Der baldige Mondaufgang und die kürzeste Nacht des Jahres haben Walter und mich am 21. Juni 2000 "nur" auf unseren Standard-Beobachtungsplatz bei Niederleis geführt. Es war warm, etwas dunstig, und die Luft voller Gelsen - nur erstaunlich, dass mich keine einzige gestochen hat. Walter ist nicht so glücklich davongekommen. Um uns nicht selbst das lokale Seeing zu verderben, stellten wir nicht wie gewohnt auf dem asphaltierten Güterweg auf, sondern suchten einen geschotterten Weg etwas weiter unten auf. Walter hatte sein 8" SCT zwecks Fotografie dabei, und ich hatte meinen 8" f/6 Maksutov-Newton rausgeschleppt. Bei dem zu erwartenden aufgehellten Himmel (müde 4.5 mag) wohl die beste Wahl.
Als sinnvollste Beobachtungstätigkeit erscheint in solchen Nächten eine stellare Tiefenjagd. Und weil die Suche nach Pluto nichts anderes im beobachtungstechnischen Sinne ist, gings einmal daran. Walter hatte eine Aufsuchkarte mit Umgebungssternen aus dem GSC präpariert. Ruckzuck war ich schon in der unmittelbaren Umgebung. Dann musste mit hoher Vergrößerung der Himmel dunkel genug gemacht werden, um schwache Sterne besser erkennen zu können. Bei dem nun kleinen Gesichtsfeld musste erst einmal wieder die Orientierung gefunden werden. So arbeiteten wir mit 200x, und später 300x weil der Himmel durch den mittlerweile aufgegangenen Mond noch heller geworden war.
Nun, nicht gerade die freundlichsten Bedingungen, um nach einem schwachen Lichtpünktchen zu suchen, und das nicht einmal auf halber Zenithöhe. Etwas suspekt kommen mir die angegebenen Sternhelligkeiten des GSC vor. Demnach müssten wir dort 14 und 15 mag Sterne gesehen haben, und Pluto selbst wäre demnach gefühlsmäßig eher jenseits von 14 mag gelegen als die publizierte Oppositionshelligkeit von 13.7 mag. Walter meinte, beim GSC wurde mit Rotfilter gearbeitet, das würde die Sache etwas plausibler machen. Leicht war diese Beobachtungsaufgabe keinesfalls, doch gelang es immer wieder, an der in der Aufsuchkarte bezeichneten Position ein schwaches Punkterl rausblinken zu sehen. Beim Wechsel auf 300x konnte ich nach entsprechender Dunkeladaption am Okular noch etliche andere, schwächere Sterne in der Umgebung sehen, und die Wahl war nun schwieriger geworden, welches Tüpfelchen davon Pluto sein sollte. Ich konnte mich aber doch mehrmals genau an den im GSC verzeichneten schwächsten Sternen hintasten, zu dem Pünktchen, zu dem Walter und ich einmal vorsichtig "Pluto" sagten, und das mit einem Sterndl etwa gleicher Helligkeit knapp südöstlich davon ein signifikantes Pärchen bildete.
Weils nicht so weit hin war, schwenkte ich schnell rüber zu NGC6309, einem interessanten planetarischen Nebel, auf den ich durch einen Bericht von Alex Pikhard aufmerksam geworden war. Wirklich ein nettes Ding, erschien bei 200x länglich, knapp nördlich davon ein Stern, der dem Stern zugewandte Teil des Nebels etwas heller (ohne Filter). Das Objekt war trotz des stark aufgehellten Himmels schon bei 55x aufgefallen.
Nun unternahm ich einen Abstecher zu M9, aber hier unten war die Suppe so trüb, dass dies keinen rechten Spaß mehr machte, zudem hatte die Morgendämmerung längst begonnen.
Ein kurzer Startest meines Telekops brachte einen starken Astigmatismus zum Vorschein. Hurtig wurde daher der Lüfter am Maksutov-Newton in Betrieb genommen, und es blies regelrecht warme Luft aus dem Tubus heraus. Nach ein paar Minuten Belüftung war der Astigmatismus verschwunden. Und erstmals zeigte mir diese Optik an ε Lyrae sauber definierte Beugungsscheibchen mit einem durchs Seeing leicht fluktuierenden ersten Beugungsring. Sicher, die Nacht war hart für die Optiken, von gut 30° C runter auf knapp unter 20° C... Auch Walters SCT war in der Morgendämmerung noch im thermischen "Kampf", die Sterne hatten bei hoher Vergrößerung alle einen "Stengel" dran :-) Die "tube currents" können recht kuriose Erscheinungen verursachen.
Ein letzter Blick gegen den schon hellen Morgenhimmel, und da stand ein alter Bekannter knapp über dem Horizont: Jupiter ist wieder da! Und etwas westlich davon konnten wir beim "scharfen" Hinschaun auch noch Saturn entdecken. Na kommt nur, ihr beide, wir warten schon auf euch :-)
Nach einem verregneten Tag klarte es am Abend des 25. Juni 2000 auf (Rückseitenwetter). Ein Blick aufs Satellitenbild ließ uns auf eine wolkenlose Nacht hoffen. Schnell hatten wir eine Session vereinbart, und um das Wolkenloch rasch zu nutzen, war wiederum Niederleis unser Ziel. Uns erwartete ein für das Weinviertel recht guter 5.5 mag Himmel, aber es war mit ca. 10° C recht frisch, windig, und es gab leichte Taubildung. Winterkleidung war durchaus angebracht, und das Ende Juni.
Diesmal hatte ich meinen kleinen, aber bewährten 5.7" f/6 Maksutov-Newton dabei. Walter reiste mit seinem 4" APO an, mit der Absicht den Kometen LINEAR S4 zu knipsen.
Sofort stürzte ich mich wieder auf die Pluto Jagd. Walter war zwar etwas skeptisch bezüglich der Chancen, doch die klare und mondlose Nacht brachte weit bessere Bedingungen, die das Öffnungsmanko des kleinen Maksutov-Newton kompensierten. Wir fanden die Situation gleich schwierig oder leicht wie letztesmal im 8" MN. Es waren genau all die schwachen Sterne zu sehen. Bei 175x blinkte in der Gegend, wo wir Pluto nach unserer Karte vermuteten, ein Lichtpunkterl auf. Um mich genauer hinzutasten, steigerte ich die Vergrößerung auf 217x. Nun waren zwar noch schwächere Sterne zu erkennen, aber beim indirekten Blick ließ sich die exakte Position, wo das Blinken herkam, nur sehr schwer einschätzen. Aber ätsch, wie sich bei späteren Recherchen herausstellte, war Pluto bereits ein paar Bogenminuten nach West gewandert seit der letzten Beobachtung. Ja freilich hab ich auch dort Sterne ausnehmen können, und wohl hat sein Licht meine Netzhaut gekitzelt, aber ich hab ihn halt nicht richtig identifiziert. Knapp daneben ist auch daneben. Dafür erscheint nun die Beobachtung mit dem 8" etwas besser abgesichert. Um die Sache komplett zu machen, werd ich demnächst den 18" "Fernseher" raustellen, und dann werden wir ja sehen, was wir gesehen haben :-)
Neugierig geworden, wie tief der kleine Maksutov-Newton geht, hab ich die M57 Gegend nach Teststernen abgesucht. Mein bisheriges Bestergebnis: Ein Stern von 14.17 mag war über längere Zeit indirekt zu halten. Ein Stern mit 14.6 mag blinkte immer wieder in die indirekte Sicht, aber gar nicht so schwierig, in der Pluto-Umgegbung hatte ich noch schwächere "Erlebnisse", am Wahrnehmungslimit, daher müsste es wohl auch noch ein wenig tiefer gehen.
Eine "Kontrollbeobachtung" von NGC 6309 brachte aufgrund der diesmal besseren Bedingungen etwa den gleichen Eindruck wie letztens im 8-Zöller. Und jetzt schien der Himmel trotz Aufhellung durch die Wiener Lichtglocke dunkel genug, dass ich mich noch südlicher als M9 wagen konnte. Mein Ziel war der planetarische Nebel NGC 6369, auch als "Little Ghost" bezeichnet. Bei 40x schon aufzuspüren, ließ dieses schwache und bleiche Nebelfleckerl bis zu 175x zu, bester Eindruck mit UHC-Filter: ein kreisrundes Fleckerl, am Nordrand etwas heller, und indirekt ansatzweise Ringstruktur zu erahnen.
Knapp vor Mondaufgang nahm ich die Spur des Kometen C/1999 S4 (LINEAR) auf, typisch Howdii, der kümmert sich immer erst um Kometen, wenn die große Show beginnt :-) Bei 87x war ein etwa 10' langer, nach West gerichteter Staubschweif zu sehen. Bei 175x sah man den Schweif von der Koma aus breit auffächern. Mit etwa 8mag war der Komet ein Feldstecherobjekt, brauchte aber wohl etwas höhere Vergrößerung: In Walters 15x80 einwandfrei erkennbar, aber schon am Limit, war im 7x50 Sucher meines Teleskops rein gar nichts zu entdecken. Für Fernrohrbeobachter ist der Komet aber bereits ein lohnendes Objekt, und man braucht gar nicht besonders an Vergrößerung sparen, er ist hell genug um einiges auszuhalten.
Bei Mondaufgang packte ich dann meine Sachen ein, und trollte mich durchaus zufrieden nach Hause.
Howdii