Himmelsqualitäts -Vergleich

9. 8. 2010, Großmugl, Altenmarkt i.T., Oberleis, Schrick

Man kennt ja sicher meine Einstellung zu dem Tamtam um den "besonderen Himmel" über Großmugl. So begrüßenswert die Initiative der Gemeinde Großmugl, den Nachthimmel zu schützen, ist, genauso muss man auch ehrlich zugeben, dass Weinviertler Himmel eben Weinviertler Himmel ist. Ich habe auch immer gesagt, es gibt bessere Plätze, und sicher auch schlechtere, hierzulande.

Gut, man muss verstehen, bei Großmugl steht mehr dahinter. Es ist nun gelungen - die Vollversammlung der UNESCO hat beschlossen, geschützten Nachthimmel als Welterbe anzuerkennen. Und wer sich um diesen Status bemüht, was Großmugl vorhat, hat freilich hohe Auflagen, aber der Himmel sollte auf diese Weise auch wirklich "sicher" sein vor schlechter werdenden Bedingungen durch z.B. Disco-Skybeamer, Gewerbebetriebe, die ihren Betonkasten in der Nacht beleuchten müssen, etc. Dazu herzliche Gratulation.

Freilich würde ich mir wünschen, vielmehr die guten Orte, wo man noch dunklen Himmel vorfindet, wo die astronomische Beobachtung noch nicht so stark eingeschränkt ist, zu schützen vor allfälligen "Angriffen" die da kommen könnten. Diese Lokationen liegen aber nicht im Weinviertel sondern in den Bergen...

Jedenfalls, um meine Ansichten von der Himmelsqualität im Weinviertel zu belegen, habe ich eine ausnehmend gute Nacht geopfert und bin mit dem Auto durch die Gegend gedüst, habe diverse Orte angefahren, mit dem SQM-L Messungen getätigt, und mir auch visuell einen Überblich verschafft, wie es jeweils aussieht.

Der Startpunkt meiner Messungen war Großmugl. Ich bin in der späten Dämmerung auf die Wiese beim Leeberg gefahren und habe die Dunkelheit abgewartet. Um herauszufinden wann es dunkel genug ist, kam das SQM-L schon immer wieder zum Einsatz. Ich konnte so sehen, wie die Messergebnisse immer besser wurden, bis sie schlussendlich stagnierten. Da war nichts mehr Besseres zu erwarten, obwohl am Horizont noch ein ganz schwacher Rest von Dämmerung vorhanden war. Das SQM-L mit 20° RMS Messkegel sieht das aber nicht mehr, wenn im Zenit gemessen wird. Um 22:20 Uhr gab es im Zenit 21.07 mag/sec2. In Südrichtung, etwa 48° Höhe habe ich 20.87 mag/sec2 gemessen, in Richtung Wien in derselben Höhe 20.84 mag/sec2. Der visuelle Eindruck: Die Milchstraße war im Zenitraum mittelmäßig gut und etwas strukturiert zu sehen  Im Süden war bald nach der Schildwolke Schluss, da "sauft" die Milchstraße im aufgehellten Himmel einfach "ab". Im Ort gibt es nun Natriumdampflampen, deren gelbes Licht weit weniger stört als weißes Licht. Eine solche weiße Lichtquelle konnte ich ausmachen, die wirklich raussticht. Für einen Schutzanspruch des Nachthimmels ist das einfach noch viel zu viel direktes Licht. Zumindest die Kirchenbeleuchtung war um 21:56 Uhr bereits aus. Wien liegt bekanntlich nicht direkt südlich von Großmugl, ist deutlich nach Südosten versetzt, aber die Lichtglocke dominiert diesen Himmelsbereich und hellt den Himmel bis hoch hinauf auf. Weinviertel halt. Das kennt man so und es ist ziemlich egal wo man sich hinstellt, wenn man nicht extra weite Wege fahren will. Man kann nur die Lichtglocke durch Wahl des Standorts mehr nach Westen oder mehr nach Osten "schieben" - je nach Bedarf.

Nächster Punkt meiner Fahrt war die "Lehmgstettn" oberhalb von Altenmarkt i.T. Das ist nördlich des großen Waldgebietes, Luftlinie vielleicht 15 km weit von Großmugl entfernt. Walter hat diesen Platz einst aufgrund der Lichtverschmutzungskarten rausgepickt. Und wir wissen aus Erfahrung, einen besseren Himmel gibt es in moderater Entfernung von Wien nicht. Was sagt das Messergebnis? Um 22:50 Uhr hatte es im Zenitraum 21.15 mag/sec2. Richtung Süden in 48° Höhe 21.10 mag/sec2, Richtung Wien in derselben Höhe 21.04 mag/sec2. Ich denke diese Zahlen sprechen für sich und bestätigen das, was man erlebt: Die Lichtglocke von Wien ist kompakter, reicht nicht so weit hinauf in den Himmel, und liegt auch, wie von Großmugl aus, gegen Südosten zu. Die Milchstraße kann man westlich der Wiener Lichtglocke weiter runter verfolgen, bis halt alles im Horizontdunst und der doch leicht vorhandenen Aufhellung verblasst. Jedenfalls war mein Eindruck, gleich bei der Ankunft: Whoa, die Milchstraße so im Weinviertel zu sehen ist eine Wucht! Kein Vergleich mit Großmugl! Nur, hier rauf können halbwegs bequem bestenfalls zwei Autos, mit drei wird es schon ein bissl schwierig. Der Platz zum Aufstellen von Teleskopen ist begrenzt. Jedoch der Himmel da kann was. Vor allem nach Osten zu der ganze Ernstbrunner Wald, die Leiser Berge, da ist der Himmel für Weinviertler Verhältnisse wirklich gut. Im Westen merkt man Hollabrunn, aber nicht so stark, dass der Zenitbereich beeinträchtigt wäre.

Dritte Station: Oberleiser Berg. Um 23:15 Uhr war ich bereit für Messungen. Zenitraum brachte 21.07 mag/sec2. Südrichtung und Wien fallen hier zusammen, in 48° Höhe waren 21.04 mag/sec2 zu verzeichnen. Der Eindruck ist nicht signifikant besser oder schlechter als Großmugl. Die Milchstraße wirkt im Zenitraum genauso wie von der Leebergwiese aus, die Messung der Zenitqualität ergibt auch gleiche Werte. Im Vergleich zur Milchstraße von der Altenmarkter Lehmgstettn aus eine eher matte Sache hier. Fazit: In der selben Nacht gibt der Himmel bei Altenmarkt i.T. deutlich mehr her. Dort wär' ich gern geblieben, am Oberleiser Berg hab' ich irgendwie ein fades Aug' gekriegt... Was dieser Standort halt für sich hat: Auch eine große Wiese, wo man die Gesellschaft eines Teleskoptreffens unterbringt, und: es ist der höchste Punkt den man mit Teleskop ansteuern kann, ohne im Wald zu stehen wie am Buschberg. Das kann im Herbst bei Bodennebel den Ausschlag geben, ob man noch beobachten kann oder nicht, wenn auch mit hoher Luftfeuchtigkeit dann... Andererseits ist es rein subjektiv "schlecht", weil man von hier aus direkt nach Wien hineinsieht, und Wien ist auch genau im Süden, was wirklich nicht optimal ist. Deswegen zählt ja der Oberleiser Berg nicht zu meinen bevorzugten Beobachtungspunkten.

Der letzte Standort, den ich ansteuerte, war oberhalb von Schrick, wo wir auch öfter stehen. Der Osthimmel und Nordhimmel sind dort ok, nicht ganz so gut wie bei Altenmarkt, aber für mich wiegen die nur 10 Minuten Fahrt schon auch was, wenn ich schnell raus will und einen für's Weinviertel passablen Himmel brauche. Hier traf ich auf Martin Springinklee, der gleich hier her gefahren war. Wir hatten den Treffpunkt vereinbart. Um 23:55 war ich dort. Der visuelle Eindruck, naja, halt auch auf dem Niveau von Oberleiser Berg und Großmugl, kein wirklicher Ersatz für Altenmarkt i.T. Allerdings roch es hier schon deutlich feucht, und ich weiß, der Himmel da hier kann eine Spur besser. Das zeigte sich auch im Messergebnis: Zenit 21.04 mag/sec2, Süden ist etwa auch Richtung Wien, hier gab es 20.96 mag/sec2 in 48° Höhe. 

Fazit: Ob Großmugl, Oberleiser Berg oder Schrick, da ist nicht viel um. Die Zenitqualität ist etwa gleich gut, oder gleich schlecht. Da oder dort reicht die Lichtglocke von Wien etwa gleich hoch hinauf. Kein großer Unterschied. Jeder dieser Plätze hat halt was für sich, wer schneller in Großmugl ist kann sicher dort beobachten, wer schneller am Oberleiser Berg ist halt dort, und für mich ist auf diese Weise Schrick eine Wahl. Doch mit dem Himmel bei Altenmarkt können diese Plätze nicht konkurrieren. Dort ist es einfach besser, und wie bereits beschrieben, nicht rein zufällig. Eine Bestätigung bekam ich auch durch Martin Sprininklee, der in der Folgenacht ebendort auf der "Lehmgstettn" von Altenmarkt Station machte. 

Eine letzte Messung führte ich in Mistelbach, daheim im Garten, um 00:25 Uhr durch. Hier ist nur der Zenitraum brauchbar, daher nur ein Ergebnis: 20.56 mag/sec2. Für Mistelbacher Stadthimmel doch recht respektabel, auch wie die Milchstraße zu sehen war. Zeichen einer wirklich guten Nacht.

Zu den Messungen noch ein paar Details. Ein altes Messtechniker Sprichwort sagt: "Wer misst, misst Mist". Man muss also schon auch aufpassen, was man misst, und wie man misst. Sonst kommt eben Mist raus. Um den Einfluss der Milchstraße auf das Messergebnis "konstant" zu halten, habe ich nicht ganz strikt in den Zenit rauf gemessen, sondern immer Wega anvisiert. Während ich von Ort zu Ort unterwegs war, hat sich ja die Milchstraße deutlich weiter in den Zenit gedreht. Und, die Ergebnisse des SQM-L sind ein bissl mit Vorsicht zu genießen. Es wird ja nur ein kleiner Kreis von 20° RMS abgegriffen, der oftmals bessere Werte liefert als man den Eindruck hat. Man misst hier selektiv. Das ist für visuelle Beobachter sicher nicht schlecht, es sagt aber nichts aus über die "Gesamtqualität" des Himmels. Deswegen habe ich speziell noch Messungen nach Süden bzw. Richtung Wien angeschlossen, wobei ich beim Polarstern die Höhe "abgenommen" habe, und mich dann umgedreht habe. So ist die Messung sicher nicht ganz exakt 48° Höhe, aber doch nicht so daneben, wie wenn man nur schätzen würde. Und ja, das Ergebnis einer SQM-L Messung darf man so nicht einfach für bare Münze nehmen. Werte, die mit demselben Instrument gewonnen wurden vergleichen, das sicher. Mit einer Formel den Wert auf Magnituden umzurechnen ist jedoch ein bissl problematisch. Es gibt dazu eine Grafik (siehe unten), die das direkte Umrechnungsergebnis als durchgezogene schwarze Linie zeigt. Man sieht aber, dass eine ganze Bandbreite auf und ab möglich ist. Hier kommt halt auch wieder dazu, dass eben die Schätzung des schwächsten sichtbaren Sterns sehr subjektiv ist. Z.B. hätte ich persönlich für Großmugl und Oberleis keine 6 mag vergeben, eher so an die 5.8 mag heran. 'Tschuldigung, aber eine 6 mag Himmel Milchstraße schaut schon kontrastreicher und feiner strukturiert aus. Für Altenmarkt wären 6 mag gut und gern gerechtfertigt gewesen. Die Milchstraße im Zenit und runter bis zumindest zur Schildwolke war wirklich verblüffend gut und reich strukturiert zu sehen. Man möchte nicht glauben, was die paar Klilometer Entfernung zu Großmugl ausmachen. Schrick hätte ich prinzipiell etwa gleich mit Großmugl und Oberleis eingestuft, jedoch war hier der Eindruck durch die Feuchtigkeit schon etwas beeinträchtigt, es war nimmer ganz so gut, was sich auch im Messergebnis zeigte. Soviel zu meiner persönlichen Einschätzung des Himmels an den einzelnen Standorten.

Jedenfalls haben die Messergebnisse bestätigt, was ich rein so aus Erfahrung sage. Und damit ist hoffentlich auch die Sache mit dem "astronomischen Wunder" von Großmugl geklärt: es ist der Welterbestatus für geschützten Nachthimmel, sonst gar nichts. Zum wirklichen Schutz des Nachthimmels seitens Großmugl fehlt auch noch Etliches. Lobenswert ist, dass Großmugl den Anfang machen will, in der Hoffnung, dass weiter Orte oder gar Regionen auf diesen "Zug" aufspringen und folgen. Was man in Großmugl nicht im Griff hat, sind halt die "Anderen". In einer Nachbarortschaft wird die Kirche munter angestrahlt, und die kleinen Lichtschwammerl der nahen Nachbarorte sind so wie Kleinvieh, das auch Mist macht. Gegen Wien und Stockerau kann man sowieso nichts ausrichten. Traurig und ernüchternd ist ja z.B. die Licht-Halbschaltung von Wien, die zwar im Effekt messbar ist, aber de facto nicht wirklich so viel bringt wie erhofft. Man fragt sich, wo das ganze Licht her kommt. Ohne strenge behördliche Auflagen für Außenbeleuchtung und Reklametafeln Österreichweit wird sich leider Gottes nicht viel tun. Um nochmals auf meine Aussage von weiter oben zurückzukommen - man solle den Nachthimmel dort schützen, wo er derzeit noch schützenswert ist: Genaugenommen ist der Nachthimmel überall auf der Erde schützenswert. Ich hoffe, man versteht mich richtig.

Howdii