Eine sagenhafte Winternacht und der Pferdekopfnebel im 5.7" MN 

21. 1. 1999, Ebenwald


Anhaltendes winterliches Hochdruckwetter veranlaßte uns am 21. Jänner gleich zur nächsten Spechtlexkursion auf die Ebenwaldhöhe. Nebel und Hochnebel waren tagsüber "brav" unten liegengeblieben, demgemäß war es in den Niederungen unwirtlich, kalt und nass, gebietsweise gab es sogar gefrierendes Nieseln und dadurch rutschige Straßen. Auf der Ebenwaldhöhe hingegen erwartete uns ein wahrhaft prächtiger Sternenhimmel. Wir Walter und ich, der Autor) starteten um 18:00 Uhr, in der späten Abenddämmerung, zu dieser Zeit stand die Mondsichel noch einigermaßen hoch am Himmel. Unsere Geräte waren wie beim letzten Mal mein 4" f/8 APO auf Walters Vixen GP-DX, und mein 5.7" f/6 Maksutov-Newton auf meiner Vixen SP-DX Montierung. Walter hatte auch wieder seinen 60 mm "Spielzeugrefraktor" dabei. Und schließlich wollten wir auch Walters neue Nagler Okulare (9 mm und 4.8 mm) ausprobieren.

Obwohl die Optiken noch nicht austemperiert waren, hielten wir gleich auf Jupiter an, den wir noch knapp über den Baumwipfeln erwischten. Der APO arbeitete bei 200x (4 mm Abbe), der Mak-Newton bei 181x (4.8 mm Nagler). Das Seeing erwies sich als erfreulich gut, wenngleich wir auch schon besseres erlebt haben.

Auffallend war, daß der 4" APO schneller mit einem brauchbaren Bild "da" war, während der Mak-Newton noch mit Tubusturbulenzen kämpfte. Die machten sich durch einen einseitig "davonschleichenden" Scheibchenrand bemerkbar, und zeitweilig durch ein geisterhaftes Doppelbild. In beiden Optiken war der Große Rote Fleck gut sichtbar, anfänglich hielt der APO das eindeutig bessere Bild, nach einigen Minuten jedoch zeigte der 5.7" Maksutov-Newton bereits feinere Details in den Wolkenbändern, trotz etwas niederer Vergrößerung und immer noch merkbaren Tubusturbulenzen.

Jupiter verschwand alsbald hinter den Bäumen, also richteten wir die Rohre auf Saturn. Nachdem der Mond noch immer keine sinnvolle Deep Sky Beobachtung zuließ, hielten wir Saturn so lange im Visier, bis der Maksutov-Newton austemperiert schien. Beide Optiken zeigten Saturn nun etwa gleich (Vergrößerungen wie vorhin), einzig der rauchig-zarte C-Ring war im 5.7" leichter gegen den dunklen Himmel zu erkennen als im APO, wo man schon zweimal hingucken mußte, um sicher zu sein. Aber wie gesagt, auch der 4" Refraktor zeigte den C-Ring gegen den dunklen Himmelshintergrund, und brachte zudem eine genauso farbreine Abbildung wie der Mak-Newton. Nur war das Bild logischerweise etwas dunkler im 4", und Saturn erschien mehr gelblich.

Der erste direkte Vergleich der beiden Optiken am Planeten brachte somit absolut einen wohl merkbaren Vorsprung des 5.7" Mak-Newton, doch man muß dem Vierzöller zugestehen, daß er wiederum recht knapp dran ist, und erstaunlich viele Details zeigt. Weil das Seeing so gut war, wollte Walter Saturn gleich mit dem CCD einfangen. Ich packte deshalb die 5x Barlow aus, nahm das Okular beim APO raus, steckte die Barlow rein, und gedankenverloren gleich wieder das Okular in die Barlow. Guckte rein um zu fokussieren - UFF! Was war denn das für ein Riesending! Saturn bei 1000x im APO! :-) Wohl ein bissl zuviel, aber immer noch war die Cassini-Teilung erkennbar, genauso wie das Wolkenband...

Während der Mond immer tiefer sank, und nur mehr zwischen den Ästen der Bäume hervorblinzelte, nahm Walter den APO für CCD-Arbeit in Beschlag, mit seiner Meade Pictor. Für den weiteren Verlauf war daher der 5.7" f/6 Mak-Newton unser Spechtlgerät. Mittlerweile war auch Alex Pikhard mit anderen WAA-Leuten eingetroffen, und er baute sein 12" LX200 in der Nachbarschaft auf.

Nun aber zu unseren visuellen Beobachtungen dieser prächtigen Nacht, die sich durch klaren, dunklen Himmel und gutes Seeing auszeichnete. Sehr viele oder besonders ausgefallene Objekte sind es nicht geworden, diejenigen, die wir beobachteten, wurden aber ausgiebigst bespechtelt. Ich möchte nur einige Objekte hier präsentieren:

Zuerst der Orionnebel, M42. An Okularen kamen der Reihe nach dran: 27 mm Panoptic (32x), 22 mm Panoptic (39x), 9 mm Nagler (97x), 4.8 mm Nagler (181x). Den UHC-Filter, den ich vorerst verwendete, hab ich schnellstens wieder abgeschraubt. In dieser hervorragenden Nacht war die Abbildung ohne Filter weit besser, zeigte viel feinere Details. Sowohl von der Ausdehnung her, wie auch von den Strukturen und Filamenten, kann ich guten Gewissens sagen: So haben wir M42 im 5.7" noch nie gesehen! Viele Dinge, die wir von Beobachtungen mit dem 18" Dob kennen, konnten wir entdecken! Hier einige Schmankerln: Bei 181x lagen alle 6 Trapezsterne da wie auf dem Präsentierteller, klar sichtbar, mit leicht flirrenden Beugungsringen um die helleren Komponenten. Auch schon bei 97x waren alle Trapezsterne zu erhaschen, ein Zeichen für den guten Kontrast, den man mit dem 9 mm Nagler Okular hat. In den seitlich ausgreifenden "Schwingen" waren feine Strukturen zu erkennen. Das Kerngebiet des Nebels kontrastreich und voll von wildem Gewölk. Der dunkle "Schlund", der von Norden zum Trapez hineinwächst, wird knapp vor der "Kammer", in der die Trapezsterne funkeln, von einer schmalen Lichtbrücke gequert, deutlich erkennbar bei 97x - ein Feature, auf das ich erstmals durch ein HST Bild der "Huygenian Region" aufmerksam wurde. Feine, isolierte "Nebelspritzer" in der Nähe der "Schlundöffnung", die wir vorher noch nie im 5.7" entdeckt hatten. M43: Die "Komma"-Form war deutlich, auch Dunkelstrukturen waren zu erkennen. Und, und, und... Man könnte über den Orionnebel tausend Worte verlieren und hätte doch noch immer nicht den visuellen Eindruck vollständig beschrieben. Nur wer selbst ins Okular reinschaut hat das ganze Erlebnis.

Walters Nagler-Okulare habe sich am Orionnebel bestens bewährt, das große Bildfeld ist schon ein Komfort für sich. Wenn man das 9 mm Nagler mit 2" Schürze verwendet, muß man den Fokussierer am Mak-Newton fast ganz rausschrauben, da kommt man schon fast an die Grenzen, ebenso ergeht es mit dem 22 mm Panoptik.

Als nächstes Objekt möchte ich IC 434 (Emissionsnebel) und B33, den Pferdekopfnebel, herausgreifen. Wir gingen wiederum mit H-Beta Filter zu Werke, als Okulare kamen das 35 mm Panoptic (25x) und das 27 mm Panoptic zum Einsatz. Und wie aufgrund der besseren Bedingungen als letztens am 19. nicht anders zu erwarten war, erwies sich der Pferdekopfnebel als fast leichte Beute! Wohl mußte man indirekt gucken, doch war der Dunkelnebel problemlos immer wieder sekundenlang zu halten. Als Beweis, daß wir hier kein Sternenlatein verzapfen, haben wir Alex Pikhard als "Testbeobachter" beigezogen, auch er hatte kein Problem, den Pferdekopfnebel zu sehen. Interessant: Letztens, am 19. Jänner, war es angebracht, den hellen Stern Alnitak wenigstens sehr an den Rand des Gesichtsfeldes zu positionieren, wo er durch die Randvignettierung (die durch den kleinen Fangspiegel bedingt ist, und sich mit dem 35 mm Okular schon stark bemerkbar macht) "abgedunkelt" wurde. Jetzt aber konnte man Alnitak ruhig im Feld lassen, er beeinträchtigte die Beobachtung nicht. Auch mit dem 27 mm Panoptic Okular war der Dunkelnebel B33 sicher zu erkennen, die Beobachtung profitierte sogar von der etwas höheren Vergrößerung. Der Pferdekopfnebel war nicht nur ein dunkler Schatten, nein, es war weit mehr zu erkennen: An der "Genickseite" (Richtung Süden) war der Dunkelnebel scharf begrenzt, auch oben über den "Scheitel", und die markante Stufe von der Stirn zur Schnauze war ebenfalls zu erkennen! Schnauzenseitig war der Nebel schließlich weniger scharf begrenzt, und leicht diffus. Und beeindruckend war der Kontrast, der Dunkelnebel hob sich kohlrabenschwarz von dem schwach glimmenden Nebelstrip IC 434 ab. Schließlich juckte es mich noch, das ganze ohne Filter zu versuchen. Dazu verwendete ich das 27 mm Okular, weil nun war es doch angebracht, den hellen Alnitak aus dem Feld zu bringen. Und zu meinem Erstaunen war indirekt durchaus was von IC 434 zu erhaschen! Ich versuchte ein wenig Augengymnastik, und tatsächlich gelang es mir für den Bruchteil einer Sekunde eine scharfe Unterbrechung des Nebelstrips zu erhaschen, genau an der Position, wo der Pferdekopfnebel sitzt. So gesehen erscheinen mir Beobachtungen mit 6" Öffnung, ohne Filter, wie es unsere amerikanischen Kollegen fallweise berichten, durchaus realistisch.

Auch unser Pleiaden-Experiment mit Blaufilter wiederholten wir. Wuiiii, das kam schon an Eindrücke von Fotos heran! Der Merope-Nebel sonst nur als schlankes Oval zu sehen, zeigte weitreichende, schwache Ausläufer, die Strich-Filamente über Merope selbst waren erkennbar, und Maia zeigte das auf Fotos auffällige "Schwanzerl". Auch Alex hat diesen Anblick bewundert. Beobachtet wurde mit dem 22 mm Panoptic Okular (39x), das die Pleiaden formatfüllend einfaßt.

Ein Schauobjekt war auch der Rosettennebel. 27 mm Panoptic und UHC-Filter waren die beste Kombination. Der Nebelring ist darin schön eingerahmt, zeigt seinen bizarren Umriß, und erzeugt durch subtile Helligkeitsunterschiede einzelner "Wolken" einen zarten und luftigen Eindruck. Ein Anblick, den sich auch Alex nicht entgehen ließ.

Unter anderem holten wir uns auch M81, M82 und NGC 3077 ins Okular, alle drei auf einen Schlag (27 mm Panoptic). An M81 war sogar eine Andeutung von den Spiralarmen zu erkennen. M82 zeigte selbst bei dieser niedrigen Vergrößerung Strukturen.

Mittlerweile machte sich bei mir schon Müdigkeit bemerkbar, ich jammerte Walter an, daß ich M97 nicht finde, weil ich im Sucher unter den vielen Sternen die Orientierung verloren hatte, prüfte aber nicht im Okular. Walter wieder ging unvoreingenommen hin, guckte rein, und meinte nur: Was willst denn, sind eh da, alle zwei, M97 und M108! Wir steckten nun das 4.8 mm Nagler in den Fokussierer, und zoomten uns so auf M97 rein, ohne Filter. Der Nebel war ungewöhnlich hell zu sehen, ein Beweis für die Güte der Nacht. Und ob's wer glaubt oder nicht, es war irgendwas Dunkles zu erkennen, das Scheibchen präsentierte sich nicht nur in uniformer Helligkeit. Freilich kann man nicht sagen, wir hätten die Augen gesehen, aber zumindest vermutet. Ich merkte mir zumindest die Orientierung der vermuteten Augen zu einem benachbarten, helleren Stern. Zuhause prüfte ich anhand eines Fotos nach, und promt! Die Augen haben genau diese Lage!

Bevor ich meine Ausrüstung zusammenpackte, stellten wir noch schnell M3 in beiden Optiken ein, im APO, und im Mak-Newton. Bei rund 200x konnte der 5.7" Einzelsterne ohne große Mühe zeigen, dem 4" ging aber deutlich das Licht aus. Nur indirekt, mit äußerster Augengymnastik und zusätzlicher Dunkeladaption am Okular konnte man auch im kleineren Linser Einzelsterne ausnehmen.

Für mich ging damit eine denkwürdige Spechtlnacht zu Ende.

Howdii