"Viel wenig"

22. 9. und 26. 9. 2006, Veitsch/Brunnalm, Mariazell und Schrick

Nach einem kleinen wettermäßigen "Durchhänger" Mitte September bahnte sich in der Woche vor Neumond doch noch ein spätsommerliches Hoch an. Jedoch mit bereits herbstlichem Charakter, ersten Nebelfeldern und Hochnebelbildungen. Während Walter Koprolin zu seiner alljährlichen Tour ins Glocknergebiet aufbrach, hatte ich nur die Nacht vom 22. auf den 23. September im Visier. Ich wollte mit ein paar Astro-Kollegen (Walter Kranl, Michael Stiendl, Stefan Unger) eine Spechtlsession auf der Brunnalm machen.

Bereits am frühen Nachmittag startete ich mit "Sperrmüll" (18" Dob) im Kofferraum nach Wien, um Steve Unger abzuholen. Als wir im dichten und stockenden Verkehr auf der A2 gegen Süden rollten, erreichte mich ein Anruf von Michael Stiendl. Es sei gar nicht schön, und eigentlich wäre das Wetter für Samstag besser vorausgesagt. Nun, ich war schon zu weit um umzukehren, und dachte, das mit den Wolken wird sich schon geben, wenn einmal die Sonne weg ist.

Wir trafen bald nach 17 Uhr auf der Brunnalm ein, Walter Kranl war schon dort, er hatte mit einem Freund seinen Dob herbeigekarrt - ebenfalls ein 18-Zöller. Der Himmel war zu diesem Zeitpunkt dicht; zwar nur eine recht dünne Wolkenschicht, die sich aber beharrlich an der Südseite der Veitschalpe staute. Gegen Sonnenuntergang lugte da und dort blauer Himmel durch Wolkenlücken, es sah durchaus so aus als wenn es was werden könnte. Doch der Schein war trügerisch, die Zeit lief dahin, und anstatt dass die Wolken weniger würden, war es auf einmal wieder zu. Das sah nicht gut aus. 

Walter (Kranl) kontaktierte nun einmal Günther Eder in Mariazell. Wir bekamen also auf diese Weise Kenntnis, dass in Mariazell klarer Himmel wäre. Nun, was gab es da noch zu überlegen, zu warten ob sich hier vielleicht doch noch irgendwann die Wolken auflösen würden, oder aufzubrechen Richtung Mariazell? Nichts mehr. Ich verständigte Michael Stiendl, dann setzten wir uns in die Autos und fuhren los. Erst nachdem wir den Seebergsattel überquert hatten, quasi auf der "anderen" Seite, gab es auf einmal klaren Himmel.

Als wir in Mariazell eintrafen war es natürlich schon finster. Wir fuhren zur Sternwarte rauf, Günther würde bald nachkommen. Er kam dann auch etwa 10 Minuten später, und so durften wir direkt bis zur Sternwarte vorfahren, um dort im Areal der Sternwarte Aufstellung zu nehmen. Den beiden 18" Dobs waren die betonierten Plattformen vorbehalten. Michael Stiendl, der mit Michael Jentner direkt von Kapfenberg (ohne Umweg über Veitsch) nach Mariazell gekommen war, baute sein 10" SC daneben auf. Die drei Teleskope standen also in etwas Respektsabstand zueinander, so dass man sich nicht gegenseitig auf die Füße treten musste.

Ungut war das direkte Licht von der Stadt. Ausreichende Dunkeladaption war so nicht möglich. Der Himmel präsentierte sich durchschnittlich mit etwa 5.3 mag - freisichtige Grenzgröße. Zudem war das Seeing auch nicht gerade berauschend, und anstatt dass die 18" Spiegel längst in der Dämmerung hätten auskühlen können, "kochten" sie jetzt erst mal regelrecht, wie sie vom warmen Auto raus in die kühle Nachtluft kamen. Dementsprechend bescheiden war die Abbildung. Vorerst war nicht an höhere Vergrößerung zu denken. So wurden halt ein paar "Standardobjekte" wie M13, M92, M57, M15, M2, M31, Cirrusnebel, etc. gespechtelt. Schlussendlich konnte ich wenigstens bis 200x vergrößern, und so wollte ich mich dann doch an etwas schwierigere Objekte wagen. Ich hatte mir ja eine Liste von etwa 20 Objekten erstellt, vorwiegend solche die ich auf alten Spechtellisten fand, die ich aber noch nicht beobachtet hatte - so meinte ich zumindest.

Mein erster Kandidat war der Planetarischer Nebel PK 33-5.1 (Abell 55) im Adler. Den Daten nach (15.4 mag phot., 41" Durchmesser) sollten das für einen 18" ja kein großes Problem sein. Ich konnte mich wenigstens dabei hinter dem Dob "verstecken" und so etwas vor dem direkten Licht schützen. Bald war die Stelle gefunden. Ohne Filter sah ich einmal gar nichts von dem Nebel. Mit UHC Filter war bei 100x der Nebel erkennbar, aber doch nicht gar so leicht. Die Position in der Uranometria war leicht daneben, stimmte nicht mit der Position überein, an der ich das Objekt sah. Mit [O III] Filter war's nicht besser, eher schwieriger, und bei 200x mit UHC war auch nichts mehr von dem Nebel zu entdecken. Ok, so richtig gute Dunkeladaption war wie gesagt nicht möglich, und mag sein dass mir aufgrund der langen Absenz von der visuellen Beobachtung einiges an Routine fehlte. Jedenfalls gelang es mir auch nicht, dieses Objekt Michael Stiendl zu zeigen, der sich durchaus interessiert dran versuchte. Mir entfuhr nur: "Der Abell 55  ist schon ein harter Hund". Aber ich nehm's gleich vorweg: Dieses Objekt hatte ich definitiv schon beobachtet. Bei meiner Recherche im Internet stieß ich gleich auf meinen eigenen Beobachtungsbericht. Und ich traute meinen Augen nicht was ich da las: im Weinviertel, mit dem 5.7" Maksutov-Newton hatte ich Abell 55 schon geknackt... No do, sagt man bei uns zu so etwas. Aber nach und nach tauchten die Erinnerungen an jene Beobachtungsnacht wieder auf...

Als nächstes nahm ich PK 104-29.1 (Jones 1) in's Visier. Den hatte ich gewiss schon mit dem 18" beobachtet, daran konnte ich mich erinnern. Es ist aber ein schönes und eher leichtes Objekt für den 18 Zöller, deshalb wählte ich den, auch zum Herzeigen. Die Daten: 12.1 mag, 332" Durchmesser. Dieses Objekt liegt ein bisschen abseits markanter und heller Sterne, so brauchte es doch ein Weilchen bis ich im Zielgebiet war. Jaja, Übung fehlte, ich weiß... Mit UHC Filter war das Objekt bei 100x dann relativ leicht als unvollständiger, bruchstückhafter Ring zu sehen, auch relativ groß.

Nach einer kleinen Pause mit Stärkung wollte ich die Galaxie Maffei 1 in Angriff nehmen. Ich dachte dies wäre eine Premiere für mich. Weit gefehlt, auch hier bin ich bei der Recherche im Internet auf meinen eigenen Berichte gestoßen. Egal, hier, bei der Sternwarte Mariazell, war sowieso nichts zu wollen. Das direkte Licht von der Stadt spiegelte sich so ungut im Okular, trotz Seitenlichtblende, dass an eine Beobachtung nicht zu denken war. Ich musste aufgeben. 

Über der Stadt hatten sich die ganze Zeit über vereinzelt kleine Hochnebel-Wölkchen gebildet. Wenn dann ein bissl Wind reingefahren ist, war der Zauber auch gleich wieder vorbei. Als wir jedoch kurz in der Sternwarte waren, um die Landkarte zwecks Rückfahrt zu konsultieren, hatten die Nebelwolken zugelegt. Eigentlich wollte ich danach noch etwas spechteln, doch der Himmel sagte uns, dass es Zeit wäre zum Zusammenpacken.

An dieser Stelle noch ein Dankeschön für die Gastfreundschaft an Günther Eder, von dem ich bei dieser Gelegenheit auch einen Tipp fürs Autoguiding "abstauben" konnte. Also hatte es doch was Gutes, dass uns der Zufall nach Mariazell "gespült" hat, denn der Tipp von Günther scheint goldrichtig zu sein, wie ich später daheim in der Sternwarte bei einem Test feststellen konnte: Endlich, so scheint's, bin ich erlöst von den Autoguiding Problemen, die mich schon fast zur Verzweiflung gebracht hatten.

Auf dem Heimweg von Mariazell stoppte ich im Weinviertel auf dem Höhenrücken oberhalb von Schrick noch einmal. Ich hätt' mich am liebsten in den Allerwertesten gebissen: Hier gab es einen prächtigen 6 mag Himmel voller Sterne, mit einer reich strukturierten Milchstraße, sogar die Wintermilchstraße im Osten war gut zu sehen, wie ich das eher von der Ebenwaldhöhe kenne...

Die ruhige Hochdrucklage hielt noch einige Tage an. Leider hatte ich aber in familiärer Hinsicht andere Sorgen als an weitere Beobachtungen zu denken. Doch am 26. September, die letzte Nacht vor einer leichten Wetterverschlechterung, wollte ich noch einmal raus. Ich verfrachtete den 18" Dob im Auto, und verständigte Walter, dass ich rüber zu meinem Platzl bei Schrick fahren würde. Walter sagte zu, er würde nachkommen.

Beim Aufbau des Dobs hatte ich gleich einmal ein paar Probleme zu lösen: Der Hauptspiegel war beim Transport aus der Schlinge gerutscht, und saß  nun an den Sicherungsbolzen auf. Also nicht dort wo er hingehört. Da kann man freilich nicht justieren... Während ich so den Dob zum Spechtln fertig machte, zogen von Osten ein paar Wolken herein, auf einmal war im Süden auch eine Wolke. Hm, beginnender Hochnebel?

Doch die Wolken verzogen sich wieder, und ich begann mit der Suche nach Maffei 1. Der Himmel war für's Weinviertel passabel, mit etwa 5.2 mag Grenzgröße. Grad wie ich das Zielgebiet gefunden hatte und mit der genaueren Suche beginnen wollte, kam Walter. Mit ihm leider auch die Wolken wieder. Ich schaffte grad noch, bei 100x die Ostseite des Haufens Cz 11 zu inspizieren, und meinte ein nebeliges Fleckerl gefunden zu haben, wollte noch genauer nachforschen bei höherer Vergrößerung, doch die Wolken machten dicht. Aus, Ende. Walter war nicht einmal dazugekommen, einen Blick durch's Teleskop zu erhaschen.

Das war's also: Viel Aufwand, viele Kilometer, wenig beobachtet. Das hätte ich eigentlich umgekehrt haben können, und viel billiger...

Howdii