Der 16. Juli 2004 war ein Tag, der mit Regen und wolkenverhangenem Himmel begann, und mit einer klaren Nacht endete. Ursprünglich hätte es eine Beobachtung zu dritt werden sollen, aber da Andi Berthold anderweitig astronomisch verpflichtet war, wurde es eine "Zweiersession": gegen 22:30 MESZ traf ich mit Roland Graf in Niederleis zusammen. Ich hatte diesmal kein eigenes Fernrohr mit, wollte ein bissl mit Rolands 12.5" f/5 Dob spechteln.
Beim Justieren des Gerätes in der späten Dämmerung galt es, die Folgen eines kleinen "Unfalls" zu beheben - der Fangspiegel war dabei etwas arg aus seiner vorgesehenen Position gekommen. Wir schafften es aber letztlich doch in ausreichendem Maße, und bei der Beobachtung machte sich die Mühe mit feinen Sternen bezahlt. Roland hatte nebenbei noch einen 76/700 "Babydob" dabei, in dem die Optik eines Kaufhausnewton drin steckt.
Der Himmel war nicht übel, wenn auch nicht ganz so gut wie zur letzten Beobachtung bei Altenmarkt i.T. Immerhin konnte auch diesmal M13 noch freisichtig erwischen, aber deutlich schwieriger. Allgemein ist der Himmel aber hier heller als bei Altenmarkt. Wien war durch eine Wolkenschicht, die hell erleuchtet war, etwas abgeschirmt, der Himmel darüber heute dunkler. Eine Situation, die wir oft in Herbstnächten beobachten. In der Tat, etwas herbstlich mutete diese Nacht schon an. Letztlich legten uns aufsteigende Nebel, die sich als lokale Wolken etablierten, das Handwerk. Die Nacht war von der Temperatur her anfangs noch mäßig war, es wurde aber rasch kühler. Ein wenig Feuchtigkeit machte uns auch zu schaffen, zwischendurch musste der Sucher des Dobs mit der Autoheizung abgetaut werden.
Etwas müde, hatte ich einigermaßen zu tun, mich auf das "ungewohnte" Instrument einzustellen. Brennweite, und die damit verbundenen Okularsichtfelder liegen hübsch zwischen dem, was ich üblicherweise von meinen Teleskopen kenne. Vor allem der Winkelsucher narrte mich. Und wenn man an der falschen Stelle sucht, findet man bekanntlich nicht das was man eigentlich erwartet. Auf diese Weise schaffte ich es nicht, meine beiden ersten Objekte zu ergattern. Bis ich endlich im Okular die Orientierung gefunden hatte, und von da an alles per Okular-Starhop machte - waren doch meine Objekte eh alle mehr oder minder die nächsten zwei Sterne ums Eck...
Sh 2-71 (PK36-1.1) war mein erster "Fang". Wie der PK- Nummer zu entnehmen, handelt es sich dabei um einen Planetarischen Nebel. Die Daten: 13.2 mag Helligkeit und etwa 100" Durchmesser. Bei 72x hatte ich den Nebel schon indirekt, ohne Filter, erspäht. Mit UHC Filter war der Nebel dann eindeutig. Ich steigerte die Vergrößerung bis 160x, da war wohl wieder indirekte Sicht angesagt, dabei war ein dunkleres Zentrum zu erkennen, aus dem der 13.8 mag Zentralstern hervorblitzte. Auch Roland konnte diese Sichtung bestätigen.
Das nächste Objekt dieses Abends war wieder etwas einfacher, oder auch nicht: NGC 6760 - ein Kugelsternhaufen mit 9.1 mag auf etwa 6' Fläche verteilt. Der Haufen war bei 72x als relativ heller, recht einfach sichtbarer "Nebelball" zu sehen, etwa gleichmäßige Helligkeit über die gesamte Fläche. Nun galt es zu versuchen, den Haufen in Einzelsterne aufzulösen. Bei 266x, indirekt, war der Haufen deutlich "grießlig". Also haben wir doch bis jenseits von 15.6 mag gesehen, das entspricht den hellsten Sternen dieses Haufens.
Eine weit härtere Nuss ist der Kugelhaufen NGC 6749. Dieses Ding hat eine Helligkeit von 12.4 mag, laut DSFG ebenfalls etwa 6' Durchmesser. Bei 80x hatte ich einen Verdacht von Verdacht, mehr nicht, indirekt natürlich, sogar "schwer" indirekt. Roland konnte mir da noch nicht folgen. Ich steigerte die Vergrößerung vorerst auf 106x, da war der Haufen doch besser erkennbar, nun auch für Roland. Bei 160x war es für mich noch ein wenig deutlicher, aber natürlich musste man sich schon wieder sehr gut indirekt drauf hängen. Bei 266x war's dann finster, das war schon zu viel. Von Einzelsternen kann ich hier nichts berichten, die liegen sicher hübsch jenseits von 16 mag. Mit den 6' Fläche war es visuell auch nix, die Hälfte vielleicht.
Das war's soweit, lokal bildeten sich hochnebelartige Wolken, die erst den Osthimmel bevölkerten, sich wieder auflösten, doch später war der ganze Westhimmel bis über den Zenit zu, und die Wolken "nahmen" auch mein Zielgebiet im Adler "mit". Einen letzten Blick gönnten wir uns auf h und χ Persei - der Nordhimmel war noch frei.
Nebenbei spechtelten wir auch mit dem 76 mm "Babydob" herum: M13 zumindest grießlig, M57 als Ringerl, M27 als "Apfelputzen" mit viel Umgebung - alles recht fein, wenn man ordentliche Okulare reinsteckt, und das ganze ohne Gezitter beobachten kann, so man zum Fokussierer greift. Zumindest bis 100x hat die kleine Optik mit sauberer Abbildung hergehalten - mehr hab ich einfach nicht versucht.
Bei meiner Ankunft daheim um etwa 2:30 MESZ bot sich ein wolkenfreier 5 mag Himmel. Hätte ich nur vom Garten aus beobachtet, hätte ich es wohl als ziemlich toll bezeichnet, wenn man von der Stadt aus im Schwan sogar die Milchstraße sieht. Wenn man allerdings von einer Beobachtung mit nahezu 6 mag Himmel kommt, ist einer mit 5 mag nur "müde"...
Die nächste Nacht, am 17. Juli, sah mich schon wieder draußen auf den Feldern bei Niederleis. Diesmal war ich allein, und hatte meinen kleinen 5.7" f/6 Maksutov-Newton mit. Der Himmel war nicht mehr so gut. Im Süden keine Wolke über Wien, daher der Himmel weit hinauf diffus aufgehellt. Im Westen am Anfang noch Restwolken, offenbar von einer Gewitterzelle, die sich bald auflösten. Im Nordosten stand eine aktive Gewitterzelle, man sah häufig Blitze zucken. Der bodennahe Wind kam aus Nordost, doch die Höhenströmung aus der entgegengesetzten Richtung, und von Südwest her kamen letztlich auch die Schleierwolken, die meine Beobachtungsnacht beendeten. Diesmal blieb es warm bei 19° C und trocken. Ich sah mich einem durchschnittlichen Weinviertler Himmel, mit etwas mehr als 5 mag, gegenüber.
In der zu Ende gehenden Dämmerung, während der Nordhorizont noch aufgehellt war, begann ich meine Beobachtung mit den beiden Objekten, die ich in der vergangenen Nacht "vergeigt" hatte. Mein Gott, wie auch immer, kaum arbeitet man mit gewohntem, umkehrenden Sucher von guter Qualität, geht's auch schon wieder dahin. Ruck, zuck hatte ich bei 40x beide Objekte in einem Okularfeld : die offenen Haufen NGC 6755 und NGC 6756. Bei dieser Vergrößerung waren beide Haufen als nebelige Fleckchen erkennbar. Es bedurfte jeweils 145x und indirektes "Anspechteln", um die Haufen in Einzelsterne auflösen zu können.
Nun machte ich Jagd auf Sh 2-71, der schon im 12.5" Dob nicht allzuleicht war. Bei 40x ohne Filter hatte ich den Nebel indirekt schon blickweise erspäht, UHC Filter verbesserte die Erkennbarkeit. Bei 58x war die Sichtbarkeit dann wieder schwieriger, bei 87x war's zu viel des Guten. Ich versuchte es auch mit [O III] Filter, da war der Hintergrund dunkler, der Nebel aber auch, und 58x war schon zu viel. Ohne Filter sah ich bei höherer Vergrößerung den Zentralstern aufblitzen.
Mit dem nächsten Objekt, dem Kugelhaufen NGC 6749, habe ich aber wahrlich eine Nummer zu hoch gegriffen, zumindest unter diesem aufgehellten Himmel. Da ging nichts. Nichteinmal nichts.
NGC 6760 war dann natürlich kein großes Problem, doch zu meiner Überraschung konnte ich den Haufen bei 217x etwas grießlig sehen, und zwei, drei Einzelsterne rauspicken.
Der
Rest gleicht einer Odyssee. Der Planetarische Nebel NGC 6741 (11.4 mag,
6")
hätte mein nächstes Objekt sein sollen. Haben wir
doch gleich, kann doch nicht
so schwer sein. Ich suchte die Position anhand der Uranometria Karte
auf. Erst
ließ ich mich im Okular täuschen, und suchte bei
einer Dreierkette von
Sternen, aber falsch, die richtige Dreierkette war weiter auseinander
gestreckt und in einem anderen
Winkel. Während ich so an der falschen Stelle suchte, streifte
mein Blick
indirekt an einer anderen Position - es war die laut Uranometria
richtige -
etwas Nebeliges. Nu, meinen Irrtum hatte ich nach einem weiteren Blick
in die
Sternkarte bald eingesehen. Jetzt sollte es doch klappen, hat mich doch
schon
was gekitzelt. Also drauf mit der "Brechstange", mit ordentlich
Vergrößerung sollte man 6" doch leicht sehen. Nichts
dergleichen. Ich
fand bei 217x nur ein stellares Objekt an der verzeichneten
Stelle.
So richtig
schwindlig wurde es mir erst bei den Nachrecherchen daheim. Ich fand
die
Position in diversen Quellen (DSFG, NGC2000, diverse
Planetariumsprogramme,
RealSky) mit wechselndem Vorzeichen in Deklination: da dürfte
sich wo ein Vorzeichenfehler
eingeschlichen haben, entweder da oder dort. Zudem ist im "Hynes"
wiederum eine andere Position in Deklination angegeben,
leicht differierend von den
anderen. Das wäre also zu klären, am besten am Himmel
- was wohl gar nicht so einfach werden wird...
Für das letzte Objekt, das ich vor den Wolken noch anging, den Planetarischen Nebel NGC 6751 (11.9 mag, 20"), ging mir buchstäblich die Sternkarte aus. Das Objekt pickt am untersten Ende der Uranometria-Karte, die Fortsetzungskarte ist im Südband, den ich nicht dabei hatte, und der Nebel liegt in einem "leeren" Feld, wo in der Karte weit und breit kein Umgebungsstern ist, an dem man sich orientieren könnte. Schwache Sterne gibt's dort am Himmel aber genug, und so Daumen mal Pi hinvisieren geht bei so einem Objekt nicht mehr, da muss man die Position schon genau kennen, und sich indirekt dranklemmen. Auch da gibt es also etwas zu klären...
Howdii