Planetenparade am Morgenhimmel

1. 9. 1998, Niederleis

In den Medien wurde ausgerechnet der Morgen des 2. September als beste Gelegenheit, das "Planetengewurl" zu beobachten, verkündet, so als gäbe es dieses Schauspiel nur genau an einem Tag zu sehen. Alle fünf freisichtigen Planeten tummeln sich derzeit am Morgenhimmel. Merkur baut seine Morgensichtbarkeit noch aus, und in einigen Tagen gibt es eine enge Begegnung von Venus, Merkur und Regulus. Es ist wohl eher das Problem, einen Morgen mit wolkenlosem Himmel zu finden. Vom Wetter her schien mir zunächst der Morgen des 1. September geeignet. Walter hielt nicht viel vom zeitlichen Aufstehen, und spekulierte auf die Nacht vom 1. auf den 2. September, die hätten wir gerne durchgemacht. Ich wollte es aber versuchen. Um 3 Uhr früh riss mich der Wecker aus dem Schlaf. Ein Moment, in dem ich am liebsten alle Planeten verwünscht hätte. Schlaftrunken guckte ich aus dem Fenster, und mir lachten Saturn und Jupiter in vollem Glanz entgegen. Grund genug, den inneren Schweinehund zu überwinden. Anziehen, Fernrohr ins Auto verfrachten, und ab nach Niederleis.

Um etwa 4:00 MESZ war ich am Beobachtungsplatz. Flugs war das Fernrohr, der 5.7" f/6 Maksutov-Newton, aufgebaut. Der Blick nach Osten zeigte einen Vorgeschmack auf den kommenden Winter: Orion schon voll sichtbar, Prokyon knapp über dem Horizont. Mars war zwar schon längst aufgegangen, der 1.7 mag helle Planet war aber dem Horizontdunst noch nicht entflohen. Vorerst galt mein Augenmerk demnach Jupiter und Saturn. Jupiter bot eine gute Show: Der Schatten von Ganymed als pechschwarzer Punkt, und der Mond selbst als bräunlicher Punkt vor dem Planetenscheibchen. Der GRF sagte am Westrand gerade baba, und trotz grauenhaften Seeings (die Jupitermonde tanzten wild herum) gab es einige Sekundenbruchteile, wo delikate Details in den Wolkenbändern sichtbar wurden. Maximal mögliche Vergrößerung war 175x. Saturn zeigte die Cassiniteilung in den Ansen des Ringes, den C-Ring am ehesten vor dem Planetenscheibchen, und ein Wolkenband mit ein wenig Details. Von den Saturnmonden konnte ich Dione, Rhea und Titan sehen. 

Wieder zurück zu Jupiter. Während ich zuschaute, wie der Schatten von Ganymed immer mehr an den Rand rutschte, und der Mond selbst Richtung Zentralmeridian strebte, hatte ich auf einmal ein unruhiges Gefühl, das mich veranlasste, mich umzudrehen. Und da standen sie, knapp über dem Horizont, Venus, und 2 Grad darüber Merkur. Die Dämmerung hatte schon eingesetzt, und der Horizont begann sich zu färben. Etwa 10 Grad darüber nun klar sichtbar Mars.  Ein faszinierender Anblick, der mich minutenlang gefangen hielt. Die Ekliptik war nun anschaulich durch die Planeten, die wie an einer Perlenschnur aufgefädelt waren, in den Himmel gezeichnet: Venus, Merkur, Mars, hoch am Himmel Saturn und bereits tiefer im Südwesten Jupiter.

Auffallend war die starke Refraktion der Atmosphäre. Nur Saturn, der am höchsten stand, bot ein farbreines Bild. Jupiter zeigte bereits zart einen roten und einen blauen Rand. Das nur 4" kleine Marsscheibchen war nur mit Mühe hin und wieder zu erkennen (ohne Details), mit bereits starken Farbrändern. Merkur und Venus schließlich waren nur längliche, wabernde Flecken, die das Spektrum von rot über gelb, grün bis blau zeigten. Eine derart starke Refraktion habe ich vorher noch nie beobachtet. Vermutlich wurde sie durch Luftschichten unterschiedlicher Temperatur hervorgerufen, wärmere Luftmassen hatten sich wohl über die seit Tagen vorherrschende kalte Luft geschoben. 

Und die nächste Nacht, vom 1. auf den 2. September, war dann vollkommen bewölkt...

Howdii