Die totale Sonnenfinsternis vom 11. August war bereits Geschichte. Die Welt ist nicht untergegangen, also konnten mich höchstens Wolken an einer weiteren, ganz normalen Spechtlsession hindern. In der Tat, hatte es nach Sonnenuntergang verlockend ausgesehen, so zogen zum Ende der Dämmerung dicke schwarze Wolken von Westen her auf. Fast hätte ich schon aufgegeben, doch im Wetterbericht der ZiB 2 merkte ich, dass nur ein recht schmaler Wolkenstreifen grad drüberzog, danach schien eine klare Nacht so gut wie garantiert. Also sah ich noch in aller Ruhe die Sonnenfinsternis Spezialreportage "Am Schauplatz extra" an (teilweise recht lustig), und blickte danach einmal aus dem Fenster. Aha, im Osten noch Wolken, im Westen bereits klarer Himmel. Die gesamte Ausrüstung lag sowieso noch im Auto, also setzte ich mich einfach rein, und kutschierte nach Niederleis, was sonst soll man noch für großartige Aktionen veranstalten, um 23 Uhr - außer sich die Nachtruhe gönnen...
Die Nacht war frisch, bei Ankunft nur 11 Grad, und dazu leichter Wind, das ließ mich bald zu den Winterklamotten greifen. Schließlich fiel die Temperatur noch bis auf 8 Grad, die Beobachtung gestaltete sich damit zu einem reichlich kühlen Vergnügen. Der Himmel zeigte sich ganz normal, mit einer typischen 5 mag Grenzgröße, und auch Horizontdunst gab es genug. Das Seeing erwies sich als eher schlecht, tiefstehende Objekte zeigten starkes atmosphärisches Spektrum. Und ich hätte nicht so lang in das Fernsehkastl glotzen sollen, dementsprechend müde waren meine Gucker nun. Schlaf wäre wirklich die bessere Option gewesen, als eine Beobachtungsnacht zu starten. Ich hatte so meine liebe Not, tränende Augen erforderten immer wieder eine Pause von etlichen Minuten. So kam ich aber auch zur Beobachtung von etwa 30 Perseiden, einige hellere Objekte darunter, aber nicht wirklich spektakulär.
Mein Spechtlgerät war auch in dieser Nacht der 4" f/8 APO. Und bestückt mit einem 40 mm 2" Okular und UHC Filter richtete ich ihn gleich einmal auf IC 1396, den riesigen Emissionsnebel bei μ Cephei. Mit drei Grad Gesichtsfeld sollte man den Nebel formatfüllend drin haben, und mit ein bissl Schwenken des Teleskops die Außengrenzen leicht sehen können. Vielleicht in einer besseren Nacht, hier konnte ich gerade die hellsten Gebiete direkt südlich von μ Cephei, dem auffällig rötlichen "Garnet Star", einigermaßen ausmachen.
Es war wie schon eingangs erwähnt nicht die ideale Nacht für Nebelbeobachtungen, das zeigte sich auch an meinem nächsten Objekt, M27, das mir immer wieder als "Indikator" für die Güte der Nacht dient. Mit UHC Filter kamen die "Ohren" nur schwach raus, eine Bestätigung dafür, was ich ohnehin schon wusste.
Trotzdem hielt ich noch mit dem 40 mm Okular und UHC Filter auf Nordamerika- und Pelikan-Nebel. Ahja, der Nordamerika-Nebel kam dabei ganz gut raus, bei drei Grad Gesichtsfeld schön eingerahmt. Vom Pelikan konnte ich zumindest die typischen Umrisse ausnehmen, mehr war nicht zu wollen.
Mein nächstes Ziel: NGC 7789. Für diesen extrem sternreichen Haufen fehlt offenbar dem Vierzöller doch ein bisserl die Öffnung, die enorme Sternzahl kann er nicht wirklich rüberbringen. Bester Eindruck bei 36x.
Weiter zu M52, hübscher Haufen, auch im Vierzöller, und ein kurzer Schwenk zu NGC 7635 (Bubble Nebel): Bei 36x erscheint der Stern ein wenig "nebelig", mehr ist nicht zu machen. UHC Filter "tötet" eher, als dass er helfen würde.
Ganz in der Nähe befindet sich ein weiteres interessantes Objekt, zwei Sterndl in einem runden Nebelfleckerl (NGC 7538), für mich bereits vom 5.7" und 18" her bekannt. Der Nebel schwach, aber doch, wahrnehmbar, am besten bei 36x oder 53x. Auch hier war der UHC Filter nicht hilfreich.
Die Andromeda-Galaxie M31 mit ihren beiden Begleitern M32 und NGC 205 konnten mich nicht recht überzeugen. Wohl erstreckte sich die Galaxie in Längsrichtung über 2 Grad, doch bei 20x war der Hintergrund zu hell, um die Dunkelbänder erkennen zu können, bei höherer Vergrößerung ging dem 4" schnell das Licht aus. Vor einigen Jahren noch hätte mich dieser Anblick begeistert, jetzt fand ich die Sache ziemlich matt - so ändern sich die Zeiten.
M31 hat zwei weitere schwache Begleiter, NGC 147 und NGC 185. Und gerade in einer mäßigen Nacht, mit einem Vierzöller, machte ich mich auf die Suche nach diesen lichtschwachen Galaxien. NGC 185 brachte ich noch relativ leicht zur Strecke, beim dritten Hinsehen hatte ich das schwache Lichtfleckerl definitiv geortet. NGC 147 dagegen erwies sich als härtere Nuss. Ein paarmal schon glaubte ich das Objekt entdeckt zu haben, doch die durchs Zenitprisma spiegelverkehrte Ansicht gegenüber der Sternkarte kostete mich einige Zeit, bis ich endlich die Position genau festgemacht hatte, und wirklich, es war genau dort, wo ich schon zuvor einige Male eine schwache Aufhellung zu sehen geglaubt hatte. So konnte ich auch NGC 147 definitiv, wenn auch sehr schwach, sehen.
Zu bereits fortgeschrittener Nachtstunde kam ich plötzlich auf die Idee, Merkur in der Morgendämmerung abzuwarten, sooo lang war es ja nicht mehr hin. Um mir die Zeit bis dahin noch zu vertreiben, schlug ich einfach den Karkoschka auf, und spechtelte die dort eingezeichneten Objekte im Perseus der Reihe nach herunter. Wenn überhaupt, hab ich einige davon sicher noch nicht oft gesehen.
M34 ist ja leicht im Sucher schon sichtbar, bei 36x dann eine Handvoll Sterne von etwa gleicher Helligkeit. Weiter zu NGC 1023, einer kleinen und relativ schwachen elliptischen Galaxie. Bei 36x schon als kleines und gar nicht so schwaches "Reiskörndl" entdeckt, bot sich bei 80x der beste Anblick. Vom Haufen NGC 1245 konnte ich im Sucher gar nichts entdecken. Im Teleskop bei 36x einige schwächere Sterndl, bester Eindruck bei 53x. Weiter mit NGC 1528, ein durchaus hübscher Sternhaufen, auch im Sucher schon zu sehen. Etwa gleich gut bei 36x und 53x. NGC 1491 ist ein schwacher Nebelfleck bei einem 11mag Stern. Aufs zweite Hinsehen bei 36x entdeckt, besser sichtbar bei 53x. Der UHC Filter war nicht hilfreich.
Zum Abschluss noch einmal das 40 mm Okular mit H-Beta Filter in den Auszug, und ein Blick auf NGC 1499, den California-Nebel. Und da steht er ja, wie ausgestochen, nicht überdeutlich, aber doch. Dann ein Versuch mit UHC - Demonstration zwischen Sehen und Nichtsehen...
Mittlerweile hatte bereits die Dämmerung eingesetzt, der Himmel hellte sich im Nordosten schon merklich auf - Ende der Deep Sky Beobachtung. Zum Merkuraufgang fehlte nimmer allzuviel, ich räumte die nicht mehr benötigten Sachen zusammen, deckte einstweilen die Optiken ab, um nicht unliebsam vom Tau überrascht zu werden, und warf mich danach noch für ein Viertelstündchen längs ins Auto.
Inzwischen war Merkur schon aufgegangen. Ich kletterte wieder ins Freie, entfernte die Abdeckungen von Sucher und Objektiv, visierte den Horizont an: Und da war er schon, der Bursche! Im Fernrohr bei 80x einstweilen nur ein stark wabernder Fleck, der das ganze Farbspektrum zeigte. Bis Merkur etwas an Höhe gewann, beobachtete ich die erwachende Natur. Etwa 40 Minuten vor Sonnenaufgang war Merkur letztlich hoch genug, um bei 80x blickweise die dickliche Sichel erkennen zu lassen.
Schon wollte ich es damit bewenden lassen, und endgültig zusammenpacken, als mein Blick nocheinmal auf Jupiter fiel. Rein routinemäßig hielt ich nochmals drauf, hatte grad eine Vergrößerung von 106x drin. Mir blieb die Spucke weg - glasklares Bild, keinerlei Luftschlieren, wie eine Diaprojektion! Sofort steigerte ich die Vergrößerung auf 213x. Ahhhh! Gibt's denn sowas?! Der GRF hatte sich mittlerweile heraufgedreht, und Jupiter stand in einer Detailfülle und mit unbeschreiblichen Farbnuancen von rötlich, bräunlich bis blauschwarz vor mir! Das Bild hätte auch 400x noch vertragen, nur meine Augen spielten nicht ganz mit, bei der schon extrem kleinen Austrittspupille machten sich Schlieren und Floaters in meinem Auge zu stark bemerkbar, ich ging daher wieder auf 213x und genoss das wunderbar klare Bild.
Dann noch ein Schwenk auf Saturn, der gerade noch freisichtig am hellen Himmel auszunehmen war. Auch hier ein glasklares Bild, Details in dem Wolkenband, wie ich sie noch nie vorher gesehen hatte, Farbnuancen im Ring, der C-Ring noch deutlich gegen den doch schon hellen Himmelshintergrund wahrnehmbar - einfach wunderbar.
Mehrmals wechselte ich zwischen Jupiter und Saturn, es war ja nur ein kleiner Schwenk mit dem Fernrohr, und konnte mich nicht satt sehen. Irgendwann war es dann so hell, dass die Planeten im Fernrohr verblassten.
Wer hätte das gedacht, nach einem so mäßigen Beginn (der Himmel mindestens so "müde" wie ich), ein so starkes Ende der Beobachtungsnacht... Unverhofft kommt eben oft bei der Sternguckerei, das sei vor allem jenen ins Stammbuch geschrieben, denen ständig irgend etwas zu schlecht ist, um auszurücken...
Mich jedenfalls hat die kühle Nacht doch in Fahrt gebracht. Ich bin nach zähem Beginn trotz des mäßig guten Himmels ziemlich fest eingetaucht in die Beobachtung.
Howdii