Eine Sommernacht in netter Gesellschaft

3. 6. 2000, Ebenwald

Nach unserer Innviertel-Exkursion gab es den nächsten "Event"  am 3. Juni 2000. Walter und ich verabredeten uns für die Ebenwaldhöhe. Walter diesmal mit seinem 4" APO, ich wieder mit dem 8" MN, den ich justiermäßig daheim nochmals ordentlich in die Mangel genommen hatte. Bei meiner Ankunft auf der Ebenwaldhöhe waren schon einige Spechlter anwesend. Es wehte ein ungut heftiger Südwind, daher kuschelten sich alle recht eng in die windgeschützteste Ecke des Parkplatzes. Dort, wo ich aufbaute, stand zu meiner Linken ein 8" LX200, zu meiner Rechten ein C8, und später tauchte noch Tahir Saban mit seinem 5.1" f/8 APO auf. Eine recht gemütliche Runde war das. 

Die Nacht war recht gut, 6 mag Grenzgröße im Zenitraum, der Himmel aber für meinen Geschmack doch etwas hell. Das Seeing war nur mittelmäßig, und der zeiweise heftig böige Südwind rüttelte manchmal kräftig an unseren Rohren. Taubeschlag gab es dafür nicht, die Temperatur war mit etwa 14° C recht konstant. Dennoch griffen wir bald zu unseren wärmeren Sachen, durch den Wind war es doch einigermaßen kühl. Immer wieder steckten die anderen Beobachter auch neugierig ihre Nasen neben den Okularauszug meines MNs, und zwischen den 8-Zöllern wurde hin- und herverglichen, letztlich wurde aber ein wenig Unterricht in Sachen visueller Beobachtung daraus :-)

Die Beobachtungsobjekte:

M92: Im 8" MN bei 160x Einzelsterne quer übers Zentrum aufgelöst, aber natürlich ein grießliger bis nebeliger Hintergrund.

M13: Bei gleicher Vergrößerung schön aufgelöst, aber für meinen Geschmack ist das grad für M13 schon ein bissl viel vergrößert, den schau ich mir im 8" fast lieber bei 120x an. Rein so vom Gesamteindruck her ich mag gern noch ein bissl Umgebung sehen, nicht nur das ganze Gesichtsfeld voll mit dem Sternengewimmel.

NGC 6229: Dieser Kugelhaufen, nur ein paar Grad nordwestlich von M92, ist für mich durchaus nicht unbekannt. Mit dem 18" Dob habe ich ihn schon hübsch aufgelöst gesehen. Was würde der 8" MN wohl schaffen? Mit einer Helligkeit von 9.4 mag auf einer Fläche von grad einmal 4.5' ist das Objekt auch für kleinere Teleskope leicht zu entdecken. Wenn die hellsten Sterne laut DSFG nur 15.5 mag haben, ist wohl nicht viel an Auflösung zu erwarten. Bei 300x, und seeingbedingt besser bei 200x erschien der Haufen indirekt jedoch deutlich "grießlig", und ein paar Einzelsterne blinkten im Randbereich auf. Auch der 130 mm Starfirer APO zeigte etwa dieses Bild. Die Einzelsterne lagen also auch in der Reichweite des APOs, und der Haufen selbst ist sowieso nur von schwererem Geschütz auflösbar.

M3: Hübsch, was soll ich sonst noch zu einem schon hundertfach beobachteten Objekt sagen. Eigentlich diente mir M3 "nur" aus Ausgangspunkt für das nächste Objekt...

NGC 5466: Dieser Haufen steht grad einmal 5 Grad östlich von M3, und ist doch relativ unbekannt. Mit 11' Durchmesser ist er nur wenig kleiner als M3, aber mit 9 mag Helligkeit ziemlich schwach. Bei niedriger Vergrößerung ein bleicher Fleck. Mit 13.8 mag liegen die hellsten Sterne aber wohl schon im Bereich des 8", und bei 80x ergab sich die optimalste Vergrößerung, feinstes "Sternengesprenkel" wurde sichtbar. An diesem Objekt habe ich selbst mit meinem 5.7" MN schon ein paar Einzelsterne erhascht.

NGC 6210: Auf Anregung meines Nachbarn zur Linken und Walters Bitte ("den hab ich noch gar nie gesehen") peilte ich diesen planetarischen Nebel an. Bei 55x verrät sich dieses Objekt als leicht grünlicher Stern, der bei indirektem Sehen etwas dicklich wird. Bei 300x gabs dann gar keinen Zweifel mehr, ein deutlich grünliches, leicht ovales Scheibchen war zu sehen.

M51: Die Gesellschaft war "hungrig" nach den Spiralarmen. Nun, einen Hinweis auf die Spiralstruktur zeigt schon ein guter Sechszöller, wie wir aus eigener Anschauung wissen, jetzt galt es den 8" bis ans Limit auszuquetschen. Bei 55x war die Galaxie natürlich deutlich zu sehen, auch die Brücke rüber zum "Anhängsel", und indirekt ein Deut der Spiralstruktur erahnbar. Nach und nach wurde die Vergrößerung gesteigert: Erst 80x, geht noch höher, dann 120x. Aha, schon besser, indirekt ist schon dunkler Raum zwischen den Spiralarmen zu erkennen. Vielleicht noch höher? 160x: Ziemlich am Limit der visuellen Wahrnehmung, aber nun sind die Spiralarme indirekt deutlich vor dunklem Hintergrund wahrnehmbar. M51 als beeindruckendes "Mühlrad" sichtbar, wie es Heinz, der LX200-Mann zu meiner Linken, bezeichnete. Um noch weitere Details im Kerngebiet und im "Anhängsel" rauszukletzeln, hätte man noch weiter vergrößern können, aber der Wind beutelte grade so kräftig an meinem Rohr, dass bei 160x wirklich Schluss war.

M27: Was wäre eine Sommernacht für mich ohne den Hantelnebel... Ich trieb ich die Vergrößerung bis auf 160x, spechtelte eine Weile dran herum (ungefiltert), achtete auf die subtilen Details und Helligkeitsnuancen, und fand letztlich meinen Eindruck vom etwas zu hellen Himmel bestätigt. Zwar nicht schlecht, aber ein 8" könnt noch etwas mehr Details zeigen, ich schau ja den M27 wirklich nicht zum erstenmal in einem Achtzöller an...

Cirrus Nebel: Die beste Kombination ergab sich bei 44x mit [O III] Filter. Wir haben diese bizarre Nebelfilamente sicher schon im 5.7" MN schön gesehen, im 8" ist das Bild substantiell heller, man kann ruhig direkt hingucken, und beim indirekten Blick kommen weitere Details raus, die wir gut vom Anblick im 18" Dob kennen. Mit 1.5 Grad war das Gesichtsfeld auch groß genug, um die Übersicht noch zu behalten, wenngleich man die Nebelfilamente schon "abfahren" mußte, um alles zu sehen. Alles in allem ein prächtiger Anblick, auch meine Mitbeobachter waren schwer begeistert.

Nordamerika- und Pelikan-Nebel: Hier war noch größeres Gesichtsfeld gefragt, wir wählten daher 34x als Vergrößerung, was etwa 2 Grad Gesichtsfeld bringt. Erst probierten wir es mit dem UHC Filter. Es bleiben dabei noch mehr Sterne sichtbar, mit dem [O III] Filter war jedoch besserer Kontrast gegeben, und es kamen im Nebel noch etliche Strukturen raus. Auch der Pelikannebel war insgesamt mit [O III] besser zu sehen. Sicher, auch hier bot der Himmel ein bissl zuwenig Kontrast, aber nichts für ungut, gerade diese großflächigen Nebel gefallen mir doch in meinem 5.7" MN besser, wegen des dort erreichbaren noch größeren Gesichtsfeldes...

M8: Mittlerweile hatte die Dämmerung begonnen, nur am Südhimmel war es noch einigermaßen dunkel. So klapperten wir zum Abschluss noch schnell die "Gustostückerln" ab. Der Lagunennebel war unser Startpunkt. Sicher haben wir den Lagunennebel schon oft gesehen, dennoch, beim ersten Blick bei 44x mit [O III] Filter mussten wir zweimal hinsehen: Der Nebel war in einer Ausdehnung wie auf langbelichteten Fotos zu sehen. Wohl kennen wir die schwachen Ausläufer von anderen Beobachtungen, doch fehlt dem 5.7" ein wenig Licht, und dem 18" Gesichtsfeld, so kamen wir zu einem für uns völlig neuen und ungewohnten Eindruck. Nach und nach steigerten wir die Vergrößerung, 55x, 80x, und da wurde mitsamt Filter die Hourglass-Region als Lichtknoten bereits evident. Wir wollten aber keine Zeit mehr vergeuden und schwenkten ein wenig nördlich...

M20: Am Trifidnebel gab es bei 80x mit UHC Filter den besten Eindruck, die drei dunklen Rüssel waren indirekt recht schön erkennbar. Der benachbarte Reflexionsnebel wird vom UHC Filter fast vollständig verschluckt.

M17: Oh du lieber Schwan! Mit [O III] guckten wir bei 80x und 120x, tolle Strukturen im Gefieder des Schwans, ein "Krönchen" hat der Schwan auch noch auf, und die schwachen Ausläufer des Omega waren auch noch zu sehen. Beeindruckend! Nicht umsonst schwärmen sich die Beobachter der Reihe nach bei diesem Objekt weg - in praktisch jedem Fernrohr prächtig, und mit größerer öffnung immer wieder eine Steigerung.

M16: Mit UHC war der dreilappige Nebelfleck deutlich erkennbar (55x), bei 80x konnten wir auch den dunklen Einschluss entdecken, wo die "Starqueen" auf ihren Thron sitzt. Struktur war in dem dunklen Einschluss natürlich nicht zu entdecken, um die "Starqueen" zu sehen, brauchen wir schon den 18" Dob...

NGC 6633: über diesen Haufen stolperte ich zufällig im Sucher. Sehenswert! Ein paar recht helle Sterne, aber unregelmäßig verstreut, und mit hübschem Farbspiel!

M11: Dieses Schaustück war unser letztes Objekt, einfach toll, in jedem meiner Fernrohre, und der 8" machte hier keine Ausnahme. Walter bezeichnete den hellen Stern in der Nähe des Zentrums taxfrei als "Zentralstern", man sieht, selbst zu früher Morgenstunde sind wir noch für spaßige Blödheiten gut :-)

Nun begann der Himmel schon matt zu werden, Zeit zum Einpacken. Die letzten Trümmer verstauten wir bereits bei spärlichem Tageslicht. Mehr kann man einer Juni-Neumondnacht nicht abtrotzen, schön war's trotzdem, und auch lehrreich, was die Leistungsfähigkeit meines 8" MN betrifft - dieses Rohr hat sich standesgemäß geschlagen, wenn die Grenzen auch erst "gekitzelt" wurden.

Howdii

Anmerkung 2018: Beim Aufarbeiten meiner Berichte hat sich herausgestellt, der vermeintliche Haufen NGC 6633 war vielmehr der Haufen M25. Der Mensch kann sich irren.