Wie vereinbart trafen wir gegen 22 Uhr MESZ zusammen. Ein heftiger Nordwind empfing uns am Beobachtungsplatz. Was nun? Wo könnten wir etwas Windschutz finden? Wir probierten einen neuen Standplatz, am Ende des Weges, wo wir normalerweise stehen. Dort gibt es ein asphaltiertes T-Stück, wo bequem zwei Autos nebeneinander stehen können. Wir drehten halt die Autos mit der "Nase" in den Wind und hatten so etwas Schutz, hinter den Autos mit geöffneter Heckklappe. Für visuelle Beobachtung würde es reichen, und wir spekulierten auf Abflauen des Windes im Laufe der Nacht.
Nachdem Walter seinen 105 mm f/6.2 APO und ich meinen 5.7" f/6 Maksutov-Newton aufgebaut hatten, begannen wir mit der Pluto-Suche. Erst einmal galt es das engere Himmelsgebiet zu orten. Ich stellte mich wieder einmal besonders blöd an, hatte das Feld schon im Okular, zweifelte aber, und begann wiederholt von vorn. Walter hatte die Stelle mit seinem APO schon längst lokalisiert, und griff schlussendlich "rettend" ein, indem er auch mein Teleskop richtig einstellte.
Jetzt war hohe Vergrößerung angesagt, um mit Hilfe der im S&T Aprilheft erschienenen Aufsuchkarte die Gegend einmal abzutasten, was erreichbare Grenzgröße betrifft, und das konkrete Sternfeld kennenzulernen. Das Zielgebiet stand noch relativ tief am Himmel, dementsprechend hell war der Himmel im Okular, und vorerst stand ich bei 12 mag an. Zudem gab es tief am Südhimmel einen langgezogenen Wolkenschleier, der womöglich auch in unserem Zielgebiet die Sicht zeitweise beeinträchtigte. Mit der Zeit stieg das Himmelsgebiet unserer Begierde immer höher, und ich konnte schon sicher bis 13 mag vorstoßen. Das Seeing war auch nicht gerade berauschend. Entsprechend schwierig war es, schwächere Sterne zu sichten. Mühsames Gestocher mit dem Auge, alles bei indirektem Sehen. Bei 175x war zumindest der Himmel im Okular einigermassen dunkel, und ich konnte mich unter den schwachen Sternen orientieren. Jetzt war Jagd auf Pluto angesagt, und tatsächlich blitzte einmal ein schwaches Lichtpunkterl an der vermuteten Stelle auf. Im nächsten Augenblick streifte mein Auge ein paar noch schwächere Lichtpünktchen südlich davon, die ich aber beileibe nicht mehr exakt lokalisieren konnte. Jetzt war ich etwas verunsichert, und steckte meine Nase wieder in die Aufsuchkarte, zum Nachforschen, was ich da alles gesehen haben könnte.
Derweilen versuchte Walter sein Glück, hatte aber mit 13 mag Sternen schon einige Mühe. Mir war letztlich die eine vage Sichtung nicht genug, ich wollte nochmal die Stelle aufsuchen und nachprüfen. Erst einmal schaffte ich es, das Feld bei hoher Vergrößerung zu "verschustern", so dass wir von vorne neu mit der Suche beginnen mussten. Da lugte auch schon der Mond über den Horizont. Und von Südwest her zogen Wolken auf, die rasch den ganzen Himmel bedeckten. Damit war die Sache gelaufen, auch zu einem CCD-Schuss kamen wir nicht mehr.
Die nächste Chance erhielten wir in der Nacht vom 1. auf den 2. Juni. Für mich war die Sache recht sicher, hatten sich doch die Wolken schon am Nachmittag aufgelöst. Die Dämmerung zeigte einen sehr klaren und wolkenlosen Himmel. Ich dachte, Walter würde bei solchen Bedingungen sicher eine Tour auf die Ebenwaldhöhe planen, doch plötzlich, relativ spät, klingelte das Telefon, Walter war dran. Über Wien gäbe es Wolken, in den Bergen auch. Weil ich herrlichen Spechtlhimmel vermelden konnte, vereinbarten wir wieder Niederleis als Treffpunkt, aufgrund des zu erwartenden Nordwindes am Standplatz der letzten Beobachtung, auch mit dem selbigen Instrumentarium wie in der vorigen Nacht.
Der Wind war tatsächlich sehr heftig, wir bauten daher unsere Instrumente dicht hinter den Autos auf, fast schon "im" Kofferraum. Über Wien tatsächlich eine Wolkenschicht, zwar von unten hell erleuchtet, darüber war der Himmel aber recht dunkel, was uns natürlich entgegenkam. Ich machte mich sofort auf die Suche nach Pluto. Die Bedingungen waren viel besser als letztens. Ruckzuck hatte ich das engere Sternfeld im Okular, und bei 175x kannte ich nun auch schon die Umgebungssterne. Daher konnte ich mich rasch orientieren, und stellte nebenbei fest, dass ich Sterne bis knapp jenseits von 14 mag erreichen konnte. Da war Pluto natürlich fällig. Auch die Position von Pluto war etwas günstiger für eine Beobachtung, näher bei einem 13 mag Stern. Letztens musste das Auge ein bissl gar in der Leere herumsuchen... Es dauerte so auch gar nicht lange, bis ich an der betreffenden Stelle ein schwaches Lichtpunkterl aufblitzen sah. Ich prüfte die Stelle mehrmals, immer wieder, und es gelang mir öfter, Pluto aufblinken zu sehen, fallweise schaffte ich ihn sogar zusammen mit dem 13 mag Stern in seiner "Nachbarschaft". Hurra, hurra, gefunden, damit hatte ich vorerst genug von Pluto, und besuchte den nur wenige Grad östlich stehenden NGC 6309, einen 11.5 mag hellen Planetarischen Nebel, auch als "Box Nebula" bekannt. Bei 350x war das Seeing zu unruhig, daher musste ich auf 230x zurückgehen, was sich schließlich als brauchbarste Vergrößerung erwies. Zu sehen war ein achterförmiges Nebelchen, durch einen knapp daneben stehenden Stern wirkt die Sache wie ein Buchstabe "i" mit Punkt.
Zwischendurch konntrollierte ich die teleskopisch erreichbare Grenzgröße in der M57 Umgebung. Hoi, anhand der Photometrie-Ergebnisse von Brian Skiff halten wir demnach bei 15.3 mag, erzielt bei 230x mit dem 5.7" f/6 Maksutov-Newton. Da könnte man doch glatt schon Jagd auf den M57 Zentralstern machen, doch die dazu notwendige hohe Vergrößerung ließ das Seeing nicht zu.
Das von Brian Skiff photometriere Feld, mit V-Helligkeitsangaben für diverse Sterne
So, und jetzt wollte Walter noch die Sache mit Pluto klarmachen. Ich stellte nochmals das konkrete Sternfeld ein, schaffte den Burschen bei ein paar Probeblicken, und überließ Walter das Okular. Anfangs hatte Walter etwas Probleme, Pluto zu finden, war er mit ca. 13.7 mag doch erheblich schwächer als sein "Sternennachbar". Aber kaum hatte Walter die Stelle einmal exakt lokalisiert, konnte auch er wiederholt Pluto sichten. Damit war die Sache visuell im 5.7" Maksutov-Newton einmal "gegessen", ein Bild war gefragt. Also wurden CCD und Notebook vorbereitet. Als Aufnahmeoptik wartete schon Walters APO.
Vorher, bis Mondaufgang, holten wir aber noch ein paar schöne M101 Rohbilder vom Himmel. Daraus hat sich ein Komposit erstellen lassen.
M101, TMB 105 mm f/6.2 APO auf Vixen GPDX, Guiding, Komposit aus 8x 2 min und 2x 5 min, SBIG-ST7E
Nach Mondaufgang hielten wir schließlich mit dem CCD auf Pluto. Hui, mit nur 20 Sekunden Belichtung ist nicht nur Pluto (markiert durch einen kurzen blinkenden Strich) schon deutlich zu erkennen, es sind noch viel schwächere Sterne zu sehen. Walter hat nur gemeint, so mache ihm die Pluto-Suche mehr Spaß :-)
Pluto in einem sternreichen Feld im Sternbild Ophiuchus, 2. Juni 2002, 2:18 MESZ, die Stelle ist mit einem
blinkenden Stricherl markiert.
TMB 105 mm f/6.2 APO auf Vixen GPDX,
20 sec Belichtung, SBIG-ST7E
Per CCD nahmen wir noch IC 5146, den "Cocoon Nebula" auf's Korn, doch da holte uns schon die Morgendämmerung ein. Trotzdem haben sich die Rohdaten zu einem brauchbaren Bild zu verwerten lassen.
IC 5146, TMB 105 mm f/6.2 APO auf Vixen GPDX, Guiding, Komposit aus 10x 60 sec, SBIG-ST7E
Damit ging eine - bis auf den Wind - fast perfekte Sternennacht zu Ende. Mit gut und gern 6 mag im Zenitraum, nach Mondaufgang immer noch locker 5 mag, erwies sich der Himmel im Weinviertel von seiner besseren Seite. Die Milchstraße war auch beeindruckend zu sehen, und den Skorpion und Schützen habe ich von Niederleis aus nur selten so schön gesehen.
Howdii