Wie schon in meinem Bericht vom 12. Mai dieses Jahres erwähnt, gab es in diesem Monat eine Reihe von ausnehmend klaren Nächten. Aus beruflichen wie privaten Gründen konnte ich leider nicht alle davon nutzen. Am 23. jedenfalls wollte ich mir eine Beobachtung nicht entgehen lassen. Als Ziel wählte ich seit längerer Zeit wieder einmal Falkenstein im nördlichen Weinviertel. Einerseits, um dort die Himmelsqualität im Rahmen der Aktion "Wieviele Sterne sehen wir noch" zu bewerten, und nicht zuletzt verbinde ich einige sehr schöne Erinnerungen mit diesem Ort - ich sollte auch diesmal nicht enttäuscht werden.
In der zu Ende gehenden Abenddämmerung fand ich mich am Beobachtungsplatz mit meinem 8" f/6 Maksutov-Newton ein. Das Teleskop sollte noch während der Dämmerung betriebsbereit aufgebaut sein, damit ich bei Beginn der Dunkelheit gleich mein Galaxienfest im Virgohaufen starten konnte - ich habe dort einiges nachzuholen, obwohl ich dieses Himmelsgebiet früher schon öfter durchstreift habe. Leider wurde mir die Zeit zu knapp, und deswegen glitt die Beobachtung etwas ins Chaos ab. Wegen fehlender Aufzeichnungen wollte ich ursprünglich gar keinen Bericht schreiben, es sind jedoch ein paar Dinge sehr wohl bemerkenswert, deswegen gibt es doch diese Zeilen.
Die Bedingungen waren beinahe traumhaft. Der lebhafte Südostwind, der mich bei meiner Ankunft begrüßte, schlief mehr und mehr ein, nur ab und zu frischte er noch ein wenig auf. Mit etwa 13° C war es zwar kühl, aber nicht unangenehm. Der Sternenhimmel im Zenitraum war eine Pracht. Ich vergebe taxfrei 6 mag dafür, sogar M13 konnte ich freisichtig erhaschen! Die Milchstraße präsentierte sich eindrucksvoll strukturiert - auf der Ebenwaldhöhe kann es der Zenithimmel nur selten wirklich besser. Nur um die Horizont-Aufhellung kommt man im Weinviertel halt nicht herum. Der Südhimmel ist weniger hoch aufgehellt als an unserem Platz bei Niederleis, wo die Lichtglocke von Wien bisweilen erst ab 45 Grad Höhe einigermassen vernünftig beobachten lässt. Dafür gibt es bei Niederleis speziell im Südosten noch einen Zipfel dunkleren Himmel. Hier, bei Falkenstein, reicht die Aufhellung nicht ganz so hoch hinauf, ist auch nicht so intensiv, aber immer noch störend. Und hier ist der Südhimmel auf der ganzen Breite betroffen: dafür sorgen die vereinten Lichter von Poysdorf, Mistelbach und Wien. Der Norden, der bei Niederleis relativ dunkel ist, ist hier vom relativ scharfen Licht der nahen Ortschaft Falkenstein geprägt. Weitere "Störenfriede" gibt es im WNW, in dieser Richtung liegt Laa, im NO liegt Lundenburg und im NNO Nikolsburg. Ost- und Westhorizont sind einigermassen dunkel. Und der Zenitraum ist eindeutig besser als an unserem Platz bei Niederleis. Dafür ist bei Niederleis der Nordwesthimmel dunkler als hier bei Falkenstein. Es gilt also, je nach Beobachtungszweck den Platz zu wählen.
Was ich sehr missbilligend wahrgenommen habe, waren etliche "neue" Lampen, die von der nahen, östlich gelegenene Ortschaft Poysbrunn direkt herstrahlten. Dort lief ein Festl, es drang Musik und typischer Festlärm an mein Ohr, und ein paar Autos nahmen sogar einen speziellen Abschneider über die Felder dorthin, direkt bei mir vorbei, was mir auch nicht sehr gefiel. Der Rummel wurde ergänzt durch Jäger im nahen Wald. Ich hörte von dort Stimmen, ab und zu Traktor- und Autolärm, und etliche Male "Piff-Paff". Sterne haben sie gottlob keine heruntergeschossen :-) Von den höhergelegenen Autostrassen rundum leuchteten fallweise Autoscheinwerfer herüber zu meinem Beobachtungsplatz, aber je später der Abend, desto weniger ist mit solchen Störungen zu rechnen.
Nun aber zu den Beobachtungen im Fernrohr. In der zu Ende gehenden Dämmerung holte ich testhalber M3, NGC 5466 (Kugelhaufen 6 Grad östlich von M3), M13, NGC 6207 und M92 ins Okular. Alle Objekte waren bereits fein zu sehen, obwohl es noch nicht ganz dunkel war. Dann stürzte ich mich auf den Virgohaufen. Ich begann meine Reise wieder bei ε Virginis, und arbeitete mich vorwiegend westwärts weiter, immer wieder mit Abstechern in nördliche oder südliche Richtung. An Vergrösserungen wechselte ich 120x und 240x, navigiert wurde gleich im Okular bei 120x.
Mein erstes Opfer war NGC 4762. Ein linsenförmiges Objekt, de facto eine edge-on Spirale, hübsches Objekt, und mit 10.3 mag recht hell. In unmittelbarer Nähe befindet sich NGC 4754, mit 10.6 mag etwas schwächer, und von leicht ovaler Form. NGC 4733 nahm ich als schwachen, runden Lichttupf wahr (11.8 mag). NGC 4880 mit 11.4 mag ein sehr kleiner und äußerst schwacher Lichttupf, mit sehr niedriger Flächenhelligkeit. Dafür hat mir NGC 4866 sehr gut gefallen. Eine edge-on Galaxie, spindelförmig im Okular. Bei 240x waren etliche Dunkel- strukturen erkennbar. In der Nähe ein Vordergrundstern - insgesamt ein netter Anblick.
Weiter ging es mit M60 und seinem direkten Nachbarn NGC 4647. Beide sind diffus, rund, mit hellerem Kern, nur dass M60 mit 8.8 mag deutlich heller ist, NGC 4647 hat 11.3 mag. M59 mit 9.6 mag ist ähnlich wie M60 im Aussehen, also wenig spektakulär. Auch die 11.2 mag Galaxie NGC 4638 ist von dieser Sorte, wie NGC 4660, NGC 4608 und NGC 4639, mehr oder weniger schwache Lichttupfen. Interssanter präsentierte sich wiederum NGC 4710, ein linsenförmiges Objekt, also eine edge-on Spirale.
M58, ähnlich wie M60 oder M59, diente gerade mal als Markierungspunkt zur Orientierung. Als nächstes holte ich mir das Kontakt-Paar NGC 4567 und NGC 4568. Zwei linsenförmige Objekte, die "am Kopf" zusammengewachsen erscheinen (auch Siamesische Zwillinge gennant).
So, und ab nun glitt die Beobachtung endgültig ins "Hudeln" ab. Zu viele Galaxien "prasselten" auf mich herein, und zu knapp war die Zeit. Ich konnte gerade noch folgende Objekte eindeutig identifizieren: NGC 4564, NGC 4550, M89, M90, M91 und M88 (hübsch!). Bei M84 und M86 stoppte ich wieder etwas, und holte mir ein paar "Nachbarn", die dort eine markante Konstellation von Objekten ergeben: NGC 4388 (linsenförmig) und als kleiner Tupf NGC 4387. Schnell huschte ich dann entlang von Markarians Galaxienkette wieder hinauf zu M88, dabei blieben von Markarians Galaxienkette gerade mal NGC 4435, NGC 4438, NGC 4461 und NGC 4477 hängen. Als nächsten Ausganspunkt wählte ich M87, mittlerweile war aberdieses Himmelsgebiet schon zu nahe am aufgehellten Horizont, ich zappte grad noch ein bissl durch die Gegend, das was noch ins Okular flutschte dürften M99 und M100 gewesen sein - und aus.
Puh. Etwas schwindelig von den vielen Galaxien gönnte ich mir erst einmal ein paar Minuten Pause. Dann angelte ich die zwar schon recht tief stehende, aber in einem dunkleren "Eck" befindliche M104, und siehe, gar nicht so schlecht, bei 240x schön sichtbar, mit Staubband.
In der Folge klapperte ich ein paar Kugelhaufen ab: M5, M10, M12, M14 und NGC 6366. Bei den letzten beiden hat ein 8" schon ganz schon zu tun, Einzelsterne zu zeigen. Beginnen die hellstn im M14 doch erst bei 14 mag und bei NGC 6366 bei 13.6. Trotzdem ist letzterer das noch "härtere" Objekt.
Als weitere Testbeobachtung kam M57 dran. Bei 480x gelang es dreimal, den Zentralstern aufblitzen zu sehen, und in der Umgebung von M57 konnte ich etliche schwache Einzelsterne weit schwächer als 14 mag relativ leicht sehen - das wäre auch einer Ebenwald-Beobachtung würdig.
Und mein letztes Testobjekt, M101 war das eigentliche Highlight: Bei 54x konnte ich indirekt ansatzweise Spiralstruktur ausnehmen! Das hätte Walter sicher gefallen...
Mars war das übliche Gezappel, seeingbedingt, mit starken Refraktionserscheinungen, kaum etwas Dunkles auszunehmen, und keine Chance, Aussehen und Position der dunklen Strukturen definieren zu können.
Die Nacht hätte sicher noch mehr parat gehabt, aber für mich war es Zeit, die Beobachtung zu beenden, es hat wenig Sinn eine Nacht bis zum letzten ausquetschen zu wollen, wenn die Müdigkeit sich bemerkbar macht und die Konzentration nachlässt. So blieb es bei diesen durchaus schönen Eindrücken, wenn ich auch schon um 2:00 Uhr den Beobachtungsplatz wieder verließ.
Howdii