Komet C/2002 C1 (Ikeya-Zhang), CCD Imaging, und ein Mini-Messier-Marathon

8. bis 18. 3. 2002, Niederleis, Seyring, Niederkreuzstetten

Ein neuer Komet hat mich aus meinem astronomischen Winterschlaf gerissen! Lang ist's her, seit dem letzten Bericht vom Kometen LINEAR WM1, am 9. Dezember des Vorjahres. Nun, so ganz ohne Astronomie ist die Zeit auch wieder nicht verlaufen. Meine neue ST-7E CCD Kamera hat die ersten Tests positiv absolviert. Und sonst, im neuen Jahr? Flaute? Nun, die Arbeit hatte mich fest im Griff, so konnte ich die wenigen Beobachtungschancen, die sich meist sehr kurzfristig ergaben, nicht nutzen. Das Wetter war ja wirklich nicht gar so toll. Zumindest gab es im Februar öfter als Entschädigung sehr klare Fernsicht. Da konnte ich bei meiner täglichen Fahrt in die Arbeit weit in die niederösterreichische Bergwelt sehen! Von der Buckligen Welt bis zum Hochwechsel über Schneeberg und Schneealpe bis zum Ötscher reichte der Blick! Phantastisch, kann ich nur sagen, das gibt es nicht sehr oft zu sehen! Und dann kam es zu einer eher glücklichen Konstellation: Ein "neuer", recht heller und fescher Komet am Abendhimmel, ein paar Tage mit Spechtlwetter am Stück, und glücklicherweise hatte ich auch in der Arbeit gerade etwas "Luft". Was will man mehr, so etwas lockt auch mich wieder in die Nacht hinaus :-) 

Der "neue" Komet heisst mit vollem Namen C/2002 C1 (Ikeya-Zhang), und ist schnell unser Liebling geworden. Walter hatte ihn schon aufgespürt, meine erste Chance kam am 8. März. Ein wunderschöner Tag mit blauem Himmel, aber wie so oft, gegen Abend verunzierten Schleierwolken den Himmel, und es wurden immer mehr. Das Satellitenbild verhieß auch nichts gutes, wir zweifelten schon an unserer Chance, ein CCD Bild vom Kometn "schiessen" zu können. In der frühen Abenddämmerung begann unser Abenteuer auf den Feldern östlich von Niederleis. Die Wolken am Westhorizont leuchteten in einem intensiven Rot, ein packender Anblick, nur dem Sterngucker ist dabei nicht so wohl. Doch es kam anders, die Wolken lösten sich allesamt auf, und es wurde eine wirklich passable Nacht, mit knapp über 5 mag Grenzgrösse. Ausser im Feldstecher oder Sucher habe ich den Kometen an diesem Abend nicht gesehen, aber mit der CCD Kamera im Fokussierer von Walters TMB APO haben wir Bilder gezogen, bis zum harten Anschlag, bis zum Horizont! So etwas geht halt auch nur, wenn es so klare Luft gibt, wie an diesem Tag.

Nebst dem Kometen saugten wir natürlich auch noch Photonen von anderen Objekten auf. Zu bewundern gab es CCD Bilder vom Kometen, NGC 3628, NGC 2903 und NGC 2359. Da wir den "Stromräuber" CCD (die Kühlung zieht ganz schön Strom) über einen Umwandler an der Fahrzeugbatterie betreiben mussten (wechselweise an Walters und meinem Auto) und auch das Notebook von meiner Autobatterie gespeist wurde, machten wir bald nach Mitternacht Schluss. Unsere Fahrzeuge ließen sich aber zum Glück problemlos starten. Naja, wenigstens im Handy hätten wir Saft genug gehabt, um den Pannendienst anzufordern, und, ach ja, wenn wir wenigstens ein Auto starten hätten können, ich hätt' sogar Starterkabel dabei gehabt.

 

NGC 2903*) TMB 105 mm f/6.2 APO auf Vixen GPDX Montierung, 
Komposit aus 10x 30 sec und  15x 20 sec, Serien mit Track&Accummulate, SBIG-ST7E

Nach den schönen CCD Bildern wollte ich natürlich den Kometen auch visuell sehen. Am 9. März versuchte Walter sein fotografisches Glück auf der Sopienalpe, ich mein visuelles auf dem Schneiderberg bei Mistelbach. Diesmal spielten mir die Wolken einen Streich. Je später es wurde, desto mehr zog der Himmel zu. Ich erwischte schliesslich den Kometen per Koordinaten in einem schmalen Spalt zwischen den Wolken, natürlich nur mehr als verwaschenes Fleckerl. 

Am Abend des 10. März trafen wir, Walter und ich, uns wieder auf den Feldern bei Niederleis. Heiliger Bimbam, am Horizont war noch mächtig und gross der Ötscher zu erkennen - warum kann es nicht immer so sein? Walter brachte seine fotografische "Flak-Batterie" in Stellung, und ich nahm den Kometen einstweilen mit meinem 5.7" f/6 Maksutov-Newton ins Visier. Am noch sehr hellen Himmel hatte ich den Kometen über Koordinaten bald aufgespürt, aber für eine Beobachtung gab das noch nichts her. So suchte ich mir eine andere Herausforderung, den Messiermarathonern sicher bekannt: M74 und M77. Ein paar Zielversuche über Koordinaten gönnte ich mir schon, sowie ausgiebige Vergleiche von Sucher und Okularbild mit der Aufsuchkarte im "Karkoschka". Walter, der meine Bemühungen nebenbei mitverfolgte, meinte nur, bei einem Messier-Marathon muss das viel schneller gehen... :-) Nun, sobald ich die Stelle, wo M74 sein soll, exakt lokalisiert hatte, war da auch schon ein verdächtiges Nebelflecker im Okular (bei 40x). Ich steigerte die Vergrößerung stufenweise bis 116x, bis beste Erkennung erreicht war. Kein Zweifel: got it! Ahm, was steht da im Karkoschka? Schwieriges Objekt, besonders bei aufgehelltem Himmel, kleinste Vergrösserung. ??? Ersteres würd' ich unterschreiben, letzteres nicht :-) Oh, und M77? Sch...otterhaufn, fix, der steht aber wirklich schon recht tief... Es ist zwar merklich dunkler geworden, aber jetzt war Eile geboten! Nun, ich zielte wiederum per Koordinaten hin, die ersten beide Male wohl etwas zu ungenau, aber beim dritten Versuch hatte ich das Ding. Got ya! Und war gar nicht so schwer.

Damit waren meine Marathon Ambitionen vorerst erschöpft. Ich widmete mich dem Kometen. Der machte z.B. im 7x50 Feldstecher schon mächtig was her! Ahja, die von den Fotos und CCD Bildern bekannten Strahlen im Schweif waren auch im Teleskop visuell zu erkennen! Direkt an der Koma zweigten einige kurze Strahlen in etwas steilerem Winkel ab. Ich meinte, das sieht wie ein "Bart" aus... (es war nur an diesem Tag beobachtbar). Der Schweif konnte gut zwei Grad lang im Okular verfolgt werden, vielleicht sogar noch etwas mehr. Bei höherer Vergrößerung zeigte sich der engste Kernbereich eher als dicklicher Knödel (175x). Das Seeing spielte nicht sooo fein mit, die Sterne tanzten allesamt etwas herum... Ich blieb am Kometen drauf, bis er so tief stand, dass die Beobachtung ihren Reiz verlor.

Nun setzte ich fort mit Deep Sky Beobachtung. Die zuletzt auf CCD gebannten Galaxien, NGC 2903 und NGC 3628, z.B., oder der Rosetten-Nebel, waren meine Ziele. Dann schweiften meine Blicke zum Orionnebel. Frech vermeldete ich die Beobachtung eines Messier-Objektes :-) Doch Walter verwies mich gleich wieder auf den Marathon, die schwachen Fuzln im Horizontdunst sollte ich lieber suchen, M42 schaun kann ja jeder ;-) Oops, ja, ähm, fehlt eigentlich - naja, M79. Oh, so tief steht der doch gar nicht. Ein Blick in den Karkoschka, einmal scharf anvisiert im Sucher, zapp, und da war er schon. Tja, und von da an war wohl das Feuer entfacht :-) Ich "zappte" gleich mit offenen Klemmen an der Monterung weiter, von einem zum anderen Objekt, kunterbunt über den Himmel: M43, M78, M31/M32/NGC 205, M33 war ein bissi schwieriger zu sehen, aber nicht wirklich, dann M34, M35, M36, M37, M38, M1, M45, M103, M50, M46, M47, M93, M44, M67, M48, M95, M96, M105, M65, M66. M81 erwischte ich noch im Sucher, das Teleskop stand aber gerade an einem Stativbein an, zu einem Blick im Okular reichte es nicht mehr. Nun? Wo ist der Stress? Locker habe ich den halben Himmel an M-Objekte in kurzer Zeit abgeklappert :-) Jetzt hätte man schon mit dem Virgo-Haufen beginnen können, aber es war Mitternacht, und der nächste Arbeitstag wartete... Also Ende der Aktion, wenn es das Wetter zuliesse, wollten wir einen Messier Marathon am Wochenende durchziehen. Nur, es sollte anders kommen... 

Am 11. März quälte ich mich durch den dichten Stadtverkehr auf die Sopienalpe, zum Kometenschaun. Freilich traf man dort auch schon jede Menge anderer Kometenspechtler, darunter etliche Bekannte. Die Sicht war leider nicht mehr so toll, es war dunstiger geworden, aber das Seeing spielte in einzelnen Momenten wenigstens mit. Ich konnte bei 116x in dem dicklichen Knödel in der inneren Koma noch fallweise ein kleines, eher sternförmiges "Bemmerl" erkennen. Ein paar Strahlen im Schweif, und mit etwas Mühe ein etwa 2 Grad langer Schweif im Okular. Als Teleskop diente wiederum mein 5.7" f/6 Maksutov-Newton. Saturn und Jupiter konnten an diesem Abend auch noch ein paar bessere Blicke abgerungen werden, das Seeing war zwar generell eher mies, aber es gab, wie gesagt, ein paar brauchbare Momente. 

Am 12. März musste ich den Kometen arbeitsbedingt vernachlässigen. Erst am 13. März schaffte ich wieder eine Beobachtung, bei noch dunstigerem Wetter, im Marchfeld, ein Stück ausserhalb von Seyring. Es gibt davon nichts besonderes zu berichten, der Komet bot den bereits vertrauten Anblick. Nachster Versuch am 14. März, ausserhalb von Niederkreuzstetten im Weinviertel. Bei noch dunstigerem Wetter, vor herannahender Front, musste ich zudem noch die Lichtglocke von Niederkreuzstetten in Kauf nehmen. Die Wolken ließen mir auch nur mehr wenig Zeit für den Kometen, dann schwappten sie drüber. Im Zenitraum konnte ich noch ein bissl herumstochern, nun, man erfreut sich halt ab und zu auch an Dingen wie M37 und M36 und NGC 1931... Oh, bevor ich es vergesse, freilich hatte ich auch Jupiter im Blick: Der GRF war gerade auf seinem Weg zum Zentralmeridian, und knapp hatte ich das Transitende von Mond II (Europa) verpasst. Den Schatten des Mondes konnte ich zumindest in den besten Seeingmomenten (die eher rar waren) erhaschen. 

Das Wetter ließ am 18. März die bislang letzte Beobachtung des Kometen zu. Walter machte wiederum fotografisch Jagd, ich visuell. Der Himmel war bis etwa 20 Grad Höhe sehr dunstig, dementsprechend mässig toll war auch der Anblick des Kometen im Teleskop. Ja, ein paar Strahlen waren im Schweif zu erkennen, sonst aber nicht viel mehr an Details, das Seeing war in Horizontnähe aber wirklich grausamst. Zu meiner Verwunderung gab es später doch ein paar sehenswerte Jupiter- und Saturnblicke. Mehr als 175x war der Situation zwar nicht zuzumuten, aber dabei lieferte mein kleiner 5.7" f/6 Maksutov-Newton etliche Male hübsch scharfe Bilder. Fix, diese Momente sollte man sammeln und sparen können, und dann auf einmal ausgeben :-) Kann sich das jemand vorstellen, mit einer guten Optik 5 Minuten Jupiter glasklar? Das wär' halt eine Wucht, dafür tät ich sogar den 18" Dob rausschleppen :-) So, und seither blieben alle Versuche, den Kometen wieder zu Gesicht zu bekommen, vergeblich. Klar, dass das Wetter just zum Zeitpunkt der wohl grössten Helligkeit des Kometen nachhaltig schlecht werden musste... Egal wie, den besten visuelle Eindruck hatten wir am 10. März. Solange der Komet so tief am Horizont "entlangschlurft", wird er ein leichtes Opfer von schlechten Sichtbedingungen bleiben. 

Howdii

Anmerkung 2018: NGC 2903 war das einzige Bild, das nicht im digitalen Nirwana verschwunden ist. Die anderen im Text angeführten Bilder waren vielleicht doch nicht so toll. Zumindest habe ich sie nicht auf dem alten, damals eingesetzten Notebook gefunden. Ja, unglaublich fast, nachdem ein jüngeres Notebook schon über den Jordan gegangen ist, das alte Ding ließ sich noch starten und dort habe ich die alten CCD Bilder sozusagen zusammengekratzt. Ansonsten wären diese Berichte vom CCD Imaging ziemlich leeres Stroh. Wie es halt damals war, wir waren ungestüm, haben auf alles Mögliche und Unmögliche draufgehalten. Es war damals durchaus aufregend, in welch kurzer Zeit (im Vergleich mit der herkömmlichen Fotografie) sich Objekte ablichten ließen, wo doch die Bilder deutlich mehr oder mindestens so viel zeigten als wir mit dem 18" Dob visuell sehen konnten. Heute sind diese Schwarzweißbilder freilich irgendwie Schnee von gestern, jedoch stehe man zu seinen Anfängen im digitalen Imaging.