Uranus, Neptun und Mars

28. und 30. 9. 2003, Mistelbach und Erdberg

Nachdem Uranus nur knapp vier Grad von Mars weit weg war, beschloss ich, ihm einen "Anstandsbesuch" abzustatten. Und weil Neptun auch nur etwa 20 Grad westlich stand, wollte ich den auch gleich "mitnehmen". In der späten Dämmerung des 28. September baute ich meinen 5.7" f/6 Maksutov-Newton im Garten hinterm Haus auf. Bevor ich mich noch auf die Suche nach Neptun machte, angelte ich in der aufgehellten "Suppe" meines Südhimmels nach M75. Es ging sich halt grad nimmer aus, ich landete mit dem Sucher schließlich in den Baumwipfeln.

Alsdann, weiter zu Neptun, der stand nun knapp vor Meridiandurchgang. Ich wusste die Position nur ungefähr, und ging ohne Aufsuchkarte zu Werke. Dementsprechend lustig war es - wie die Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen. Um Neptun richtig zu identifizieren braucht es doch etwas höhere Vergrößerung, und bei dem damit verbundenen kleinen Feld geht schnell die Orientierung verloren. Bei 217x sah dann bald ein 8 mag Sterndl wie ein Scheibchen aus. Egal, ich gab die Suche auf. Es war höchste Zeit, sich auf Uranus und Mars zu konzentrieren.

Die Suche nach Uranus war leichter. Bereits im Sucher war der vermeintliche Kandidat eindeutig zu sehen - ich hielt drauf: Volltreffer. Bei 87x schon zeigte sich Uranus als winziges 3.65" großes Scheibchen. Bei 217x war in Momenten mit besserem Seeing ein klar begrenztes, grünliches Scheibchen zu sehen. Nun begann ich mit meiner "Digitalknipse" herumzufummeln, und wollte partout ein Bild von Uranus schießen. Man stelle sich das vor, Montierung Daumen x Pi hingestellt, keine Poljustierung, keine Nachführung, wackeliger Plattenuntergrund, und nun die Kamera im Nachtaufnahme-Modus vier Sekunden lang ruhig ans Okular zu halten... Am Kamera-Monitor war natürlich nichts, nicht einmal nichts zu sehen. Den hab ich daher gleich abgeschaltet, damit ich wenigstens besser sehen konnte, wie ich das Objektiv zum Okular hinhielt. Als die Speicherkarte voll war, prüfte ich die Bilder gleich am kleinen Monitor der Kamera, und sah fallweise ein schwaches Etwas drauf. Die beste Aufnahme wies eine Zitterspur auf, mit ca. 5 "Uranüssen", wo ich für einen Moment die Kamera ruhig gehalten hatte, und sich der Planet als Knoten in der Spur manifestieren konnte. Nun gut, soll sein, Feindetails hätte ich ohnehin nicht erwartet. Also schnitt ich bei der Bearbeitung die Zitterspur weg, und ließ den hellsten Knoten übrig, editierte die seeingbedingten Ausfransungen einigermaßen zurecht, ließ noch einen Störungsentfernungsfilter drüber, um den bunt gesprenkelten Hintergrund zu glätten, und so sieht Uranus dann aus:

Uranus am 28. 9. 2003 um 21:45 MESZ, afokal am 5.7" f/6 Maksutov-Newton.  Belichtungszeit 4 Sekunden.
Kommt dem visuellen Eindruck im Fernrohr gleich.

Weiter zu Mars. Den hatte ich zuletzt am 25. September beobachtet. Bevor ich viel herumrede, wie, was, wann, das Bild dazu:

Mars am 25. 9. 2003 um 23:17 MESZ, afokal am 5.7" f/6 Maksutov-Newton. Belichtungszeit 2x 1/100 Sekunde. 

Das Seeing war damals halbwegs brauchbar. Im Prinzip deckt sich das Bildergebnis recht gut mit den visuellen Eindrücken. Diesmal hatte ich weniger Glück mit dem Seeing, es war eher schlecht, mit nur wenigen besseren Momenten. Hier das Bild dazu:

Mars am 28. 9. 2003 um 22:00 MESZ, afokal bei 217x am 5.7" f/6 Maksutov-Newton. Belichtungszeit 4x 1/100 Sekunde.

Auch dieses eher kümmerliche Resultat deckt sich recht gut mit der visuellen Beobachtung. Wer die beiden Bilder genau vergleicht, wird dennoch Information daraus entnehmen können. Die hellen Gebiete am linken Bildrand waren am 25. deutlich zu erkennen, und auch diesmal, etwas weiter zur Mitte hin. Visuell waren diese Gebiete sogar auffallend hell.

Nach Durchzug einer Kaltfront ergab sich am 30. September die nächste klare Nacht. Schließlich hatte ich mit Neptun noch eine Rechnung offen. Um bessere Bedingungen zu haben, packte ich meinen 5.7" f/6 Maksutov-Newton ins Auto und fuhr raus auf eine 290m hohe Anhöhe westlich von Erdberg. Diesen Platz kenne ich durchaus, hatte ihn fallweise aufgesucht. Diesmal wurde ich von grellen Scheinwerfern vom nördlich gelegenen Poysdorf her böse überrascht. Ich versteckte mich so gut es ging im Schatten eines Marterls, und richtete meinen Blick nach Süden. Der ist hier halbwegs dunkel, gemessen an typischen Weinviertler Verhältnissen. Meine Suche galt zunächst Neptun. Um für eine etwaige Bildgewinnung besser gewappnet zu sein nahm ich diesmal eine exakte Poljustierung vor, und hatte auch das Kabel mit, um die Nachführung mit "Saft" versorgen zu können. Außerdem wusste ich jetzt genau, wo ich Neptun finden sollte. Ein erster Blick im 7x50 Feldstecher zur Orientierung - da war er auch schon. Ich hielt mit dem Fernrohr drauf, steigerte die Vergrößerung auf 116x - Bingo! 

Auf einmal bimmelte mein Handy. Ich hechtete zum Auto: "Ja, hallo?" - Walter war dran, und fragte, ob ich nicht Lust hätte, Webcam Bilder vom Mars zu machen. Ich instruierte Walter, wie er mich finden könnte. Walter sagte, er werde sich die Sache auf einer genauen Karte ansehen und versprach zu kommen.

Dann zückte ich die Digitalkamera, um zu versuchen, ob Neptun im Bild festzuhalten wäre. Weil dieser aber mit 7.78 mag doch erheblich lichtschwächer ist als der 5.74 mag helle Uranus, bei dem's schon schwierig genug war, ein Bild zu kriegen, ging ich mit mehr Sorgfalt vor. Mit eingeschalteter Nachführung und perfekt im Bildfeld zentriertem Neptun sollte es etwas leichter sein. Zudem half die Gummiaugenmuschel des Okulars, das Objektiv der Kamera zentriert an der Okularfassung abzustützen. Den Kamera Monitor schaltete ich wiederum ab, weil er mehr blendete als hilfreich war. Dann drückte ich Schuss um Schuss ab, bis die Speicherkarte voll war. Zumindest eine hellere "Zitterspur" mit einem besser definierten Knoten war bei der schnellen Prüfung der Bilder am Kameramonitor zu sehen. Na schön, dachte ich, dann hab ich den Burschen wohl, und kann zumindest mit dem geliehenen Licht und Farbton einen Neptun machen, ähnlich wie bei meinem Uranusbild. Ich setzte mich dann aber sofort ins Auto, wo mein Notebook schon bereitstand, um die Bilder runterzuladen. Bei etwas kritischerer Betrachtung am Computer fand ich eine Aufnahme, die erst einmal nur "schwarz" aussah. Beim Raufdrehen des Gamma Wertes entpuppte sich zu meinem Erstaunen aber ein durchaus ansehnlicher Neptun, so gut wie punktförmig in der kleinen Bildvorschau. Na, wer hätte das gedacht, 4 Sekunden Belichtung, freihändig gehalten, und so ein schönes Ergebnis! Es war letztlich bei der Bearbeitung nur wenig zu tun, Seeing-Ausfransungen (oder doch kleine Wackler) weg zu editieren, und den farbig "pixeligen" Hintergrund mit einem Störungsreduktionsfilter zu glätten. So gut wie visuell schaut Neptun auf meinem Bild allemal aus - ein winziges, bläuliches Scheibchen:

Neptun am 30. 9. 2003 um 20:53 MESZ, afokal bei 87x am 5.7" f/6 Maksutov-Newton.  Belichtungszeit 4 Sekunden.

Wieder am Fernrohr, schaute ich noch einen Sprung bei Uranus vorbei, bevor ich Mars ins Visier nahm. Oh, durchaus feine Seeing Momente, das gefiel mir. Sogleich griff ich zur Digitalkamera, und knipste ein Bild nach dem anderen. "Relativ" gut sahen mehrere Bilder aus, doch ein Einzelschuss war besonders gut, da dürfte ich wirklich goldrichtig in einem sehr ruhigen Moment abgedrückt haben. Das Ergebnis ist leider doch ziemlich verrauscht, weil nur dieses Einzelbild verwertbar war:

Mars am 30. 9. 2003 um 21:46 MESZ, afokal bei 217x am 5.7" f/6 Maksutov-Newton. Belichtungszeit 1/100 Sekunde.

Blöderweise machte der Akku der Kamera schlapp, ich konnte grad noch mit etwas Mühe und Pausen die Speicherkarte voll knipsen. Dann setzte ich mich ins Auto, um die Bilder auf mein Notebook zu übertragen, und sah die Ergebnisse durch. So verging die Zeit rasch. Weil's mich juckte, ging ich wieder zum Fernrohr, und stellte noch einmal Neptun ein. Jetzt war das Teleskop gut austemperiert, bei 217x unterschied sich das 2.27" kleine Planetenscheibchen deutlich von den gut definierten und punktförmig wirkenden Sternen. Während ich so guckte, hörte ich ein Auto des Weges kommen. Kurz darauf stand Walter schon neben mir, um mit seinem ersten Blick ins Okular Neptun zu begrüßen.

Walter nahm die Webcam in Betrieb, wir wollten gleich einmal Neptun ablichten. Das scheiterte, in erster Linie wohl an unserer Ungeschicktheit, denn am technisch Machbaren. Wir hatten den Fokus nicht gefunden, weil ohne Barlow die Webcam an meinem 5.7" Maksutov-Newton nicht in den Fokus zu kriegen ist. Aus "Angst" vor der Lichtschwäche hatten wir es aber direkt versucht. Naja. Weil die Nacht schon fortgeschritten war, hatten wir es eilig, und probierten nicht lange herum. Der nächste Versuch mit der Webcam galt Uranus. Der war hell genug, um uns zu zeigen, dass wir weit weg vom Fokus waren. Mit meiner kurzen 2x Barlow war's dann möglich. Den exakten Fokus zu finden ist aber doch recht schwierig, wenn man keine Anhaltspunkte hat. Deshalb kurz ein Schwenk zu Mars, und fokussiert. Dann zurück zu Uranus. Damit wir die Webcam nicht wieder aus dem Fokussierer nehmen mussten, stellte ich Uranus im Sucher ein. Mein Sucher ist aber meist gut ein halbes Grad oder mehr daneben, so war es einige Spielerei, bis am Bildschirm etwas erschien. Belichtungszeit und Gain waren dafür voll aufzudrehen. So, und wo bleibt das Webcam-Bild? Walter sagt, Fehlanzeige, drauf wäre nur ein weißer Punkt. Wir hätten da wohl einen Stern erwischt. Hm. Ich rätsle doch noch, am Bildschirm hätt' ich gemeint, ein grünliches Scheibchen zu sehen. Gut, ich war aber mindestens zwei Meter oder mehr vom Bildschirm weit weg...

Einerlei, unser eigentliches Ziel war Mars, und der kam sogleich dran. Das Seeing erwies sich als durchaus brauchbar, die Bilder im Online-Downstream sahen gar nicht so "z'wieder" aus. Nach ein paar Bildserien ließen wir es gut sein. 

Bevor wir Schluss machten, testeten wir noch Walters neues 11 mm Nagler Okular (Type 6) . Gute Definition, aber "Goldfischglas-Effekt", wenn man mit dem Auge herumwandert, um auch die "Ecken" des Gesichtsfeldes zu sehen. Das Einblickverhalten ist allerdings gut. Walter, als Nagler-Fan, war begeistert. Meine Position zu Nagler Okularen ist aber vielleicht auch bekannt: Wer sie mag, soll sie haben, brauchen tut man sie nicht wirklich. Im Gegensatz zu den Panoptic Okularen, die halte ich für essentiell.

Mit teleskopischen Blicken auf h und χ Persei, M31 und M37 beendeten wir unsere Beobachtung. Die Nacht mutete schon recht herbstlich an, mit da und dort beginnender Nebelbildung. Zum Beispiel auch über Mistelbach, was wir schon von unserem Beobachtungspunkt aus gesehen hatten. Bei meiner Ankunft daheim lag eine "Wattedecke" über der Stadt, die da und dort aber "Risse" hatte, wo ab und zu ein Sterndl durch schimmerte.

Howdii