Mit dem 18" Dob auf dem Hegerberg

17. 7. 1999, Stössing

Das Wetter vermieste im Juli fast die ganze Neumondperiode, erst am 17. zeichnete sich eine brauchbare Beobachtungsnacht ab. Geplant war eine kleine Exkursion, um endlich den 18" Dob wieder einmal unter guten Bedingungen einsetzen zu können. Walter war diesmal nicht dabei. Der arme Kerl war unglücklich gestürzt, und während ich ihn eigentlich auf dem Flug in den Urlaub wähnte, liegt er daheim mit hochgelagertem Bein und Liegegips. So kam es also, dass ich mich am Abend des 17. Juli, mit dem 18" Dob im Auto, allein auf die Reise begab. Noch war der Beobachtungsplatz nicht festgelegt. Bei der Fahrt Richtung Wien sah es gegen Süden ziemlich dunstig aus, und es hatte den Anschein, als wenn sich dort auch noch massivere Bewölkungsreste halten würden, deshalb drehte ich gegen Westen ab, und wählte als Beobachtungsplatz kurzerhand den Hegerberg bei Stössing.

Eigentlich hatte ich vor, noch einen Angriff mit dem 18" auf die Supernova in M88 zu starten, hatte dabei aber vergessen, dass mein Platzerl am Hegerberg einen eingeschränkten Westhorizont aufweist. Ein bissl spät war ich sowieso schon dran, und bis der Dob endlich aufgebaut war, war es bereits nach 22 Uhr MESZ. Die vier Tage alte Mondsichel war schon hinter dem Wald verschwunden, M88 wäre wohl noch knapp über den Bäumen erreichbar gewesen, doch mir fehlten einfach die Sterne, an denen ich mich normal bei der Suche orientiere. Ich fischte zwar einige Zeit lang in der etwas trüben Suppe herum, ohne Ergebnis, bis ich schließlich einsehen musste, dass ich dieses Spiel in der späten Dämmerung verloren hatte.

Nach und nach wurde es nun dunkel. In der Gegend um den Himmelspol waren Sterne knapp jenseits von 5 mag erkennbar, die Milchstraße zeigte sich bis zum Südhorizont hinunter, der Himmel war aber für meinen Geschmack doch ein wenig zu hell. Horizontnah machte sich der Dunst störend bemerkbar, deshalb sind die schönen Objekte M8 und M20 wenig spektakulär erschienen, zwar nicht schlecht, aber nicht das, was man in einem 18" erwarten würde. Die längste Zeit der Nacht verbrachte ich mit der Beobachtung diverser Kugelsternhaufen, einige andere Objekte kamen natürlich auch dran. Es war einfach nicht die Nacht für großartige Gasnebel-Beobachtungen. Gegen zwei Uhr früh wurde der Himmel merklich matter, und bot nur mehr das, was ich von durchschnittlichen Bedingungen im Weinviertel gewohnt bin. Dafür erwies sich das Seeing als recht gut, und erlaubte den sinnvollen Einsatz hoher Vergrößerungen. Die Nacht blieb angenehm lau (18° C), es gab leichten Südwestwind, keinen Tau, und kaum Gelsen.

Nun aber zu den beobachteten Objekten:

M22: Meistens, wenn ich M8 mit dem Rohr anvisieren will, und es so dunstig  ist, dass ich den Lagunennebel nicht freisichtig erkennen kann, stolpere  ich beim "Herumfischen" im Sucher über M22. So auch diesmal. M22  erscheint schon im 11x55 Sucher als großer, heller Nebelfleck. Einen  Blick durchs Fernrohr sollte man sich bei diesem Prachtobjekt schon gönnen. Bei 104x in tausende helle Sterne aufgelöst, der Kern des Kugelhaufens bleibt aber als nebeliger Hintergrund. Bei 153x war schließlich das ganze Bildfeld voll mit hellen Sternen. M22 ist so groß und leicht aufzulösen, dass er bereits für kleinere  Instrumente ein lohnendes Objekt ist. Würde dieser Kugelhaufen höher am Himmel stehen, er wäre sicher bekannter. Man sollte die Vergrößerung nicht zu hoch wählen, sonst geht der Eindruck eines Kugelhaufens verloren.

M8: Der Lagunen-Nebel stand schon etwas westlich des Meridians, und durch den  Horizontdunst war der Anblick wenig spektakulär. UHC Filter half sehr, vor allem die schwachen Nebelausläufer von Osten bis Norden herum  konnte ich weit besser mit Filter sehen. Freilich liefert der 18"  genug Licht, dass diese Nebelpartien direkt sichtbar sind. Auffallend  ist die recht scharfe Begrenzung nach Norden hin. Die Hourglass Region zeigte sich bereits bei 104x als heller Knoten,  bei 153x kam die Achterform deutlich raus. Den Filter ließ ich dabei drinnen, es erwies sich diesmal besser so.

M20: Ein kurzer Schwenk vom Lagunen-Nebel nach West und ein wenig nach Nord, und schon ist der Trifid-Nebel im Bild. Auch hier der Eindruck ziemlich enttäuschend. Sowas schafft unter guten Bedingungen ein 10". Der UHC Filter war nicht nur hilfreich, sogar fast notwendig. Bei 104x  konnte ich schließlich doch drei dunkle "Rüssel" sehen, es ergab sich  also der Eindruck einer Dreiteilung, dem dieses Objekt auch seinen  Namen verdankt. Auch mit dem UHC Filter war auch der Reflexionsnebel nördlich des  Emissionsnebels recht gut zu erkennen.

M13: Nach den etwas ernüchternden Anblicken im Horizontdunst ein unvermeidliches Objekt. Da kann man endlich entspannt "Ahhhhh!" sagen.  Bei Vergrößerungen von 104x, 153x und 230x tausende feine Glitzerpunkte, aufgelöst quer über das Zentrum, und immer noch bleibt ein nebeliger Hintergrund im Kerngebiet.

M12: Schon im 11x55 Sucher ein auffallend "diffuser" Stern, zeigte dieser Kugelhaufen im 18" in den Randbereichen etliche recht helle Sterne, und  einen "nebeligen" Kern, der leichte Granulation aufwies (104x). Bei  höherer Vergrößerung (153x, 230x) kamen im Kern noch etliche Einzelsterne raus, es blieb aber ein generell nebeliger Hintergrund.

M10: Auch M10 schon deutlich im Sucher zu identifizieren. Beim Anblick im Okular (104x)  hellere Sterne quer drüber verstreut, mit einem ebenfalls "nebeligen" Kern, der bei zunehmender Vergrößerung noch in etliche Einzelsterne auflösen ließ.

M14: M14 machte sich schon im Sucher bemerkbar, wenn auch nicht so auffällig wie etwa M10 oder M12. Im Okular bei 104x dann ein größerer gleichmäßig heller Nebeltupf, ohne erkennbare Konzentration zum Zentrum hin. Bei indirektem Sehen erscheint der "Nebel" wie feinster "Sternenstaub". Bei 153x und 203x lassen sich hellere Einzelsterne deutlich auflösen, der Rest bleibt feinster "Sternenstaub".

NGC 6366: Dieser Kugelhaufen (9 mag, hellste Sterne um 13.6 mag) ist mir im 18" unerwartet hart vorgekommen, habe ich ihn doch schon unter nur durchschnittlichem Weinviertler Himmel mit dem kleinen 5.7"  Maksutov-Newton aufgespürt - sicher, am Limit, doch im 18" hätte ich  ein feines Objekt erwartet. Und dann hätte ich den Haufen fast übersehen. Am ehesten war bei 85x  ein Nebelfleck erkennbar, bei 104x an der betreffenden Stelle nur mehr ein ganz schwacher Nebelfleck und einige hellere Sterne drübergesprenkelt,  bei 153x schließlich nur mehr ein paar locker verstreute Sterne, vom  stark konzentrierten Kern war rein gar nichts mehr zu sehen. Vielleicht  war dieses Objekt auch einfach schon zu tief, und die Beobachtung  stark durch Horizontdunst beeinträchtigt.

NGC 6426: Aufgrund der Probleme mit NGC 6366 war ich etwas vorgewarnt, und  pirschte mich an diesen Kugelhaufen (11 mag Gesamthelligkeit) mit der kleineren Vergrößerung (85x) heran. Da war jedenfalls deutlich ein kleiner Nebelfleck zu erkennen, der wesentlich mehr Vergrößerung  aushielt als der oben angesprochene Kugelhaufen. Bei 153x und 230x  waren einige Sterne auflösbar.

IC 4665: Auf diesen offenen Haufen stößt man etwas nördlich von β Ophiuchi, wo ich meine Suche nach NGC 6426 startete. Der Haufen IC 4665 ist ein reizvolles Objekt für Operngucker und Feldstecher, im  Teleskop sieht man naturgemäß nur einige, weit verstreute, helle Sterne.

M56: Dieser Kugelhaufen liegt etwa auf halbem Weg zwischen γ Librae - β Cygni (Albireo), etwas näher zu letzterem hin. Per Starhop ist die  Aufsuche des Objekts in dieser extrem sternreichen Gegend eine mühsame  Sache, man muß immer wieder penibel das Bild im Sucher mit der  Sternkarte vergleichen. Viel leichter geht's mit dem Telrad. Die roten Zielkreise einfach etwas über die Mitte der oben genannten Strecke positionieren, und schwupp, schon ist M56 bei 104-facher Vergrößerung  im Bild. Dieses Objekt zeigt genug helle Sterne, und einen dichten, nebeligen Kern, auch bei 230x.

NGC 6765: Nicht allzu weit weg von M56 (Libra-seitig) liegt dieser interessante planetarische Nebel. Bei 104x ohne Filter schon als kleiner Nebelfleck sichtbar, verträgt dieses Objekt ordentlich Power. Der [OIII] Filter erwies sich als ideal, und bei 306-facher Vergrößerung sieht dieses Ding einigermaßen sonderbar aus. Ein länglicher Nebelstrich mit zwei helleren Knoten etwa jeweils auf halber Strecke von der Mitte nach außen. Darunter, etwas abgesetzt, und gegen die Mitte zu versetzt ein weiterer, kleiner Nebelfleck. Ich war etwas verdutzt, und konnte nicht so recht glauben, was ich da an Form gesehen hatte, jedoch eine Nachforschung im POSS zeigte genau diese sonderbare Gestalt.

M57: Zum Auflockern wieder einmal ein bekanntes Objekt. Und logischerweise galt meine Aufmerksamkeit dem immer wieder schwierig zu beobachtenden  Zentralstern. Nach und nach steigerte ich die Vergrößerung bis auf 767x. Das war aber doch schon wieder ein bissl zu viel, besser gings mit 523x. Immer wieder konnte ich erkennen, dass die Sterne in der Umgebung des  Ringnebels seeingbedingt ab und zu als ganz feine Nadelspitzen rauskamen. Nun brauchte ich mich nur mehr auf die Lauer zu legen, und indirekt das Zentrum des Ringnebels im Auge zu behalten. Tatsächlich gelang es, den Zentralstern immer wieder als nadelfeinen Punkt aus dem recht hellen Nebelhintergrund herausleuchten zu sehen. Für einen Augenblick erhaschte ich sogar das zweite Sterndl im Ringinneren. Bei einer Kontrolle der Position anhand von Fotos, am nächsten Tag, erwies sich die Stelle, an der ich den Stern gesehen hatte, als korrekt.

An dieser Stelle möchte ich vielleicht einmal ganz allgemein auf die Beobachtung des Zentralsterns von M57, die immer wieder als schwierig  beschrieben wird, zu sprechen kommen. Definitiv reicht nach meinen  Erfahrungen bereits ein 12-Zöller aus, es bedarf jedoch exzellenten Seeings, und sehr hoher Vergrößerung. Meine erste diesbezügliche Beobachtung war in einem 12" Schmidt-Cassegrain bei etwa 750x. Wow, gute  Optik? Nein, nicht unbedingt, das Bild konnte kaum mehr fokussiert werden, Sterne erschienen als dicke, unförmige Patzen, und doch: Indirekt  konnte ich sowohl den Zentralstern, als auch den zweiten Stern im Ring erkennen. Nächste Sichtung war in einem kurzbrennweitigen 14" Newton,  bei ebenfalls hoher Vergrößerung, um die 700x. Auch hier recht gutes Seeing, die Sterne erschienen noch halbwegs fein, indirekt konnte ich damals den Zentralstern blickweise erwischen. Mehrfach gelang nun schon eine Beobachtung des Zentralsterns im 18", wenn auch nie besonders leicht. Mal bei 230x, ein andermal bei 306x besser. Deutlich zeigte sich aber,  dass die Beobachtung bei gutem Seeing leichter ist, und bei eher schlechtem Seeing fast unmöglich. Höhere Vergrößerung hilft, sofern das Seeing mitspielt. Schließlich gibt es Berichte von erfolglosen Beobachtungsversuchen, oder nur vagen Vermutungen, selbst in für Amateurverhältnisse sehr großen Teleskopen.

Jüngst, in der Juli '99 Ausgabe von Sky&Telescope, war ein Bericht zu  finden, wo David Nakamoto von einer visuellen Spechtlsession mit dem 60" Teleskop auf dem Mt. Wilson berichtete. Den Ausführungen zufolge hatten die Burschen dort durchaus gutes Seeing, und es standen ihnen Vergrößerungen von 250x und 500x zur Verfügung. Alle hätten den Zentralstern als einfach sichtbar erwartet, nur, dem war nicht so, Nakamoto wertete eine Sichtung als "maybe".

Meine Meinung zum Schwierigkeitsgrad: Gutes bis exzellentes Seeing ist unabdingbar, genauso wie hohe Vergrößerung. Je kleiner das Instrument, desto höher muß prinzipiell vergrößert werden (unter "klein" ist hier  ein immer noch respektabler 12-Zöller zu verstehen). Generell zeichnet sich ab, dass zunehmende Öffnung nicht den erwarteten Vorsprung  bringt. Warum?  Das Ringinnere ist bei M57 sehr hell. Bereits in einem halbwegs guten  6" Teleskop ist dies auffällig. Um die Sache auf den Punkt zu bringen: Ein größeres Teleskop kann mehr Licht sammeln, zeigt also das  Ringinnere wiederum heller. Zudem sind große Instrumente mit der Vergrößerung seeingbedingt etwas im Nachteil, und können somit die Helligkeit des nebeligen Hintergrundes kaum auf ein entsprechend niedriges Maß reduzieren (auch in einem großen oder sehr großen  Amateurteleskop kommt man seeingbedingt kaum über Vergrößerungen  von 500x bis 700x). Und genau dadurch steigt meiner Ansicht der Schwierigkeitsgrad etwa mit der Öffnung des Teleskopes mit.

Wer also Jagd nach dem berühmt-berüchtigten Zentralstern des Ringnebels machen will: ab 12" ist man dabei, nur muß man geduldig abwarten, bis die Bedingungen einmal gut genug sind. Ein gerüttelt  Maß an Beobachtungserfahrung und Beobachtungstechnik bleibt in allen  Fällen Grundvoraussetzung.

NGC 6888: Bei der Aufsuche geht man normalerweise von γ Cygni aus. Und bei dieser Gelegenheit schaute ich gleich nach, was von den Gamma Cygni Nebeln zu sehen war. Matte Sache, auch kein Wunder, der Himmel war ebenfalls schon ziemlich stumpf. Nur die drei allerhellsten Teile konnte ich ausnehmen. Schließlich fischte ich noch eine Weile im Okular umher, bis ich den Crescent Nebel (NGC 6888) im Blickfeld hatte. Nachdem ich das bisher immer so gemacht habe, wollte ich einmal  wissen, ob man nicht auch einen direkten Weg zu diesem Objekt finden  könnte, zumal die Gegend extrem reich an Sternen ist - im Sucher wimmelt  es nur so davon. Aber jetzt weiß ich, wo ich den Telrad hinzeigen lasse, dann noch ein Blick in den Sucher, das Fadenkreuz auf zwei markante Sterne, die recht dicht beieinander stehen, und schwupp, schon ist das Objekt im Bild. Bei 85x mit UHC ein doch respektabler Anblick, ein großes, nebeliges  "E". Am schwächeren Südende fiel mir ein nach innen, Richtung Norden,  gehender, dreieckiger Nebelausläufer auf, den ich visuell zu erstenmal  bewusst registrierte.

Gegen Ende meiner Beobachtungszeit schwenkte ich den 18" Dob auf den erst halbhoch am Osthimmel stehenden Jupiter. Ohne Paracorr im Auszug ist die Definition am Planeten doch noch  um einen Hauch schärfer. Deshalb gab ich den Komakorrektor zumindest für Planetenbeobachtung raus. 267x erwies sich als die idealste Vergrößerung, bei 306x pfuschte das Seeing schon zuviel drein. Nun, einge "Fahnen" vom NEB ausgehend in die EZ (Equatorial  Zone), und ein hauchfeines, mehrmals unterbrochenes EB (Äquator Band)  möchte ich als auffälligste Merkmale anführen. Speziell die feine Linie des EB ist mir bisher noch nie aufgefallen.

Erfolglos blieb die Suche bzw. Beobachtung von Palomar 15 sowie M 1-92, dem sog. Footprint Nebula.

Um drei Uhr MESZ schließlich packte ich meine Sachen zusammen, am Nordosthorizont zeichnete sich bereits ein Silberstreif ab.

Howdii