Ein Deep Sky Quickie und Komet C/2001 A2 (LINEAR)

28. 7. 2001, Altenmarkt i.T.

Tagsüber nur ein paar Quellwolken, die sich gegen Abend auflösten. Der Himmel war mäßig blau, also zeichnete sich eine klare Nacht mit durchschnittlicher Himmelsqualität ab. Ich plante eine Beobachtung an dem neu von Walter ausgekundschafteten Platz bei Altenmarkt i.T. (Weinviertel). Etwa eine Stunde vor Monduntergang packte ich meine Sachen in's Auto und fuhr los. Kaum hatte ich Mistelbach verlassen, erblickte ich eine dunkle, messerscharf abgezeichnete Wolkenkante unterhalb des schon recht tief stehenden Mondes. Huch? Was ist das? Wolken aus dem Nichts? Das Satellitenbild hat doch ganz Österreich wolkenfrei gezeig!. Ich fuhr sofort rechts ran und stieg aus. Erleichtert stellte ich fest, dass dies nur ein sehr schmales Wolkenband war, das rasch durchzog.

In einer starken halben Stunde hatte ich den neuen Beobachtungsplatz erreicht. Ein erster Blick zum Himmel, naja, müde 5 mag, aber der gelb leuchtende Halbmond stand ja noch tief am Südwesthimmel - ein Indiz auf mäßigen Dunst. Während ich meinen 8" f/6 Maksutov-Newton aufbaute, ging der Mond "schlafen". So, mir sollten also noch knappe zwei Stunden bis zum Dämmerungsbeginn bleiben.

In dieser Nacht bemühten sich Dr. Murphy und Dr. Alzheimer redlich um mich, wie ich mit Sternkarte und Fernrohr herumfuhrwerkte, ich kam mir vor wie der erste Mensch. Nicht zuletzt hatte ich zwar den Lüfter am Teleskop in Betrieb genommen, aber vergessen den Deckel der Austrittsöffnung abzuschrauben :-) Kein Wunder, dass das Fernrohr sich hartnäckig weigerte, ordentlich auszukühlen. War ich ob der zahlreichen kleinen Pannen einfach zu müde von der stressigen Arbeitswoche? Oder war es der neue, ungewohnte Beobachtungsplatz, an dem man doch einen Teil der Aufmerksamkeit dem widmet, was rundum zu sehen und zu hören ist? Vielleicht eine Kombination aus beidem.

Klarerweise wollte ich an dem neuen Beobachtungsplatz den Himmel einer ersten Evaluierung auf seine Qualität unterziehen. Nach Monduntergang war die Milchstraße besser zu sehen, und die Grenzgröße stieg um ein paar Zehntel- Magnituden an. Kühl war es schon, mit etwa 16° C, bei meiner Ankunft. Wind gab es keinen. Fast urplötzlich etwa um 2 Uhr früh wurde es merkbar frischer, und im Nu war das Auto patschnass vom Tau. Auch der Fernrohrtubus wurde feucht, die Optiken blieben aber vom Tau verschont. Und oho, mit dem Dunst, der sich nun zu Boden setzte, stieg die Transparenz des Himmels im Zenitraum noch ein wenig. Die Milchstraße zeigte sich schön strukturiert, und ich kam relativ problemlos auf eine Grenzgröße von 5.5 mag. Walter, der immer um ca. 0.5 mag mehr "hat" als ich, hätte wohl mindestens einen knappen Sechser vergeben.

Im Süden dominiert freilich die Lichtglocke von Wien den Himmel, ähnlich wie in Niederleis, vielleicht etwas weniger schlimm. Im Südwesten eine flache Aufhellung, da dürften die vereinten Lichter von kleineren Orten im Vordergrund sowie Stockerau, Tulln und St. Pölten "grüßen". Der Westhimmel ist ziemlich hoch hinauf unangenehm hell, das Hollabrunner Licht, und ein Diskobeamer ließ seinen Lichtfächer über den Himmel geistern, der sich in der aufgehellten Suppe aber kaum deutlich abzeichnete. Im Norden macht sich Znaim bemerkbar, sowie die Kette der Ortschaften entlang er Grenze. Der Osten ist erfreulich dunkel. Wenig Wunder, hier ist der Ernstbrunner Wald vorgelagert, und die Leiser Berge. Erst im Südosten macht sich wieder eine leichte Aufhellung bemerkbar. Der Osten ist freilich nicht so "schwarz" wie z.B. der Südhimmel auf Ebenwald, doch ist die Aufhellung hier so flach, dass man sie kaum merkt, gegen die sonstige Horizontaufhellung rundherum.

Ohja, ich habe nicht nur meine Nase so gegen den Himmel gereckt (einige hellere Sternschnuppen wurden dabei meine "Beute", und erste Perseiden dürften schon dabei gewesen sein), sondern auch durch das Fernrohr geguckt.

M92 war mein "Startobjekt". Bei 240x schön aufzulösen, und obwohl der Herkules schon nur mehr "halbhoch" im NW stand, war der Himmelshintergrund im Okular noch hübsch dunkel.

NGC 6229, ein hübsches Stück nordwestlich von M92, war mein nächstes Objekt. Diesen Kugelhaufen (9.4 mag, 4.5' Durchmesser, die hellsten Sterne erreichen 13.5 mag) kenne ich von einer Beobachtung mit dem 18" Dob, in dem sich ein schön aufgelöster Haufen, mit dichterem Zentrum zeigte, seinezeit, auf der Ebenwaldhöhe. Der 8" MN zeigte ihn nun bei 240x und 300x deutlich grießlig, und am Rand etwas auflösbar, wenn auch ein wenig schwierig.

NGC 6085 ist ein Planetarischer Nebel mit 12.9 mag, 23" Durchmesser, und hat einen 13.6 mag Zentralstern. Bei 120x (ohne Filter) war der Zentralstern fast auffälliger als der Nebel, der sich zwar eindeutig, aber etwas "schüchtern" zeigte. Bei 240x war das Nebelscheibchen deutlich und relativ leicht zu sehen, der Zentralstern blitzte immer wieder durch. Auch bei 300x war der Nebel noch gut zu sehen. Von Filtereinsatz (UHC, [O III]) profitierte dieses Objekt wenig, da war das Bild bei 240x schon etwas dunkel, der bessere Eindruck entstand nun bei 120x.

Nun angelte ich mir den 7x50 Feldstecher, um den Kometen C/2001 A2 (LINEAR) zu suchen. Die Bahn hatte ich wohl überschlagsmäßig im Kopf, aber keine genaueren Ortsangaben. So auf die Art: den Burschen werde ich doch leicht finden. Mitnichten: Erst nach etlichen "Fehlschüssen", die sich im Teleskop als Sternansammlungen entpuppten, hatte ich ihn wieder aufgespürt, und war überrascht, wie hoch der Bursche schon am Himmel steht: Knapp vor der "Nase" des Delphins, sogar etwas nördlicher... Im Teleskop bei 55x und 44x zeigte sich eine diffuse Koma, mit einem diffusen "Kern", und einem Schweif nach SW, der über etwa 0.75 Grad verfolgt werden konnte. Selbst bei diesen eher niedrigen Vergrößerungen war der Himmelshintergrund hübsch dunkel, das hat mir gefallen.

Anschließend wollte ich im Herkules "weitermachen", aber der stand nun schon deutlich zu tief und im aufgehellten Bereich. Ich angelte gerade noch nach dem hellen Planetarischen Nebel NGC 6210, der bei 240x einen hellen "Knödel" abgab. Für weitere Erkundungen und Experimente hatte ich aber keine Lust mehr, zumal sich im Osten die Dämmerung bereits bemerkbar machte.

Was nun, einfach blöd rumstehen und auf die Planeten warten? Nein, ich wendete mich den noch dunkelesten Himmelsgebieten zu, und schnappte mir noch schnell die Kugelhaufen NGC 6934 und NGC 7006 im Delphin, die ich vor einiger Zeit daheim mit dem 4" APO "angespechtelt" hatte. NGC 6934 ist mit 8.7 mag und 5.9' Durchmesser ein recht kompaktes und helles Objekt. Bei 240x wirkte der Haufen deutlich granuliert, ein paar Einzelsterne blinkten auf, die hellsten davon erreichen 14 mag. NGC 7006 war definitiv und auch recht einfach zu sehen, mit 10.5 mag und 2.8' Durchmesser. Bei 240x und 300x aber nicht einmal granular, die hellsten Sterne sind mit 15.6 mag schon ein bissl "tuff" für einen Achtzöller.

Einen letzten Blick gönnte ich mir noch: M27, eines meiner Lieblings-Sommerobjekte. Bei 55x waren ohne Filter die Ohren noch indirekt zu erwischen, zumindest das hellere davon recht deutlich. Der Himmel zeigte nun aber auch hier schon Tendenz zur Aufhellung.

Im Osten marschierten derweilen die Planeten Saturn, Venus und Jupiter in einer netten Parade auf. Mit einem kurzen Teleskop-Blick auf Saturn, der am höchsten von den drei stand, beendete ich meine Spechtlnacht in der heller werdenden Dämmerung. Bei Heimfahren lag über den Feldern flacher Nebel, und ein dünner Wolkenstreifen "verzierte" den Osthorizont.

Howdii