Die Spannung in den Tagen vor diesem raren Ereignis war hoch: Wie würde das Wetter werden? Die Prognosen verhießen nichts Gutes, wurden aber von Tag zu Tag etwas besser, ein hoher Unsicherheitsfaktor war jedenfalls dabei. Einerlei, nachdem Venustransite, so man sie überhaupt erleben darf, meist im "Doppelpack" kommen, hätten wir auch diesmal eine zweite Chance im Jahr 2012. Tatsächlich war dann für den Transittag gutes Wetter vorausgesagt.
Walter Koprolin und meine Wenigkeit planten eine Beobachtung im Weinviertel, an unserem "Merkurtransitplatzl", auf den Feldern östlich von Niederleis. Walter war schon in der Nacht draußen, um am Morgen eine perfekt poljustierte Montierung zu haben. Ich traf gegen 6:40 MESZ am Beobachtungsplatz ein, und baute sofort meinen 4" f/8 APO auf. Zu dieser Zeit zogen ein paar flache Wolkenfelder durch, die uns fallweise den Blick zur noch tief stehenden Sonne versperrten - gerade als wir dabei waren, unsere Röhren auf die Sonne auszurichten und erste Testschüsse zu machen. Es schien, als ob noch genug "Nachschub" kommen würde, und wir machten uns schon rechte Sorgen, ob uns die Wolken denn just den Beginn des Transits verderben würden. Es ging sich aber letztlich grad noch aus. Im Radio hörten wir den "Countdown" mit. Direkt beim ersten Kontakt der Venus mit der Sonnenscheibe zogen die letzten Wolkenfetzen an der Sonne vorbei.
Walter hatte die Webcam an seinem APO dran, ich wollte den Spagat schaffen, visuell zu beobachten, und nebenbei ein paar afokale Schnappschüsse mit der Digitalkamera zu machen. So recht ist das nicht gelungen, zumindest meine visuelle Beobachtung verkümmerte etwas, dafür habe ich doch ein paar Bilder zur Erinnerung, auch nicht so schlecht. Zurück zum Thema: Beim ersten Kontakt sah ich bei 36-facher Vergrößerung noch nichts. Erst einige Sekunden später bemerkte ich eine leichte Eindellung des Sonnenrandes - hier das Bild dazu:
Eine erste Eindellung des Sonnenrandes ist um 7:20+ MESZ erkennbar
Wenn ich dieses Bild auf meinem TFT Schirm betrachte, und aus dem "richtigen" Winkel hinschaue, kann ich gaaanz schwach einen feinen Lichtsaum um den Teil der Venus erkennen, der außerhalb des Sonnenrandes liegt! Ein Versuch, diesen Lichtsaum deutlicher sichtbar zu machen, war nicht wirklich von Erfolg gekrönt, deutlich ist anders, aber ein wenig besser ist es zu sehen:
Ausschnitt aus dem obigen Bild: der Bereich um die Venus ist in Helligkeit und Kontrast angehoben, um den Lichtsaum etwas deutlicher sichtbar zu machen
Fast schon wollte ich schreiben: Man frage mich bitte nicht, ob dies auch visuell zu sehen war - ich weiß es nicht, ich war mit Knipsen beschäftigt. Doch, in weiser Voraussicht habe ich gleich auf freiem Feld aktuell ein paar Notizen mitgetipselt. Und da steht's geschrieben - zwischen erstem und zweiten Kontakt war sowohl auf dem Webcam-Bild als auch visuell im Teleskop dieser zarte Lichtring um den außerhalb der Sonne liegenden Teil der Venus zu sehen (Lomonossov-Ring).
Zum Glück war mit rund 20 Minuten viel Zeit zwischen erstem und zweitem Kontakt. So war es wenigstens nicht so hektisch. Um den zweiten Kontakt etwas genauer beobachten zu können, wählte ich 80-fache Vergrößerung. Nur, so recht war's nicht mit visueller Beobachtung, anstelle gibt es wieder etliche Bilder. Es war relativ schwierig, die Kamera in der nun kleineren Austrittspupille richtig zu positionieren, und das hat ziemlich viel Zeit in Anspruch genommen.
Der Tropfeneffekt beim 2. Kontakt ist in obiger Bildserie deutlich zu sehen
An dieser Stelle gleich ein paar Worte zum Tropfeneffekt: Wie man ja weiß, hat er nichts mit der Venusatmosphäre zu tun, weil dieses Phänomen auch beim Merkur zu beobachten ist. Es ist schlicht Unschärfe, welcher Ursache auch immer, die bewirkt, dass es zu einer "Brücke" zwischen zwei dunklen Dingen vor hellem Grund kommt, zu einem scheinbaren "Verschmelzen", obwohl die Objekte sich noch nicht wirklich berühren. Man kann das leicht simulieren, auch auf andere Weise als ich es im nachstehenden Bildchen zeige:
Simulation des Tropfeneffekts
Viele Beobachter berichteten, dass kein Tropfeneffekt sichtbar war, oder nur marginal. Wie es visuell gewesen wäre, kann ich leider nicht sagen, die Fotos zeigen jedenfalls einen Tropfeneffekt. Woher die Unschärfe kam, sei dahingestellt. Auf jeden Fall kommt Beugung in Frage, Fokus (naja, so unscharf wirken einige Aufnahmen aber auch wieder nicht), eventuell leichtes Verwackeln der Aufnahme durch freihändiges Halten der Kamera, auch Zittern des Teleskoptubus durch den vorherrschenden Wind, Seeing.. Sicher trägt auch die Abdunkelung des Sonnenrandes dazu bei - es ist ja kein messerscharfer Übergang von Hell auf Dunkel. Ich würde fast sagen, das "Erleben" des Tropfeneffekts ist eine ziemlich subjektive Sache - es gibt ihn jedenfalls, wenn die "Zutaten" passen. Also, meine Aufnahmen seien allen gewidmet, die einen Tropfeneffekt erwarteten, aber nicht gesehen haben :-)
Nach dem zweiten Kontakt war einmal Entspannung angesagt. Die ersten Bilder wurden begutachtet. Da Notebook-Bildschirme bei voller Sonneneinstrahlung schlecht ablesbar sind, haben wir unsere Winterjacken (die wir am Morgen noch gut brauchen konnten) als Lichtschutz verwendet. Das sah dann ungefähr so aus, wie auf nachstehendem Bild:
Walter "im Kino", bei der Begutachtung seines Webcam Filmes vom 2. Kontakt
Wir beobachteten die Venus auch freisichtig, ohne Teleskop, durch ein Glassonnenfilter. Der schwarze Punkt auf der Sonne war durchaus leicht zu sehen, für mich allerdings erst, als sich Venus deutlich vom Rand entfernt hatte. Mit ein-dreiviertel Augen ist es halt schwieriger, als wenn man zwei Augen zur Verfügung hat. Damit muss ich leben. Deshalb habe ich ja auch wenig Freude mit Binokular-Beobachtungen, nur im "Zyklopenmodus" kann ich ernsthaft bei astronomischen Beobachtungen mithalten.
Zwischendurch bekamen wir mehrfach Besuch. Erst hoppelte ein Hase des Weges entlang, stoppte ein paar Meter vor unseren Autos, kehrte um und verschwand wieder. Nach ein paar Minuten kam Meister Lampe jedoch wieder - war wohl neugierig :-) - und da habe ich abgedrückt...
Sind auch Feldhasen am Venustransit interessiert?
Auch ein Traktor tuckerte herbei. Es war ein Jägersmann, der etliche Tiertränken im Revier mit frischem Wasser versorgte. Eine solche Stelle ist just an der Wegkreuzung, wo wir standen. Der gute Mann war nicht uninformiert, und guckte gern durch mein Fernrohr. Seine Jagdhündin war weniger interessiert am Venustransit, beschnupperte derweilen die Umgebung. Unser Gast kam übrigens später, gegen den dritten Kontakt zu, nochmals mit seinem Enkerl vorbei.
Man könnte nun unzählige Fotos herzeigen, wie die Venus vor der Sonnen vorbeizog. Hier zur Abwechslung einmal ein Vollbild der Sonne.
Die Sonne, mit ein paar Fleckchen, einem auffälligen Fackelgebiet, und der Venus auf dem Weg zur "Halbzeit"
Bei dieser Gelegenheit eine Bemerkung: Bei der Inspektion meiner Bilder während des Transits fiel mir auf, dass um die Venus vor der Sonne ein hauchzarter heller Ring zu sehen war. Hm. Real oder Artefakt? Höchstwahrscheinlich doch nur ein Artefakt der Kamerasoftware, nachdem auf Bildern von Profisternwarten keine Randaufhellung um Venus zu sehen ist, eher noch eine leichte Abdunkelung.
Walter hat während des stundenlangen Transits Bild um Bild fotografiert. Und lange Zeit war der Himmel auch wolkenlos, wie hier auf dem nachstehenden Bild.
Walter lugt durch den Kamerasucher. Im Hintergrund der Zug der Leiser Berge mit den Radarkuppeln auf dem Buschberg (links) und Steinmandl (rechts)
Gegen 11
Uhr MESZ bilden sich erste Quellwolken - noch klein und harmlos, doch
kündigt sich damit der Anfang vom Ende unserer Beobachtung an.
Blick auf Schloss Ernstbrunn (links), Kalk-Steinbruch (Mitte) und
Oberleiser Berg (rechts)
Venus hat um 11:45 MESZ schon mehr als die Hälfte ihres Weges vor der Sonne hinter sich gebracht
Die Wolken wurden größer und bildeten schließlich zusammenhängende Gebilde, die minutenlang den Blick zur Sonne versperrten. Gegen den dritten Kontakt zu kam, wie schon erwähnt, unser Gast mit seinem Enkerl. Viel haben die aber auch nicht mehr gesehen, dann war einmal für längere Zeit "dicht". Als wir wieder klaren Blick hatten, war der dritte Kontakt schon gelaufen. In der Folge gab es nur kurze Momente mit freiem Blick zur Sonne, immer wieder zogen dicke Wolken vorbei. Zwischen drittem und viertem Kontakt gelangen mir noch zwei Aufnahmen, wobei die erste in der Hektik ziemlich schlecht ausgefallen ist, weil die Kamera in der verfügbaren Zeit nur unzureichend relativ zur Austrittspupille des Okulars positioniert werden konnte.
Nach dem 3. Kontakt: Andeutungsweise ist hier außen um die Venus herum der Lomonossov-Ring zu erkennen
Der 4. Kontakt naht - mein letztes Foto vom Transit...
Zwischen drittem und vierten Kontakt war visuell im Teleskop wiederum der Lomonossov-Ring zu sehen. Tja, und das war's dann für uns. Den vierten Kontakt konnten wir ebenfalls nicht beobachten. Wie wir die Sonne wieder zu Gesicht bekommen haben, war die Sache bereits Geschichte... Nur, ganz zu Ende ist die Story noch nicht. Etwas enttäuscht blickte ich ins Okular. Wo ist sie den jetzt, die Venus? Dahin. Ich guckte an die Austrittsstelle, und auf einmal blieb mein Blick an einem zarten Lichtring neben der Sonne hängen! Das war cool, die Venus noch nach dem Transit zu sehen! Walter wurde durch meine Urlaute, die ich in solchen Situationen von mir zu geben pflege, aufgeschreckt. Das wollte er auch sehen. Nur war's nicht einfach, wenn man immer nur für Sekunden freien Blick zur Sonne hat - doch es ist auch Walter zweimal gelungen, die Venus zu sichten! Na DAS wollten wir auch fotografieren, oder zumindest versuchen. Behaupten kann man so eine Beobachtung ja leicht, nur beweisen? :-) Leider ist der Beweis nicht gelungen, auf den Fotos war die Venus nicht drauf.
Wie ist diese Beobachtung eigentlich möglich? Die Erklärung ist relativ einfach: Solange die Venus in unserer Sichtlinie noch nahe an der Sonne steht, sehen wir sie vor der Chromoshpäre der Sonne, und das reicht aus, die Venus durch den Sonnenfilter hindurch sichtbar zu machen.
Tja, was bleibt noch zu sagen: Eigentlich sind wir zufrieden, mehr wäre an Phänomenen wohl ohnehin nicht sichtbar geworden. Und unsere Chance auf den dritten und vierten Kontakt lebt: am 6. Juni 2012 - sofern das Wetter mitspielt, man weiß ja, es ist ein Hund :-)
Ein Wort noch zu den Transitbildern: Sie sind allesamt seitenverkehrt, weil ich an meinem Baader-Folie gefilterten APO mit Zenitprisma beobachtete. Und ich habe mir keine Mühe gemacht, die Fotos in irgendeine besondere Orientierung zu bringen. Daher entspricht die Orientierung am ehesten den Notwendigkeiten, die Kamera so ans Okular zu halten, dass man bestmöglich in die Austrittspupille des Okulars kommt, und der Autofokus was zum "Einschnappen" findet.
Howdii