Anlässlich der internationalen Saturnnacht 2008 hatte Wolfgang Wiesinger zu einer gemeinsamen Beobachtung auf dem Schatzberg bei Wulzeshofen eingeladen. Diemeteoblue Seeing-Vorhersage versprach gutes Seeing. Nach meiner eigenen Einschätzung erwartete ich ebenfalls gutes Seeing in dieser Nacht. Um das aber wirklich zu erfahren, zog ich vor, nicht einfach den Weg in meine Sternwarte zu nehmen (hier hätte ich ja mit den üblichen lokalen Seeingeffekten zu kämpfen gehabt), sondern aus der Stadt raus zu fahren. Da war natürlich der Schatzberg eine Wahl, um gleichzeitig diesen Beobachtungsplatz näher kennen zu lernen.
Skeptisch war ich wegen der vielen Schleierwolken am Nachmittag. Lustigerweise war der Himmel nach Norden zu klar, nach Süden zu voll mit Schleiern. Jedenfalls sah es bei der Anfahrt so aus, als wenn der ganze Wolkenpack südlich, mehr über Wien liegen würde, auch ein Beobachtungsplatz in den Leiser Bergen wäre noch betroffen gewesen. Doch die Wolken sollten sich letztlich auflösen, zumindest wir sahen dann nichts mehr davon.
Auf den letzten Kilometern der Strecke lief ich auf den Wagen von Wolfgang auf. Er war extra langsam gefahren, um möglicherweise einen pünktlichen Ankömmling gleich "mitnehmen" zu können. Ich hätte wohl aber auch so hingefunden, zumal mir das GPS Navi den Weg wies... Mein Navi will einfach ab und zu "GPS-Luft" schnuppern, sonst verliert es die Almanach-Daten, und dann kann es - wenn man es wirklich mal schnell brauchen sollte - elendlang dauern bis das Navi sich wieder auskennt, wo seine Satelliten sind... Ansonsten würd' ich meinen, dass ich mich im Weinviertel schon noch recht gut zurechtfinde. :-)
Gleich bei der Ankunft am Beobachtungsplatz, als ich aus dem Auto ausstieg und mein Blick gegen Süden schweifte, verzog es mir das Gesicht. Oops, genau südlich liegt die Chemiefabrik Pernhofen, die beleuchtet ist wie ein Christbaum... Wolfgang meinte zwar, das stört nicht wirklich, jedoch war mir sofort klar, hier gibt es keine gute Dunkeladaption, weil man es kaum vermeiden kann immer wieder direkt in die Lichter zu blicken. Auch die die Himmelsaufhellung wetteifert mit Wien, die Bundeshauptstadt liegt genau in gleicher Richtung. So gesehen, schade, es wäre sonst ein netter Beobachtungsplatz mit weitem Horizont.
Nach und nach gesellten sich weitere Beobachter zu uns: Ludwig Grandy, Josef Brauneis, Martin und Daniel Springinklee von der Leiser Astrorunde, und einige Gäste von Wolfgang. Es war also ganz schön was los, bei diesem Weinviertler Beobachtungstreffen.
Meine erste "teleskopische Aufmerksamkeit" galt dem Planeten Mars. Zwar ist dessen "beste Zeit" dieser Sichtbarkeitsperiode schon längst vorüber, dennoch zeigte mein 5.7" f/6 Maksutov-Newton an dem nur mehr 9.5" kleinen Planetenscheibchen etliche Details. Das Seeing war wirklich recht gut. So kam ich auf die Idee, mit der Webcam draufzuhalten. Mal sehen, was da noch geht. Demnach nahm ich mein altes Notebook in Betrieb, bereitete die Webcam vor, fing den Mars mit 5x Barlow und Fadenkreuzokular ein, und dann ging es los. Was gutes Seeing und wirklich gutes Seeing ist, zeigt die Webcam gnadenlos. So gut war's also auch wieder nicht. Mars zappelte ganz schön herum, und immer wieder zerriss es auch das Bild, so dass nur mehr ein "schmutziger rötlicher Farbtupf" zu sehen war. Ein tolles Ergebnis war nicht zu erwarten. Was ich im Live-Stream der Webcam so sah, war nicht wirklich viel mehr als was ich vorher bei der visuellen Beobachtung schon sehen konnte. Um dem Publikum ein bisschen was zu bieten, ließ ich gleich ein AVI File durch die Registax Verarbeitung laufen, um ein "fertiges" Bild zu zeigen. Speziell ungeübte Beobachter sehen da drauf sicher mehr als wenn sie ins Okular schauen...
Mars am 24. 2. 2008, ca. 19:45 MEZ. 5.7"
f/6
Maksutov-Newton @ f/30. 670 Frames @ 1/50Sek.
Darstellung 1.5-fach vergrößert. Norden ist links.
Genug mit Mars, bis zur Saturnbeobachtung war jedoch noch Zeit. Zwischendurch vertrieben wir uns die Zeit mit Plaudern, aber auch mit der einen oder anderen Beobachtung.
NGC 2264 - Weihnachtsbaumhaufen. Immer ein schönes Objekt. Wir beobachteten in Wolfgangs 10" RCX (Anm: die RCX sollten später ACF heißen). Unser Ziel war eigentlich der Konusnebel. Wär' der drin bei diesem Himmel? Ich holte einmal mein 27 mm Panoptic Okular, um etwas niedrigere Vergrößerung zu erreichen. Zumindest war es nun um die Spitze des Weihnachtsbaumes "nebelig". Und blickweise meinte ich eine Kante des Dunkelnebels erwischt zu haben, bzw. manchmal hatte ich den Eindruck ein kurzes dunkles Ding hier zu sehen. Wolfgang konnte das einigermaßen nachvollziehen.
M42: Da schlug die Himmelsaufhellung gnadenlos zu. Der Richtung SW geschlossene Ring war nur schwach zu erahnen. Es fehlte hier einfach am Kontrast. Die Huygens Region gibt allerdings bald was her, wenn man ordentlich reinvergrößert. Auch den nördlich gelegenen Reflexionsnebel NGC 1977 nahm ich näher ins Visier, und konnte den "Running Man" (Dunkelstruktur) andeutungsweise erwischen.
M33: Spiralarme schwierig auszunehmen. Himmel zu stark aufgehellt. Unter solchen Bedingungen ist M33 ein undankbares Beobachtungsobjekt.
M35 und NGC 2158: M35 ist ein recht loses "Sternengewitter", hier ist man mit niedriger Vergrößerung am Besten dran. Wenn er nicht so weit weg wäre, der etwas unscheinbare "Nachbar" NGC 2158 wäre ein feines Objekt, sternreicher und kompakter. Es zahlt sich aus, hier höher zu Vergrößern, man kriegt dann speziell bei indirekter Beobachtung schon ein bisschen was von der Schönheit mit...
Komet 17/P Holmes: Leider hatte ich verabsäumt, die Ephemeriden auf mein altes Notebook zu übertragen. Jetzt stand ich da, und wusste nicht, wo ich nach dem Kometen suchen sollte. So leicht findet man den Burschen ja nicht mehr... Josef half mir mit seinem 10" SC aus. Er fuhr den Kometen per Goto an, und ich lugte einmal durch den Sucher und ins Okular. Die Stelle war markant, weil es in unmittelbarer Nähe ein Sternpärchen 8. Größe mit hübschem Farbkontrast gab (K5/A5). So fiel es mir nicht schwer, die Stelle in meinem kleinen Maksutov-Newton zu lokalisieren. Im Sucher hatte ich schon eine sehr schwache Aufhellung erkannt, und auch im Okular bei 40x war der Komet als schwacher, ausgedehnter Fleck zu sehen. Im 10" SC war der Komet nicht zu erkennen, obwohl mitten drauf - zu kleines Gesichtsfeld, zu hohe Vergrößerung verhinderten dies.
Mittlerweile war es gegen 23 Uhr geworden, Zeit, sich mit Saturn näher auseinander zu setzen. Wolfgang meinte nur, das Seeing sei jetzt nicht mehr so gut wie früher. Hm. Beim Blick durchs Okular, bei grad einmal 87x fiel mir auf, dass Saturn immer wieder seeingbedingt nach Norden "wegzuckte". Das machte mich natürlich ein bisschen stutzig. Aber ich steckte unverzagt die 5x Barlow an und das 9mm Fadenkreuzokular dazu - das ergibt 480-fache Vergrößerung. üblicherweise sieht man dann ein waberndes Ding vor sich. Weit gefehlt! Man sah auch hier deutlich wie Saturn nach Norden hin "wegzuckte" und "Parallelsaturne" erzeugte, dennoch war das Bild für kurze Momente immer wieder ruhig, und ein knackscharfer Saturn präsentierte sich! Whow! Die Reihen der Beobachter hatten sich schon deutlich gelichtet, doch Wolfgang und Josef konnten diesen Blick noch genießen. Dann steckte ich die Webcam statt dem Okular dran. Nachdem der Fokus gefunden war, gab es im Live-Stream immer wieder einen scharfen Saturn zu sehen. Ha, das wird wohl ein feines Bild, dachte ich. Doch manchmal kommt es anders... ...zum Beispiel mit "Parallelsaturn".
Saturn am 24. 2. 2008, ca. 22:50 MEZ.
5.7" f/6
Maksutov-Newton @ f/30. 900 Frames @ 1/25 Sek.
Rohbild nach Stack/Wavelet/RGB-Align, vergrößerte
Darstellung. Norden ist links nach
oben.
Das Bild ist nicht gepflegt, sondern nur so hergerichtet, dass man diesen Effekt deutlich sieht. Und der "Geistersaturn" macht das Bild unbrauchbar. Allerdings, was steckt dahinter? Hm, genau nach Nord hat das Seeing solche "Parallelsaturne" erzeugt. Zuerst hatte ich tatsächlich das Seeing oder gar die atmosphärische Refraktion/Dispersion in Verdacht, dass die so arg gewesen sein könnte, dass man schlicht die Farbkanäle nicht mehr zur Deckung bringt.
Bei näherer Untersuchung wurde ich aber dann nochmals stutzig. Alle Resultate aus den verschiedenen AVI Files zeigen diesen "Parallelsaturn", und genau gleich. Außerdem, wenn es ein Seeing Effekt wäre, dann wäre wohl der "Parallelsaturn" nicht auf allen Resultatbildern so gleichmäßig scharf rausgekommen. Ich habe letztlich noch die RGB Kanäle einzeln inspiziert. Ha, da haben wir den Salat. Rot zeigt bereits diesen "Parallelsaturn", aber nur sehr schwach. Grün zeigt diesen Effekt deutlicher, im Blauen ist er recht stark, aber etwas ausgefranster - Blau ist am empfindlichsten, vom Seeing her. Die "Parallelsaturne" der einzelnen Farbkanäle liegen aber deckungsgleich, sie sehen nur bläulich aus, weil vorwiegend Grün und Blau dazu beitragen. Also was war's? Ich vermute eine Spiegelung. Mein kleiner Maksutov-Newton hat einen Drehfokussierer, der kräftig eiert. Das ist vollkommen unerheblich bei der visuellen Beobachtung. Beim Webcam-Imaging wohl eher nicht. Schon beim Fokussieren hatte ich Mühe, und musste Saturn immer wieder neu einfangen und zentrieren, weil er mir aus dem Bild "geeiert" ist. So kam wohl der Chip der Webcam schief zur opt. Achse zu liegen. Als Spiegelflächen kommen der Chip selbst und der IR Sperrfilter in Frage. Auffallend ist, dass der "Parallelsarturn" etwas kleiner ist als der "richtige" Saturn. "Kombiniere," es könnte also Saturn vom Chip zurückgespiegelt worden sein, und vom IR Sperrfilter nochmals reflektiert worden sein. Das hat dann der Chip als "Geist" aufgenommen. Nick Knatterton meint, der Fall ist gelöst :-)
Halt, so schnell sind wir aber noch nicht am Ende. Das Bild zeigt doch eines: Der Saturnring ist strahlend hell, und hebt sich kontrastmäßig deutlich vor dem Planeten ab. Dies ist durch den Seeliger Effekt erklärt (Hugo von Seeliger, 1849 -1924). Die Ringteilchen stehen zur Opposition so, dass sie ihren eigenen Schatten verdecken, und Eispartikel reflektieren die Sonnenstrahlung direkt zurück. Dieser Effekt tritt somit nur innerhalb weniger Tage um die Opposition auf. Auch der Mond zeigt im Wesentlichen bei Vollmond diesen Effekt, dass er deutlich heller leuchtet.
Howdii