Frühlingsbeginn, das ist der Zeitpunkt für einen Messier Marathon. Mit Neumondphase und einem sich ankündigenden Hochdruckgebiet schienen die Zeichen günstig für ein derartiges Unterfangen. Ich packte daher schon am 16. März meine Ausrüstung ein, und war "starbereit". Doch das Wetter spielte mir den ersten Streich. Zwei Tiefdruckgebiete im Norden steuerten viele Wolken über den Osten Österreichs. Gegen Abend löste sich zwar ein Großteil der Wolken auf, es war jedoch für Nachschub gesorgt, wie das Satellitenbild zeigte. In der Nacht zogen tatsächlich noch Wolken durch. Also verschob ich die Sache auf den nächsten Tag.
Der 17. März zeigte sich auch nicht gerade verlockend. Dunstig war es allemal. Dazu verunzierten den ganzen Tag lang mittelhohe Schleierwolken den Himmel. Mit Beginn der Dämmerung begann sich das Zeug zwar aufzulösen, doch für mich war die Sache schon gelaufen. Ich hatte der klaren Nacht nicht recht getraut, und war zu spät dran - bekanntermaßen muss man ja bereits in der Dämmerung mit der Beobachtung beginnen. Walter verbrachte zwar den späteren Teil der Nacht bis zur Morgendämmerung auf der Ebenwaldhöhe, und erzählte von einem feinen Himmel, doch bin ich mir nicht sicher, ob die Abenddämmerung dort wirklich schon wolkenfrei war. Egal, vergeigt.
Am 18. März präsentierte sich der Himmel tagsüber wolkenlos - abgesehen vom Dunst, doch dem würde man auf der Ebenwaldhöhe schon ein bisserl entfliehen können. Heut' muss es sein, dachte ich, und startete eine Stunde vor Sonnenuntergang von der Arbeit Richtung Ebenwaldhöhe. Dort kam ich bald nach Sonnenuntergang an. Auwei, was soll den das? Nun trieb es von Südwesten her Schleierwolken herein. Noch waren sie recht tief am Horizont. Da kamen erste Zweifel auf, ob der Himmel bis zum Morgen halten würde.
Einerlei, ich beschloss die Sache in Angriff zu nehmen. Nun galt es erstmals zu entscheiden, wo ich aufbauen würde. Den Parkplatz kenne ich als Marathon-Platz schon, da gibt es zwei Probleme: Im Westen ist die Sicht weitgehend durch Bäume verstellt, und die vom Südosten nach Süden zu ansteigende Horizontlinie ist auch nicht gerade förderlich. So versuchte ich diesmal mein Glück entlang der vom Parkplatz weiterführenden Straße. Dort traf ich Günter Jenner, der mit seinem 18" Dob schon Stellung bezogen hatte.
Während ich gerade mein Röhrl aufstellte, und versuchte, die Polachse so gut es geht nach Norden zu richten (der Polarstern war mit freiem Auge noch nicht zu sehen), erspähte Günter tief am Horizont den Merkur. Etliche Minuten später war Merkur deutlich am hellen Dämmerungshimmel zu erkennen. Venus war natürlich nicht zu übersehen, Saturn und Jupiter waren auch auffällig genug. Mars fehlte uns noch. Mit 1.3 mag ist der rote Planet zur Zeit kein "Eyecatcher", aber wir fanden ihn auch so, ohne genau zu wissen wo er stehen sollte. Bei den Pleiaden war einfach ein Stern "zuviel". Alsdann, die fünf "klassischen" Planeten entlang der Ekliptik fein säuberlich aufgereiht, das ist ja schon allein sehenswert. Die Digitalkamera hatte ich zwar dabei, aber die Zeit drängte, deshalb knipste ich keine Bilder von der Szenerie.
Die Wolken am Horizont zeigten zum Teil Auflösungstendenz, doch Nachschub kündigte sich an, und auch tief im Nordosten waren Wolken zu sehen. Naja. Für mich war es jedenfalls Zeit, zu starten. Ich stürzte mich gleich einmal auf das schwierigste Objekt am Beginn des Messier Marathons: M74. Es war einstweilen noch zu hell, ich konnte im Okular neben dem 3.6 mag hellen Stern η Psc kaum schwächere Sterne sehen, die man dringend zur Orientierung braucht. Auch höhere Vergrößerung half einstweilen wenig. Nach und nach wurde es aber etwas dunkler, ich konnte mit Mühe meine Referenzsterne ergattern, und siehe da, nach einigem "Herumschielen" deuchte mir ein nebeliges Fleckerl, oh, Fuzerl, wollte ich sagen, ins Auge zu springen. Verdammt, das Ding zu halten war fast nicht möglich. Doch ein, zwei weitere Male hatte ich wieder diesen Eindruck. Ich ließ es damit einmal bewenden, und begann mit der Suche nach M77. Das ist natürlich eine ganz andere Geschichte, M77 hat einen fast sternförmigen Kern, der deutlich in einem diffusen Halo zu sehen war. Mittlerweile war es schon 19:20 Uhr. Ich wollte M74 noch einmal versuchen. Ui, schon verdammt tief, ich musste sogar den Kofferraumdeckel schließen, um das Himmelsareal zu erwischen. Es war nun zwar deutlich dunkler, doch durch die weit tiefere Position am Himmel war die Sache nicht viel leichter. Es reichte aber, um wenigstens die Beobachtung zu bestätigen, M74 war nun etwas sicherer auszunehmen. Ich atmete tief durch, der Start war also einmal erfolgreich. Jetzt nur keine Zeit verschwenden, und gleich weiter mit M79, damit mir der nicht zu tief sinkt. Das war aber kein Problem, es war nun auch schon dunkel genug. Der Himmel zeigte sich momentan gar nicht so übel, mit etwa 5.5 mag im Bereich um den Himmelspol zwar keine üppige Transparenz, doch für einen Messier Marathon ausreichend. Nach den ersten drei Objekten hatte ich mir schon ein kleines Päuslein verdient, und griff zur Jause, um meinen knurrenden Magen zu besänftigen. Ich spazierte kurzerhand zu Günter hinüber auf ein Plauscherl. Schaut irgendwie eigenartig aus, wenn der selbsterkorene "Marathon-Man" nach drei Objekten schon Pause macht ;-) Ich sah der nächsten Marathon-Phase aber recht relaxt entgegen. In der Folge schnappte ich mir dann als erstes M31 und M33 im 7x50 Glas, M31 war auch freisichtig zu sehen. Dann kam die Sache ins Rollen, es ging Schlag auf Schlag. Mit dem Teleskop holte ich ein Objekt nach dem anderen ins Okular. Grad bei M42 verharrte ich ein Weilchen, und gönnte mir einen intensiven Genussblick.
Der Wind war lustig. Fallweise windstill, drehte die Richtung einige Male von Südwest auf Südost und wieder zurück. Mit rund 10° Celsius war es auch relativ warm. Erst nach und nach griff ich zur Daunenjacke, und viel später, als nach einer längeren windstillen Phase gegen Mitternacht ein steifer Wester loslegte, auch zur Mütze. Im Windschatten der geöffneten Heckklappe meines Kombis war es aber gut auszuhalten. Eigenartig war das Temperaturgefühl im Wind - fallweise kam ein richtig warmer Luftschwall daher, dann spürte sich der Wind wieder kalt an - und kalt-warm gaben mir's auch die Wolken. Sie zogen langsam immer weiter über den Himmel. War den Virgohaufen schon etwas verschleiert, so kam es nach Mitternacht ganz dick, nun war auch der Osthimmel weitestgehend dicht. Die letzten 10 Objekte auf meiner Liste trotzte ich dem Himmel regelrecht ab. Um 2 Uhr gab ich dann aber in wahrhaft aussichtsloser Position auf, mit 77 beobachteten Messier Objekten, und etlichen anderen, die ich nebenbei mitgenommen hatte.
Bevor ich abbaute, visierte ich noch Jupiter an, doch das Seeing war - ich sag besser gar nichts dazu... Beim Blick ins Okular verzog ich unweigerlich das Gesicht. So, bevor ich nun meine "verhungerte" Beobachtungsliste zum Besten gebe, ein paar Fotos, die den "tollen" Sternenhimmel der zweiten Nachthälfte zeigen.
So sah der Nordosthimmel aus...
... und so der Südosthimmel
Beobachtungsreihenfolge:
1 | M74 | 27 | M44 | 53 | M90 |
2 | M77 | 28 | M67 | 54 | M91 |
3 | M79 | 29 | M95 | 55 | M88 |
4 | M31 | 30 | M96 | 56 | M87 |
5 | M32 | 31 | M105 und NGC3384 | 57 | M86 |
6 | M110 | 32 | M65 | 58 | M84 |
7 | M33 | 33 | M66 und NGC3627 | 59 | M85 |
8 | M52 | 34 | M81, NGC3077 und NGC2976 | 60 | M100 |
9 | M103 | 35 | M82 | 61 | M98 |
10 | M76 | 36 | M97 | 62 | M99 |
11 | M34 | 37 | M108 | 63 | M49 |
12 | M45 | 38 | M109 | 64 | M61 |
13 | M42 und umliegende Nebel | 39 | M40 | 65 | M104 |
14 | M43 | 40 | M106 | 66 | M68 |
15 | M78 | 41 | M94 | 67 | M5 |
16 | M1 | 42 | M63 | 68 | M13 |
17 | M35 und NGC2158 | 43 | M51 und NGC5195 | 69 | M92 |
18 | M37 | 44 | M101 | 70 | M57 |
19 | M36 | 45 | M102 und NGC5907 | 71 | M83 |
20 | M38 und NGC1907 | 46 | M53 | 72 | M56 |
21 | M41 | 47 | M64 | 73 | M39 |
22 | M93 | 48 | M3 | 74 | M29 |
23 | M47 und NGC2423 | 49 | M59 | 75 | M27 |
24 | M46 und NGC2438 | 50 | M60 | 76 | M71 |
25 | M50 | 51 | M58 | 77 | M10 |
26 | M48 | 52 | M89 |
Das war's. M12 war trotz mehrer Versuchen nicht zu wollen, schon M10 hatte ich nur mit viel Glück gerade in einer Wolkenlücke erspäht. Freilich, wie ich mit dem Einpacken fertig war, gab es dort grad keine Wolken, und ich hätte M12 angeln können, mit etwas Glück sogar M14, aber auf drei oder vier Objekte kam es mir auch nicht mehr an, die Sicht war ja extrem beeinträchtigt, und vom Spiel mit den Wolkenlücken hatte ich endgültig genug.
Mein 5.7" f/6 Maksutov-Newton zeigt zum Ende der Beobachtung nach Südosten, doch da gab's nur Wolken...
Und hier noch ein Bild vom Himmel am nächsten Tag: Dunst, Schleierwolken - kein Marathon-Wetter...
Tja, das war's wohl für 2004, eine bessere Übungssession, mehr nicht. Ein paar Gedanken noch zum Standort. Da hinten, wo ich gestanden bin, ist es wohl auch nicht optimal. Für den Start ist es ok, weil der Westhimmel frei ist. Mit M31 und M33 sollte man sich halt nicht allzu lang Zeit lassen, sonst sind die hinter dem Wäldchen im Nordwesten... Die ansteigende Horizontlinie von Südosten zum Süden hin ist hier immer noch störend, aber nicht mehr ganz so wie vorne am Parkplatz. M83 habe ich doch ein hübsches Stück früher loggen können als bei meinem letztjährigen Versuch. Die südlichsten Objekte bleiben aber sicher auch hier verborgen, und im Osten würde es wohl am Morgen Kummer geben, weil dort gerade ein bewaldeter Hügel den Blick zum Horizont versperrt. Einen idealen Standort für den Messier Marathon zu finden ist nicht leicht. Die Ebenwaldhöhe bietet gemeinhin zwar den besten Himmel in greifbarer Nähe zu Wien, doch es scheint unumgänglich, mitten in der Nacht den Standort zu wechseln. Zeit ist eigentlich genug, zwischen etwa Mitternacht und 2 Uhr früh...
Astronomie ist meine Leidenschaft. Das habe ich am nächsten Tag deutlich gemerkt. Eine Leidenschaft ist etwas, was Leiden schafft. Der steife Westwind hatte einiges an Pollen mitgebracht, was mir als Allergiker einen schlimmen Tag bescherte: Verquollene Augen, eine dicke, rinnende Nase, und Kopfweh, ausreichend für zwei Silvesterfeiern... Den "Seelenschmerz" meines verpatzten Messier Marathons habe ich noch am leichtesten weggesteckt - gegen das Wetter kann man nicht an. Jede anspruchsvolle Beobachtungsaufgabe, und dazu zählt ein Messier Marathon durchaus, ist von der Gunst der Stunde abhängig. Nächstes Jahr wieder - neuer Versuch.
Howdii