Am Abend des 20. Novembers saß ich noch in der Firma und knobelte an einem Problemchen herum, da klingelte gegen 19 Uhr mein Handy. Am "Düdldü" erkannte ich gleich, dass es eine "fremde" Rufnummer war. Neugierig, wer denn um diese Zeit dran sein würde, nahm ich das Gespräch an. Zu meiner Überraschung meldete sich Walter von der Ebenwaldhöhe - "Nordlicht! Sofort raus mit Dir, anschauen!" Ein bissl verdutzt und überrumpelt wusste ich gleich nicht, was ich tun sollte. Noch mitten in der Arbeit, was jetzt? Ich lief einmal zu einem Fenster, wo ich den Nordhimmel überblicken konnte, was man vom vierten Stock aus in Wien halt sieht, wenn vor der Nase gleich Häuser stehen, die auch so hoch sind. Ich spechtelte eine Weile hinaus, konnte aber nichts "Verdächtiges" sehen. Etwas verunsichert rief ich bei der Nummer zurück, von der aus sich Walter gemeldet hatte. Während die Verbindung aufgebaut wurde, kamen mir aber Bedenken, ob ich wirklich aus der Rufliste die richtige Nummer erwischt hätte, und brach ab. Kurz darauf kam der Rückruf von der Ebenwaldhöhe. Es war der Kollege, der neben Walter aufgebaut hatte. Oh, danke für den netten Rückruf! Ob das Nordlicht noch zu sehen sei, wollte ich wissen. - Doch, ja, ziemlich lebhaft sogar. Er gab mir nochmals Walter, der mir mitteilte, das Nordlicht sei so hell, das müsste ich von Wien aus sehen!
Daraufhin verließ ich fast "fluchtartig" das Büro. Vielleicht würde ich ja vom Firmenparkdeck aus etwas sehen. Auch da ergab ein kritischer Rundblick nichts. Also schnellstens raus aus Wien, unter dunklen Himmel. Ich wählte zur Heimfahrt eine Route, die mich möglichst rasch in "astrotaugliches" Gebiet bringen würde. Erst zwischen Hagenbrunn und Großebersdorf bog ich von der Strasse ab, in einen Feldweg. Kaum war ich aus dem Auto draußen, fiel mir ein leuchtendes, grünliches Band am Nordhimmel auf, von West bis Ost. Das kann doch keine Lichtverschmutzung sein, erstens ist es nach Norden gesehen vom diesem Standplatz aus normalerweise ziemlich dunkel, zweitens manifestieren sich Ortschaften eher als die typischen "Lichtschwammerl" am Horizont. Dieses Lichtband war aber durch den dunklen Streifen der Extinktion vom Horizont getrennt. Aha, dachte ich. Ist es das? Zur Sicherheit rief ich nochmals auf der Ebenwaldhöhe an. Jaja, das sei das Nordlicht, momentan sei es etwas abgeflaut. Egal wie, ich hatte zufällig Digitalkamera und Fotostativ mit, also stellte ich das Zeug schnell hin, und knipste ein paar Bilder.
20:22 - Mein erster Eindruck des Nordlichts bei Hagenbrunn, Blick gegen Nordost. Die Strichspur stammt von einem Flugzeug.
Da sich die Nordlichterscheinung nicht änderte, fuhr ich weiter. Den nächsten Zwischenstop machte ich am Berg zwischen Großebersdorf und Münichsthal. Weiter keine Änderung. Also fuhr ich gleich ein größeres Stück, und stoppte nochmals bei Niederkreuzstetten, an einem von mir öfter besuchten Platzerl, abseits der Straße. Ich stieg aus und stellte gleich die Kamera auf, sicher ist sicher. Da nahm ich plötzlich im Westen eine rötliche Himmelsfärbung wahr. Ui, das wurde auf einmal ganz schön intensiv! Ich drückte gleich ein paar mal ab. Im Norden war immer noch das grünlich leuchtende Band zu sehen.
20:47 - Der Himmel bei
Niederkreuzstetten: rot im Westen,
grünlich im Norden.
Die roten Punkte am Horizont sind Flugsicherungslichter von
Windrädern (Windpark
Hipples).
Rein zufällig hob ich die Nase einmal, und blickte zum Zenit, eigentlich nur um die Qualität des Sternenhimmels zu mustern. Da - was war das da im Pegasus-Quadrat? Eine Wolke? Sah weiß aus, wie eine zirrenartige Struktur, die rasch ihre Form änderte. Doch plötzlich wurde dieses Ding rot! Holla! Ein Fleckerl vom Nordlicht im Zenitraum! Ich hielt zwar sofort mit der Kamera drauf, doch bis ich zum Abdrücken kam, war das Spektakel schon vorbei. Ich konnt's nicht recht glauben, und rief nochmals auf der Ebenwaldhöhe an, ob die Kollegen dort das auch so gesehen hätten. Jaja, und Walter berichtete von einer "Pseudolmilchstraße" vom Adler rauf bis in den Zenitraum. Das konnte ich aber nicht sehen, weil in der feuchten Luft die Ortsbeleuchtung von Niederkreuzstetten eine gewaltige Himmelsaufhellung verursachte.
Plötzlich sah ich im Nordosten, in den tiefstehenden Zwillingen eine hell leuchtende grüne "Wolke". Derer gab es mehrere hintereinander, eine davon konnte ich im Bild festhalten:
21:01 - Hell leuchtender grüner Fleck am Nordosthorizont, Niederkreuzstetten.
Im Norden und Westen waren nun immer wieder rötliche Flecken zu sehen, über dem beständig schimmernden grünen Band am Horizont. Langsam wurde mir kalt. Ich war gemäß den milden Tagestemperaturen bekleidet, hier hatte es aber nur 3° C. Vorerst hatte ich auch schon genug gesehen, und ein paar Fotos gemacht. Also stieg ich ins Auto und fuhr heim, um etwas zu essen, wärmeres Gewand anzulegen, und derweilen den Akku der Digitalkamera nachzuladen.
Zuhause konnte ich meinem Vater auch ein wenig vom Nordlicht zeigen, trotz der Straßenlaterne genau vor unserem nordseitigen Fenster. Im Nordwesten war ein heller, etwas grünlich leuchtender Keil zu sehen, der nach Westen hin an Höhe zunahm. Diese Erscheinung war kurze Zeit sehr intensiv, fünf Minuten später war davon nichts mehr zu sehen.
Als ich neuerlich aufbrach, um wieder aufs freie Feld rauszufahren, vernahm ich trotz der Himmelsaufhellung durch die Straßenbeleuchtung hoch im Norden einen rötlichen Schimmer. Die Luft war extrem feucht und "nebelschwanger". Wo sollte ich jetzt bloß hinfahren? Kurzerhand nahm ich wieder Kurs auf den Neubauer Höhenrücken. Uije, außerhalb von Mistelbach fuhr ich schon in dichtem Nebel, der umso ärger wurde, je höher ich rauf kam. Oben in Neubau selbst war kein Nebel, doch als ich mein Plätzchen nahe Niederkreuzstetten, wo ich beim Heimfahren halt gemacht hatte, ansteuerte, stand ich mitten in der "Suppe". Ich fuhr daher den Berghang weiter hinauf, Richtung Süden. Da oben habe ich auch ein Platzerl, wo ich fallweise stehe. Hier direkt war kein Nebel, aber ich war regelrecht "umzingelt" von flachem Bodennebel, der kaum hundert Meter entfernt war.
Beim Blick zum Nordhimmel nahm ich einen rötlichen Schimmer aus, der bald zu einem größeren hellen Fleck wurde. Plötzlich wurde weiter im Nordosten ein weiterer roter Fleck sichtbar. Diese Erscheinungen änderten ihre Form von säulenartigen Strukturen bis zu eher flächigem Aussehen.
22:46 - Der ganze Nordhimmel
leuchtet rot! - Niederkreuzstetten
Zum Horizont hin ist leicht grünliche Färbung zu
erkennen.
22:47 - Rote Säulen am
Nordhimmel, Niederkreuzstetten.
Die Lichter rechts unten stammen von einer Kreisverkehrsbeleuchtung auf
freiem
Feld...
Während ich beobachtete und fotografierte, hatte ich den Eindruck, dass der Nebel langsam den Hang heraufkroch. Und auf einmal, schwupp, stand ich mitten drin. Flugs packte ich die Kamera samt Stativ und verfrachtete sie ins Auto. Ich setzte mich ans Steuer und ließ das Auto bergab rollen. Nun war an meinem unteren Platz kein Nebel. Aber man stand hier wie in einer Schüssel, von Nebelwänden umringt, nur im Zenitraum war es klar. Also war ein anderer Beobachtungsplatz gefragt. Ich fuhr über Neubau und Ladendorf Richtung Niederleis. Die längste Zeit fuhr ich in dichtem Nebel, nur solange ich oben am Neubauer Höhenrücken war, gab es noch einige klare Stellen.
Niederleis selbst lag im Nebel, und auch unser "Standard-Beobachtungsplatz" östlich der Ortschaft war "dicht". Also blieb nur mehr der Buschberg, und wenn's dort nicht ginge, dann war's das wohl. Die Südseite des Buschbergs lag ebenfalls im Nebel, erst im obersten Teil der Strecke, gegen den Parkplatz zu, kam ich aus dem Nebel heraus. Der Parkplatz war nebelfrei, aber hier war es windig, wie so oft. Ungut windig sogar. Ich griff schnell zu Schal und Mütze, zur Daunenjacke sowieso.
Das Nordlicht gab derweilen eine lebhafte Show ab. Ich knipste noch zahlreiche Bilder, aber auf den Fotos ist kaum was drauf. Wenig verwunderlich, die Erscheinungen kamen und gingen so schnell, bis man die Kamera herumdrehte und den Ausschnitt anvisierte, war's auch schon wieder vorbei. Das grünlich leuchtende Band tief am Nordhimmel war das beständigste Detail dieses Nordlichts, es war die ganze Zeit über sichtbar gewesen, auch jetzt noch war es zu sehen. Darüber nahm ich ein rötliches Leuchten aus, das nun auch recht beständig schien, halt in der Intensität schwankte. Die rasch wechselnden Erscheinungen waren Flecken, einmal da, einmal dort, meist weißlich, also ohne erkennbare Farbe, von Ost bis West und hoch am Himmel. Dann kamen und gingen Bögen, die über den halben Himmel reichten, zum Beispiel von der Cassiopeia bis in den Fuhrmann hinein. Auch im Zenitraum ging es ab und zu wieder rund, zum Beispiel im Bereich Andromeda/Dreieck. Mit der Zeit wurde mir nicht nur kalt, auch das Genick schmerzte schon, vom steil nach oben schauen. Nebenbei gab es in dieser Nacht auffallend viele und helle Sternschnuppen zu sehen.
Bald nach Mitternacht schien sich der Spektakel zu verflachen, nur mehr ein rötliches Leuchten am Nordhimmel blieb. Ich ließ es damit gut sein, und machte mich auf den Heimweg. Beim Bergabfahren tauchte ich bald wieder in den Nebel ein, der stellenweise extrem dicht war, und mich bis nach Hause "begleitete".
Ein paar Details zu den Bildern noch: Sie wurden mit meiner kleinen Olympus µ 300 Digitalkamera geknipst, alle mit 4 Sekunden Belichtungszeit bei f/3.1, ISO 80. Um das Nordlicht sichtbar zu machen, musste der Gamma Wert kräftig angehoben werden, demgemäss wurden Artefakte des CCD Chips sichtbar, und die Bilder waren stark verrauscht. Dem war nur mit extensiver Bildbearbeitung beizukommen, um halbwegs "salonfähige Ergebnisse zu erzielen". Dabei gleich einmal danke an Walter, von dem ich ein paar gute Tips bekommen habe.
Howdii