel und letzte Lücken schließen sich, zudem der Wind, wenn der in Wien schon so bläst, ist oben auf den Bergen Sturm... Tja, die Entscheidung fiel eher spät. Walter sagte definitiv ab, zwar aus Zeitgründen, aber seine Skepsis blieb. Mit Martin hatte ich noch zu besprechen, ob oder nicht. Gut, ich greife ja auch auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurück: Die Ebenwaldhöhe müsste eigentlich über der Hochnebeldecke liegen. Was von Westen her drohte, waren die dünnen hohen Wolken einer Warmfront. Ich schätzte aber nach dem Verlauf, was das Satbild zeigte, dass massivere Wolken erst nach Mitternacht kommen würden. Diverse Prognosen sagten zwar etwas anderes, aber was soll's - Prognose ist Prognose. Dafür war Meteoblue super optimistisch: Klarer Himmel, gutes Seeing. Klarer Himmel sogar unten in Kleinzell - wer's glauben mag? Wind, ja. Was würde uns da erwarten? Her mit der ZAMG Inca Analyse - hoppla, die zeigt in der Zielregion gegenüber dem lebhaftem bis stürmischem Wind im Weinviertel nahezu Windstille, 1 bis 3 km/h. Also, ich entschied, wir riskieren es, wir fahren.
Knapp vor 20 Uhr startete ich von daheim, äh, wir, "Canis Minor" war natürlich auch dabei... Auf der A5 schüttelte der Wind meinen Kombi ordentlich durch, das war schon wirklich stürmisch böig. Ich musste öfter heftige Lenkkorrekturen machen, weil es die Kiste arg versetzt hat. Auf der S1, dort wo sie in die S2 übergeht, auf einmal leichter Schneefall, der immer heftiger wurde. Der Pannenstreifen war schon weiß! Hilfe, sitz' ich im falschen Film? Worauf lass ich mich da ein? Aber kaum erreichte ich die Wiener Stadtgrenze, war der Schneefall auf einmal aus, als wenn jemand den Schalter gefunden hätte. Die Fahrt über die A23 war dann "ereignislos". Auf der A21 im Bereich Gießhübl dachte ich, ich seh' nicht recht! Da vorn ist ein Stern, Jupiter! Und dieser Stern zog förmlich vor mir her. "... und sie folgten dem Stern..." kam es mir in den Sinn - ich bin aber kein Magier, kein bischen weise, und Mistelbach liegt zwar im Osten von Österreich, aber sicher nicht im Morgenland... Zudem wurde es eine Fahrt in den Winter. Bereits am Hafnerberg gab es neben der Straße ordentlich Schnee, auch in Altenmarkt und Thenneberg, Kaumberg, Hainfeld, lagen recht hohe Schneehaufen neben der Straße. Die Auffahrt auf die Ebenwaldhöhe bot Schneefahrbahn, gut geräumt, gestreut, problemlos zu befahren. Für mich ist das sogar ein gewisser Spaß.
Sterne gab es bereits auf der Fahrt Richtung Kleinzell - ha, wirklich, das hätte ich Meteoblue niemals abgenommen. Nun hatte ich keine Zweifel, oben auf dem Berg klaren Himmel anzutreffen. Es waren auch schon zwei Autos da. Ich stellte mich weiter hinten, etwa in der Mitte des Platzes auf, sprang aus dem Auto. Ha, herrlicher Sternenhimmel, kein Wind, gar nicht so kalt! Bei der Fahrt hierher hatte das Thermometer schon bis -14° C gezeigt. Hier waren es wohl nicht mal halb so viel. Genau habe ich nicht geschaut. Ich habe es aber streckenweise gut ohne Handschuhe ausgehalten.
Martin und sein Sohn Daniel kamen etwa 10 Minuten nach mir an. Martin baute seinen APO auf. Ich hatte, wie schon angekündigt, seit längerer Zeit wieder einmal meinen altbewährten 5.7" f/6 Maksutov-Newton mit. Für mich standen ein paar "Kontrollbeobachtungen" an. Fang ich mit dem kleinen Röhrl noch etwas an? Bei meinem "unplugged" Setup gibt es ja kein großartiges Potential für Fehleranfälligkeit. Bei Martin begann es damit, dass er seine Handschuhe vermisste. Ich konnte aber aushelfen, in meinem "G'wandsackl" liegen etliche herum, die ich fallweise für Auf- und Abbau verwende, wenn es noch nicht so kalt ist, wenn man aber kaltes Zeug angreifen muss. Martin war damit aber für diese Nacht durchaus geholfen.
Es war und blieb trocken, nichts ist vereist. Maximal sind kalte Okulare durch die Körperwärme beim Durchgucken beschlagen, selbst dieser Beschlag ist von allein wieder weggegangen. Es war aber dennoch notwendig, dass ich manchmal das Okular mit der Hand angewärmt habe. Die relative Windstille hatte auch Nachteile. Ganz vorn bei der Einfahrt zum Parkplatz hat sich ein kälteempfindlicher Astrokollege hingestellt, der die ganze Zeit den Motor seines Benziners laufen ließ, um es drin schön warm zu haben, während draußen die Aufnahmeserien liefen. Dadurch bekam ich immer wieder die Abgasschwaden - wohl in verdünnter Form - ab, und mir soll keiner erzählen, nur Diesel würden stinken... Rosenduft war das nicht gerade, und ein sooo alter Benziner war es wieder auch nicht. Was ich von dieser Aktion halte, gebe ich hier besser nicht zum Besten... Zum Glück hat der sanfte Lufthauch immer wieder die Richtung gewechselt, dass ich auch lange Phasen ohne Gestank hatte. Nur einmal ist ein merkbarer Windhauch aus Osten gekommen, war aber auch gleich wieder vorbei.
Die Himmelsqualität war nicht übel. Leider war im Tal weniger Nebel als "erhofft", wodurch die Himmelsaufhellung im Osten, Norden und auch im Westen sich deutlich bemerkbar machte. Ob es teilweise doch schon ganz dünne Wolken gab? Mag sein. Die SQM-L Messungen lagen erst bei 21.25 mag/sec2 und später bei 21.32 mag/sec2 (gemittelte Zenitmessungen). Sogar das Seeing war gut. Im Zenitraum konnte ich bei 200x Beugungsringe sehen, nur leicht flirrend, allerhand sowas, im Winter. Meteoblue hatte es prognostiziert, aber was sind schon Prognosen ;-)
Nun zu den Beobachtungen: Wie schon angedeutet, waren erst einmal ein paar "Kontrollbeobachtungen" angesagt. Gleich einmal ein Blick auf den Orionnebel (M42), und im Gesichtsfeld bei 40x auch der Running Man" (NGC 1973/75/77 ) und südlich des Orionnebels der Haufen NGC 1980. Das ist ein Panorma, so auf einen Blick! Am Südende von M42 war der Ring, der die beiden "Schwingen" verbindet, einfach sichtbar, auch der "Running Man" selbst war leicht erkennbar. Na, da war ich gleich einmal erleichtert, das hat sehr nach gewohntem Bild ausgesehen. Martin hatte in seinem APO den Orionnebel bei etwas höherer Vergrößerung. Ich durfte da bei einem von der Öffnung her etwa gleichwertigen Gerät mitspechteln, und sparte mir so "Arbeit" an meinem Teleskop.
Weiter ging es mit dem Flammennebel (NGC 2024). Auch da durfte ich bei Martin mitgucken. Wir holten uns den Flammennebel optimal heraus. Die Strukturen waren recht schön zu sehen. Etwas enttäusch war ich, als ich durch meinen 5.7" Maksutov-Newton den Flammennebel beobachtete. Der 130er APO hat ein doch merkbar helleres Bild, und hängt auch den kleinen Mak-Newton im Kontrast etwas ab. Ja, ich weiß, gute 130er Refraktoren sind dem Ceravolo HD145 knapp über. Der richtige Sparringpartner von APO hätte 120mm Öffnung.
Da Martin nun für's Fotografieren herrichtete, beobachtete ich mit meinem Teleskop weiter. Meine Aufmerksamkeit galt nun dem Pferdekopfnebel (B33). Ohne Nebelfilter hatte ich keine Chance. Da ging gar nichts. Auch den Nebel IC 434 konnte ich nicht ausmachen (bei 40x). Ich wechselte auf das 20mm Okular (43x) und schraubte den H-Beta Filter in den Reduzieradapter rein. Ja, der Flammennebel war mit H-Beta da, und nicht substantiell schlechter als ohne Filter, so muss das einmal sein. Und nun konnte ich schwach den Nebel IC 434 ausnehmen, und indirekt, wenn ich die Stelle genau erwischte, war blickweise der Dunkelnebel B33 als pechschwarze Unterbrechung des Nebelstreifens IC 434 erkennbar. Einmal erwischte ich die Stelle sogar goldrichtig, und da schien mir, als würde ich vage die Pferdekopfgestalt sehen.
Nun kam der Weihnachtsbaum Haufen (NGC 2264) mit dem Konus Nebel dran. Eigentlich nach einer längeren Pause mit Tratschen. Aber das muss halt auch sein. Ich nahm da gleich einmal die bewähre Vergrößerung von 43x zu Hilfe. Natürlich ohne Filter. Ja, nicht nur der Nebel um den Stern S Monocerotis war sichtbar, auch der Nebel an der Westflanke des Weihnachtsbaumes. Nun nahm ich mir die Spitze genauer vor, und auch da erschien indirekt Nebel. Ha, und wenn man goldrichtig die Stelle erwischte, war der Konusnebel da, schwach, aber doch erkennbar, die hellere Flanke war sichtbar, und die Spitze. Das konnte auch Martin bestätigen, der den Konusnebel letztens auf der Steyersberger Schwaig im 8" GSO Dob mit beobachtet hatte, und nun auch einen Blick in meinen kleinen Mak-Newton riskierte. Also nun war ich doch einigermaßen zufrieden, die "harten Brocken" hab ich immer noch geschafft mit dem 5.7" MN.
Nun wollte ich IC 349 (Barnards Merope Nebel) probieren. Die Pleiaden waren mir aber schon fast in die Bäume gerutscht, weil ich anstatt zu arbeiten zu viel getratscht hatte. Na gut, es gab auch technische Probleme bei Martin, wo ich mit einem Tip aushelfen konnte. Es ging sich aber grad noch aus, die Pleiaden knapp vor den ersten Astln zu erwischen. An Merope fiel mir in erster Linie das gute Seeing auf, wie ich mit 200x drauf knallte. Beugungsringe habe ich nun schon wirklich lange nicht mehr gesehen. Und bei genauerer Inspektion der Stelle wo das kleine Nebelfleckerl sein soll, war es auch schon da. Gar nicht so schwer. Ich verzichtete aber notgedrungen auf weitere Experimente.
Während Martin schön langsam mit abschließenden Tätigkeiten begann, kramte ich schnell die Sternkarte hervor, um noch ein bissl was zu beobachten (alles bei 43x). Ich warf einen Blick auf M46 mit dem Planetarischen Nebel NGC 2438. Des Weiteren kamen die in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden Haufen M47 und NGC 2423 dran. Eigentlich alles alte Bekannte, aber immer wieder hübsch anzusehen. Weiter ging es wie im Flug, NGC 2359 (Thor's Helmet), dazu schraubte ich den UHC-Filter rein. Ein schöner Anblick, ich war recht zufrieden. Kurz noch auf den durchaus sehenswerten Haufen NGC 2360 gehalten - und Ende. Fix nocheinmal, ein knappes Grad WSW wäre der Komet 103P/Hartley gestanden. Bei etwas weniger hudliger Beobachtung hätte ich den vielleicht sogar ins Gesichtsfeld gekriegt. Egal, es war eine schöne Nacht, und nun höchste Zeit für mich, aufzubrechen.
Mittlerweile war es merklich wärmer geworden, die Luftmassen der Warmfront sind wohl eingetroffen, und tief am Westhimmel machten sich auch die ersten dichteren Wolken bemerkbar. Die Abfahrt vom verschneiten Berg genoss sogar "Canis Minor". Durch das Fernlicht und die Reflektion vom Schnee war die Gegend gut erhellt, die Schneekristalle glitzerten im Scheinwerferlicht. Mein Wuffi saß am Beifahrersitz und betrachtete fasziniert die Gegend.
Was ich als Resümee ziehen kann: Als Beobachter gehöre ich noch nicht ganz zum alten Eisen. Es war schon spannend, an "geeichtem Material" meine Leistungsfähigkeit zu überprüfen... Ein bissl was hab ich sicher schon eingebüßt, aber noch hält es sich in Grenzen. Zumal diese Objekte wie Pferdekopfnebel oder Konusnebel auch sehr sensibel auf die Bedingungen reagieren. Vielleicht verklärt die Vergangenheit etwas, doch ich kann mich erinnern, dass ich mich auch früher öfter mal einfach mit Erkennen des Pferdekopfnebels zufrieden geben musste. Nur einmal war der Himmels so perfekt und ich gut genug drauf, dass ich ohne Filter fast soviel sah wie diesmal mit Filter, und mit Filter sogar deutlich den Pferdekopf erkennen konnte. Was mich etwas ins Grübeln bringt: Sollt' ich als kleines Universalinstrument doch einen 130er APO nehmen? Oder gleich in die Zukunft schauen, und das Feld der kleinen Öffnungen verlassen, besser gleich mindestens mit einem 12" Dob anrücken? Naja, ganz ohne kleines Teleskop werd ich es nicht tun, sicher nicht, weil diese Dinger auch ein großes Gesichtfeld ermöglichen, und das braucht's manchmal einfach. Eine Nachbeobachtung steht noch an, mit dem 8" GSO Dob, was da mit den Filtern und dem Pferdekopfnebel los ist - das will ich nochmals genau ergründen. Mit meinem altbewährte Teleskop war ja alles normal, die Filter funktionieren also noch...
Die Heimfahrt war unproblematisch, mit Temperaturen bis -16° C war es aber recht frisch, und kaum war ich aus dem Wiener Stadtgebiet heraußen, empfing mich auch wieder der garstig böige Wind, der mich bis nach Hause begleitete. Ich meinte aus einer anderen Welt zu kommen...
Howdii