Ich bin ja nicht gerade ein "Kometenfrettchen". Kometen nehme ich gerne mit im Beobachtungsrepertoire, wenn es einigermaßen helle und schöne Objekte sind. Von den schon lange angekündigten Kometen C/2002 T7 (LINEAR) und C/2001 Q4 (NEAT) wusste ich, dass es bald Zeit würde, nach ihnen Ausschau zu halten. Deshalb suchte ich im Web nach näheren Informationen. Da stieß ich auf einmal auf einen neuen Kometen Bradfield. Oho, was ist denn das? Die Daten und erste Bilder machten mich neugierig. Den Burschen wollte ich gerne beobachten. Ich sprach mich dazu mit Walter ab, wir wollten es gemeinsam probieren und sehen, was wir an Bildern nach Hause bringen könnten.
Die erste, für eine Beobachtung in Erwägung gezogenen Nacht, von 26. auf den 27. April war bewölkt. Damit hatten wir aber fast gerechnet. Am 27. war es letztlich auch tagsüber noch bewölkt. Gegen Abend zu wurden die Wolken weniger und weniger, und wir vereinbarten "Alarm" für die kommende Nacht. Walter rief um 2 Uhr früh an. Beim Blick aus dem Fenster bot sich ein "weißer" Himmel, mit nur den hellsten Sternen. Das ist kein Kometenwetter... Enttäuscht beschlossen wir, auf die nächste Nacht zu warten. Ein Rückblick im Wetter Satellitenbild zeigte ein flaches Dunstfeld über dem nördlichen Wein- und Waldviertel. Das war also der Grund für den stumpfen, aufgehellten Himmel. Für die nächste Nacht wurde wieder Alarm ausgegeben. Es war nach einem fast wolkenlosen Tag eine ebensolche Nacht zu erhoffen. Um Mitternacht guckte ich aus dem Fenster, alles ok. Um 1 Uhr wieder, auch ok. Um 2 Uhr rief Walter an. In Wien sei der Himmel schon fast "zu". Uije, beim Blick aus dem Fenster sah ich wiederum "weißen" Himmel und nur ein paar Sterne. Wir mussten also neuerlich aufgeben. Knapp vor Sonnenaufgang wurde ich munter, öffnete das Fenster und sah klaren Morgenhimmel. Fix, haben wir's vergeigt? Nein, nicht wirklich, wie der Rückblick auf die letzte Nacht dann im Satellitenbild zeigte. Ganz Österreich war von Wolken überrollt worden, die sich pünktlich zu Sonnenaufgang nach Osten verzogen und aufgelöst hatten.
Eigentlich wollte ich schon aufgeben, und die Beobachtung "abschreiben", zumal der Komet rasch an Helligkeit verlor und seit Wochenbeginn rund eine Größenklasse eingebüßt hatte. Doch unverhofft kommt oft, und nach einem reichlich bewölkten Tag lösten sich gegen Abend die Wolken fast vollends auf. Prinzipiell hatten wir neuen Alarm vereinbart. Doch spät am Abend kam eine SMS von Walter, er könne leider nicht kommen. Schade, ich beschloss daher, es alleine zu versuchen.
Um 2 Uhr läutete diesmal nicht Walter, sondern der Wecker meines Mobiltelefons. Ich sprang sofort zum Fenster: Oh, ich sah noch Mondlicht im Garten, am Südhimmel den Skorpion, und Sterne des Schlangenträgers! Ha, Bursche, heut krieg ich Dich! Ich schlüpfte in die Spechtelbekleidung, lud Teleskop und sonstiges Astrogerümpel ins Auto ein und fuhr auf den dafür vorgesehenen Platz auf dem Höhenrücken südlich von Schrick. Dieser Punkt war aufgrund der anhaltenden Südwindlage auserkoren, weil man dort neben einem Windschutzgürtel aufstellen kann. Am Beobachtungsplatz angekommen, packte ich als erstes den 7x50 Feldstecher und suchte nach dem Kometen. Nichts, was mir irgendwie ins Auge gesprungen wäre.
Also baute ich meinen 5.7" f/6 Maksutov-Newon auf. Der Komet brauchte wohl sowieso noch Zeit, um aus dem Horizontdunst herauszukommen. Ich nahm per Polsucher die Poljustierung, vor . Eventuell würde ich den Kometen ja nach Koordinaten suchen müssen, man weiß ja nie... Ein neuerlicher Versuch, den Kometen im 7x50 Feldstecher zu erspähen, scheitere ebenfalls. Jetzt wurde ich langsam ungeduldig, und versuchte es im Teleskop über Relativkoordinaten von β And aus. Dabei war ich aber wohl zu ungenau mit der Einstellung. Bei einem zweiten Versuch ging ich von μ And aus, achtete genauer auf die Skaleneinstellung, und zapp, hatte ich den Kometen eingefangen. Der Mond stand zu dieser Zeit tief am Westhorizont, sorgte aber noch für genug Himmelsaufhellung, dass mir der Beginn der Dämmerung entgangen war. Bei 40x konnte ich den Kometenschweif über das gesamte Blickfeld und etwas darüber hinaus (beim Schwenken des Teleskops) verfolgen, das sind knapp 2 Grad. Bei 145x zeigte sich der Kometenkern als dicker Knödel, ohne auffällige zentrale Verdichtung. Seeingbedingt waren Sterne so tief am Horizont aber auch nur recht dicke Kleckse.
Nach Monduntergang zeigte der Komet im 7x50 Glas den hübschesten Anblick, der Schweif zog dabei als feiner Lichtstrich etwa durchs halbe Bildfeld, das sind an die 3 bis 3.5 Grad. Sicher hatte der Komet schon an Glanz verloren, dennoch war diese fast geisterhafte, graziöse Erscheinung ein delikater Anblick. Jetzt war es höchste Zeit für ein Foto. Ich holte das Teleskop von der Montierung, setzte dafür den Kopf des Fotostativs auf und montierte die Digitalkamera. Auf dem ersten Bild war schon ein rötlicher Streifen tief am Horizont erkennbar. Ich schoss Bild um Bild, mit unterschiedlichen Einstellungen. Währenddessen schritt die Dämmerung merklich voran und der Komet verblasste im Feldstecher zusehends. Das war's also. Ich steckte gleich im Auto die Digitalkamera ans Notebook und lud die Bilder vom Kameraspeicher herunter. Auf zwei oder drei Bildern vermeinte ich, etwas Schwaches zu erkennen. Na, vielleicht gibt's als Draufgabe noch ein Foto? Zunächst packte ich meine Sachen zusammen, fuhr heim und legte mich noch einmal aufs Ohr.
Am Samstag, dem 1. Mai, Tag der EU-Erweiterung, nahm ich die Bilder vom Morgen des Vortags genauer "unter die Lupe". Nun, zumindest bei zwei Bildern fand ich den Kometen tatsächlich, und auch eine Andeutung vom Schweif. Nachfolgend das beste Bild. Durch behutsame Kontrast- und Helligkeitsanpassungen konnte ich den Komet und auch den Schweif etwas deutlicher sichtbar machen. Ehrenwort, es waren nur "globale" Änderungen an dem Bild, kein selektiver Eingriff - also: "no fake, it's really there!"
"Suchbild"
- Komet C/2004 F4 (Bradfield)
mittig in der linken Bildhälfte, mit etwa 3 Grad langem
Schweif.
Der helle Stern am linken Bildrand ist β And (Mirach), der
hellste Stern rechts im Bild ist α And (Alpheratz), in der
linken
oberen Bildecke ist M31 zu erkennen.
Das gleiche Bild, mit Histogram-Equilization - stark verrauscht, aber der Komet ist besser zu sehen, mit Schweif quer fast durch das ganze Bildfeld.
Ein paar Daten zur obigen Aufnahme: Belichtungszeit ist 25 Sekunden bei f/3.5, ISO 400. Kleinbild-Brennweitenäquivalent ist etwa 80 mm. Aufnahmezeit: 30.4.2004 3:06 MEZ. Die Helligkeit des Kometen würde ich anhand obiger Aufnahme, verglichen mit Umgebungssternen, mit knapp schwächer als 5.5 mag einstufen. Etwa 1.5 Grad drunter gibt es mit σ Psc einen 5.5 mag Vergleichstern, der Stern links über dem Kometen hat 6.2 mag. Faszinierend, dass die Kamera sogar noch den schwachen Kometenschweif aufgezeichnet hat. Die Dämmerung war um diese Zeit natürlich noch nicht sooo weit fortgeschritten, durch die lange Aufnahmedauer und die nachträgliche Kontrast- und Helligkeitsanhebung wirkt der Himmel viel heller als in der Wahrnehmung mit freiem Auge, leider ist dadurch aber im Bild auch mehr Rauschen entstanden. Alles kann man halt nicht haben. Versuche, den Himmelshintergrund leicht zu glätten, raffen den zarten Kometenschweif sofort dahin, deshalb habe ich darauf verzichtet.
Hier noch ein Bild des beginnenden Tages. Die Sterne verblassen, vom Kometen ist längst nichts mehr zu sehen...
Wenn ich auch die beste Show dieses Kometen verpasst habe, so war die Beobachtung doch lohnend, und mein "Seelenfrieden" ist nach den fehlgeschlagenen "Alarmen" der vergangenen Nächte wieder hergestellt. Es war übrigens auch nicht mein erster Komet Bradfield, aber aus meiner persönlichen Sicht der bemerkenswerteste.
Howdii