Maffei 1, das Clowngesicht, und ein Propeller

24. 2. 2001, Niederleis

Die seit Tagen vorherrschende stürmische Kaltluftströmung war ein wenig zur Ruhe gekommen. Im Weinviertel gab es einen sonnigen Tag mit fast wolkenlosem und strahlend blauem Himmel, es war fast windstill. Das Satellitenbild ließ auf eine begünstigte Lage schliessen, für die Nacht zeichnete sich ein größeres "Wolkenloch" über dem Norden Österreichs ab. Eine derartige Situation ließen wir natürlich nicht ungenutzt. Nach Verabredung trafen Walter und ich um etwa 20:30 Uhr an unserem bevorzugten Platz bei Niederleis ein.

Es war mit -7° C einigermaßen frisch, dazu kam fallweise leichter Wind aus Nord, mehr nur ein Hauch, aber bei dieser Kälte lästig genug um es ungemütlich werden zu lassen. Just bei unserer Ankunft zogen noch ein paar Wolken durch. Bis ich mein Teleskop aufgebaut hatte, war der Himmel wieder sauber, und 5.5 mag Grenzgröße sind für die lokalen Verhältnisse schon überdurchschnittlich gut. In dieser Nacht gab es nur geringe Reifbildung, aber die Kälte sollte uns noch einige Probleme bereiten.

Diesmal musste mein 18" f/4.4 Dob raus, es galt einige heikle Dinge nachzuspechteln. Ganze vier Objekte standen am Programm, die sollten dafür ausgiebig beobachtet werden. Geworden sind es nur drei, um Mitternacht zogen von Südwest her Wolken auf, die uns bald zur Aufgabe zwangen. Natürlich, kaum war alles in den Autos verstaut, zogen die Wolken wieder ab. :-) Nachdem uns auch schon einigermassen kalt war, traten wir aber die Heimfahrt an.

Zu den Beobachtungen:

Ich startete meine Erkundungen bei Maffei 1. Letztens hatten wir uns auf der Ebenwaldhöhe schon im 8" Maksutov-Newton an dieser Galaxie (oder besser, was davon überhaupt zu sehen ist...) versucht, nun wollten wir's wissen. Zur Aufsuche der betreffenden Stelle begann ich bei 75-facher Vergrößerung. Ich musste mich erst ein wenig an das enge Gesichtsfeld gewöhnen, nicht einmal ganz ein Grad steht dabei zur Verfügung. Sobald ich den Vordergrundhaufen Czernik 11 sicher identifiziert hatte, galt die ganze Aufmerksamkeit Maffei 1.

Indirekt zeigte sich der gleiche Eindruck, den wir schon mit dem 8" MN bei niedriger Vergrößerung hatten: Ungefähr bei den hellsten beiden Sternen des Haufens lag ein "diffuser Hauch" drüber. Man müsst korrekterweise "drunter" sagen, die Galaxie liegt ja im Hintergrund. Nächster Versuch bei 91x. Nun konnte Walter schon ein diffuses Fleckerl erkennen, ich redete immer noch von einem mehr diffusen Etwas. Erst einmal gab es Verständigungsprobleme: Referenzpunkt sind zwei markantere Sterne. Wenn ich "drüber" sagte, meinte ich damit "drübergelegt", also in Lagen gedacht. Walter bezog sich auf die Position im Okular und sagte, nein, drunter, und meinte im Bildfeld knapp unter den beiden Sternen. Es dauerte ein Weilchen bis wir uns auf einen Sprachgebrauch einigten, und herausgefunden hatten, dass wir eigentlich das selbe meinten :-) Die endgültige Bestätigung brachte 133-fache Vergrösserung. Nun war indirekt ein hellerer Knoten zu erkennen, zwar diffus, aber doch defintiv. Und diesmal konnten wir uns auch auf die Angabe der Position einigen, also waren unsere Eindrücke übereinstimmend. Anhand eines DSS Fotos habe ich die Position daheim nochmals überprüft, und exakt an der von uns beobachteten Stelle einen helleren "Kern" gefunden, sowie einen etwas grösseren, diffusen "Halo".

Nocheinmal zur Beobachtung im 8": Zumindest bei niedriger Vergrößerung ein schwacher Nebel um die zwei hellsten Sterne im Ostteil des Haufens war bei etwa gleicher Austrittspupille nun auch im 18" zu sehen. Ich würde demnach die im Achtzöller gewonnene Wahrnehmung, zwar eher vermutet als gesehen, nun nicht mehr gänzlich negativ einstufen. Komplett erschöpft ist dieses Thema sicher noch nicht, sowohl im 8" steht eine Nachbeobachtung an, wie auch im 18", ob es nicht noch Mittel und Wege gibt, die Galaxie leichter sichtbar zu machen, sprich: besser zu "holen".

Im Weiteren wollte erst einmal unverdrossen an die Aufsuche von Maffei 2 gehen, doch ein Blick zum Himmel zeigte, dass mein Zielgebiet immer tiefer gegen den Horizont sank, und dafür unser nächster Kandidat auch schon den Zenit überschritten hatte. Alsdann, auf zu NGC 2392, dem Eskimonebel. Wir wollten endlich einmal das "Gesicht" sehen. Nachdem wir im 8" schon nahe dran waren, sollte es im 18" doch kein Problem sein. Aber wie wir wissen, muß man sich dieses Objekt so "herrichten", dass Bildhelligkeit und genug Detailgröße fürs Auge gegeben ist. Zuerst spielten wir bei 400x und 500x herum. Naja, was wir da zu sehen bekamen, kennen wir schon vom Achtzöller. Wohl, im äusseren Halo mehr Details, und die Umrahmung des "Gesichts" breiter und nicht so scharf definiert. Vom "Gesicht" selbst keine Spur.

Es folten ein paar Experimente mit Filter. Nachdem das "Gesicht" im roten Licht auffälliger ist als im blauen, schraubte ich einmal einen zarten Gelbfilter ein, der als Kantenfilter wirkt, und alle längerwellige Strahlung durchlässt. Nun war die Umrahmung des "Gesichts" schärfer gezeichnet, so wie wir es vom 8" her kennen, aber wiederum nur Dunkel um den Zentralstern, keine Details sichtbar. Nächster Versuch mit [O III] Filter. Effekt auch schon bekannt, in der inneren Schale alles hell, die Umrahmung des "Gesichts" kaum mehr definiert. Konsequenz: alle Filter raus, Vergrößerung steigern.

Bei 800x waren die Sterne nun seeingbeding unförmige Knödel, die aber fallweise, in besseren Momenten, doch zu feinen Punkten wurden. So auf die Schnelle war nichts zu sehen von einem "Gesicht". Die Beobachtung gestaltete sich sehr mühsam. Durch die arge Kälte hatte es offenbar die Zentralschraube der Rockerbox zusammengezogen, der Dob war in Azimut nur mit mäßiger Gewalt zu bewegen, was es nicht gerade einfacher macht, das Objekt in einem nur etwas mehr als drei Bogenminuten grossen Gesichtsfeld zentriert zu halten. Die immer noch gute Bildhelligkeit verleitet ausserdem, direkt hinzugucken, und da geht natürlich wieder nichts. Nur wenn es gelang, das Objekt für ein paar Sekunden halbwegs ruhig im Feld zu halten, dass sich der indirekte Blick wo festhalten konnte, gab es eine Chance, noch Details im "Gesicht" zu erkennen. Und in den seeingbedingt besten Augenblicken lachte uns schliesslich das "Clown-Gesicht" entgegen! Bevor jeder von uns diese Erfolgsmeldung verlauten lassen konnte, war jedoch ein minutenlanger "Kampf" mit dem bockigen Gerät sowie Augenakrobatik gefragt :-) Aber immerhin, als Dunkelstellen konnten wir nun den "Mund", und beide "Augen" ausmachen! Walter meinte sogar, zahnluckert ist der Kerl auch noch :-) In der Tat, auf Fotos findet man dort noch einen hellen Knoten!

In einem nachgeführten 18" Brummer sollte es eigentlich kein Problem geben. Und dass wir mit dem Achtzöller schon so nahe dran waren, hat sicher damit zu tun, dass bei nachgeführtem Rohr (ist gleichzusetzen mit ruhig stehendem Objekt) das Auge einfach mehr Chance hat, die schwachen Lichtreize aufzunehmen. Mit dem 8" Maksutov-Newton werde ich jedenfalls dranbleiben. In einer Supernacht, wenn vielleicht auch noch ich einmal gut drauf bin, mag es doch noch zu packen sein.

Die am Südwesthorizont auftauchenden Wolken mahnten zur Eile. Also steuerte ich schleunigst unser nächstes Objekt an, den Planetarischen Nebel NGC 2371-2. Mittlerweile gab es die nächsten Pannen: Die vielfach verwendeten Okulare waren bereits so durchgekühlt, dass die leichteste Annäherung des Auges schon ausreichte, um die Augenlinse zum Beschlagen zu bringen. So blieb uns nur mehr kurz Zeit, bei 267x einen Blick auf den Nebel zu werfen. Freilich war die bipolare Struktur zu erkennen, und auch der Zentralstern, der übrigens etwas "Luft" hat - die beiden Nebelteile "berühren" sich nicht. Auch den einen "Fortsatz", schon vom Achtzöller her bekannt, konnten wir leicht sichten, und einen zweiten Ausläufer, am anderen Nebelteil, gegensymmetrisch - wie ein Propeller, an dessen Enden Fetzten dranhängen :-) Zu weiteren Tests, inklusive Nebelfilter, reichte es nicht mehr, die Wolken waren bereits im Zenitraum angelangt.

Und so fiel auch unser letzter Kandidat, der Kugelhaufen NGC 2419 den Wolken zum Opfer. 3.5 Stunden in so einer Kälte sind auch genug, zumal wir ohnehin die Autoheizung gebraucht hätten, um die Okulare wieder einsatzfähig zu bekommen.

Howdii