Im Dezember, so weit ich mich erinnern kann, habe ich eher selten beobachten können. Der diesjährige Dezember schien diese "Regel" nicht verletzen zu wollen. Doch knapp vor Jahreskehraus ergab sich eine Möglichkeit - nur die Wettermodelle waren sich nicht so ganz einig über die Nebelsituation. Meteoblue hat für die Steyersberger Schwaig eine klare Nacht versprochen, und ich rechnetet auch aufgrund der Höhe, dass dieser Beobachtungsort über der Hochnebelgrenze liegen müsste. Das visuelle Satbild hat mich davon überzeugt, die Fahrt zu wagen. Die Idee ist ja nicht von mir gekommen, vielmehr hat mich Martin Springinklee am Vormittag angerufen und gemeint, man könnt's versuchen.
Da zumindest für St. Corona am Wechsel Schneehöhen von 40 bis 50 Zentimeter gemeldet waren, rechnete ich durchaus damit, dass auf der Steyersberger Schwaig schon Schibetrieb sein könnte. Daher erschien es ratsam, erst später dort aufzukreuzen, wenn die meisten Einkehrer (hoffentlich) schon wieder nach Hause gefahren sind. Deshalb verabredeten wir uns für 21 Uhr.
Die Fahrt war eher grauslich. Daheim in Mistelbach ist nach einem sonnigen Tag der Nebel schon knapp vor meiner Abfahrt drüber geschwappt. Zum Teil gab es mehr oder weniger dichten Bodennebel auf der B46, der A5 und auch der A2. Etwas verwundert war ich, in Feistritz am Wechsel und auch in Kirchberg am Wechsel wenig bis keinen Schnee zu finden. Auch die Straße auf die Schwaig rauf war im unteren Bereich aper, dann viel Splitt mit ein paar eisigen Stellen, und erst im oberen Teil Schneefahrbahn. Nach gar so viel Schnee hat es aber nicht ausgeschaut.
Ich bin ein paar Minuten nach 21 Uhr rauf gekommen, und gleich einmal erschrocken. Unten beim Teich war eine Schneekanone in Betrieb, und an dem dort stehenden Häusl war ein Außenlicht eingeschaltet. Die Hütte auch außen wie innen beleuchtet, wiewohl kaum Autos auf dem Parkplatz waren. Recht viel Licht also, vor dem ich mich am oberen Parkplatz hinter dem Kassengebäude in "Deckung" brachte. Direktes Licht hatte man dort zwar nicht, aber die Umgebung war ungut hell, und Schnee macht die Sache nicht besser... Nachdem ich leichten Wind aus Süd registrierte, stellte ich meinen Kombi gleich mit der Nase nach Süden auf, um hinter dem Auto in Deckung gehen zu können. Schon irgendwie blöd, wenn einem eh mehr oder minder nur der Südhimmel zum Beobachten bleibt, und da einem das Auto eigentlich im Weg steht. Noch eine Bemerkung: vom Norden bis in den Westen hinein macht sich die Pistenbeleuchtung vom recht nahen Semmering bemerkbar, was den Himmel fast bis in den Zenitraum aufhellte.
Martin kam ein paar Minuten nach mir, parkte sein Auto parallel zu meinem im Lichtschutz des Gebäudes. Er baute für fotografischen Einsatz auf, ich hatte es leichter, der 8" f/6 GSO Dob (der mit dem gebrauchten grünen Tubus war es) mit der neuen Rockerbox ist ja Ruckzuck aufgestellt. Was mir aber beim Hinstellen der Rockerbox einmal Schwierigkeiten bereitete, war der glatte Untergrund. Die haben den Parkplatz dort mit der Pistenraupe geräumt, er war noch "jungfräulich", außer den Spuren des Kettenfahrzeugs waren noch keine vorhanden, also demnach kann man schließen, dass die dort eh noch zu wenig Schnee zum Schifahren haben. Ja, was ich sagen wollte, die Rockerbox rutschte haltlos hin und her, erst nach einer Weile hat sie sich wo "verfangen" und ist stehen geblieben. Ich rechnete, dass sie letztlich am Boden anfrieren und somit nicht mehr rutschen würde. So ähnlich war es dann auch - ich hatte diesbezüglich keine Probleme bei der Beobachtung.
Gegen 23 Uhr sind Männer aus der Hütte gekommen, haben an der Schneekanone rumgemeistert. Ich dachte, ah, jetzt drehen die den Schneestauber ab, und fahren heim. Weit gefehlt. Da hat es offenbar Komplikationen gegeben, und nach einer Weile sind drei Autos dort gestanden, haben kreuz und quer mit den Scheinwerfern herumgeleuchtet. Unter diesen Umständen war Pause für mich angesagt. Erst nach etwa 40 Minuten war es ruhiger, sind die Autos wieder rauf zur Hütte, das Licht bei der Schneekanone sowie die Schneekanone selbst waren aus, auch die Außenbeleuchtung der Hütte. Erst nach 23:30 Uhr war endgültig Ruhe, die Hütte wurde geschlossen und die Autos fuhren alle runter ins Tal.
Die ganze G'schicht hat sich auch in den Messungen der Himmelsqualität mit dem SQM-L niedergeschlagen. Die ersten Messungen ergaben ernüchternde 20.75 mag/sec2, später nur mit Hütten Innenlicht waren es 21.14 mag/sec2, erst wie wir allein waren ist das Ergebnis auf 21.20 mag/sec2 gestiegen. Alles Zenitmessungen, das heißt, man misst einen Teil der Himmelsaufhellung durch die Semmeringpiste im 20 Grad Kegel noch mit... Der Grund, dass die Semmering Pistenbeleuchtung bis nach Mitternacht immer noch aktiv war, ist eventuell in der Umpräparierung der Piste nach den Weltcuprennen zu suchen. Zumindest hat Walter von der Ebenwaldhöhe aus schon beobachtet, dass zu späterer Stunde, aber hübsch vor Mitternacht abgedreht wird.
Nun zu den Beobachtungen: Die Ausbeute unter diesen Umständen klingt sooo schlecht auch wieder nicht. Es war halt nicht sehr viel, was ich in der halbwegs ungestörten Zeit machen konnte. Winterbeobachtungen starte ich gern mit einem Blick auf den Orionnebel (M42). Bei 55x war das Zentrum schon schön strukturiert zu sehen, indirekt kamen die schwachen Nebelpartien heraus. Einen kleinen Ruck nach Norden, da ist er, der "Running Man" (NGC 1973/75/77 ). Und südlich des Orionnebels der Haufen NGC 1980 mit dem "umnebelten" Stern ι Orionis.
Natürlich konnte ich nicht widerstehen zu versuchen, den Pferdekopfnebel (B33) zu knacken. Dazu nahm ich einmal ζ Orionis (Alnitak) ins Visier. Der "benachbarte" Flammennebel (NGC 2024) war bei 55x eigentlich recht gut zu sehen, daher sah ich meine Chance auf den Pferdekopfnebel intakt. Und kaum hatte ich Alnitak aus dem Gesichtsfeld "verbannt" und die Position des Dunkelnebels lokalisiert, versuchte ich das Nebelband IC 434 zu entdecken. Sehr schwach, aber doch, und da - ein pechschwarzer Fleck an der richtigen Stelle. Auch NGC 2023 als "nebeliger" Stern entging meiner Aufmerksamkeit nicht.
Als nächstes Objekt knöpfte ich mir den Weihnachtsbaum Haufen (NGC 2264) und den Konus Nebel vor. Den Nebel um den Stern S Monocerotis sieht man ja bald einmal, jedoch muss der Himmel mehr hergeben, dass man eine Chance auf den Konusnebel hat. Ja doch, ich sah die nebelige Gegend an der Westflanke des Weihnachtsbaumes, und auch die Spitze erschein indirekt nebelig. Wenn man den Blick goldrichtig indirekt dort drauf hatte, war zumindest die Spitze des Konusnebels zu erkennen, aber etwas vage.
Nach der Augengymnastik mit den zwei schwierigen Objekten wollte ich etwas Schönes sehen, und dazu dienen allemal die Pleiaden (M45). Speziell der Merope Nebel (NGC 1435) interessierte mich, und bei einem "scharfen" Blick fiel mir knapp neben Merope ein kleines helleres Fleckerl auf - sollte das IC 349 (Barnards Merope Nebel) sein, bei nur 55-facher Vergrößerung? Die gesehene Position wäre allerdings exakt richtig.
Nach der lichtbedingten "Zwangspause" ging ich es "sachte" wieder an, mit M1, dem Crab-Nebel. Na freilich, dieses Objekt ist kein Problem, ein helles Nebelwölkchen ( bei 55x).
Der Rosettennebel (NGC 2237/38/39/46) fehlte mir noch: Also her damit. Naja, Nebelfilter könnte helfen, der UHC Filter kam zum Einsatz, und 44-fache Vergrößerung für ein größeres Himmelsfeld. Ich wunderte mich erst einmal, dass ich weniger sah als ohne Filter, und speziell eine Bildhälfte so dunkel erschien. Nun, das Blech der geöffneten Heckklappe des Autos ist halt undurchsichtig - kaum hatte ich dieses Hindernis "beseitigt", war es auch schon das, was ich erwartet hatte - die imposanten, strukturreichen Nebelwolken des Rosettennebels, ein herrlicher Anblick, mit dem Sternhaufen NGC 2244 in der Mitte.
Die "neu gewonnene" Dunkelheit nach Schluss in der Hütte wollte ich für Kontrollbeobachtungen nutzen. Daher noch einmal Konusnebel, wieder bei 55x, ohne Filter. Nun, ein bisserl besser war's doch. Zumindest konnte ich nicht nur die Spitze des Konusnebels, sondern ein Stück mehr erhaschen, vor allem die hellere Nebelflanke war sichtbar. Man ist dann auf einmal total verblüfft, wie groß der Konusnebel eigentlich ist.
Auch den Pferdekopfnebel wollte ich nochmals probieren, vor allem mit Filter. Doch zuerst noch ein Kontrollblick ohne Filter auf den Flammennebel. Oho, deutlich besser, mehr Details! Ohne Filter war der Pferdekopfnebel auch alsbald gesichtet, ein kohlrabenschwarzer Fleck im schwachen Glimmen des Nebels IC 434... Ich versprach mir bessere Sichtung durch den Einsatz von Nebelfilter - wurde jedoch enttäuscht. Schon der Flammennebel war schlechter sichtbar, und den Nebel IC 434 konnte ich gar nicht mehr ausmachen, daher war es auch nix mit dem Dunkelnebel. Und das sowohl mit UHC, wie auch mit H-Beta Filter.
Nun wollte ich mir nochmals IC 349, Barnards Merope Nebel, bei höherer Vergrößerung vorknöpfen, ob das wirklich möglich wäre, diesen kleinen Nebelfleck schon bei 55x zu erspähen. Ich wollte mich langsam hineinzoomen, bis zur sicheren Erkennbarkeit des Nebelflecks, und dann schrittweise wieder zurückgehen. Doch bei 120x war ich schon am Ende. Statt eines Sternes sah ich nur einen heftig flirrenden dicken Patzen. Nein, so geht das sicher nicht.
Das Nasentröpferl war mittlerweile Dauerstadium geworden, bei Martins Fotosetup machte ein Akku schlapp - aus, Ende. Zusammenfassend, keine so schlechte Ausbeute für mich, doch alle Objekte schon einmal besser gesehen, und zwar sicher in jener sensationellen Ebenwald Nacht vom 14. Dezember 2004, wo ich den Konus Nebel zum ersten Mal mit meinem 5.7" Maksutov-Newton geknackt hatte. An diese Qualität kam der Himmel hier leider nicht heran. Gerade Pferdekopfnebel und Konusnebel sind sehr sensible Objekte - doch dass man die überhaupt erwischt, muss der Himmel schon ein bissl was können. Es hat gerade dazu gereicht. Was mich ein etwas rätselnd zurücklässt: Warum UHC und H-Beta Filter beim Pferdekopfnebel nichts geholfen haben? Liegt es am Spiegel Coating des GSO, oder ist es der beginnende graue Star bei mir, oder ist der kleine Mak-Newton doch so ein Wunderwuzzi? Das bedarf einer Klärung, hoffentlich bald - und ja, es ist wirklich an der Zeit, dass mein Ceravolo wieder einmal Sternenhimmel sieht....
Martin hat immer wieder bei mir mitgespechtelt. Ob deswegen bei ihm eine Panne nach der andern kam? ;-) Oder war es einfach liebevolle Intensivbetreuung durch den ehrenwerten Herrn Dr. Murphy, die uns in dieser Nacht zuteil wurde? Ich möchte nicht sagen, dass die Steyersberger Schwaig im Winter keine Reise wert wäre. Die Semmering-Pistenbeleuchtung sollte eigentlich normalerweise vor Mitternacht enden, und immer wird es auch nicht Probleme mir der einen Schneekanone unten bei der Hütte geben. Schaut aber so aus - dieser Beobachtungsort wäre speziell im Winter eher für die zweite Nachthälfte empfehlenswert. Da sollte oben Ruhe sein, und der Himmel seine typische Qualität ausspielen können. Also, eine Möglichkeit wäre ja, früher rauf fahren, Teleskop aufbauen, in die Hütte gehen, solang dort Betrieb ist. Wenn man dann zum Fernrohr zurückkommt, ist sicher alles vereist, man kann abbauen und nach Hause fahren ;-) Oder man fährt vielleicht gleich so spät rauf, dass man erst so um 23 Uhr ankommt....
Howdii
Anmerkung 2018: Das Spiegel-Coating, wie erwähnt, war im Verdacht. Es war definitiv defekt, durch zigmaliges Auskondensieren feiner Tröpfchen. Es hatte einen leichten Gelbstich. Diesen Spiegel habe ich letztlich durch einen neuen ersetzt, dann war ein merkbar helleres Bild gegeben.