Am Abend gab es eine telefonische Diskussion zwischen mir und Walter, ob man nicht noch etwas "Größeres" angehen sollte. Ich befand aber, dass es dafür schon etwas spät sei, und ausserdem hatte ich nicht allzuviel Vertrauen ins Wetter. Letzlich machte ich Walter ein Angebot zum Planeten-Spechteln in Niederleis, Walter wollte aber eher fotografieren, und dazu ist der Himmel im Weinviertel meist doch nicht dunkel genug. So brach ich schließlich gegen 23 Uhr allein nach Niederleis auf. Im Gepäck der 4" f/8 APO, den wollte ich mir wieder einmal etwas näher zur Brust nehmen - so oft hab ich damit ja noch nicht beobachtet.
Am Beobachtungsort fand ich typischen 5 mag Himmel vor, mit dem üblichen Horizontdunst. Das Seeing war anfangs wirklich gut. Um Mitternacht, für etwa eine halbe Stunde, präsentierte sich der Himmel plötzlich überaus gut, die Milchstraße war sehr gut zu sehen, bis weit in den Süden, und überkopf erinnerte die Sternenfülle fast schon an Ebenwald-Himmel. Diese Freude hielt aber nicht lange an, vom Horizont her wurde es in der Folge zunehmend dunstiger, im Süden zogen Wolken auf, die schließlich sogar die obligate Lichtglocke von Wien zudeckten, und den Rest meiner Beobachtungszeit konnte ich am ganzen Südhorizont Wetterleuchten sehen. Es kühlte auf einmal fast schlagartig ab, es kam zu mäßiger Taubildung, und das gute Seeing war dahin. Bei Mondaufgang und 4 mag Himmel packte ich meine Siebensachen zusammen..
Nun zur eher spärlichen Ausbeute dieser Nacht:
Neptun war mein erstes Opfer. Der Planet stand gerade 11" südlich des Sterns σ Capricorni. Als "Sterndl" 8. Größe ist Neptun leicht bereits im Sucher zu erkennen. Im Teleskop gab es bei niedrieger Vergrößerung aber keinerlei Hinweis - sah just wie alle anderen Sterne auch aus. Erst bei hoher Vergrößerung (267x, 400x) unterschied sich das leicht bläuliche Fuzerl von Planetenscheibchen doch deutlich von den Beugungsscheibchen der Sterne. Ja, das Seeing war so gut, dass selbst in dieser geringen Höhe bei 400x deutlich Beugungsscheibchen zu sehen waren.
Uranus war der nächste Kandidat. Etwa 30' östlich von θ Capricorni und ebenfalls leicht im Sucher als 5 mag "Stern" zu sehen - wenn man ihn einmal als Stern, der auf den Karten nicht drauf ist, identifiziert hatte - zeigte Uranus wie Neptun bei niederer Vergrößerung keinen Hinweis auf seine Planeten-Natur. Erst bei 267x war das grünliche Planetenscheibchen deutlich erkennbar. Uranus bietet nicht nur einen etwas intensiveren Farbton als Neptun, auch im scheinbaren Durchmesser hebt er sich deutlicher von Stern-Beugungsbildern ab.
Jupiter und Saturn standen noch zu tief, bis sie an Höhe gewannen, vertrieb ich mir die Zeit mit ein paar Deep Sky Objekten.
Cirrus-Nebel: UHC Filter hat dem 4" Refraktor besser getaugt als [OIII], bei 30x konnte ich auch den dreieckigen Teil, der zwischen dem östlichen Bogen und dem westlichen, als "Feuervogel" bezeichneten Teil liegt, relativ leicht erkennen. Der beste Eindruck vom Cirrus, mit etlichen Details, bei 53x.
Nordamerika-Nebel: Wenn schon der Nebelfilter drin war, hielt ich damit auch gleich auf den Nordamerika-Nebel und Pelikan-Nebel an. Der Himmel war aber wohl schon etwas matter geworden. Die "Golfregion" war zwar recht deutlich zu sehen, "Florida" aber eher schwach, und der Pelikan-Nebel erschien nur mehr als strukturloser Nebelfleck.
NGC 281: Ein letzter Versuch, was "Nebeliges" zu beobachten. Die etwa dreieckige Form konnte ich ausnehmen, den dunklen Einschnitt aber höchstens mit gutem Willen erahnen.
Nach einem Blick auf die hübschen Sternhaufen M11 und h+χ Persei schwenkte ich das Teleskop auf Jupiter. Mittlerweile hatte die Abkühlung eingesetzt, und das gute Seeing war damit vorbei. Konstantes, feines Flimmern macht eine sinnvolle Beobachtung unmöglich, auf einen klaren Moment wartet man unter diesen Umständen vergeblich. Immerhin konnte ich zahlreiche feine Bänder in den Polregionen ausnehmen, das war aber auch schon das aufregendste an Details.
Der noch etwas tiefer stehende Saturn sah nicht besser aus. Kaum, dass die Cassini-Teilung klar zu erkennen war, der C-Ring war vage zu erahnen.
Schließlich ging die abnehmende, durch die Extinktion tief orangerot gefärbte Mondsichel auf. Im Fernrohr betrachtete ich bei eher niedrieger Vergrößerung noch einige Zeit den Mond, als abnehmende Sichel erlebe ich ihn relativ selten. Und im Bewusstsein, dass ich ihn am 11. als Neumond vor der Sonne wiedersehen würde, beendete ich meine Beobachtung.
Howdii