Während Walter seinen ersten ehelichen Pflichten nachkommt, in tropischen Gefielden, ergab sich hierzulande eine warme, klare Sommernacht, die ich mit dem 18" Dob in Niederleis in Angriff nahm. Trotz der stabilen Wetterlage kein "besserer" Beobachtungsort, schliesslich musste ich einmal dem Wunsch meiner Familie stattgeben, die wollten auch endlich einmal einen Blick durch meine Riesenkanone werfen. Der Familienbesuch würde aber nicht lange dauern, also hatte ich noch einen weiteren Sternenfreund, Norbert Stepan, den ich vor einiger Zeit via Internet kennenlernte, eingeladen. Auch für ihn war der Beobachtungsort Niederleis eine willkommene Sache, nicht allzuweit von Wien entfernt, und er war genauso neugierig auf den 18 Zöller.
Der Aufbau des Dob war gerade beendet, als Norbert kam. Es war mittlerweile auch schon fast richtig dunkel, eine "normale" Weinviertler 5 mag Nacht mit viel Horizontdunst zeichnete sich ab. Wir mussten gleich einmal ein bissl improvisieren, denn ich hatte das kleine Gegengewicht für meinen Dob daheim vergessen, das notwendig ist, um bei den schweren 2" Okularen die perfekte Balance zu halten. Meingott, hängt ja auch einiges vorne drauf: Sucher, Telrad, Paracorr und ein schweres Okular bringen den Dob nicht wirklich aus der Stabilität, aber die Bewegung in Höhe unter etwa 50 Grad ist mit dem Gegengewicht einfach gleichmäßiger. Norbert hatte eine Rolle Klebeband in seinem Campingbus gefunden, und mein Rad-Kreuzschlüssel hatte gerade das richtige Gewicht, der wurde kurzerhand hinten an der Dobkiste befestigt - eine dem Zweck vollkommen entsprechende Lösung :-)
Mittlerweile waren auch meine Leute eingetroffen. Ich stellte einmal Objekte ein, bei denen der Einguck ohne Leiter erreicht werden kann: M11, M51, M3, h+χ, da konnte auch mein schwer gehbehinderter Vater reingucken, bei M3, M51 und dem Doppelhaufen im Perseus war eine höhenverstellbare Sitzgelegenheit, die Norbert mithatte, gerade richtig. Meine Mutter und meine Schwester "jagte" ich schon noch auf die Leiter, um M57, M13, den Cirrus- und den Hantelnebel herzuzeigen. Meine Leute begaben sich anschließend wieder auf den Heimweg, Norbert und ich nahmen den Rest der Nacht in Angriff.
Norbert hatte gleich einmal M13 bei 240x zu bewundern. Dann M57, bei dem ich schließlich einmal ordentlich reinzoomen wollte. In Kombination mit einer 5x Barlow und dem 22 mm Panoptic Okular war bei 520x die Nachführung noch fast leicht. Mich juckte es, das 10 mm Okular reinzustecken: satte 1150x. Es wird wohl wenige Amateure geben, die den Ringnebel schon einmal derartig gewaltig und formatfüllend im Okular gesehen haben. Leider spielte das Seeing nicht ganz mit, die Sterne waren schon recht große Tupfen bei dieser Vergrößerung, und das Objekt im Blickfeld zu halten etwas mühsam. Am ehesten brachte gleichmäßiger Druck statt Nachschubsen Erfolg. Der Zentralstern war nur bei 240x blickweise zu erahnen, die höheren Vergrößerungen brachten diesbezüglich nichts.
Dann überließ ich den Dob beim Cirrusnebel eine ganze Weile Norbert. Der Mann hat noch die Gabe, sich in aller Ruhe die Objekte anzuschauen. Richtig so, die vielen Details sind auf einen schnellen Blick gar nicht zu erfassen. Ich machte mir derweilen an seinem kleinen Ding zu schaffen, das er mitgebracht hatte: einen Tele Vue Ranger! Sakra, das kleine Röhrl geht! Gestochen scharfe Abbildung, herrliche Widefield Views, und eine Bildhelligkeit, die mehr Öffnung vermuten ließ, als die tatsächlich vorhandenen 70 mm. Dann der Schwenk auf Jupiter. Der kleine Kerl schlug sich tapfer bis 200x, bei 240x war das Bild schon ein bissl zu weich, enthielt keine weitere Information mehr. Ideal war geradezu 160x, knackig scharfer Kontrast, obwohl der Farbfehler des kurzbrennweitigen ED Refraktors hier an Jupiter deutlich als blauer Hof sichtbar wurde. Vom Seeing wurde auch der kleine Ranger geplagt, wie nicht mein Riesenbrummer. Dennoch, mit viel Geduld gab der 18" bei 240x wieder phantastische Jupiter- und Saturnbilder her. Den pechschwarze Schatten des Jupitermondes II (Europa) auf dem Planeten zeigte auch der kleine Ranger problemlos. Europa und Kallisto standen knapp östlich des Planeten, Ganymed und Io in weiterer Entfernung westlich. Als wir etliche Zeit später das Teleskop wieder auf Jupiter richteten, war der Schattenwurf von Europa nicht mehr zu sehen, und Kallisto pickte als "Limbgracer" am südlichen Rand des Planetenscheibchens. Himmelsjahrbuch oder dergleichen hatten wir nicht mit (was fängt ein Deep Sky Spechtler damit schon an...), konnten also nicht nachschlagen, was da vor sich geht, ich vermutete aber einen Durchgang des Mondes Europa vor dem Planeten. Nur ist beim Blick durch's Fernrohr nichts unmittelbar aufgefallen, hätte ich das Ereignis von Beginn an beobachtet, wäre es wohl kaum ein Problem gewesen, solche Monddurchgänge habe ich schon mehrfach beobachtet.
Saturn zeigte im 18" die Monde Tethys, Dione, Rhea und Titan, sie waren östlich des Planeten wie an einer Perlenschnur aufgefädelt, und wenn wir nur weit genug westlich vom Planeten auch gesucht hätten, hätten wir Japetus zu Gesicht bekommen. Im Ranger war nur Titan sichtbar, überhaupt war das Bild ein bisserl zu dunkel, da sind sicher Details des Saturn verlorengegangen, aber Saturn kommt noch...
Während Norbert im Dob noch M31, h+χ, NGC 7789, NGC 281, M56 und M15 studierte, spielte ich weiter mit seinem Ranger herum. Schließlich, bei schon beginnender Morgendämmerung hielt ich noch auf ε Lyrae an: bei 192x klar getrennt, vier saubere Beugungsscheibchen mit je einem hauchzarten Beugungsring - ein Refraktor halt.
Was Norbert von den Blicken durch meinen Dob begeistert war, war ich fasziniert vom kleinen Refraktor - das lässt bereits Vorfreude auf Walters und meinen 4" APO keimen, unsere Linser sollten bald kommen...
Howdii