Eine bemerkenswerte Nacht

1. 8. 2000, Ebenwald

Endlich zeichnete sich wieder einmal eine klare, wolkenlose und mondlose Nacht ab. Dies ließen Walter und ich nicht ungenutzt - wir starteten gegen Ende der Abenddämmerung eine Beobachtungsnacht auf der Ebenwaldhöhe. Es war bereits bei der Ankunft kühl, während der Nacht fiel die Temperatur bis auf 12° C. Wind und Tau verschonten uns, dafür gab es einen recht dunklen 6 mag Himmel, und recht gutes Seeing.

Während ich meinen 8" f/6 Maksutov-Newton aufbaute, brachte Walter seine Foto-"Flak-Batterie" in Stellung, um während der Nacht buchstäblich "aus allen Rohren zu schießen". Eigentlich wollte ich mich gleich auf die Jagd nach neuen Objekten machen, doch angesichts der im Süden bis zum Horizont knallhart verlaufenden Sommermilchstraße ließ ich mich doch zu einem genüßlichen Streifzug überreden. 

Zum "Einspechteln", noch während der Dunkeladaption und dem letzten Dämmerlicht, gab es M27, den Hantelnebel. Schon bei 120x war ohne große Schwierigkeiten der Zentralstern zu sehen, und noch weitere vier drübergesprenkelte Sterne. Ein Zeichen für gutes Seeing.

Auf dem Weg nach Süden stoppte ich noch kurz bei M11. Immer wieder ein traumhafter Anblick, und interessant die subtilen Gruppierungen im Haufen, die dazwischen dunkle Strukturen ergeben, mit etwas Phantasie kann man sogar ein Herz darin erkennen.

Nun rollten wir die Schaustücke vom Süden her auf. M8, der Lagunennebel, war unser Ausgangspunkt. Sicher habe ich M8 schon oft beobachtet, bei gutem und weniger gutem Himmel, mit bis zu 18" Öffnung. Trotzdem seh' ich dieses Objekt durch den 8" mit "neuen" Augen. Bei 120x ohne Filter tolle Strukturen, und deutlich die Hourglass Region zu sehen. Dieses Detail hätte man durchaus noch vergrößern können, wir waren aber auf die schwächsten Ausläufer heiß. Und tatsächlich, bei 45x mit UHC Filter konnten wir auch die von Fotos bekannten, allerschwächsten Ausläufer sichten. Auch Walters 4" APO zeigte bei 30x mit UHC-Filter den Lagunennebel in beachtlicher Ausdehnung. Ein etwas abgesetzter kleiner Nebelfleck erweckte unsere Aufmerksamkeit. Ich nahm mir zwar keine Zeit, diesen näher zu erkunden, es kommt aber laut Uranometria ein offener Haufen, Bochum 14, in Frage, dessen Beschreibung mit einigen dichtgedrängten Sternen von etwa 10 mag gut passen würde.

Nur einen kleinen Ruck höher stoppten wir bei M20. Ohne Filter waren bereits bei 45x die dunklen Rüssel zu erkennen. Deutlicher und mächtiger erschien der Trifidnebel dann mit UHC bei 80x. UHC erwies sich als eindeutig beste Wahl der Nebelfilter. Der Reflexionsteil kam durch den Filter noch gedämpft durch. Wir untersuchten schließlich noch bei 54x die Farberkennung. Auffällig war ein unterschiedlicher Ton, der Reflexionsteil "kälter" (Walter sagte dazu eindeutig blau), der Emissionsteil deutlich "wärmer". Wir empfanden am ehesten einen leichten Gelbstich, grad das südlichste Spitzel zeigte für mich einen Anflug von rötlich.

Nun nahmen wir bei 45x im Weitwinkelokular die Milchstraßenwolke M24 ins Visier. Und da "entdeckte" ich im nördlichen Teil einen gar nicht so schwachen Nebeltupf, der bei indirektem Sehen einige Einzelsterne zeigte. Es ist der offene Haufen NGC 6603. Bei 133x war der Haufen schon besser aufgelöst, erschien wie feinster Sternenstaub. Bei 250x schließlich in viele nadelfeine Pünktchen aufgelöst. Eine Kette von etwas helleren Sternen zieht quer über den Haufen. Ein sehenswertes und empfehlenswertes Objekt!

Walter, der gerade die Gegend um M24 fotografierte, machte auf seiner dafür vorbereiteten Spezialkarte noch etliche kleinere Nebel aus. Tatsächlich fanden wir am Südende von M24 einige hellere, "nebelige" Sterne, ohne Filter. Genaue Bemühungen, sie einzeln zu identifizieren, unternahmen wir nicht, es handelt sich jedenfalls um die Objekte IC 1283, IC 1284, NGC 6589 und NGC 6590.

Einen kräftigeren Schwenk westlich von M24 stößt man auf den Haufen M23. Ein nettes Objekt, locker verstreute Sterne etwa gleicher Helligkeit, am schönsten bei niedriger Vergrösserung, um einen kompakten Eindruck zu erhalten.

Schwenkt man von M24 aus ein kurzes Stück noch Osten, so findet man den Haufen M25. Dieses Objekt ist sehenswert! Eine interessante Gruppierung von helleren und schwächeren Sternen, sehr reizvoll.

Auf dem weiteren Weg nach Norden streifte ich über den eher unspektakulären Haufen M18. Nächster Stop bei M17. Es braucht wohl keiner besonderen Erwähnung, daß dies eines der absoluten Schaustücke des Sommerhimmels ist. Bei 55x alles da, der stolze Schwan mit Krönchen, die schwachen Ausläufer. Die Strukturen im Nebel, und vor allem die Dunkelnebel die den "Hals" und die Unterseite des Schwans scharf abgrenzen, kamen bei bis zu 160x schön heraus, alles ohne Filter. Auch Walters 4" APOs zeigte zahlreiche Details im "Hals" des Schwans, am besten zu sehen bei 72x.

M16 zeigte bei 45x schon ohne Filter deutlich den Nebel, den Sternhaufen sowieso. Mit UHC und höherer Vergrößerung (bester Eindruck bei 80x) war indirekt auch die "Starqueen", die dunkle Struktur im Inneren des Nebels, zu erkennen. Ich kann mich eigentlich nicht erinnern, den Nebel ohne Filter in einem Teleskop mittlerer Öffnung schon so deutlich gesehen zu haben. Der Himmel war in dieser Nacht wirklich sehr dunkel.

Nun wollte ich mit meiner eigentlichen "Arbeit" beginnen. Meine ersten Kandidaten waren zwei Sternhaufen im Adler, auf etwa halbem Weg zwischen δ Aquilae und θ Serpentis, NG C6755 und NG C6765. Ersterer erscheint eher wie ein Doppelobjekt. Auf einer Fläche von 14 Bogenminuten sind zwei Gruppen hellerer Sterne, dazwischen viele schwächere und sehr schwache Sterne zu erkennen. Der andere Haufen zeigt sehr schwache Sterne, dicht gedrängt auf 4 Bogenminuten. Dieses Ding war bei 55x als leicht körniger Nebelfleck zu sehen, bei 160x schließlich teilweise aufgelöst. Bei dieser Vergrösserung kamen im anderen Haufen, NGC 6755, erst die schwächsten Sterne zum Vorschein.

So, und während ich nach einem für einen 8-Zöller wohl etwas zu schwierigen Kugelhaufen suchte, versteckte sich mein Zielgebiet bereits hinter den Bäumen. Meine Augen gaben mittlerweile auch schon deutliche Anzeichen von Ermüdung, so waren die restlichen Objekte eher nur so zum Drüberstreuen.

Eine gute Show bot noch der Cirrus-Nebel. Wir konnten die besten Eindrücke bei 55x mit [O III] Filter genießen. Details, die wir gut vom Anblick im 18" kennen, waren durchaus erkennbar. Vor allem im helleren Teil des "Feuervogels", aber auch die etwas abgesetzten kleineren Nebelfleckchen. Der östliche Halbbogen war prächtig zu sehen, und die zwischen Bogen und Feuervogel liegenden Filamente zeigten verschlungene Strukturen. Für einen 8" war das eine zufriedenstellende Ausbeute.

An M31 und M33 wurde nur mehr kurz herumgespechtelt, schade, bei dem guten Himmel schon mit so müden Augen dazustehen, da wär noch einiges zu holen gewesen.

Ein kleines Highlight war noch NGC 404. Diese kleine, aber helle Galaxie in unmittelbarer Nähe des hellen, topas-farben leuchtenden Sternes β Andromedae ist ein reizvoller Anblick.

Bevor es zu Jupiter und Saturn ging, die mittlerweile schon etwas Höhe gewonnen hatten, gab es noch einen kurzen Blick auf NGC 7293, den Helix Nebel. Schon im Sucher war dieses Objekt nicht zu verfehlen, am ehesten gefiel es uns bei 80x mit UHC Filter. Mit dieser Kombination war auch der Zentralstern zu sehen, ohne Filter natürlich leichter.

Und jetzt endlich wieder die beiden Parade-Planeten! Vorsichtiges Herantasten bei 160x, aha, das Seeing ist brauchbar, Steigerung auf 240x, schließlich auf 300x. Saturn: Die Cassini-Teilung durchgehend, farblicher Unterschied zwischen äußerem und inneren Rand des A-Ringes, dunklere Innenkante des B-Ringes, leicht sichtbar der C-Ring. Auf dem Planeten ein schmales Äquatorband, und etliche feine Bänder in der Polgegend, im breiten Wolkenband etwas Struktur. Der Schatten des Planeten pechschwarz auf dem Ring, und westseitig um den Ring herum drei Monde gruppiert. Ein faszinierender Anblick. Jupiter litt etwas mehr unter dem Seeing, er stand doch noch einige Grad tiefer. Zu sehen gab es das SEB als zwei schmale Bänder, das NEB wie gewohnt kräftig, in SEB und NEB etliche Knoten, Fahnen vom NEB in die Äquatorzone hinein, ein dünnes Äquatorband, und gegen die Pole zu viele schmale Bänder. Angesichts dessen, daß die Jupitermonde doch recht kräftig gezappelt haben, ist hier zur Oppositionszeit noch weit mehr an Details zu erwarten.

Viele der Details auf den beiden Planeten waren auch in Walters APO bei 217x zu erkennen. Im 63 mm Achromaten (Zeiss Telementor), den Walter als Leitrohr verwendet, waren bei 175x schon deutliche violette Halos um die beiden Planeten zu sehen, und es fehlte schon viel an Details.

Gegen die Morgendämmerung zu gab es viele hellere Sternschnuppen zu bewundern. Einige davon konnte man schon als Perseiden einschätzen, aber es gab auffallend viele "Geisterfahrer" in die Gegenrichtung, die zudem recht langsam ihre Spur zogen. Es könnte sich um Alpha-Capricorniden handeln. Ein paar sporadische waren auch dabei, die quer zu allen anderen schossen.

So ging eine schöne und bemerkenswerte, aber bereits herbstlich anmutende Nacht ihrem Ende entgegen. Es war Zeit, die Teleskope einzupacken und die Heimreise anzutreten.

Howdii