Gerade rechtzeitig zu Neumond begann sich ein stabiles Hoch über Mitteleuropa auszubreiten. Was will man mehr - beste Voraussetzungen für astronomische Beobachtungen. Geplant war mit Walter eine Expedition in die Admonter Berge, auf die Mödlinger Hütte. Wir starteten am Nachmittag des 9. September unsere Fahrt. Leider ist daraus nichts geworden, da der letzte Teil der Straße gesperrt ist, und angeblich nur mit Allradfahrzeugen befahrbar. Dadurch, dass wir erst gegen Abend auf der Hütte eintreffen wollten, waren wir nun schon reichlich spät dran. Wohin jetzt? Etliche Alternativen wurden in Erwägung gezogen, und so begann eine nächtliche Irrfahrt. Wir steuerten einmal die Tauplitzalm an, die wir in der späten Dämmerung erreichten. Weder der Himmel noch der Beobachtungsplatz gefiel uns besonders. Nächster Punkt: Hochwurzen. Auch dort nur mäßiger Himmel, gerade der Zenitraum sah "würdig" genug für diesen Beobachtungspunkt aus. Walter schlug daraufhin vor, weiter auf die Glocknerstraße zu fahren, zum Wallackhaus, wo wir schon vor zwei Jahren tolle Nächte erlebt hatten. Nur, mir wurde es schon zu viel. Ich spürte ziemlich deutlich, dass mir nach stressreichen Arbeitswochendieses Abenteuer körperlich arg zusetzen würde, daher trat ich den Rückzug an. So gingen Walter und ich getrennte Wege...
Die nächtliche Fahrerei hatte mich auch für den darauffolgenden Tag und die Nacht kampfunfähig gemacht, erst am 11. September fühlte ich mich wieder soweit fit für einen nächtlichen Einsatz. Weil ich wusste, dass meine burgenländischen Sternfreunde auf dem Hochwechsel eine Spechtlsession halten wollten, beschloss ich kurzerhand, ihnen Gesellschaft zu leisten. Im Gepäck hatte ich den 18" Dob - der war sowieso noch im Auto.
Von daheim bin ich bei klarem Himmel aufgebrochen, aber es wäre nicht das Wechselgebiet, wenn mich nicht eine unangenehme Überraschung erwartet hätte. Bei meiner Ankunft gab es relativ starke Bewölkung. In der Folge standen wir bald nach Sonnenuntergang im Nebel. Es entwickelte sich ein ziemlicher Krimi mit auf und absteigendem Nebel, in dem wir uns die Zeit mit allerhand Blödsinn vertrieben. Grad als wir schon fast fix entschlossen auf den Brentenriegel im Burgenland ausweichen wollten, begann es aufzureissen. Wir warteten noch ein paar Minuten zu, und auf einmal doch klarer Himmel. Die bereits aufgebauten Geräte waren mittlerweile natürlich pitschnaß, und auch während ich meinen Dob aufbaute schlug sich einiges an Feuchtigkeit auf dem Gerät nieder. Die Beobachtung konnte schließlich beginnen. Ein paar Mal noch bangten wir um die Nacht, weil auf- und absteigender Dunst oft grad den Zenitraum freiließ, doch nach Mitternach kam ein wenig Wind auf, und die Luft wurde trockener. Selbst beschlagene Optiken trockneten wieder ab, so auch der Fangspiegel meines Dobs.
Während der feuchten Phase wurden ein paar Sternhaufen betrachtet, und wir riskierten erste Blicke auf Jupiter und Saturn. So nebenbei durfte ich auch einen 130 mm f/6.3 Astro-Physics StarFireEDF APO im Startest begutachten - feines Teleskop! In der zweiten Nachthälfte konnten wir uns auch an einige Nebel-Beobachtungen heranmachen. In erster Linie gab es natürlich im 18" die Standardobjekte, die Schaustücke des Sommerhimmels, zu bestaunen. Cirrus, Nordamerika- und Pelikannebel, Crescent-Nebel, M13, M27, etc. Die meiste Zeit verbrachten wir allerdings damit, Jupiter und Saturn zu beobachten. Zu recht, ausnehmend gutes Seeing brachte uns spektakuläre Planetenbilder! An den "Urlauten", die die Spechtler am Okular von sich gaben, konnten auch die Umstehende leicht die Momente besten Seeings mitverfolgen. Eigentlich hätte ich in der Morgendämmerung absolut ruhiges Seeing erwartet, aber so spielte die Musik nicht, die beste Show hatten wir schon während der Nacht gehabt. Dafür gab es vor der Dämmerung das Zodiakallicht am Osthimmel, relativ auffällig. Ein schöner Sonnenaufgang mit prächtigen Farben beendete schließlich diese Nacht am Hochwechsel.
Die durchwachte Nacht forderte ihren Tribut, erst von 13. auf 14. September wagte ich den nächsten Einsatz auf der Ebenwaldhöhe. Walter, der mittlerweile von seinem Abenteuer an der Glocknerstraße wohl schon zurück war, hatte ich gar nicht extra verständigt, ich rechnete ohnehin fix damit, ihn auf der Ebenwaldhöhe zu treffen, und so war es letztlich auch. Neuerlich hatte ich den 18" Dob mit. Uns erwartete eine Nacht mit für die diesen Ort durchschnittlichen Bedingungen. Anfangs leichter Wind, der sich bald legte, trocken, kein Tau, relativ warm. Der Himmel wurde in der zweiten Nachthälfte etwas stumpfer. Es war irgendwie nicht recht meine Nacht. Ich hatte die Beobachtung auch schon etwas müde begonnen (wohl noch Nachwirkungen der Hochwechselnacht). So patschert wie ich in dieser Nacht am Fernrohr bei der Aufsuche von Objekten agierte, ging auch mit der Arbeit kaum was weiter. Demgemäß packte ich meine Sachen noch weit vor der Morgendämmerung zusammen und trat den Heimweg an..
Wie nicht anders zu erwarten fühlte ich mich wiederum erst am 15. September fit für eine weitere Beobachtung, und es sollte die letzte brauchbare Nacht dieser Periode werden. Allzuviel wollte ich nicht unternehmen, deshalb plante ich meinen 18" Dob bei Niederleis aufzustellen. Walter zog die Ebenwaldhöhe vor, um die Nacht fotografisch zu nützen. Also blieb ich allein. Der Himmel präsentierte sich im Weinviertel sehr dunstig. Erst ab etwa 40 Grad Höhe einigermaßen brauchbar, im Zenitraum ok. Gut, eigentlich hatte ich sowieso nur Zenitbeobachtungen vor, und für stellare Objekte reichte es allemal. Demnach stocherte ich nach ein paar Sternhaufen, derer es in der Milchstraße ja genug gibt. Und endlich agierte ich wieder so mit Sternkarte, Telrad und Sucher, wie ich es eigentlich von mir gewohnt bin. Zwischendurch zogen einige Wolken durch, der Himmel war phasenweise fast ganz bedeckt, so nahm ich mangels anderer Möglichkeiten Jupiter ins Visier. Der GRF war gerade dabei sich zu verabschieden, und das Seeing schien gar nicht so übel, gemessen daran, dass Jupiter noch recht tief stand. Eigentlich dachte ich schon ans Zusammenräumen, als der Himmel plötzlich wieder klar wurde. Nun konnte ich die Beobachtung mit ein paar hellen planetarischen und anderen Nebeln fortsetzen. Nach Mitternacht warf ich noch einen Blick auf Jupiter und Saturn, und beendete damit meine Tätigkeit.
In der Folge will ich auf die bemerkenswerten Beobachtungen der drei Nächte näher eingehen.
Die Nacht vom 11. auf 12. September, Hochwechsel
Der Himmel am Hochwechsel kam mir etwas zu hell vor, nicht nur dass im Osten das Licht von den nahen Ortschaften heraufstreut, auch im Zenitraum erschien der Himmel ungewöhnlich hell. Ich vermutete, dass die viele Luftfeuchtigkeit jede Menge Streulicht verursachte, jedoch die Kollegen, die schon die Nacht zuvor dort verbracht hatten, erzählten, dass auch in jener Nacht der Himmel sehr hell gewesen sei, und da hätten sie keine Probleme mit Nebel gehabt. Der allgemein helle Himmel brachte bei Beobachtung astronomischer Nebel nicht die besten Resultate, die der 18-Zöller bringen kann.
In der zweiten Nachthälfte, zu vorgerückter Stunde, fiel uns im Osten ein eigenartiger, langgestreckter, dreieckiger Lichtkegel auf. Wir rätselten schon, ob dies das Zodiakallicht sei. Im Nachhinein betrachtet sicher, da die Sonne beim Aufgang just dort am Horizont erschien, wo der Lichtkegel seinen Ausgang nahm. Allerhand, meine erste Beobachtung des Zodiakallichts.
An Jupiter konnten wir nach vier Uhr den GRF beobachten. Die Bucht ist ja sehr deutlich zu sehen, allein der GRF selbst ist sehr fahl und nur gelblich, konnte aber eindeutig ausgemacht werden. Das SEB erschien - in Drehrichtung des Jupiter dem GRF nachfolgend - bei schnellem Blick sehr schwach ausgeprägt. Bei genauem Hinsehen waren darin weiße Ovale wie an einer Perlenkette aufgereiht, und erst ein hübsches Stück hinter dem GRF verlieft eine schräge Grenzlinie quer über das SEB, ab da war das SEB wieder in normaler Intensität zu sehen. In den Wolkenbändern gab es genug Knoten und Wirbel zu entdecken, und zahlreiche Fahnen verliefen von den Bändern aus in die hellen Zonen. Jupiter war übersät mit Details, wir konnten uns kaum sattsehen.
Saturn strahlte in atemberaubender Schönheit. Natürlich war die Cassiniteilung mehr als leicht zu erkennen, eine feine Linie in den Ansen des A-Ringes, der C-Ring rauchig-zart, der knallharte Schattenwurf des Planeten auf dem Ring, im Wolkenband der Südhalbkugel etliche Details, zahlreiche feine Bänder in der Polregion, die in Summe den Pol ziemlich dunkel erscheinen ließen.
Stephan's Quintet ist durchaus eine Übung für etwas fortgeschrittene Beobachter, wie sich herausstellte. Leicht waren drei Nebelflecken, im Dreieck zueinander angeordnet, zu erkennen (NGC 7318, NGC 7319, NGC 7320). Ein vierter Lichttupf (die schwächste Galaxie der Gruppe), knapp neben einem schwachen Sterndl, etwas schwieriger, nur indirekt (NGC 7317). Wo ist die fünfte Galaxie? Ganz einfach, bei höherer Vergrößerung und indirektem Sehen entdeckt man auch NGC 7318A dicht neben NGC 7318 - die Kerne der Galaxien erscheinen nur 0.35' weit voneinander getrennt. Ich selbst fand diese Beobachtung nicht allzu schwierig, einige weniger erfahrene Beobachter konnten damit aber nur wenig anfangen.
Die übrigen Objekte seien hier nur kurz aufgelistet:
Insgesamt war diese Nacht ein gesellschaftliches, gemeinschaftliches Beobachtungs Event, muss auch manchmal sein. Bis auf das Zodiakallicht keine nennenswerten Erkenntnisse für mich.
Die Nacht vom 13. auf den 14. September, Ebenwaldhöhe
Bei etwa 5.5 mag Grenzgröße und moderatem bis schlechtem Seeing keine besonders guten Bedingungen. Ich versuchte einige neue Objekte zu beobachten, war dabei aber wenig erfolgreich. Daher kamen dann vorwiegend bekannte und wohlbekannte Objekte dran, und manchmal hatte ich selbst damit meine liebe Not, sie aufzufinden. Wirklich nicht meine Nacht. Nun im Detail zu den bemerkenswerten Objekten:
NGC 6811: Schon im 11x55 Sucher sichtbar. Scotty Houston's "Hole in a Cluster", tatsächlich, lockeres Sterngesprenkel, und mitten im Haufen ein auffallend großes "Loch" (104x).
NGC 6765: Diesen obskuren planetarischen Nebel in der Nachbarschaft des Kugelhaufen M56, den ich erstmals im Sommer dieses Jahres auf dem Hegerberg beobachtet hatte, wollte ich wieder sehen, und ihn auch Walter zeigen. Diesmal ging ich mit der Vergrößerung noch etwas höher, bei 270x hatten wir den besten Eindruck - ohne Filter.
Sh 2-101: Nicht besonders spektakulär, habe ich sicher schon einmal besser gesehen. War aber nicht zu verfehlen (75x, mit UHC Filter).
Cirrus Nebel Einigen Besuchern zuliebe stellte ich den Cirrus ein, und kam selbst zu dem Eindruck einer etwas besseren Beobachtung als in der Hochwechselnacht (75x, mit OIII-Filter).
NGC 6888: Den Crescent Nebel versuchte ich einmal mit UHC-Filter, und siehe da, es war mehr an Struktur rauszuholen als ich jemals mit [OIII] gesehen habe (75x).
NGC 7331: Bei diesem Objekt musste mir Walter aushelfen. Kaum zu glauben, wie ich patschert beinander war, in 20 Minuten hab ich es nicht geschafft, das Objekt einzustellen - obwohl ich es letztens am Hochwechsel binnen 20 Sekunden im Okular hatte... Unsere Aufmerksamkeit galt dann aber eher den vielen kleinen Begleitgalaxien, die als kleine "Reiskörndl" oder "stark diffuse Sterndl" bei 203x relativ leicht von den durch schlechtes Seeing dicklichen Sternen zu unterscheiden waren. Auf diese Weise erwischten wir NGC 7335, NGC 7336, NGC 7337 und NGC 7340.
M27: Man sollte immer wieder bei gut bekannten Objekten auch einmal hohe Vergrößerung ausprobieren. Bei 270x tolle Strukturen im Hantelnebel - ohne Filter.
Stephan's Quintett: Bei 135x und 203x bester Eindruck. Die eng beinander stehenden Galaxien NGC 7318/A sind indirekt bei 203x deutlich getrennt, diese Vergrößerung erfordert aber bei allen Galaxien indirekte Blicktechnik, dafür lässt sich mehr an Details ausmachen.
Komet C/1999 H1 (Lee): Walter wusste noch von seinen letzten Beobachtungen auswendig, wo der Komet zu finden war, und stellte ihn im 18" Dob ein. Wir beobachteten ein ziemlich diffuses Objekt, nur bei etwas höherer Vergrößerung (104x) konnten wir einen schwachen, sternförmigen "Kern" erspähen. Weiters waren indirekt Schweif und Gegenschweif in einem Winkel von etwa 150 Grad zueinander erkennbar (75x).
15. September, Niederleis
Eine warme und trockene Nacht, leicht windig. Extrem dunstiger 5 mag Himmel, der nur Zenitbeobachtungen sinnvoll erscheinen ließ. Etwas anderes hatte ich aber ohnehin nicht vor. Das Seeing erwies sich als brauchbar, mit einigen guten Augenblicken.
NGC 6819: Im 11x55 Sucher sichtbar. Dieser offene Sternhaufen ist reich an schwächeren Sternen, die entlang von Armen angeordnert zu sein scheinen (104x).
NGC 6866: Bei 104x lockeres Sterngesprenkel, auch im Sucher schon erkennbar.
NGC 6791: Ein richtiges 18" Objekt, dieser offene Haufen. Reich an schwachen Sternen, bei 104x erst eine schwache Aufhellung erkannt, mit ein paar drübergesprenkelten Sternen, indirekt mehr Sterne. Interessantes Ding, sowas gefällt mir. Im Sucher natürlich nicht sichtbar.
NGC 6828: Der "Blinking Planetary". Ohne Filter bei 104x schöner Blinkeffekt bei indirekter/direkter Beobachtung, ein schwacher äußerer Halo bei 203x erkennbar. Mit [OIII] Filter wird der äußere Halo deutlicher.
NGC 7020: Ebenfalls ein schwacher äußerer Halo auszunehmen. Etwa achterförmige Gestalt, in einem "Lobe" ein hellerer Kern. An Vergrößerungen habe ich versucht: 104x, 203x, 270x, 507x - alles ohne Filter. Das Ding ist selbst bei starker Vergrößerung noch sehr hell.
IC 5146: Ohne Filter nicht allzu schwierig erkennbar (104x). Mit UHC eher schlechter als ohne Filter, mit [OIII] gar nix, nur der H-Beta bringt etwa den Eindruck wie ohne Filter bei besserem Kontrast. Mit 75x (ohne Filter) bin ich dann den dunklen Schlauch abgefahren, der auffallend sternleer ist, grad ein paar sehr schwache Sterndln sind reingezuckert.
NGC 7023: Diesen hellen Reflexionsnebel beobachtete ich ohne Filter bei 104x. Deutlich erkennbar, war sogar indirekt schön Struktur angedeutet, sicher ein feines Objekt unter gutem, dunklem Himmel.
Stephan's Quintett: Na, was wird wohl davon unter so mattem Himmel übrig sein? Geht, aber bei 135x musste ich mir die 5 Galaxien indirekt einzeln "abholen".
Jupiter: Ein erster Blick auf den noch tief stehenden Gasriesen zeigte den GRF grad am Verschwinden. Später konnte ich den Schatten eines Mondes (fragt bitte nicht welcher) als kreisrundes, pechschwarzes Scheibchen vor der südlichen Polregion erkennen. Hübscher Anblick (270x).
Und in dieser Nacht, in der endlich das Beobachten wie gewohnt lief, habe ich wenigstens meinen inneren Frieden nach der für meine Begriffe ziemlich verpatzten Neumondperiode auch wieder gefunden. So solls ja sein, die Sternguckerei soll entspannend wirken, und nicht noch zusätzlichen Stress erzeugen. Es waren ja nicht nur die Augen durchs Spechtln und die nächtliche Fahrerei extrem belastet, auch der Kreislauf wird ziemlich mitgenommen, wenn der Körper die gewohnten Ruhephasen nicht bekommt. Ich werd' vielleicht in Zukunft mit Gewaltaktionen etwas zurückstecken müssen. Schade war nur, die feinen Nächte der Reihe nach vorbeiziehen zu lassen, und nur einen Bruchteil nutzen zu können, gerade wenn dermaßen stabile Wetterverhältnisse um Neumond ohnedies so selten sind...
Howdii