Der 8. November war im Weinviertel - entgegen der Wetterprognose - ein durchaus sonniger und milder Tag. Das ließ berechtigte Hoffnung auf eine Beobachtungschance für die Mondfinsternis aufkommen. Die paar Wolken würden sich gegen Abend schon auflösen, dachte ich. So schien es auch, doch wie schon oft, kamen am späten Nachmittag Schleierwolken daher und verunzierten den ganzen Himmel. Ein kritischer Blick zum Himmel verriet aber, dass es sich um mittelhohe Wolken handelte, die erfahrungsgemäß die Nacht nicht "überleben" würden. So war es denn auch. Bei Einbruch der Dunkelheit war der Himmel sternklar.
Gegen 19:30 Uhr rief ich Walter an, und wollte schon sagen: schaut gut aus vom Wetter her - als Walter meinte, es schaut weniger gut her. Er habe gerade das Satellitenbild gesehen, Wolken zögen kreuz und quer herum, man frage sich sowieso, wie es so schön sein konnte. Wir beschlossen, noch die Wetterprognose der ZIB2 abzuwarten. Wirklich, da waren mehr Wolken zu sehen, als einem lieb war. Ein misstrauischer Blick beim Fenster hinaus - nein, sternklar, und der Mond leuchtet schon vom Himmel, kein Nebel, keine Wolke. Für die Nacht war dann auch noch Nebelbildung angesagt. Meine Leute meinten schon, es wird wohl nichts mit der Mondfinsternis. Quatsch, sagte ich, stimmt alles nicht, was der Wettermann im Fernsehen erzählt, ich werd heute Nacht draußen sein, und die Mondfinsternis beobachten. Walter und ich konferierten nochmals, und da es ja immer noch sternklar war, beschlossen wir, später zu entscheiden.
Als es Zeit wurde, zusammenzupacken und zur Beobachtung aufzubrechen, klingelte Walter nochmals an. Es war bei uns unverändert klar, daher wollten wir uns auf den Feldern oberhalb von Niederleis treffen. Ich verlud meine Ausrüstung ins Auto, während Walter schon auf die Reise ging. Bei der Anfahrt nach Niederleis - düdldidldü - war Walter nochmals dran. Er berichtete von heftigem Ostwind oben am Höhenrücken, wir würden entweder unten in der Senke aufbauen, oder uns gar in die Ortschaft zurückziehen müssen. Knapp bevor ich Niederleis erreichte, kam die letzte Anweisung, wo ich Walter finden würde. Demgemäß fuhr ich dann gleich den Beobachtungsplatz im Tal an. Es ist ein durchaus lauschiges Plätzchen, bei einem Baum. Am Fuße dieses Baumes entspringt eine Quelle, die aber nur sehr selten Wasser führt. Wir stehen öfters dort unten, wenn wir vor allzu heftigem Wind Schutz suchen, und mit der angehobenen Horizontlinie leben können.
Hier war der Wind auszuhalten. Walter hatte schon mit dam Aufbau seiner Gerätschaft begonnen. Die Zeit war ohnehin schon knapp. Ich stelle ebenfalls unverzüglich meinen 5.7" f/6 Maksutov-Newton auf, steckte das 27 mm Panoptic Oular in den Auszug, legte die Digitalkamera bereit, und harrte der Dinge: der Eintritt des Mondes in den Kernschatten der Erde stand knapp bevor. Walter bereitete sich für eine Aufnahmeserie an seinem APO vor.
Am Horizont tauchen ab und zu einige Nebelwolkerl auf, die aber abzogen, dann war Ruhe. Auch der Wind schlief ein, zumindest spürten wir hier unten an unserem Plätzchen nichts mehr, höchstens ab und zu einen leichten Lufthauch.
Halbschattenfinsternissen sagt man nach, dass sie praktisch unbeobachtbar wären, weil der Mond nur kaum merkbar abgedunkelt würde. Doch bereits einige Minuten vor dem Eintritt in den Kernschatten machte sich eine Verdunkelung am Mondrand bemerkbar.
0:30 MEZ: Der Mond ist schon vom Halbschatten "angepatzt", und erscheint nicht mehr ganz so gleißend hell
Der Beginn der Kernschattenphase verlief daher recht unspektakulär, und verschwand fast im allgemeinen "Dunkel", das der Halbschatten schon verursachte.
0:33 MEZ: Kaum merkbar, der Beginn des Eintritts in den Kernschatten
Nach und nach wurde der Fortschritt der Finsternis deutlicher. Im Teleskop erschien der Kernschatten recht scharf begrenzt, und der im Schatten befindliche Teil des Mondes wirkte matt und kupferfarben bis bräunlich.
0:49 MEZ und 1:16 MEZ: der Fortschritt der Finsternis ist deutlich merkbar, der Kontrast am noch hellen Teil verblasst langsam
1:55 MEZ: etwa 10 Minuten fehlen noch bis zur Totalität
Während nur mehr ein flaches "Scherzel" des Mondes beleuchtet war, konnte man schon merken, dass es eine sehr dunkle Finsternis werden würde. Das tiefer im Kernschatten liegende Ende des Mondes erschien bräunlich, zum beleuchteten Rand hin deutlich heller und eher kupferfarben.
2:15 MEZ: Totalität, ein paar Minuten vor Mitte der Finsternis. Interessant, der zart bläuliche helle Rand!
Ging's bisher bei Fotografieren mit meiner kleinen Olympus µ300 Digitalkamera noch ganz gut, so war das Ding bei der Totalität schon schwer gefordert. Der Autofokus hatte seine liebe Not, und ich auch, die Kamera eine halbe Sekunde ruhig ans Okular zu halten. Und dann war auf dem Bild noch fast nichts zu sehen. Erst durch starkes Anheben des Gamma Wertes und Kontrastes konnte der Mond aus dem Bild "rausgekletzelt" werden. Dementsprechend verrauscht sah es aus. Mit allerhand Weichzeichnungs- und Schärfungsalgorithmen ließ sich das Bild letztlich so hinzimmern, dass man wenigstens einen Eindruck vom verfinsterten Mond hat. Gut genug für die Erinnerung, aber bei weitem kein Sensationsbild...
Ein Blick zum Himmel: hui, warum kann man den Vollmond nicht immer so "abdrehen"? Ein feines Nachtl zeigte sich, die Milchstraße wurde sichtbar, und wenn die Totalitätsphase nicht so kurz gewesen wäre, hätt' ich wohl tatsächlich ein paar Deepsky Objekte auf's Programm gesetzt...
Ein Sternfeld-Schnappschuss: Orion während der Totalität. Links unten Sirius, links oben Saturn
Walter beobachtet den verfinsterten Mond durch meinen schwarzes "Ofenrohr"
2:49 MEZ: Der Austritt aus dem Kernschatten nimmt seinen Lauf. Oops, wo ist die Bildschärfe hin?
Während des letzten Teils der Totalität setzte ich mich ins Auto, warf das Notebook an, um die Bilder von der Kamera runterzuladen. Dabei "vertandelte" ich noch ein bissl Zeit mir erster Sichtung der Bildergebnisse. Als ich wieder unter den Sternenhimmel trat, war der Austritt aus dem Kernschatten bereits im Gange. Ich stellte mich wieder ans Teleskop, um weitere Bilder zu schießen. Doch schon bei der Bildkontrolle am kleinen Kameramonitor wurde ich stutzig: Was denn, was denn, warum wird das Bild immer unscharf? Na klar, die nebelschwangere, feuchte Luft hatte zum Beschlagen der Meniskuslinse geführt, und auch das Okular war beschlagen. Da geht freilich nichts mehr. Ich musste - wohl oder übel - meinen Dieselstinker anwerfen, das Teleskop abnehmen, und die Linse mit Warmluft aus den Heizungsdüsen abtauen. Macht richtig Spaß, wenn man im Auto knotzt, und einen klitschnassen Teleskoptubus in der Hand hält...
3:39 MEZ: Das Bild ist wieder scharf, und die Kernschattenphase geht dem Ende zu
Bis ich das Teleskop wieder einsatzbereit hatte, verging natürlich eine Menge Zeit. Daher fehlen gleich einmal ein paar Bilder, die den Austritt aus dem Kernschatten dokumentieren sollten. Und weil die Serie eh schon ruiniert war, war auch mein Ehrgeiz dahin. Nicht nur das, die Finger waren auch schon so kalt, dass ich die kleinen Knopferl an der Kamera kaum noch "derdrucken" mochte. Zwischen den Aufnahmen musste ich die Kamera ja immer abschalten und in die Tasche stecken, damit mir der Akku nicht in der Kälte schlappmacht, so wie beim Nordlicht... Ich schwenkte also kurzerhand das Teleskop herum, um einen Blick auf Saturn zu riskieren. Der war aber eher ernüchternd. Entweder war mein Teleskop von der Abtauaktion noch so aufgewärmt, oder das Seeing so mies - einerlei, Saturn gab keine schöne Figur ab.
Während der Mond noch dabei war, sich endgültig aus dem Kernschatten der Erde zu "befreien", wurden am Horizont ein paar "tieffliegende" Wolken sichtbar. Aha, erste aufsteigende Nebelfetzen. Nach und nach wurden diese Wolken mehr und mehr, und zogen rasch vor dem Mond dahin. Das ergab einen durchaus "gespenstischen" Anblick. Leider hab ich "vergessen", diese Stimmung einzufangen. Bis wir unser Zeug abgebaut und verladen hatten, war der Himmel fast "zu". Alsdann, der Nebel hat grad ausgehalten. Damit hatte ich gerechnet, dass sich der Nebel erst in den Morgenstunden bilden würde. In Mistelbach war übrigens immer noch klarer Himmel, wie ich feststellte, als ich heimkam. Und da krähte schon der erste Hahn...
Howdii