Bevor ich auf meine Beobachtungen vom 15. 7. komme, muss ich ein wenig ausholen und kurz von ein paar anderen "Spechtlevents" im Weinviertel berichten.
7. 7. 2007: Dieses "magische Datum" rief rein zufällig einen Astro-Einsatz hervor. Martin Springinklee von unserer Oberleiser Astrorunde hatte die Initiative, aufgrund der eventuell absehbaren klaren Nacht ein "außertourliches" Spechtltreffen am Oberleiser Berg zu veranstalten. Chris Heller lud per Mail-Rundruf ein, zu kommen. Für diesen Abend hätte mich aber auch Günther Petz mit seiner angeschlossenen kleinen Gruppe gern zu meinem Platzl oberhalb von Schrick eingeladen. Nun, zerreißen kann ich mich nicht, und mein 6. Sinn sagte mir, dass man auf freiem Feld besser nicht stehen sollte, weil die Getreideernte heftig in Gang war. Ich versuchte also die "Petz-Truppe" auf den Oberleiser Berg umzuleiten. Nachdem am Schricker Platzl tatsächlich grad der Mähdrescher unterwegs war, kam also die "Petz-Truppe" (Günther und Marion Petz, Martin Helm, Dieter Beer) am Oberleiser Berg mit den Leuten der Astrorunde in Kontakt. Hui, da war gleich was los, gut an die 10 Autos waren da, und dementsprechend viele Teleskope...
Leider hatte nur der Dämmerungshimmel nach einer guten Spechtlnacht ausgesehen. Es war einigermaßen windig, und BOLAM hatte Wolkennachschub ab Mitternacht versprochen. Dem war auch so, bevor es noch richtig finster wurde kamen immer mehr Wolken. Es wurde schließlich mehr eine Jagd nach Wolkenlücken. Schade um die Nacht, der Himmel wäre ansonsten gut gewesen, auch das Seeing war besser als erwartet. Jupiter gab in der Dämmerung doch einige Details her. Neben Jupiter und Venus beobachtete ich in meinem 5.7" Maksutov-Newton noch M13, Epsilon Lyrae (bei 87x getrennt), M57 und M101. Letzteres Objekt ist noch eine Bemerkung wert: Im kleinen Maksutov-Newton konnten mein Astropartner Walter Koprolin (der auch gekommen war) und ich Spiralarme erkennen! Interessant war die gute Fernsicht an diesem Abend. So sahen wir vom Oberleiser Berg direkt nach Bratislava hinein. Wir können nur feststellen: Bratislava ist weit nicht so arg wie Wien, aber die haben schon einiges "aufgeholt", leider...
13. 7. 2007: Die "Petz-Truppe" hatte mich verständigt, sie würden am Abend mein Schricker Platzl aufsuchen. Nun, die Sache war noch nicht sicher, da die Wolken erst sehr spät gegen Abend überraschend abgezogen waren. Ich hatte daher kein Teleskop mit, nur den 7x50 Feldstecher. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause komme ich meist an der Straße von Sulz nach Schrick entlang, da war es nur ein kleiner Abstecher runter zum Beobachtungsplatz. Was mir bei der Anfahrt auffiel, waren helle Wolken am Nordwesthimmel, vor denen sich die letzten Restwolken dunkel abzeichneten. Ich war mir nicht ganz sicher, ob hier NLCs zu sehen waren, weil mit die typische Struktur fehlte, und weil eine Täuschung möglich wäre, dass der Dämmerungshimmel über den dunklen Wolkenstreifen einfach heller erscheinen könnte. Unten am Beobachtungsplatz angekommen nahm ich die Sache gemeinsam mit Marion noch einmal unter Augenschein, und wir kamen zum Schluss, dass es doch weiße Wolken sein müssten. Nun, die Berichte der WAA Beobachter auf der Hohen Wand und weitere Beobachter bestätigten letztlich, dass es sich bei dieser Erscheinung wirklich um NLCs gehandelt hat. Über meine Beobachtungen mit dem Feldstecher möchte ich nur so viel sagen: Ich bekam Lust, wieder einmal mit dem Teleskop die südliche Milchstraßenregionen zu durchstreifen... Während die "Petz-Truppe" noch bis zur Morgendämmerung durchhielt, fuhr ich schon um ca. 1 Uhr nach Hause - die anstrengende Arbeitswoche forderte halt ihren Tribut...
17. 7. 2007: Wieder war es Martin Springinklee, der mich zu einem Spechtlabend auf den Oberleiser Berg einladen wollte. Nachdem er auch das Schricker Platzl einmal kennen lernen wollte, gelang es mir, ihn dorthin umzuleiten. Wie schon am 13. würde ich bei der Heimfahrt von der Arbeit einen Abstecher zum Beobachtungsplatz machen. Diesmal hatte ich gar nichts mit, durfte aber ein bissl durch Martins C8 mitspechtln. Kurz gesagt, der Himmel war im Zenitraum noch ok, an die 6 mag heran, M13 war freisichtig zu erhaschen, doch das was ich am 15. an Himmel hatte, war es nicht mehr. Lagunennebel und Trifidnebel ersoffen regelrecht in der Wiener Lichtglocke... Nun habe ich aber schon etwas angedeutet, und daher zur Sache:
15. 7. 2007: Für diesen Sonntagabend konnte ich niemanden "begeistern", mit mir am Schricker Platzl zu spechteln. So packte ich in der späten Dämmerung meinen kleinen 5.7" Maksutov-Newton in's Auto und fuhr los. Die Wartezeit bis zum Ende der Dämmerung wollte ich mir mit Webcam Aufnahmen von Jupiter vertreiben, doch ein Blick durchs Teleskop reichte. Das Seeing war eher mies, da baute ich den ganzen Technikkrempel gar nicht erst auf. Aus SO gab es mäßig lebhaften Wind, es war warm aber nicht ungut heiß, und sehr trocken. Keine Belästigung durch Gelsen. Wie der Himmel schon halbwegs dunkel wurde, begann ich bereits im Skorpion meine Beobachtungen, um den Schützen noch zu erwischen, bevor dieses Areal zu sehr von der Wiener Lichtglocke beeinträchtig würde. Durch die allgemein sehr trockene und warme "Wüstenluft" war die Lichtverschmutzung sehr zahm, der Lichtdom von Wien erfreulich flach. Der NW ist an diesem Beobachtungsplatz meist aufgehellt, war aber weitgehend dunkel, auch das "Lichtschwammerl!" von Mistelbach war flach und kompakt. Der Zenitraum bot einen prächtigen Anblick, und die Milchstraße war kontrastreich und gut strukturiert zu sehen, wie nur selten im Weinviertel! Locker 6 mag Grenzgröße! So, und nun zu meinen Beobachtungen in den Details...
M4: aufgehellter Himmel, daher nur die hellsten Sterne sichtbar. Lockerer Sternhaufen, die charakteristische "Linie" aus Sternen war deutlich sichtbar.
M80: aufgehellter Himmel. Recht kompakt, bei 87x in den Außenbereichen etwas grießlig.
M19: Ziemlich schwacher Kugelsternhaufen, auch relativ klein. Bestenfalls ein paar Einzelsterne bei 145x aufgelöst.
M62: Größer und heller als M19, bei 145x Einzelsterne, "klumpiges" Aussehen.
NGC6369 (Little Ghost): Ein planetarischer Nebel mit ca. 30" Durchmesser und einer visuellen Helligkeit von 11.4 mag. Allerdings auf einer Deklination von -23.75 Grad und damit nur etwa 10 Grad über meinem lokalen Horizont... Den Ort des Objekts hatte ich zwar eingestellt, doch erweckte nichts meine Aufmerksamkeit. Deshalb griff ich einmal zum [O III] Filter um das Feld zu "blinken". Ah, da ist was! Gut, dann den [O III] Filter einschrauben. Bei 87x war die beste Sichtbarkeit gegeben, ein bleicher, recht schwach wirkender runder Fleck. Mehr an Details war nicht drin, am Rande der Wiener Lichtglocke und so tief unten.
M6 (Schmetterlingshaufen): Feiner offener Sternhaufen bei 40x, die lockere Sternformation erinnert an einen Schmetterling mit ausgebreiteten Flügeln.
M7 (Ptolemäus' Sternhaufen): Hellere Sterne als bei M6, daher im Sucher auffälliger, lose Gruppe bei 40x
M8 (Lagunennebel): Ohne Nebelfilter war bei 40x die "Hourglass" Region als Verdichtung deutlich zu erkennen, gab aber bei höherer Vergrößerung nix weiter her, da spielte das Seeing einfach nicht mit. Mit UHC Filter war der Lagunennebel für Weinviertler Himmelsverhältnisse eine Pracht, ich konnte auch schwächere Nebelausläufer recht einfach wahrnehmen!
M20: Der Reflexionsnebel war doch etwas schwierig zu sehen, der Emissionsteil mit UHC aber gut, und bei 87x konnte ich die dunklen "Rüssel" erspähen. Im Zentrum des Emissionsteiles konnte ich 2 Sterne ausnehmen.
M28: Bei 87x erschienen die Außenbereiche dieses Kugelhaufens grießlig.
M22: Herrlicher Kugelsternhaufen bei 87x.
M69, M70 und M54: Wir sind jetzt bei -32 bis -30 Grad, also extrem tief, nur mehr knapp über dem Horizont. Demnach war es mehr nur das Aufsuchen der Objekte. Alle drei Kugelhaufen erschienen recht klein und schwach, bei 87x war da nix von Einzelsternen oder grießlig - so tief unten war das Seeing natürlich jenseits von schlecht...
M21: Ein offener Haufen mit stärkerer Konzentration
M24: Die Sagittarius Sternwolke - ein "Fenster" in den interstellaren Staubmassen, das uns tiefer in die Milchstraße hinein blicken lässt. Herrlich zum Abstöbern mit niedriger Vergrößerung. Der Sternhaufen NGC 6603 machte sich als heller, runder Nebelfleck in dem Sternengewurl bemerkbar, durch das eher miese Seeing waren aber bei niedriger Vergrößerung keine Einzelsterne sichtbar, und auf die Idee, dass ich ja höher vergrößern könnte, kam ich grad nicht, ich war zu fasziniert von dem grazilen Anblick...
M23: Auf diesen offenen Haufen stößt man im Sucher westlich von M24. Ein durchaus nettes Objekt bei 40x, aber nicht allzu spektakulär.
M25: Diesen offenen Haufen findet man im Sucher als auffällige Sterngruppe östlich von M24. Bei 40x ein imposanter Anblick von helleren und schwächeren Sternen.
M18: unscheinbarer offener Haufen
M17: der "schwimmende Schwan" - oho, weit besser als ich gedacht hätte! Bei 44x mit UHC Filter feine Strukturen und Ausläufer. Wahrlich, für Weinviertler Himmel ein seltenes Erlebnis!
M16: der "Adler" mit den ausgebreiteten Schwingen war bei 44x mit UHC Filter gut zu sehen. Ich versuchte mit höherer Vergrößerung die "Starqueen" wenigstens ansatzweise herauszuspechtln, das war aber so nicht drin, beim "Hineinzoomen" wurde mir das Bild bald zu dunkel.
M11: ein feiner Sternhaufen, wie immer...
NGC 6712: ein relativ heller Kugelsternhaufen, bei 87x bereits grießlig
M26: ein eher unspektakulärer offener Haufen
IC 4756: ein weit ausgedehnter offener Haufen, im Sucher aber unauffällig, weil nur wenige hellere Sterne dabei sind.
NGC 6633: ein sternreicher offener Haufen mit recht hellen Sternen, sehenswert
NGC 6572: kleiner (8" Durchmesser) aber sehr heller (9 mag) planetarischer Nebel. Bei 40x schon als deutlich grünlicher "Stern" auffällig, bei 145x ein kleiner, heller, grüner "Ball".
Es war nun schon 1 Uhr MESZ geworden, und bei der Aufsuche der letzten beiden Objekte bin ich von IC 4756 aus erst einmal in die falsche Richtung in RA gefahren. Das sind Anzeichen von Müdigkeit, und ich ließ es damit auch gut sein, packte ein und trollte mich nach Hause. Fein, dass nach so einer beeindruckenden Beobachtungsnacht dann nur eine Viertelstunde Fahrt nach Hause ansteht. Das weiß ich immer mehr zu schätzen, je älter ich werde.
Tja, und trotzdem ich nur "den Karkoschka" mit hatte, und eher bekannte Objekte abspechtelte, waren doch auch ein paar für mich neue Sachen dabei. Man sieht also, nicht einmal noch den Karkoschka habe ich bislang "voll" ausgespechtelt...
Jedenfalls wird mir diese Nacht noch lange in Erinnerung bleiben. Üblicherweise beobachtet man im Weinviertel knapp über dem Horizont gar nichts mehr bzw. macht es keinen Spaß in der aufgehellten Dunstsuppe herumzufischen. Heute hingegen war das doch ein durchaus lohnender "Sport". Freilich hätte der Zenithimmel mehr hergegeben, doch da oben kletzl ich sowieso öfter herum. Die Gelegenheit, dies einmal tief am Südhimmel tun zu können, habe ich mir einfach nicht entgehen lassen.
Howdii