In der Nacht vom 28. auf den 29. Oktober hätte es die erste Chance auf eine Nordlichtsichtbarkeit gegeben. Die Nacht war größtenteils klar. Alle zwei Stunden guckte ich hinaus, ob etwas zu sehen wäre. Nichts dergleichen. Und bei der letzten Inspektion um 5 Uhr früh war es bereits bewölkt. Unsere Kollegen in Nordamerika hatten dann schon einen rechten Nordlichtspektakel, bei uns wär's aber schon taghell gewesen. War also nichts.
Die Nacht vom 29. auf den 30. Oktober hätte die zweite Chance gebracht, allerdings regnete es hier im Osten Österreichs. Für die Nacht vom 30. auf den 31. Oktober gab es wiederum eine hohe Sichtbarkeitswahrscheinlichkeit. Tagsüber war es bedeckt, auch noch bei Einbruch der Dunkelheit. Der Wetterbericht sagte Aufklaren während der Nacht voraus, aber auch Nebelbildung. Während ich am späten Abend von der Arbeit heimfuhr, war der Himmel zu. Ich rechnete deshalb eigentlich mit einer "ruhigen" Nacht im warmen Bett. Bevor ich schlafen gehen wollte, riskierte ich einen routinemäßigen Blick beim Fenster hinaus. Oh, Sterne! Statt ins Bett zu gehen, legte ich schnell noch eine wärmere Schicht Gewand an, packte Digitalkamera und Fotostativ, schwang mich ins Auto und fuhr auf den Schneiderberg östlich von Mistelbach.
Kaum war ich aus der Ortschaft draußen, umfing mich dichter Bodennebel. Trotzdem steuerte ich mein Beobachtungsplatzerl an. Nebel, sonst nichts, keine Sterne. Was nun? Wieder heim? Vielleicht höher hinauf, dachte ich, und fuhr weiter nach Eibesthal. Im Ort unten kein Bodennebel, aber auch keine Sicht auf die Sterne. Ich nahm den Weg Richtung Wetztelsdorf - der führt nämlich beim Halmesberg über eine Höhenrücken, wo man auf etwa 290 Meter rauf kommt. Kaum hatte ich Eibesthal verlassen, war ich schon wieder im dichten Nebel. In langsamer Fahrt erreichte ich den höchsten Punkt der Straße, wo ein Feldweg nach Osten, Richtung Erdberg abzweigt. Dort, bei einem Marterl, habe ich ja einen "alten" Spechtelplatz, der mittlerweile durch die Beleuchtung eines Firmenareals im wenige Kilometer nördlich gelegenen Poysdorf ziemlich beeinträchtigt wird. Bis zum Endpunkt beim Marterl fuhr ich im dichten Bodennebel. Dennoch sprang ich aus dem Auto und reckte die Nase in die Höhe. Ah, Sterne! Der Nebel ringsum war relativ flach. Als ich meinen Blick gegen Norden richtete, nahm ich im Bereich des UMa Wagenkastens ein rötliches Glimmen wahr. Binnen einer Minute war aus diesem Glimmen ein leuchtendes Rot geworden - tatsächlich, Nordlicht!
Ich zückte sofort mein Handy und alarmierte Walter. Danach stellte ich schnell das Fotostativ auf, schraubte die Kamera drauf, stellte den "Nightscene" Belichtungsmodus ein, und los ging's.
Mein erster Schnappschuss des Nordlichts am 31. 10. 2003 um 0:08 MEZ.
Derweilen spielte sich vor meinen Augen ein faszinierendes Schauspiel ab. Rote vorhangartige Strukturen wechselten mit eher flächiger Erscheinung ab, fallweise waren weiße Strahlen sichtbar.
0:12 MEZ: "Stichflamme"! Das Marterl "brennt"!
Flächige Verdichtung um 0:15 MEZ
Gefächerte Vorhangstruktur um 0:18 MEZ
Mein letztes Bild um 0:19 MEZ
Binnen einer halben Stunde wanderte die Erscheinung in ständig wechselnder Form und Helligkeit langsam nach Osten und horizontwärts, bis sie schließlich verebbte. Der Nebel hatte sich in dieser Zeit etwas abgesenkt. War zu Beginn von Poysdorf überhaupt nichts zu sehen gewesen, kamen nun einige Lichter durch. Aufgrund des Nebels rundum ist daher nicht klar, ob die grünlichen Farbtöne auf den Bildern vom Nordlicht herrühren oder ob sich die Ortbeleuchtung von Poysdorf im wabernden und fallweise lichtenden Nebel als grünliches Leuchten manifestierte. Anhand der auf den Fotos sichtbaren Sterne der Sternbilder UMa, UMi, Dra lässt sich auch das Ausmaß des Nordlichts am Himmel abschätzen. Und freilich sind Nebelschwaden auch auf den Fotos zu sehen, was zusammen mit dem Marterl im Vordergrund eine mystische Stimmung ergibt.
Ich wartete noch ein Weilchen. Da sich aber nichts mehr am Himmel tat, und mir langsam kalt wurde - so besonders warm war ich nicht wirklich angezogen - packte ich zusammen und machte mich auf den Heimweg. Der Nebel erreichte mich bei der Abfahrt vom Beobachtungsplatz erst weiter unten. Dafür war dann in Eibesthal eine dermaßen dicke Nebelsuppe, dass ich die Orientierung verlor und mich an einer Straßenverschwenkung glatt "verirrte". Bis ich heimkam war es knapp nach ein Uhr, und der Himmel war wieder "dicht".
Man kann hundert Bilder von Nordlichterscheinungen gesehen haben - kein Vergleich, so etwas einmal direkt zu erleben! Es war allerdings etwas Glück dabei, in dieser "Schlacht" gegen den Nebel, just zur richtigen Zeit den richtigen Ort zu finden. Weil nicht nur das Nordlicht änderte sich von Minute zu Minute, auch die Nebelsituation.
Ein paar Worte noch zu meinen Bildern: Die kleine Olympus µ300 Digitalkamera habe ich für diese Fotos sicher ans Limit getrieben. Ohne den Gamma-Wert nachträglich ordentlich anzuheben wäre auf den Bildern kaum etwas zu sehen gewesen. Daher sind die Bilder relativ verrauscht und "kratzig". Dennoch, für mich sind sie eine wertvolle Erinnerung. Alle Bilder sind übrigens bei f/3.1 entstanden, 4 Sekunden Belichtungszeit, ISO 80.
Howdii